Theo Albrecht
Theodor Paul „Theo“ Albrecht (* 28. März 1922 in Essen; † 24. Juli 2010 ebenda)[1] war ein deutscher Unternehmer und Gründer von Aldi Nord.
Leben
Herkunft und Ausbildung
Theo und sein älterer Bruder Karl Albrecht (1920–2014) wuchsen in bescheidenen konservativ-katholisch geprägten Familienverhältnissen auf. Karl Albrecht senior (1886–1943), der Vater von Theo und Karl, war gelernter Bäcker, musste diese Arbeit schließlich aber aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Im Frühjahr 1913 machte er sich als Brothändler selbstständig. Am 10. April des gleichen Jahres eröffnete seine Frau Anna Albrecht (geb. Siepmann) unter dem Namen ihres Mannes einen Tante-Emma-Laden auf der Huestraße 89 in Essen-Schonnebeck.[2][3][4]
Nachdem Theo Albrecht die achte Klasse der katholischen Glückaufschule (damals: Volksschule) an der Immelmannstraße in Essen-Schonnebeck absolviert hatte, erlernte er von 1936 bis 1938 im Laden seiner Mutter den Beruf des Verkäufers.
Soldat im Zweiten Weltkrieg
Theo Albrecht nahm als Mitglied einer Nachschubeinheit am Afrikafeldzug teil und geriet später in Italien in amerikanische Gefangenschaft.[5]
Nachkriegszeit
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernahmen Theo und Karl Albrecht 1946 das elterliche Lebensmittelgeschäft und eröffneten bald eine größere Filiale. 1950 hatten sie es bereits zu einer kleinen Lebensmittelkette von 31 Geschäften herkömmlicher Prägung gebracht. 1960 waren es bereits 300 Läden, die zusammen auf einen Umsatz von 90 Millionen Deutsche Mark kamen.
Da die Albrecht-Brüder sehr zurückgezogen lebten, ist über Theo Albrecht wenig bekannt. Beide Brüder galten als sehr sparsam. Theo spielte wie sein Bruder Golf und sammelte Schreibmaschinen. Er besaß ein Haus im Ortskern von Nieblum auf Föhr, wo sich das Ehepaar Albrecht auch öfters aufhielt.[6] Das letzte veröffentlichte Foto von Theo Albrecht stammt von 1971 – einen Tag nach dem Ende seiner Entführung. Dem Reporter Franz Ruch gelang es 1987 noch einmal, die beiden Albrecht-Brüder zu fotografieren.[7]
Theo Albrecht war mit Cäcilie „Cilly“ Albrecht († 2018)[8] verheiratet und hatte mit ihr zwei Söhne, Theo Albrecht junior (* 1950) und Berthold Albrecht (1954–2012), die ebenfalls bei Aldi Nord arbeiten bzw. arbeiteten. Theo Albrecht junior hat ein Kind und Berthold Albrecht hatte mit seiner Frau Babette fünf Kinder.[9] Berthold Albrecht war Vorstandsvorsitzender der Familienstiftungen und Mitglied des Verwaltungsrates von Aldi Nord.
Gründung von Aldi Nord
Im Jahr 1960 benannten die Brüder das Unternehmen in Albrechts Diskont (kurz: "Aldi") um und teilten es untereinander auf: Karl übernahm fortan Aldi Süd und Theo Aldi Nord, was das bundesdeutsche Gebiet nördlich des Ruhrgebiets umfasste. 1962 eröffneten sie den ersten Aldi-Markt mit dem neuen Discount-Konzept in Dortmund.[10] Völlig unabhängig vom Aldi-Konzept und den US-amerikanischen Aldi-Süd-Filialen seines Bruders betrieb Theo Albrecht außerdem ab 1979 die US-amerikanische Supermarktkette Trader Joe’s.
Theo Albrecht zog sich 1993 aus dem operativen Geschäft zurück und brachte sein Vermögen in die Markus-Stiftung mit Sitz in Nortorf ein. Bis 2006 war er aber noch beinahe täglich in seinem Büro in Essen anzutreffen. Am 24. Juli 2010 erlag er im Essener Alfried Krupp Krankenhaus den Spätfolgen eines Sturzes, den er im Jahr 2009 erlitten und der ihn zum Pflegefall gemacht hatte.[11] Der bereits seit über 50 Jahren im Unternehmen tätige Hartmuth Wiesemann ist seit mehreren Jahren als Verwaltungsratsmitglied und Generalbevollmächtigter verantwortlich für das Unternehmen Aldi Nord.[9][12][13][14]
Entführung 1971
Am 29. November 1971 wurde Theo Albrecht entführt. Die Täter waren Heinz Joachim Ollenburg, ein Düsseldorfer Rechtsanwalt mit hohen Spielschulden, und der verurteilte Tresorknacker Paul Kron. Letzteren kannte man im kriminellen Milieu als "Diamanten-Paule".[15] Ihr Opfer hatten sie über das Buch Die Reichen und Superreichen in Deutschland ausgesucht. Ursprünglich wollten sie Karl Albrecht entführen. Dann erfuhren sie aber von dessen angegriffenem Gesundheitszustand und entschieden sich für den jüngeren Bruder.[16]
Ollenburg und Kron lauerten Theo Albrecht vor dem damaligen Konzernhauptsitz in Herten auf. Als dieser als Letzter das Gebäude verließ, sollen die beiden zunächst gedacht haben, sie hätten sich geirrt: Albrecht, der zeitlebens äußerlich sehr bescheiden auftrat, sei ihnen für einen Multimillionär und Besitzer einer großen Ladenkette zu schlecht gekleidet erschienen. Sie hätten ihn daher angesprochen und sich seinen Personalausweis zeigen lassen, um sich zu vergewissern.
Die Entführung dauerte 17 Tage und fand ihr Ende mit der Zahlung von sieben Millionen Mark Lösegeld – die höchste Lösegeldsumme, die bis dahin in der Bundesrepublik gezahlt worden war. Der Essener Bischof Franz Hengsbach überbrachte das Geld, was man der Tatsache zuschrieb, dass die beiden Brüder Mitglieder der katholischen Kirche waren. Kron wurde am 20. Dezember 1971 und Ollenburg am 30. Dezember 1971 gefasst,[17] beide wurden 1973 vom Landgericht Essen zu einer Freiheitsstrafe von jeweils achteinhalb Jahren verurteilt.[18] Rund die Hälfte des Lösegelds konnte nie gefunden werden.
Theo Albrecht klagte 1979 vor dem Finanzgericht Münster erfolglos auf Ansatz der Lösegeldsumme als Betriebsausgabe. Die Richter erklärten die Entführung zur Privatsache, sodass lediglich das unauffindbare Lösegeld als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuererklärung ausgewiesen werden konnte.[19][20][21]
Milliarden-Vermögen
Wie sein Bruder Karl gehörte Theo nach Forbes mit einem geschätzten Vermögen von rund 16,7 Milliarden US-Dollar bis zu seinem Tod zu den reichsten Menschen der Welt; er stand zuletzt auf Platz 31 des Forbes-Rankings 2010.[22] Im Oktober 2009 führte das Manager Magazin Theo Albrecht auf dem zweiten Platz der reichsten Deutschen hinter seinem Bruder.[23] Sein Vermögen ist in der nicht auflösbaren Markus-Stiftung gebunden.[24] 2011 führte die Forbes-Liste die Söhne Berthold und Theo jr. mit einem gemeinsamen Vermögen von 14,4 Milliarden US-Dollar auf Platz 48 der reichsten Personen weltweit und auf Platz 4 der reichsten Deutschen.[25]
Weblinks
- Alex Rühle: Aldi-Brüder. Reich, reicher, unsichtbar. In: Süddeutsche Zeitung, 18. August 2005
Einzelnachweise
- Aldi-Gründer Theo Albrecht gestorben
- Ruhr-Familien: Die Brüder Albrecht bei derwesten.de, abgerufen am 28. Juli 2010
- Konsumgüter und Handel » Nachrichten der Branche | Handelsblatt. Abgerufen am 12. Februar 2018.
- Der Spiegel Nr. 31/2010, 2. August 2010, S. 64–74: Geheimnisse eines Clans S. 68 (geht aus dem dort erwähnten Zitat von Karl Albrecht junior, * 1947, hervor)
- Theo Albrecht Munziger Biografie
- Die stillen Promi-Paradiese. In: www.shz.de. 29. April 2015, abgerufen am 2. Mai 2019.
- Theo Albrecht rechts, Karl links
- spiegel.de: Cäcilie Albrecht ist tot
- Sören Jensen: Nachruf auf Theo Albrecht – Vater der reinen Discount-Lehre In: Spiegel Online, 28. Juli 2010. Abgerufen am 28. Juli 2010.
- Ruhr-Familien: Die Brüder Albrecht. In: Ruhrrevue, 12. September 2009
- Aldi-Gründer Theo Albrecht gestorben
- manager magazin vom 7. März 2006: Aldi: Die Inventur
- http://www.stock-world.de/board/forum_gesamt/95955/thread.m?a=all stock-world.de vom 3. Januar 2001: ALDI (Zusammenfassung)
- cio.de vom 3. August 2009: Rivalen Aldi Nord und Aldi Süd – Die globale Aldi-Strategie
- Entführung: Aldi-Lösegeld bleibt auch Jahre später verschollen In: Berliner Morgenpost, 22. Oktober 2018.
- Wolfgang Berke/Jan Zweyer: Echt kriminell. Die spektakulären Fälle aus dem Ruhrgebiet. Klartext Verlag, Essen 2012, ISBN 978-3-8375-0705-8, S. 22 f.
- https://texte.volare.vorarlberg.at/viewer/fulltext/VorarlbergerNachrichten1972Q1/3
- Kalenderblatt: 29. November 1971: Diamanten-Pauls großer Coup. Bei: Spiegel Online, 29. November 2007. Abgerufen am 28. Juli 2010.
- Urteil – Theo Albrecht. In: Der Spiegel, Nr. 43/1979, 22. Oktober 1979, abgerufen am 8. September 2015.
- FG Münster, Urteil vom 5. Oktober 1979 – X-II 3122/77 F, juris
- heute.de vom 28. Juli 2010: Aldi-Gründer Theo Albrecht ist tot – Unternehmer offenbar schon länger krank (Memento des Originals vom 3. April 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Forbes-Ranking 2010. In: Spiegel Online, abgerufen am 11. März 2010
- K. Boldt: Aldi-Brüder bleiben reichste Deutsche. In: Manager Magazin, 6. Oktober 2009
- Trauer um Aldi-Gründer – news.de zum Tod von Theo Albrecht (Memento vom 31. Juli 2010 im Internet Archive)
- The World’s Billionaires 2017. Abgerufen am 12. Februar 2018.