Ancylobacter
Ancylobacter ist eine Gattung von Bakterien.
Ancylobacter | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Ancylobacter | ||||||||||||
Raj 1983 |
Merkmale
Die Zellen von vielen Arten der Gattung sind stark gekrümmt ("Vibrionen"). Ancylobacter oerskovii bildet pleomorphe Zellen. Die nach den Regeln der Taxonomie der Bakterien noch nicht vollständig beschriebene Art "A. abiegnus" ist kokkenförmig. A. aquaticus ist vibrionenförmig und bildet vor der Teilung gelegentlich ringförmige Zellen.[1]
Einige Arten bilden Gasvesikel, wie Ancylobacter vacuolatus, A. polymorphus und einige Stämme von A. aquaticus.[2][3] Die Arten sind in der Regel nicht beweglich (motil), ein Stamm von Ancylobacter aquaticus ist durch eine polare, einzelne Flagelle beweglich.[1][3]
Ancylobacter aquaticus ähnelt morphologisch durch die gekrümmten Zellen stark den zu den Bacteroidetes zählenden Gattungen Spirosoma, Flectobacillus und Runella.[3] Zur Unterscheidung kann u. a. die färbende Pigmentation der Kolonien dienen. Ancylobacter aquaticus ist farblos, während Spirosoma gelb, Flectobacillus und Runella pink gefärbt sind. Auch die phototrophe Art Rhodocyclus purpureus hat eine ähnliche morphologische Struktur. Sie wird zu der Familie der Rhodocyclaceae gestellt, physiologisch zählt sie zu den Nichtschwefelpurpurbakterien.
Stoffwechsel
Ancylobacter ist aerob, der Stoffwechselweg ist die Atmung mit Sauerstoff als Elektronenakzeptor. Sie nutzen eine breite Spanne von organischen Verbindungen wie verschiedene Zucker oder Salze als Energiequelle.[4] Einige Stämme sind auch fakultativ methylotroph, hierbei kann als Elektronenspender z. B. Methanol genutzt werden. Hierzu zählen z. B. Stämme von Ancylobacter aquaticus und A. dichloromethanicus. Letztere können hierbei auch Dichlormethan (CH2Cl2) nutzen. Einige Stämme der methylotrophen Arten sind in der Lage, auch völlig chemolithoautotroph zu wachsen. Als Elektronenspender dient hierbei Wasserstoff (H2). Die C1-Komponenten werden über den Calvin-Zyklus assimiliert.[1]
Chemotaxonomie
Die häufigste Fettsäure von Ancylobacter ist C18:1ω-7c.[5]
Bei A. aquaticus sind weiterhin vorhanden C16:0, C18:0 und C19:0 cyclo. Ubichinon-10 ist bei A. aquaticus das häufigste Quinon, weiterhin kommen in geringeren Mengen Q-9 und Q-11 vor.[3]
Systematik
Im Jahre 2005 wurde die Gattung Ancylobacter aufgrund der untersuchten 16S-rRNA-Phylogenie zur neu aufgestellten Familie der Xanthobacteraceae gestellt.[6] Zuvor wurde sie in der Familie Hyphomicrobiaceae geführt. Die Gattung wurde ursprünglich als Microcyclus, erst beschrieben von J. Ørskov im Jahr 1928, geführt. Da allerdings eine schon vorher, im Jahre 1904 beschriebene Gattung von Pilzen mit dem gleichen Namen existiert, wurde die Bakteriengattung später in Ancylobacter umbenannt[7][5]. Die Art "Ancylobacter abiegnus" steht noch unter Diskussion.
Es folge eine Auflistung einiger Arten (Stand März 2020):[8]
- "Ancylobacter abiegnus" Zaichikova et al. 2010
- Ancylobacter aquaticus (Ørskov 1928) Raj 1983
- Ancylobacter defluvii Poroshina et al. 2014
- Ancylobacter dichloromethanicus Firsova et al. 2010
- Ancylobacter lacus Chemodurova et al. 2020
- Ancylobacter oerskovii Lang et al. 2008
- Ancylobacter plantiphilus Chemodurova et al. 2020
- Ancylobacter polymorphus Xin et al. 2006
- Ancylobacter pratisalsi Suarez et al. 2017
- Ancylobacter rudongensis Xin et al. 2004
- Ancylobacter sonchi Agafonova et al. 2017
- Ancylobacter vacuolatus Xin et al. 2006
Ökologie und Nutzung
Die Art Ancylobacter aquaticus kommt in Süßwasserlebensräumen vor, wie z. B. Teichen, Bächen und Seen. Sie wurde auch in Reisfeldern und in Böden gefunden. Das fakultativ methylotrophe Bakterium A. dichlormethanicus, das auf Dichlormethan wachsen kann, wurde aus kontaminiertem Boden in Russland isoliert. A. rudongensis wurde von Wurzeln der Süßgräserart Salz-Schlickgras (Spartina anglica) in Jiangsu, China isoliert. Diese Art zeigt auch die ringähnliche Zellform wie A. aquaticus. Das Salz-Schlickgras stammt ursprünglich aus Europa und kommt jetzt auch weit verbreitet an Stränden Chinas vor.[9]
Bakterien der Gattung Ancylobacter sind von Interesse für die Bioremediation von verschiedenen Schadstoffen in Ökosystemen, wie z. B. von Arsen, Dichlormethan und Sulfonylharnstoff-Herbiziden. So sind verschiedene Stämme von Ancylobacter aquaticus in der Lage, giftige Chlorkohlenwasserstoffe, wie z. B. 1,2-Dichlorethan als einzige Kohlenstoff- und Energiequelle zu nutzen. A. dichloromethanicus kann, wie schon erwähnt, Dichlormethan nutzen.[1]
Einzelnachweise
- Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt und Fabiano Thompson: The Prokaryotes. Alphaproteobacteria and Betaproteobacteria ISBN 978-3-642-30197-1
- Yu Hua Xin, Yu Guang Zhou und Wen Xin Chen: Ancylobacter polymorphus sp. nov. and Ancylobacter vacuolatus In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (2006), 56, S. 1185–1188 doi:10.1099/ijs.0.64118-0
- George M. Garrity: Bergey's manual of systematic bacteriology. 2. Auflage. Springer, New York, 2005, Vol. 2: The Proteobacteria Part C: The Alpha-, Beta-, Delta-, and Epsilonproteabacteria ISBN 0-387-24145-0
- Michael T. Madigan, Thomas D. Brock, John M. Martinko, David P. Clark und David A. Stahl: Brock – Mikrobiologie. 13., aktualisierte Auflage. Pearson Studium, 2013, ISBN 978-3-8689-4144-9.
- Christian Suarez, Stefan Ratering, Johanna Schäfer und Sylvia Schnell: View Affiliations Ancylobacter pratisalsi sp. nov. with plant growth promotion abilities from the rhizosphere of Plantago winteri In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology. (2017), Band 67, Ausgabe 1. doi:10.1099/ijsem.0.002320
- Kyung-Bum Lee u. a.: The hierarchical system of the ‘Alphaproteobacteria’: description of Hyphomonadaceae fam. nov., Xanthobacteraceae fam. nov. And Erythrobacteraceae fam. nov. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 55, 2005, S. 1907–1919 (online).
- H. D. Raj: Proposal of Ancylobacter gen. nov. as a substitute for the bacterial genus Microcyclus Orskov 1928. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology. (1983), 33: S. 397–398. doi:10.1099/00207713-33-2-397
- Jean Euzéby, Aidan C. Parte: Genus Ancylobacter. In: List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature (LPSN). Abgerufen am 25. März 2021.
- Yu Hua Xin et al.: Ancylobacter rudongensis sp. nov., isolated from roots of Spartina anglica In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (2004), Band 54, S. 385–388 doi:10.1099/ijs.0.02466-0
Literatur
- George M. Garrity: Bergey's manual of systematic bacteriology. 2. Auflage. Springer, New York, 2005, Vol. 2: The Proteobacteria Part C: The Alpha-, Beta-, Delta-, and Epsilonproteabacteria ISBN 0-387-24145-0
- Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt und Fabiano Thompson: The Prokaryotes. Alphaproteobacteria and Betaproteobacteria Springer, Berlin, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-30197-1