Lajos Batthyány
Lajos Graf Batthyány von Németújvár (* 10. Februar 1807 in Pressburg; † 6. Oktober 1849 in Budapest) war ein ungarischer Magnat, Graf und Herr der Herrschaft Ikervár, Schlaining und Neuhaus sowie Erbobergespan (ungarisch főispán) des Komitats Eisenburg (ungarisch Vas vármegye) sowie erster Ministerpräsident des Königreichs Ungarn.
Leben
Lajos Batthyány stammte aus der alten und weit verzweigten ungarischen Adelsfamilie Batthyány, die als Magnaten, Grafen und Fürsten später zu den bedeutendsten Geschlechtern Österreichs und Ungarns gehörten. Er besuchte zunächst das Wiener Schottengymnasium, ergriff dann den Militärberuf, verließ 1827 das Militär und bewirtschaftete seine Güter. Gleichzeitig studierte er Jura und legte an der Zagreber Akademie die Prüfung ab.
Ab 1830 nahm er als Mitglied der Magnatentafel an der Sitzung des ungarischen Landtages in Pressburg teil. Am 4. Dezember 1834 vermählte er sich mit Antonie de Vazsonkő, geborene Zichy. In den Jahren 1832–1836 war er schon bedeutendes Mitglied der Opposition. 1847 wurde er zum Vorsitzenden der Reformer gewählt. Als solcher kämpfte er entschlossen für die Rechte des ungarischen Volkes und um eine selbstständige Regierung und Verfassung. Er war aber kein Verfechter eines gewaltsamen Vorgehens, sondern als gemäßigter Reformer wollte er durch planmäßiges Verhandeln mit der Wiener Regierung das Ziel erreichen. Seine Einstellung folgte mehr dem politischen Programm von István Széchenyi als den Forderungen von Lajos Kossuth. Széchenyi warnte seine Landsleute vor den Folgen des Sprachnationalismus und einer Abtrennung von Österreich. Kossuth war ein Revolutionär und bestand auf die Magyarisierung ethnischer Minderheiten.
Nach Ausbruch der Märzrevolutionen 1848 wurden König Ferdinand V. in Wien durch den ungarischen Landtag in Preßburg die Wünsche der ungarischen Nation vorgelegt. Ungarn musste eine eigenständige Regierung zugestanden werden, Batthyány wurde am 22. März 1848 zum ersten ungarischen Ministerpräsident bestimmt. Nachdem die neue Regierung ihre Tätigkeit aufnahm, verschärfte sich die Ungarische Revolution wegen zu hoch gesteckter nationaler Ansprüche. Im Zuge einer gleichzeitigen panslawistischen Gegenbewegung, die letztlich sogar eine Loslösung der slawischen Landesteile vom Königreich Ungarn anstrebte, kamen kroatische Truppen unter ihrem Banus Jelačić dem Kaiser zu Hilfe und marschierten ab 9. September 1848 in Ungarn ein. Nach der Ermordung des Grafen Lamberg, des vom Kaiser neuernannten Militärkommandanten für Ungarn, wurde am 3. Oktober der Belagerungszustand über Ungarn verhängt.
Um die Separationsbestrebungen Ungarns zu beenden, rückte Mitte Dezember 1848 eine kaiserliche Armee unter Graf Windischgrätz mit 90.000 Soldaten in Richtung auf Ofen vor.
Am 3. Jänner 1849 begab sich Batthyány zusammen mit anderen Reichstagsdeputierten in das kaiserliche Hauptquartier nach Bicske, wurde aber von Feldmarschall von Windischgrätz als Rebell tituliert und nicht mehr empfangen. Er verblieb die nächsten Tage in völliger Ruhe in Pest, ohne die Möglichkeit zu benutzen, nach Debreczin zu entkommen. Am 8. Jänner wurde er aber im Palais des Grafen Károlyi von den Kaiserlichen ergriffen und in Ofen in eine Kaserne eingesperrt. Im weiteren Verlauf des Unabhängigkeitskrieges kam den Österreichern Anfang Mai 1849 auch das zaristische Russland mit rund 150.000 Soldaten unter Fürst Paskewitsch zur Hilfe. Der gegnerischen Übermacht war die eingekesselte ungarische Armee nicht mehr lange gewachsen. Nach der Kapitulation von Vilagos im August 1849 mussten Kossuth und Artúr Görgey mit 4.900 Offizieren und Soldaten ins Osmanische Reich fliehen. Batthyány huldigte sogar dem neuen Kaiser Franz Joseph I., um weiteres Blutvergießen zu beenden. Er blieb unter Hausarrest und wurde auf massives Betreiben des kaiserlichen Oberbefehlshabers in Ungarn, Baron Julius von Haynau, am 6. Oktober 1849 in Pest erschossen. Die Hinrichtung löste weltweite Empörung aus. Mit Batthyány fanden an jenem Tag noch weitere 13 Generäle (die sogenannten Märtyrer von Arad) den Tod. Der 6. Oktober 1849 gilt in Ungarn als nationaler Trauertag. Der Leichnam Batthyánys wurde nach einigen Tagen in der Krypta der Pester Franziskanerkirche beigesetzt.
Nach dem Ausgleich mit Österreich wurde er am 9. Juni 1870 in einem Mausoleum auf dem Kerepesi temető feierlich bestattet. Am Ort seiner Hinrichtung brennt ein ewiges Licht zur Erinnerung an den ungarischen Märtyrer.
Im dritten Teil der Sissi-Trilogie Schicksalsjahre einer Kaiserin hat ihm Autor und Regisseur Ernst Marischka die Rolle eines Rebellen zugeschrieben, dessen Sohn durch den Charme und die Herzensgüte der Kaiserin Elisabeth, welche auch Königin von Ungarn war, besänftigt wird.
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Batthyány, Ludwig Graf. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 1. Theil. Universitäts-Buchdruckerei L. C. Zamarski (vormals J. P. Sollinger), Wien 1856, S. 180–182 (Digitalisat).
- Batthyány. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 2, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 453.
- Batthyány Graf Ludwig. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 53.
- László Révész: Batthyány, Lajos Graf. In: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. München 1974, S. 161 f.
- I. Fazekas, S. Malfèr, P. Tusor (Hrsg.): Széchenyi, Kossuth, Batthyány, Deák. Studien zu den ungarischen Reformpolitikern des 19. Jahrhunderts und ihren Beziehungen zu Österreich, Publikationen der ungarischen Geschichtsforschung in Wien, Bd. 3, Collegium Hungaricum, Wien 2011, ISBN 978-963-88739-6-5.