Bahnstrecke Zinnowitz–Peenemünde
Die Bahnstrecke Zinnowitz–Peenemünde ist eine eingleisige, nicht elektrifizierte Nebenbahn im Nordwesten der Insel Usedom. Bekanntheit erlangte sie vor allem als Werkbahn Peenemünde, um die Heeresversuchsanstalt Peenemünde an das deutsche Eisenbahnnetz anzuschließen. Für die Infrastruktur ist heute die Usedomer Bäderbahn (UBB) zuständig, den Personenverkehr führt seit 2017 die DB Regio Nordost durch.
Zinnowitz–Peenemünde | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Streckennummer: | 6774 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kursbuchstrecke (DB): | 194 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenlänge: | 12,8 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenklasse: | B1[1] | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 5[1] ‰ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Höchstgeschwindigkeit: | 80 km/h | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Geschichte
Die Strecke entstand Mitte der 1930er Jahre zusammen mit der Heeresversuchsanstalt, als die Wehrmacht einen geeigneten Standort für ihre Raketenteste suchte. Da der so genannte „Peenemünder Zipfel“ kaum besiedelt und zu drei Seiten von Wasser umgeben war, wurde das Gelände für geeignet befunden und der Bau veranlasst. Als Werksanschluss sollte die neu zu errichtende Bahn vor allem dem Transport von Gütern sowie von Militärangehörigen dienen. Nach rund einjähriger Bauzeit konnte diese am 28. Juli 1937 in Betrieb gehen, die Fahrt war für Zivilisten jedoch untersagt, führte die Bahn doch in militärisches Sperrgelände.
Die Strecke beginnt am Bahnhof von Zinnowitz, wo Anschluss an die Strecke Heringsdorf–Wolgast besteht. Die Strecke fädelt anschließend nach Norden aus und führt parallel zur Usedomer Nordküste über Karlshagen bis zum Südrand der ehemaligen Heeresversuchsanstalt. Kurz vor dieser schwenkt die Bahn nach Südwesten und führt zum Endbahnhof Peenemünde am Peenestrom.
1941 wurde die Bahn mit 1200 Volt Gleichspannung und Oberleitung elektrifiziert. Der elektrische Betrieb beschränkte sich allerdings wie der Personenverkehr auf die Stammstrecke und wurde nicht in die Versuchsanstalt durchgebunden. Zum Einsatz kamen 15 Triebzüge, die der Baureihe ET 167 der Berliner S-Bahn ähnelten. Dafür mussten die Halte mit Hochbahnsteigen ausgerüstet werden.
Nachdem bereits noch vor Kriegsende die ersten Wagen nach Thüringen versetzt wurden sowie einige einem Bombenangriff zum Opfer fielen, verfügte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) am 21. April 1946 die Einstellung des elektrischen Betriebes in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Die Anlagen wurden daraufhin demontiert und wie die verbliebenen Wagen als Reparationsleistungen in die Sowjetunion gebracht. Der Verkehr erfolgte daraufhin mit Dampfzügen, die ab 1955 auch für den öffentlichen Verkehr freigegeben wurden. Da diese einen niedrigeren Einstieg hatten als die elektrischen Wagen, wurden die Bahnsteige zurückgebaut. An einigen Stellen, wie etwa am Haltepunkt Karlshagen Siedlung, sind sie bis heute noch vorhanden. Zwischen Karlshagen Dorf und Peenemünde war allerdings militärisches Sperrgebiet, das nur von Fahrgästen mit Passierschein befahren werden konnte.
Wegen der Explosionsgefahr von Munitionsresten und der dort befindlichen Tanklagern verkehrten hier nur Diesellokomotiven, mangels Heizeinrichtungen der Lokomotiven wurden im Personenverkehr Triebwagenbeiwagen mit Ofenheizung eingesetzt.[2]
Die kommenden Jahre zeichneten sich allerdings durch den zunehmenden Verfall der Strecke aus, so dass die Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h beschränkt werden musste. Daraufhin erfolgte bis 1980 eine erste Sanierung der Strecke, die vor allem außerhalb der Saisonzeiten durchgeführt wurde.
Bahnhof und Ort Peenemünde lagen weiterhin im Sperrgebiet der Armee, so dass nur ausgewählte Reisende die Strecke bis dort benutzen konnten. Die Züge standen allerdings im normalen Kursbuch der Deutschen Reichsbahn.
Nach der Wende drohte ein Ende des Betriebes, da die Reichsbahndirektion Schwerin 1992 die Stilllegung des gesamten Inselnetzes beim Landtag beantragte. Als Folge dessen wurde am 1. August 1993 das Projekt Usedom gegründet, aus dem 1994 die heutige Usedomer Bäderbahn hervorging. Diese übernahm ab dem 1. Juni 1995 den Personenverkehr auf der Insel und begann in der Folgezeit mit der Sanierung der Strecke. Nach rund zwei Jahren wurde diese abgeschlossen, wodurch die Züge wieder mit 80 km/h auf der Strecke fahren können.
In den ersten Betriebsjahren fuhr die UBB mit andernorts freigewordenen Schienenbussen der DR (im Volksmund „Ferkeltaxen“ genannt). Diese wurden ab 2000 durch Triebwagen der Baureihe 646 (Stadler GTW 2/6) ersetzt.
Seit 2004 ist ein elektrischer Triebwagen der Werkbahn im Historisch-Technischen Museums Peenemünde ausgestellt. Der Wagen war zuletzt bei der Deutschen Bundesbahn als 426 002 eingesetzt worden.
Literatur
- Bernd Kuhlmann: Peenemünde – das Raketenzentrum und seine Werkbahn. 3. Auflage. GVE-Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-89218-100-2.
- Bernd Kuhlmann: Eisenbahnen auf Usedom. 3. Auflage. Alba, Düsseldorf 2005, ISBN 3-87094-241-X.
- Ludger Kenning: Die Usedomer Bäderbahn. 2. Auflage. Kenning, Nordhorn 2010, ISBN 978-3-933613-51-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- Benutzungsbedingungen für das Schienennetz und die Serviceeinrichtungen der Usedomer Bäderbahn GmbH (SNB/NBS UBB) - gültig ab 10. April 2012. (PDF; 733 KB) (Nicht mehr online verfügbar.) S. 20, ehemals im Original; abgerufen am 15. Oktober 2012. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- Wolf-Dietger Machel, Malte Werning: Inselbetrieb auf der Insel. In: eisenbahn-magazin. Nr. 8, 2017, ISSN 0342-1902, S. 43.