Batthyány
Batthyány (IPA: [ˈbɒcːaːɲi]) ist der Name einer alten und weit verzweigten ungarischen Adelsfamilie, die als Magnaten, Grafen und Fürsten zu den bedeutendsten Geschlechtern Österreich-Ungarns gehörten.
Familiengeschichte
Die Batthyány zählen zum ungarischen Uradel. Von Forschern wird die Herkunft der Familie auf das Geschlecht der Eors (Örs oder Urs) zurückgeführt, welche 970 erstmals erwähnt wurden und sich am Nordufer des Plattensees niederließen. Auf jeden Fall kann die Stammreihe der Batthyánys eindeutig mit Miklós de Kővágóörs (1341–1376), der eine Katharina Batthyány heiratete, als beginnend betrachtet werden. Dessen Sohn Georg de Kővágóörs wurde 1370 Burghauptmann von Esztergom und bekam für seine Verdienste im Kampf gegen die Türken im Jahre 1398 von König Sigismund das Gut Battyán mit dem Marktstädtchen Polgárdi im Komitat Fejér verliehen. 1481 erlangte das Geschlecht eine Wappenerneuerung.
Güssing
Mit Franz I., seinem Neffen Christoph und Balthasar II. begann ein neues Kapitel der Familiengeschichte. Am 30. Juni 1524 bekamen sie von König Ludwig II. die Burg und Herrschaft Güssing (ungarisch Nemetújvár) übertragen, als Lohn für den Sieg über ein türkisches Heer bei Jajce. Die Familie ließ die Burg im 16. und 17. Jahrhundert wegen der drohenden Gefahr aus dem Osten zur weitläufigen Festung erweitern. Seither ist dies der Stammsitz der Familie im Süden des (bis 1920 ungarischen) Burgenlandes; eine Linie des Geschlechtes nannte sich danach auch Batthyány Nemetújvári. Balthasar III. Batthyány machte den Familiensitz Güssing 1570 zum evangelischen Mittelpunkt der Region. Er war General in den Türkenkriegen. Sein Sohn Franz II. Batthyány (1577–1625) war Feldhauptmann in Niederungarn und Kammerherr mehrerer Kaiser; 1603 wurde ihm der Grafenstand verliehen. Für seine Verdienste in der Landesverteidigung gegen die Türken erhielt er von Kaiser Rudolf II. die Herrschaft Körmend. Nachdem Ferdinand II. die religiöse Toleranzpolitik beendet hatte, stellte sich der Calvinist Franz Batthyány aber zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges auf die Seite des protestantischen siebenbürgischen Fürsten Gábor Bethlen.
Sein Sohn Ádám Batthyány (1609–1659) wurde jedoch 1629 wieder katholisch. Den heute noch lebenden Batthyánys gilt er „als Stammvater der Familie im engeren Sinn“.[1] Er beherrschte Gebiete, die sich über Teile der heutigen Staaten Ungarn und Slowenien sowie das südliche Burgenland erstrecken. Südlich des Plattensees verteidigte er die Landesgrenze des von den Habsburgern beherrschten Königlichen Ungarn gegen die Osmanen und betrieb in seinem Herrschaftsgebiet eine radikale Rekatholisierung im Sinne der Gegenreformation. In Güssing gründete er ein Franziskanerkloster mit Klosterkirche, in dessen Kirche Mariä Heimsuchung sich seither die Familiengruft der Batthyány befindet. Neben dem Stifterpaar sind hier über 100 Familienmitglieder begraben. Die Gruft in Güssing ist nach der Wiener Kaisergruft die zweitgrößte Familiengruft Österreichs.[2]
Batthyány-Strattmann
Die ungarische Baronie wurde der später fürstlichen Linie der Familie 1628 verliehen, der ungarische Grafenstand 1630. 1692 heiratete Adam II. Batthyány die Gräfin Eleonore Strattmann, Tochter des Reichshofkanzlers Graf Theodor Heinrich von Strattmann. Nach dessen Tod wurden seine Güter mit denen des Hauses Batthyány zusammengelegt. Wohnsitz der Gräfin war Schloss Rechnitz im Burgenland und das Palais Batthyány in Wien, welches sie 1718 erwarb. Ihr Sohn Ludwig Ernst wurde ungarischer Hofkanzler im Dienst Maria Theresias, Palatin von Ungarn und kämpfte im Siebenjährigen Krieg; sein Hauptsitz war Schloss Bicske. Graf Karl Batthyány heiratete ebenfalls eine Tochter aus dem Hause Strattmann, nämlich 1726 Franziska Theresia Gräfin von Strattmann, eine Tochter des Grafen Gerhard Wilhelm von Strattmann, Herr des Majorats Schloss Peuerbach mit Waasen, Schmiding, Haiding und Spättenbrunn. 1760, nach dem Tod des letzten Strattmann, trat Ludwig Ernst Batthyány dort die Herrschaft an.
Ludwig Ernsts Bruder, Karl Joseph (1699–1772), wurde Feldmarschall und später Erzieher und Oberhofmeister des Kronprinzen und späteren Kaisers Joseph II.; 1763 wurde er in den böhmischen Fürstenstand erhoben, ein Jahr später auch in den Reichsfürstenstand mit der Anrede Hochgeboren. Er blieb jedoch ohne Nachkommen, so dass der Fürstentitel 1772 auf seinen Neffen Adam Wenzel (1722–1787) überging, den Sohn des bereits mehrfach erwähnten Ludwig Ernst Batthyány. Ihm folgten sein Enkel Fürst Ludwig (1753–1807) und dessen Urenkel Fürst Philipp (1781–1870). 1825 löste Philipp das Fideikommiss auf und teilte den Besitz, Peuerbach erhielt sein Neffe Fürst Wilhelm Albrecht von Montenuovo, der Gatte der Gräfin Johanna Batthyany. Der 7. Fürst von Batthyány-Strattmann (1870–1931) wirkte als Armenarzt und richtete auf seinen Schlössern Kittsee und Körmend Spitäler für Arme ein, die er umsonst behandelte; auch unterstützte er Bedürftige finanziell und verschenkte den größten Teil seines ererbten Vermögens. 2003 wurde er von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Gegenwärtiges Familienoberhaupt ist der 10. Fürst, Ladislaus Edmund Batthyány-Strattmann (* 1970).
Fürsten Batthyany-Strattmann
- Karl Joseph (1699–1772), 1. Fürst von Batthyány 1763–1772
- Adam Wenzel (1722–1787), 2. Fürst von Batthyány-Strattmann 1772–1787
- Ludwig (1753–1807), 3. Fürst von Batthyány-Strattmann 1787–1807
- Philipp (1781–1870), 4. Fürst von Batthyány-Strattmann 1807–1870
- Gustav (1803–1883), 5. Fürst von Batthyány-Strattmann 1870–1883
- Edmund (1826–1914), 6. Fürst von Batthyány-Strattmann 1883–1914
- Ladislaus (1870–1931), 7. Fürst von Batthyány-Strattmann 1914–1931
- Ladislaus (1904–1966), 8. Fürst von Batthyány-Strattmann 1931–1966
- Ladislaus (1938–2015), 9. Fürst von Batthyány-Strattmann 1966–2015
- Ladislaus Edmund (* 1970), 10. Fürst von Batthyány-Strattmann 2015–
Herrenstand in der Donaumonarchie
Im Jahr 1645 erlangten die Batthyány den niederösterreichischen Herrenstand. Die erbliche Würde eines Banus von Kroatien und Slawonien wurde ihnen 1700 verliehen. 1721 erfolgte die Aufnahme der Batthyány in den mährischen, 1734 in den oberösterreichischen Herrenstand. In den Kärntner Herrenstand wurde das Haus Batthyány 1804 aufgenommen.
Lajos Batthyány wurde während der Revolution in Ungarn 1848 ungarischer Ministerpräsident und 1849 in Pest hingerichtet. Nach 1945 wurden die Batthyánys in den damals sozialistischen Ländern weitgehend enteignet, während ihnen die Besitzungen im einst ungarischen, heute österreichischen Burgenland verblieben.
Bekannte Namensträger
- Balthasar Batthyány (1543–1590), Freiherr von Batthyány; gebildeter Humanist, wurde 1570 Protestant
- Franz II. Batthyány (1577–1625), Kammerherr, oberster Stallmeister und Obergespan des Komitats Ödenburg
- Ádám Batthyány (1609–1659), Graf von Németújvár; Gründer des Franziskanerklosters in Güssing
- Adam II. Batthyány (1662–1703), Ban von Kroatien
- Eleonore Batthyány-Strattmann (1672–1741), Wiener Hofdame und enge Vertraute von Prinz Eugen von Savoyen
- Ludwig Ernst Batthyány (1696–1765), ungarischer Hofkanzler, Ritter vom Goldenen Vlies und Palatin
- Karl Joseph Batthyány (1697–1772), zunächst Graf, erlangte 1763 den Fürstenstand; österreichischer General und Feldmarschall, Erzieher Josefs II.
- József Batthyány (1727–1799), Graf; Fürstprimas von Ungarn, Erzbischof und Kardinal
- Ignác Batthyány (1741–1798), Graf; Bischof
- Vince Batthyány (1772–1827), ungarischer Staatsmann und Topograf
- Franziska Batthyány (1783–1861), Gräfin, geb. Széchenyi
- Gusztáv Batthyány (1803–1883), Pferdezüchter
- Kasimir Batthyány (1807–1854), erster ungarischer Außenminister unter Kossuth
- Lajos Batthyány (1807–1849), Graf; ungarischer Ministerpräsident, 1849 hingerichtet
- Tivadar Batthyány (1859–1931) ungarischer Politiker und Minister
- Ladislaus Batthyány-Strattmann (1870–1931), 7. Fürst von Batthyány-Strattmann; Armenarzt, seliggesprochen
- Margit von Batthyány (1911–1989), geb. Thyssen-Bornemisza, stand im Zusammenhang mit dem Massaker von Rechnitz
- Vilmos Batthyány (1870–1928), Bischof von Nitra
- Philipp Batthyány (* 1968), Philosoph
- Alexander Batthyány (* 1971), österreichischer Philosoph und Hochschullehrer
- Sacha Batthyany (* 1973), Großneffe von Margit von Batthyány. Redakteur, Schriftsteller in der Schweiz
- Friedrich von Hartenberg alias Louis Batthyány Szent-Iványi (1781–1822), Hochstapler
- Kardinal József Batthyány (1727–1799), Fürstprimas von Ungarn
- Lajos Batthyány (1807–1849), ungarischer Ministerpräsident
- Ladislaus Batthyány-Strattmann (1870–1931), 7. Fürst von Batthyány-Strattmann; Armenarzt, seliggesprochen
Schlösser, Burgen, Kloster
- Burg Güssing, Burgenland (seit 1524 bis heute im Besitz der Familie)
- Franziskanerkloster und Klosterkirche Güssing (Grablege der Familie)
- Schloss Rechnitz (ab 1527 im Pfandbesitz, von 1564 bis 1906 und ab 1933 bis 1945 im Besitz der Familie)
- Schloss Tabor, Burgenland (1607 bis 2019 im Besitz)
- Schloss Batthyány in Neumarkt an der Raab, im 17. Jh. im Besitz von Ádám Batthyány; das Schloss 1846 von Graf Franz Batthyány an der Stelle eines älteren Gebäudes errichtet; bis heute im Familienbesitz.
- Schloss Batthyány in Pinkafeld, seit Ádám Batthyány bis Anfang des 20. Jh. im Besitz
- Schloss Batthyány in Rudersdorf, Teil der Herrschaft Güssing, um 1750 von Emmerich Batthyány erbaut, im 19. Jh. verkauft
- Schloss Batthyány in Bicske, 1642 von Ádám Batthyány erworben, das Schloss 1754–1755 neu erbaut.
- Schloss Trautmannsdorf in Trautmannsdorf an der Leitha, Niederösterreich. 1756 erworben, 1810 das klassizistische Schloss durch Fürst Philipp Batthyány erbaut.
- Schloss Batthyány in Körmend, 1604 durch Kaiser Rudolf II. an Franz II. Batthyány dotiert. Durch Ádám Batthyány nach einem Brand ab 1652 neu erbaut.
- Palais Batthyány in der Wiener Bankgasse, 1718 durch Eleonore Batthyány-Strattmann erworben, im 19. Jh. verkauft und 1911 bis 1924 erneut im Besitz.
- Schloss Peuerbach, Oberösterreich, 1726 bis 1825 im Besitz
- Burg Güssing, Burgenland
- Schloss Rechnitz, Burgenland
- Schloss Tabor, Burgenland
- Schloss Batthyány in Neumarkt an der Raab, Burgenland
- Schloss Batthyány (Pinkafeld), Burgenland
- Schloss Batthyány (Rudersdorf), Burgenland
- Schloss Bicske im Komitat Fejér
- Schloss Peuerbach, Oberösterreich
- Schloss Batthyány (Trautmannsdorf), Niederösterreich
- Schloss Batthyány in Körmend
- Palais Batthyány, Wien
Literatur
- Rudolf Kropf (Hrsg.): Die Familie Batthyány. Ein österreichisch-ungarisches Magnatengeschlecht vom Ende des Mittelalters bis zur Gegenwart. Tagungsband der 25.–27. Schlaininger Gespräche vom 25.–29. September 2005, 24.–28. September 2006 und 17.–20. September 2007, Band 1: ISBN 978-3-85405-183-1, Band 2: ISBN 978-3-85405-198-5, Landesmuseum Eisenstadt, Eisenstadt 2014.
- Franz Gall: Österreichische Wappenkunde. Handbuch der Wappenwissenschaft. 2. verbesserte Auflage, Böhlau, Wien u. a. 1992, ISBN 3-205-05352-4, S. 267.
- Genealogisches Handbuch des Adels, Limburg/Lahn, Starke Verlag
- Genealogisches Handbuch der fürstlichen Häuser, Bd. 3 (8), 1955, S. 259–262, 9 (50), 1971, S. 393–399; 13 (90), 1987, S. 428–435 sowie 17 (133), 2004, S. 483–496
- Genealogisches Handbuch der gräflichen Häuser, Bd. 11 (82), 1983, S. 36–48
- Adelslexikon, Bd. 1 (53), 1972, S. 245–246; 17 (144 ), 2008, S. 56
Weblinks
- Website der Familie Batthyány
- Stammbaum der Batthyány (teilweise Englisch)
- Batthyány család
Einzelnachweise
- Familie Batthyány 17. Jahrhundert. Eintrag auf der Website der Familie Batthyány, batthyany.at. Abgerufen am 20. März 2010.
- Zweitgrößte Gruft Österreichs in Güssing Artikel vom 7. April 2008 auf der Website des ORF Burgenland, oesterreich.orf.at. Abgerufen am 6. März 2010.