Deutsche Heeresmission in Rumänien
Die Deutsche Heeresmission in Rumänien war im Zweiten Weltkrieg eine Kommandobehörde der Wehrmacht in Bukarest.[1]
Hintergrund
Rumänien spielte als Bündnispartner des Deutschen Reiches während des Zweiten Weltkrieges in politischer, militärischer und wirtschaftlicher Hinsicht eine besondere Rolle. Die militärisch-politischen Beziehungen Berlins zu Bukarest wurden ab 1940 besonders intensiviert, als General Ion Antonescu Anfang September 1940 die Regierung in Bukarest übernommen hatte und sich um Deutschlands Unterstützung bei der Reformierung der rumänischen Armee bemühte. Nach Antonescus grundlegendem Gespräch mit Adolf Hitler am 22. November 1940 trat Rumänien einen Tag später dem Dreimächtepakt bei.[2]
Zusammenarbeit
Die militärische Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Reich und Rumänien begann im Oktober 1940 mit der Entsendung einer Militärmission (Heer und Luftwaffe). Sie bestand aus der Heeresmission unter Generalleutnant Erik Hansen, der auch zugleich Chef der gesamten Wehrmachtsmission war, sowie aus der Luftwaffenmission unter Generalleutnant Wilhelm Speidel und dem Wehrwirtschaftsstab Rumänien unter Oberst Karl Spalcke. Anfang 1941 trat noch eine Marinemission unter Konteradmiral Friedrich-Wilhelm Fleischer hinzu. Nach außen hin hatte die Militärmission die Aufgabe, Rumänien bei der Organisation und Ausbildung seiner Streitkräfte zu unterstützen. Die eigentlichen Aufgaben sollten sowohl den rumänischen als auch den deutschen Truppen verborgen bleiben:[3][4]
- das rumänische Ölgebiet gegen Zugriffe einer dritten Macht und vor Zerstörung zu schützen,
- die rumänischen Streitkräfte nach einem straffen, auf die deutschen Interessen ausgerichteten Plan zur Lösung bestimmter militärischer Aufgaben zu befähigen,
- für den Fall eines Krieges mit der Sowjetunion den Einsatz deutscher und rumänischer Kräfte von Rumänien aus vorzubereiten.
Gliederung
Nach Kommandobefehl Nr. 1 vom 18. Oktober 1940 umfasste die Heeresmission:
- Kommandostab mit Führungsabteilung, Quartiermeistergruppe, Gruppe Adjutantur
- Kommandotruppen,
- Lehrgruppen (Kriegsakademien, Waffenschulen)
- Lehrverband R I.
Am 21. Juni 1941 bestand die Deutsche Heeresmission aus:
- Führungsstaffel (mit den Fachgebieten Ia, Ic, Id, IId)
- Bodenständige Staffel (mit Ia2, IIb, III, IVa, Na-Fü, IVb, IVc, OQu/Kfz.)
- Oberquartiermeister Rumänien (mit OQu ohne Kfz., IVc)
Zu den rumänischen Kommandostellen bis hinunter zu den Divisionsstäben traten deutsche Verbindungskommandos. Sie hatten die deutsche Führung über alle wichtigen Vorgänge in den Kampfabschnitten zu unterrichten, die rumänischen Verbänden anvertraut waren. Außerdem sollten sie den rumänischen Truppenführern – im Sinne der deutschen Führung und ihrer Führungsgrundsätze – beratend zur Seite stehen. Entsprechende rumänische Verbindungsstäbe gab es zeitweise bei denjenigen deutschen Heeresgruppen und Armeen, denen rumänische Verbände unterstellt waren. Weder sie noch die im „Führerhauptquartier“ anwesenden Vertreter von General (später Marschall) Antonescu haben jemals eine den deutschen Verbindungskommandos adäquate Rolle gespielt. Von der rumänischen Armee waren zu Beginn des Krieges gegen die UdSSR zwei Armeeoberkommandos, acht Generalkommandos und 28 Divisionen bzw. selbständige Brigaden im Einsatz. Die sich im Moldaugebiet versammelnde „Armeegruppe Antonescu“ bestand aus der deutschen 11. Armee unter Generaloberst Eugen von Schobert, der rumänischen 3. Armee und der rumänischen 4. Armee, die zeitweise der 11. Armee unterstellt wurde. Ab 22. Juni 1941, dem Tages des Angriffs über den Pruth nach Nordosten, wurde die deutsch-rumänische Armeegruppe der Heeresgruppe Süd operativ unterstellt; sie blieb aber durch den Chef der Deutschen Heeresmission, Generalmajor Arthur Hauffe, in ständigem unmittelbarem Kontakt mit dem deutschen Oberkommando des Heeres. Nach dem Erreichen des Dnjestr zog sich Marschall Antonescu aus der militärischen Führung zurück.[4]
Krieg gegen die Sowjetunion
Anschließend folgte die Schlacht um Odessa durch die rumänische 4. Armee, während die rumänische 3. Armee weiter nach Osten in Richtung auf den Dnjepr vorrückte. Nach schweren Verlusten vor Odessa musste die Masse der rumänischen Verbände zur Auffrischung in die Heimat zurückverlegt werden. Damit sank die Zahl der an der Ostfront eingesetzten rumänischen Divisionen auf neun. Die drei Kavallerie- und drei Gebirgsbrigaden beteiligten sich im Rahmen der 11. Armee an der Eroberung der Krim, der Rest übernahm Sicherungsaufgaben im rückwärtigen Heeresgebiet Süd. Nur zögernd erklärte sich Marschall Antonescu in einem mit Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel im Jahre 1942 in Bukarest geschlossenen Abkommen dazu bereit, für die beabsichtigte neue Sommeroffensive an der Ostfront ungefähr 15 Divisionen zur Verfügung zu stellen, und das auch nur unter der Voraussetzung, dass auch Ungarn entsprechend viele Verbände an die Ostfront entsende und dass Deutschland die Modernisierung und Vervollständigung der Ausrüstung der rumänischen Verbände garantiere. Die Forderung nach einem stärkeren Einsatz der Königlich Ungarischen Armee an der Ostfront ergab sich aus der Tatsache, dass als Folge des Wiener Schiedsspruchs zwischen Rumänien und Ungarn wegen Nordsiebenbürgen erhebliche politische Spannungen bestanden, die zur Sicherung der Grenze durch starke Verbände auf beiden Seiten führten.[4]
Zu Beginn der neuen Offensive am 28. Juni 1942 standen nur sechs Divisionen auf der Krim und sechs Divisionen bei den Angriffskräften zur Verfügung. Es sollte nach erfolgreicher Beendigung des Vormarsches zum Don und zur Wolga bei Stalingrad eine im Wesentlichen aus rumänischen Kräften bestehende Heeresgruppe unter dem Oberbefehl von Marschall Antonescu gebildet werden. Dieser Entschluss zeigte sich als hinfällig auf Grund der Entwicklung der Lage des Durchbruchs der sowjetischen Armee an der Wolga und am Don. Sie hatte die blitzartige Heranführung des Armeeoberkommandos 11 (bislang bei Leningrad) als Heeresgruppenkommando Don zur Folge, das unter Generalfeldmarschall Erich von Manstein den Oberbefehl über die bei Stalingrad eingeschlossenen und an der Don-Front kämpfenden deutschen, rumänischen und italienischen Verbände übernahm. Durch die militärische Niederlage Ende Januar 1943 am Don und an der Wolga war das deutsch-rumänische Verhältnis stark erschüttert, zumal auch zwei rumänische Divisionen in der Schlacht von Stalingrad verloren gingen. Infolge der Vertrauenskrise zwischen den beiden Heeren und ihren Führern versuchte die rumänische Staatsführung, ab Frühjahr 1943 politischen Rückhalt bei den Westmächten zu finden. Deren Forderung nach bedingungsloser Kapitulation vor der Roten Armee lehnte Rumänien bis zum Sommer 1944 ab. Im Frühjahr 1944 wurde die Heeresgruppe A ebenso wie die nördlich von ihr kämpfende Heeresgruppe Süd in schwere Rückzugskämpfe verwickelt. Im Bereich der Heeresgruppe A, zu der auch Truppen der rumänischen 3. Armee gehörten, wurde alt-rumänisches Gebiet erreicht. Dort festigte sich die Front in der Linie Karpathen-Jassy-Kischinew-Dnjestr-Lauf bis zur Mündung. Auf der Krim kämpften noch sieben rumänische Divisionen im Verband der 17. Armee. Nach dem mit schweren rumänischen Verlusten erkämpften Durchbruch durch die Siwasch-Front konnten die auf der Krim eingesetzten rumänischen Verbände über See in die Heimat zurücktransportiert werden. Die am 31. März 1944 in Heeresgruppe Südukraine umbenannte Heeresgruppe A konnte ihre im April bezogene Stellungen bis zum 20. August 1944 halten, als die doppelseitige Umfassungsoperation der sowjetischen Steppenfront und der 3. Ukrainischen Front begann. Innerhalb von drei Tagen wurden nicht nur 24 rumänische Divisionen zerschlagen, sondern auch die wiederaufgestellte 6. Armee eingeschlossen und weitere 16 deutsche Divisionen vernichtet.[4]
Abfall und Kriegserklärung Rumäniens
Daraufhin entließ König Michael I. Marschall Antonescu als Regierungschef. Am 23. August 1944 setzte er die Verfassung von 1923 teilweise wieder in Kraft. Das Kriegsbündnis zwischen dem Deutschen Reich und Rumänien wurde gekündigt und der Abbruch der diplomatischen Beziehungen verkündet. Marschall Antonescu wurde im Palast während der Audienz von königstreuen Offizieren verhaftet und Vertretern der Rumänischen Kommunistischen Partei ausgeliefert. Den Deutschen Truppen wurde freier Abzug angeboten, sofern sie sich ihrerseits jeder Feindseligkeit gegenüber den Rumänen enthielten. Hitler wollte weder abziehen noch auf Rumäniens Kriegs- und Wirtschaftspotential verzichten. Am 24. August bombardierten deutsche Flugzeuge Bukarest. Gleichzeitig versuchte Generalleutnant Alfred Gerstenberg mit deutschen Einheiten Bukarest in deutsche Gewalt zu bringen. Die Folgen waren verheerend. Aufgrund der deutschen Angriffe erklärte die Regierung Constantin Sănătescu dem Deutschen Reich am 25. August 1944 den Krieg. Die Unterzeichnung des Waffenstillstandes zwischen Rumänien, der Sowjetunion, Großbritannien und den Vereinigten Staaten fand am 10. September 1944 in Moskau statt.[4] Am 25. Oktober wurde ganz Rumänien einschließlich des nördlichen Siebenbürgens von den deutschen Truppen aufgegeben.[5]
Literatur
- Philipp W. Fabry: Balkanwirren 1940/41. Diplomatische und militärische Vorbereitung des deutschen Donauübergangs. Beiträge zur Wehrforschung IX/X, Wehr und Wissen Verlagsgesellschaft, Darmstadt 1966.
Weblinks
Einzelnachweise
- DNB-Nachweis
- Hitlers Leih-Armeen beim Marsch nach Stalingrad (Die Welt, 2012)
- Deutsche Heeresmission in Rumänien (1940–1944)
- Bundesarchiv RH 31-I Deutsche Heeresmission in Rumänien
- Flucht der Siebenbürger Sachsen aus Nordsiebenbürgen 1944. Vortrag von Dr. Konrad Gündisch (YouTube)