Cuprosklodowskit
Das Mineral Cuprosklodowskit (in älteren Quellen auch Jachymovit) ist ein selten vorkommendes Inselsilikat mit der chemischen Zusammensetzung Cu[(UO2)2(SiO3OH)2]·6H2O[2] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Kupfer-Uranylsilikat mit zusätzlichen Hydroxidionen.
Cuprosklodowskit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
Jachymovit |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate – Inselsilikate (Nesosilikate) |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.AK.10 (8. Auflage: VIII/A'.14) 53.03.01.04 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | triklin |
Kristallklasse; Symbol | triklin-pinakoidal; 1[3] |
Raumgruppe | P1 (Nr. 2)[4] |
Gitterparameter | a = 7,05 Å; b = 9,27 Å; c = 6,66 Å α = 109,2°; β = 89,8°; γ = 110,0°[4] |
Formeleinheiten | Z = 1[4] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 4[5] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,85(2); berechnet: 3,83[6] |
Spaltbarkeit | gut nach {100} |
Bruch; Tenazität | uneben |
Farbe | gelbgrün bis grasgrün[6] |
Strichfarbe | hellgrün[5] |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend[6] |
Glanz | Glasglanz, Wachsglanz bis matt |
Radioaktivität | sehr stark |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,654 bis 1,655[7] nβ = 1,664 bis 1,667[7] nγ = 1,664 bis 1,667[7] |
Doppelbrechung | δ = 0,010 bis 0,012[7] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Pleochroismus | X = fast farblos; Y = Z = gelblich grün |
Cuprosklodowskit kristallisiert im triklinen Kristallsystem und entwickelt faserige bis nadelige Kristalle, die meist in radialstrahligen Mineral-Aggregaten angeordnet sind oder dünne Krusten bilden. Das durchsichtige bis durchscheinende Mineral ist von gelbgrüner bis grasgrüner Farbe und weist auf den Oberflächen einen wachs- bis glasähnlichen Glanz auf.
Etymologie und Geschichte
Cuprosklodowskit wurde erstmals 1933 von dem belgischen Mineralogen Johannes Franciscus Vaes (1902–1978)[8] an einer Mineralprobe aus Katanga (damals Belgisch-Kongo) als Variante des Sklodowskits beschrieben.[9] Buttgenbach benannte schließlich das von Vaes gefundene Mineral in der irrtümlichen Annahme, dass es sich dabei tatsächlich um das strukturelle Kupfer-Analogon von Sklodowskit handelt, der wiederum zu Ehren von Marie Sklodowska-Curie benannt wurde.[10] 1935 wurde es unabhängig davon von Radim Nováček an einer Probe aus Jáchymov (St. Joachimsthal) beschrieben, der es nach dem Fundort Jachymovit benannte. Die Identität beider Mineralproben wurde kurze Zeit später von Nováček (1935) und Valère Louis Billiet (1936) erkannt.[2]
Als Typlokalität gilt inzwischen die Uran-Kupfer-Lagerstätte Kalongwe etwa 60 km südwestlich von Kolwezi in der Provinz Lualaba der Demokratischen Republik Kongo.[11][12] Das Typmaterial befindet sich an der Universität von Lüttich (Katalog Nr. 16.655) in Belgien.[13]
Der ältere Name Jachymovit sollte nicht mit dem seit 1996 anerkannten basischen Uranylsulfat Jáchymovit verwechselt werden.
Klassifikation
In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Cuprosklodowskit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Neso-Subsilikate“ (Familie der Uranyl-Silikate), wo er zusammen mit Boltwoodit, Kasolit, Sklodowskit, Uranophan und Uranophan-β die „Uranophan-(β-Uranophan)-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/A'.14 bildete.
Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/B.34-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen“, wobei in den Gruppen VIII/B.34 bis 38 die Uranyl-Inselsilikate mit [UO2]2+-[SiO4]4- und Verwandte einsortiert sind. Cuprosklodowskit bildet hier zusammen mit Boltwoodit, Kasolit, Natroboltwoodit, Oursinit, Sklodowskit, Uranophan und Uranophan-β eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe (Stand 2018).[5]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[14] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Cuprosklodowskit ebenfalls in die Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen und der Koordination der beteiligten Kationen oder den in der Verbindung vorherrschenden Anionenkomplexen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Uranyl-Insel- und Polysilikate“ (U : Si = 1 : 1) zu finden ist, wo es zusammen mit Sklodowskit die „Sklodowskit-Cuprosklodowskit-Gruppe“ mit der System-Nr. 9.AK.10 und dem weiteren Mitglied Oursinit bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Cuprosklodowskit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und andere Anionen komplexer Kationen“ ein. Hier ist er zusammen mit Boltwoodit, Kasolit, Natroboltwoodit, Oursinit, Sklodowskit, Swamboit-(Nd), Uranophan und Uranophan-β in der „Uranophangruppe“ mit der System-Nr. 53.03.01 innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und andere Anionen komplexer Kationen mit (UO2)“ zu finden.
Kristallstruktur
Cuprosklodowskit kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2) mit den Gitterparametern a = 7,05 Å; b = 9,27 Å; c = 6,66 Å mit α = 109,2° β = 89,8° und γ = 110,0° sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[3]
- Packungsbild von Cuprosklodowskit in Richtung der kristallographischen a-Achse (__ U __ O __ Si __ Cu __ Wassermoleküle)
- Packungsbild von Cuprosklodowskit in Richtung der kristallographischen b-Achse (__ U __ O __ Si __ Cu __ Wassermoleküle)
- Packungsbild von Cuprosklodowskit in Richtung der kristallographischen c-Achse (__ U __ O __ Si __ Cu __ Wassermoleküle)
Die Grundstruktur des Cuprosklodowskits besteht aus Schichten kettenförmiger, kantenverknüpfter pentagonal-bipyramidaler Uranyleinheiten, deren äquatoriale Sauerstoffatome jeweils durch tetraedrisch koordinierte Siliciumatome verbunden sind. Die Siliciumatome koordinieren dabei drei Uranyleinheiten; die vierte Bindungsstelle wird dabei durch ein Hydroxid-Ion abgesättigt. Das Cu2+-Ion verbindet zwei aneinandergrenzende Schichten, indem es zwei Sauerstoffatome von sich gegenüberstehenden Uranyl-Einheiten verbrückt (∠(U-O-Cu) = 142,38°, ∠(O-Cu-O) = 180°).[2] Obwohl die chemische Analyse es nahelegt, den Cuprosklodowskit als Kupfer-Analogon des Sklodowskit zu beschreiben ist dies aus kristallographischer Sicht nicht korrekt. Die Unterschiede im Kristallsystem (triklin vs. monoklin) sowie die unterschiedliche Verknüpfung der Uranyl-Silikatschichten durch die zweiwertigen Kationen (Cu2+ vs. Mg2+) zeigen deutlich, dass diese beiden Minerale sich stärker voneinander unterscheiden, als es die Namensgebung zunächst vermuten lässt.[10]
Eigenschaften
Das Mineral ist durch seinen Urangehalt von über 55 % radioaktiv. Unter Berücksichtigung der Mengenanteile der radioaktiven Elemente in der idealisierten Summenformel sowie der Folgezerfälle der natürlichen Zerfallsreihen wird für das Mineral eine spezifische Aktivität von etwa 98,9 kBq/g[3] angegeben (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g). Der zitierte Wert kann je nach Mineralgehalt und Zusammensetzung der Stufen deutlich abweichen, auch sind selektive An- oder Abreicherungen der radioaktiven Zerfallsprodukte möglich und ändern die Aktivität.
Bildung und Fundorte
Cuprosklodowskit kommt in der Verwitterungszone primärer Uranerze vor. Als Begleitminerale können unter anderem Becquerelit, Brochantit, Uranophan, Kasolit, Vandenbrandeit, Liebigit und Compreignacit auftreten.
Als seltene Mineralbildung konnte Cuprosklodowskit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei bisher weltweit rund 60 Fundstellen[15] dokumentiert sind (Stand 2020). Außer an seiner Typlokalität, der Uran-Kupfer-Lagerstätte Kalongwe, trat das Mineral in der Demokratischen Republik Kongo noch in der Kamoto Principal Mine bei Kamoto sowie der Kasompi Mine, der Kolwezi Mine und der für ihren Mineralreichtum bekannten Musonoi Mine in der Provinz Lualaba auf. Daneben fand sich Cuprosklodowskit noch in der Kambove Principal Mine, der Shinkolobwe Mine und der Luiswishi Mine in der Provinz Haut-Katanga.
In Deutschland kennt man Cuprosklodowskit bisher nur aus der ehemaligen Grube Krunkelbach bei Menzenschwand in Baden-Württemberg, im Rhyolith-Steinbruch Fuchs an der Hartkoppe bei Seilauf in Unterfranken und der Granit-Abhang Naabranken bei Wölsendorf in der Oberpfalz in Bayern sowie in der Grube Uranus bei Kleinrückerswalde und die Weißer Hirsch Fundgrube bei Neustädtel (Schneeberg) im sächsischen Erzgebirge.
In der Schweiz fand sich das Mineral bisher nur auf der Mürtschenalp im Kanton Glarus sowie in den Uranlagerstätten Grand Alou in der Gemeinde Nendaz, Col des Mines in der Gemeinde Isérables und am Bella Tola bei Saint-Luc im Kanton Wallis.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Frankreich, Iran, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Marokko, Polen, Spanien, Tschechien, im Vereinigten Königreich (England) und den Vereinigten Staaten von Amerika (Kalifornien, Nevada, New Mexico, Utah).[16]
Vorsichtsmaßnahmen
Aufgrund der Toxizität und der Radioaktivität des Minerals sollten Mineralproben vom Cuprosklodowskit nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Atemschutzmaske und Handschuhe getragen werden.
Siehe auch
Literatur
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 687 (Erstausgabe: 1891).
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 210.
Weblinks
- Cuprosklodowskit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 19. September 2020.
- Cuprosklodowskite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF), abgerufen am 19. September 2020 (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Cuprosklodowskite. In: rruff.geo.arizona.edu. Abgerufen am 19. September 2020 (englisch).
Einzelnachweise
- Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2020, abgerufen am 19. September 2020 (englisch).
- Abraham Rosenzweig, Robert R. Ryan: Refinement of the crystal structure of cuprosklodowskite, Cu[(UO2)2(SiO3OH)2]·6H2O. In: American Mineralogist. Band 60, 1975, S. 448–453 (englisch, rruff.info [PDF; 651 kB]).
- David Barthelmy: Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 19. September 2020 (englisch).
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 565 (englisch).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Cuprosklodowskite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 77 kB; abgerufen am 19. September 2020]).
- Cuprosklodowskite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 19. September 2020 (englisch).
- The Minerals of the Democratic Republic of Congo. In: euromin.w3sites.net. 15. April 1999, abgerufen am 19. September 2020.
- J. P. Vaes: Sur un minéral de Kalongwe (Katanga). In: Annales de la Société Géologique de Belgique. Band 56, 1933, S. B331–B332 (französisch, rruff.info [PDF; 177 kB; abgerufen am 19. September 2020] Bei dem Kürzel J. P. Vaes handelt sich höchstwahrscheinlich um einen Schreibfehler, siehe auch Referenzliste zur Mineralbeschreibung von Cuprosklodowskit in Sergey V. Krivovichev: Minerals as Advanced Materials II Springer Science & Business Media, 2011, S. 166 in der Google-Buchsuche).
- F. V. Stohl, D. K. Smith: The crystal chemistry of the uranyl silicate minerals. In: American Mineralogist. Band 66, 1981, S. 610–625 (englisch, rruff.info [PDF; 1,7 MB; abgerufen am 19. September 2020]).
- Typlokalität Kalongwe, Kolwezi, Lualaba, Demokratische Republik Kongo. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 20. September 2020.
- Typlokalität Kalongwe deposit, Kolwezi mining district, Lualaba, DR Congo. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
- Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 131 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 21. September 2020.
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 19. September 2020 (englisch).
- Localities for Cuprosklodowskite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
- Fundortliste für Cuprosklodowskit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 20. September 2020.