Brochantit
Brochantit (auch Blanchardit) ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate, Wolframate)“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Cu4[(OH)6|(SO4)][2] und ist damit chemisch gesehen ein Kupfersulfat mit zusätzlichen Hydroxidionen.
Brochantit | |
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(Größe: 2,3 cm × 2,0 cm × 0,8 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | Cu4[(OH)6|(SO4)] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate, Wolframate) |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
7.BB.25 (8. Auflage: VI/B.01) 30.01.03.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin (pseudo-orthorhombisch) |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[1] |
Raumgruppe | P21/a (Nr. 14, Stellung 3)[2] |
Gitterparameter | a = 13,09 Å; b = 9,84 Å; c = 6,01 Å β = 103,3°[2] |
Formeleinheiten | Z = 4[2] |
Zwillingsbildung | allgemein nach {100}[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3,5 bis 4 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,97; berechnet: 4,09[3] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {100}[3] |
Bruch; Tenazität | muschelig bis uneben |
Farbe | hellgrün, smaragdgrün, blaugrün, schwarzgrün |
Strichfarbe | hellgrün |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz, Perlmuttglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,728[4] nβ = 1,771[4] nγ = 1,800[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,072[4] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 72° (gemessen); 76° (berechnet)[4] |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | löslich in Säuren und Ammoniak |
Brochantit entwickelt meist langprismatische bis nadelige Kristalle und Zwillinge mit pseudo-orthorhombischem Aussehen von mehreren Zentimetern Länge, kommt aber auch in Form nierig-traubiger, körniger bis massiger Aggregate oder parallelstrahligen Krusten vor. Die Oberflächen der durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle weisen einen glasähnlichen Glanz auf, Spaltflächen schimmern dagegen eher perlmuttartig. Die Farbe schwankt zwischen hellgrün, smaragdgrün, blaugrün und schwarzgrün, die Strichfarbe zeigt allerdings immer ein helles Grün.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Brochantit 1824 in der Kupfer-Lagerstätte „Mednorudjanskoje“ bei Nischni Tagil/Jekaterinburg in der russischen Oblast Swerdlowsk und beschrieben durch Armand Lévy (1795–1841)[5], der das Mineral nach André Brochant de Villiers (1772–1840) benannte.
Klassifikation
In der alten (8. Auflage) und neuen Systematik der Minerale nach Strunz (9. Auflage) gehört der Brochantit zur Abteilung der „Wasserfreien Sulfate mit fremden Anionen“. Die neue Strunz’sche Mineralsystematik unterteilt hier allerdings präziser nach der Größe der beteiligten Kationen und das Mineral steht daher entsprechend in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen Kationen“.
Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Brochantit in die Abteilung der „Wasserfreien Sulfate mit Hydroxyl oder Halogen und der allgemeinen Zusammensetzung (A B)m(XO4)pZq, dabei ist m:p>2:1“.
Kristallstruktur
Brochantit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/a (Raumgruppen-Nr. 14, Stellung 3) mit den Gitterparametern a = 13,09 Å; b = 9,84 Å; c = 6,01 Å und β = 103,3° sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle[2].
Eigenschaften
Brochantit löst sich bereits in sehr verdünnten Säuren. Im Glasrohr erhitzt, gibt Brochantit Schwefeldioxid und Wasser ab, wobei er sich schwarz färbt.
Weiterhin ist Brochantit in wässrigen Ammoniak-Lösungen unter Bildung eines charakteristischen, tiefblauen Tetraamminkupfer(II)-Komplexes löslich. Dieser Vorgang wird vor allem bei der Reinigung von Marmor und Kalkstein ausgenutzt, um die üblicherweise wasserunlöslichen Kupferverbindungen wie z. B. Azurit, Malachit und Brochantit aus dem Stein zu lösen, wobei sich der Fortschritt der Reinigung aufgrund der Umfärbung visuell gut verfolgen lässt.[6]
Bildung und Fundorte
Brochantit bildet sich als Sekundärmineral vorwiegend unter ariden Klimabedingungen in der Oxidationszone von Kupfererzlagerstätten. Begleitminerale sind vor allem Antlerit und Malachit, mit denen er oft verwechselt wird, aber auch Atacamit, Azurit, Calcit, Caledonit, Cerussit, Chrysokoll, Cuprit, Cyanotrichit, Linarit und Tenorit.
Als häufige Mineralbildung konnte Brochantit bereits an vielen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand: 2015) über 1500 Fundorte[7] als bekannt gelten. Neben seiner Typlokalität „Mednorudjanskoje“ trat das Mineral in Russland noch an weiteren Orten in der Oblast Swerdlowsk, sowie an wenigen Stellen in Ostsibirien (Aldan, Udokan), im Nordkaukasus (Adygeya) und auf der Halbinsel Kola (Chibinen) auf.
In Deutschland konnte Brochantit unter anderem an vielen Orten im Schwarzwald in Baden-Württemberg, an einigen Stellen im Frankenland und im Spessart in Bayern, im hessischen Odenwald und im Richelsdorfer Gebirge, an vielen Orten im Harz von Niedersachsen bis Sachsen-Anhalt wie beispielsweise Bad Lauterberg, Goslar, Sankt Andreasberg und Hasserode, an verschiedenen Stellen in der Eifel und im Siegerland von Nordrhein-Westfalen bis Rheinland-Pfalz, an einigen Orten im sächsischen Erzgebirge sowie an wenigen Stellen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Thüringen gefunden werden.
In Österreich fand man Brochantit bisher vor allem in Kärnten, Salzburg (Hohe Tauern, Schwarzleograben), der Steiermark und in Tirol (Region Brixlegg-Schwaz).
In der Schweiz trat das Mineral unter anderem an einigen Stellen im Kanton Graubünden bzw. an vielen Orten im Val d’Anniviers im Kanton Wallis auf.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Afghanistan, Ägypten, Algerien, der Antarktis, Argentinien, Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chile, China, der Demokratischen Republik Kongo, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grönland, Indien, Indonesien, Irland, Iran, Island, auf der Isle of Man, in Israel, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Kirgisistan, Kuba, Laos, Luxemburg, Madagaskar, Marokko, Mexiko, der Mongolei, in Mosambik, Namibia, Neukaledonien, Neuseeland, Norwegen, Pakistan, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Sambia, Simbabwe, der Slowakei, Spanien, Südafrika, Taiwan, Tadschikistan, der Türkei, in Tschechien, Ungarn, der Ukraine, im Vereinigten Königreich (UK) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[8]
Auch in Gesteinsproben vom Mittelatlantischen Rücken (Hydrothermalfeld Logatchev) konnte Brochantit nachgewiesen werden.[9]
Neben diesen Vorkommen in der Natur wird Brochantit auch als Korrosionsprodukt auf Kupfer und kupferhaltigen Legierungen gefunden, beispielsweise bei Bronzestatuen.[10]
Siehe auch
Literatur
- A. Lévy: On a new mineral substance in: The Annals of Philosophy Band 8, Oktober 1824, S. 241–245 (englisch, PDF 345,3 kB)
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 139.
- Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 601.
Weblinks
- Mineralienatlas: Brochantit
- American Mineralogist Crystal Structure Database – Brochantite
- Handbook of Mineralogy – Brochantite (Mineraldatenblatt, englisch, PDF 65,5 kB)
Einzelnachweise
- Webmineral – Brochantite (englisch)
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 371.
- Brochantite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 65,5 kB)
- Mindat – Brochantite (englisch)
- Curtis P. Schuh: Annotated Bio-Bibliography of Mineralogy and Crystallography 1469-1919 - Lévy, Armand (englisch)
- FEAD GmbH: Beseitigung von Verfärbungen auf Natursteinoberflächen. In: Stein Zerfall und Konservierung, Leipzig, 2005.
- Mindat – Anzahl der Fundorte für Brochantit
- Fundortliste für Brochantit beim Mineralienatlas und bei Mindat
- Mindat – Fundort Logatchev-Hydrothermalfeld, Mittelatlantischer Rücken
- Nachweis auf Bronze. Abgerufen am 15. Dezember 2021.