Digoxin
Digoxin ist eine natürlich in Form von Digitalisglycosiden in Fingerhut-Arten vorkommende chemische Verbindung mit Wirkung auf den Herzmuskel. Digoxin zählt zu den endogenen Glycosiden, die als Hormone in Säugetieren fungieren.[3] Aus pflanzlichen, primären Digitalisglycosiden kann Digoxin durch enzymatische Hydrolyse als Sekundärglycosid gewonnen werden. In der Verbindung sind drei Hexosen (Digitoxose) mit dem steroidischen Aglycon Digoxigenin verknüpft. Vom strukturell ähnlichen Digitoxin unterscheidet es sich durch eine Hydroxygruppe am C-12 des Aglycons.[1]
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Name | Digoxin | |||||||||||||||||||||
Summenformel | C41H64O14 | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farblose, vier- bis fünfseitige, trikline Plättchen[1] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||||||||
Wirkstoffklasse | ||||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 780,94 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest[1] | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
Löslichkeit |
sehr schlecht in Wasser (0,065 g·l−1 bei 25 °C)[2] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Geschichte
Digoxin wurde erstmals 1930 von Sydney Smith bei Burroughs Wellcome in England aus den Blättern von Digitalis lanata isoliert.
Wirkung
Es zeigt eine positiv inotrope (Kontraktionskraft steigernde), negativ chronotrope (Herzfrequenz senkende), negativ dromotrope (Reizleitungsgeschwindigkeit senkende) und positiv bathmotrope (Erregbarkeit steigernde) Wirkung auf das Herz. Dadurch entsteht insgesamt ein höheres Schlagvolumen, was in einer besseren Nierendurchblutung und einer höheren Harnausscheidung resultiert.
Dem Wirkmechanismus liegt (bei ausreichend hohem Kaliumgehalt im Blut) eine Hemmung der Natrium-Kalium-ATPase und einer deshalb erhöhten Calciumkonzentration in den Herzmuskelzellen zugrunde. Im Gegensatz zu Digitoxin ist die Wirkdauer kürzer und die Elimination geschieht hauptsächlich über die Niere.
Das Bakterium Eggerthella lenta inaktiviert Digoxin durch Reduktion der Doppelbindung im Lacton-Ring, wodurch das Glycosid seine Wirkung am Herzmuskel verliert.[5][6]
Indikation
Haupteinsatzgebiete von Digoxin sind die akute und die chronische Herzinsuffizienz und supraventrikulären Tachyarrhythmien wie bei Vorhofflimmern (mit schneller atrioventrikulärer[7] Überleitung)[8] bzw. Vorhofflattern. Die Wirkung des Medikaments (zum Beispiel bei einem erwachsenen Menschen mit einer Dosierung von 0,25 mg sofort und danach 0,75 bis 1,5 mg pro 24 Stunden verabreicht[9]) zeigt sich jedoch vor allem bei einer gesunden Herzmuskelfaser. Deswegen und aufgrund besserer Alternativen wurde Digoxin in den letzten Jahren immer weiter vom Markt verdrängt. Eine neue Studie zeigt sogar, dass die Sterberate bei Patienten mit Herzinsuffizienz unter Digoxin höher ist, als unter anderen Präparaten.[10]
Es gibt auch Hinweise, dass das Medikament das Wachstum von Prostatatumoren hemmen könnte.[11]
Unerwünschte Wirkungen
Digoxin hat ein enges therapeutisches Fenster, weswegen es relativ häufig zu unerwünschten Wirkungen und Vergiftungen kommt. Häufig treten Appetitlosigkeit, Herzrhythmusstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Gesichtsschmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Kraftlosigkeit und Benommenheit auf. Seltener kommt es zu Verwirrtheit, Desorientierung, Wahrnehmungsstörungen, Psychosen, Sehstörungen und Bauchschmerzen.
In sehr seltenen Fällen wird von einer Vergrößerung der männlichen Brustdrüse, Krämpfen, Überempfindlichkeitsreaktionen und Blutbildstörungen berichtet.
Einzelnachweise
- Eintrag zu Digoxin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 22. Dezember 2014.
- Eintrag zu Digoxin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
- W. Schoner, G. Scheiner-Bobis: Endogenous and exogenous cardiac glycosides and their mechanisms of action. In: American Journal of Cardiovascular Drugs. Band 7, Nummer 3, 2007, S. 173–189, PMID 17610345. (Review).
- Hein, Lutz., Mohr, Klaus., Wirth, Jürgen.: Taschenatlas Pharmakologie. 6., vollst. überarb. Auflage. Thieme, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-13-707706-0, S. 6.
- Spektrum der Wissenschaft, November 2012, S. 33.
- Hermann Feldmeier: Mikrobiom: Lebenswichtiges Getümmel im Darm. Meldung in der Pharmazeutischen Zeitung, Ausgabe 47/2012.
- Anne Paschen: Herz. In: Jörg Braun, Roland Preuss (Hrsg.): Klinikleitfaden Intensivmedizin. 9. Auflage. Elsevier, München 2016, ISBN 978-3-437-23763-8, S. 185–283, hier: S. 230.
- Reinhard Larsen: Anästhesie und Intensivmedizin in Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie. (1. Auflage 1986) 5. Auflage. Springer, Berlin/ Heidelberg/ New York u. a. 1999, ISBN 3-540-65024-5, S. 55.
- Anne Paschen: Herz. 2016, S. 230.
- J. V. Freeman, J. .. Yang, S. H. Sung, M. A. Hlatky, A. S. Go: Effectiveness and Safety of Digoxin Among Contemporary Adults With Incident Systolic Heart Failure. In: Circulation: Cardiovascular Quality and Outcomes. 6, 2013, S. 525–533, doi:10.1161/CIRCOUTCOMES.111.000079.
- Wissenschaft aktuell: Herzmedikament hemmt Prostatakrebs, abgerufen am 4. April 2011.
- Rote Liste online, Stand: September 2009.
- AM-Komp. d. Schweiz, Stand: September 2009.