Abtei Fontenay
Die Abtei Fontenay (lateinisch Fontanetum) ist ein im Jahre 1118 von Bernhard von Clairvaux gegründetes Zisterzienserkloster in Frankreich, das seit 1981 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
Zisterzienserabtei Fontenay | |
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Abtei Fontenay, Kirche (rechts) und Ostflügel | |
Lage | Frankreich Region Bourgogne-Franche-Comté Département Côte-d’Or |
Koordinaten: | 47° 38′ 27″ N, 4° 23′ 23″ O |
Ordnungsnummer nach Janauschek |
12 |
Gründungsjahr | 1119 |
Jahr der Auflösung/ Aufhebung |
1791 |
Mutterkloster | Kloster Clairvaux |
Primarabtei | Kloster Clairvaux |
Tochterklöster |
Kloster Les Écharlis |
Zisterzienserabtei Fontenay | |
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UNESCO-Welterbe | |
Vertragsstaat(en): | Frankreich |
Typ: | Kultur |
Kriterien: | (iv) |
Fläche: | 5,77 ha |
Pufferzone: | 1397 ha |
Referenz-Nr.: | 165bis |
UNESCO-Region: | Europa und Nordamerika |
Geschichte der Einschreibung | |
Einschreibung: | 1981 (Sitzung 5) |
Erweiterung: | 2007 |
Lage
Die Abtei von Fontenay, eine der bedeutendsten in Burgund, liegt im Département Côte-d’Or, etwa 60 Kilometer nordwestlich der Stadt Dijon, etwa sechs Kilometer von Montbard entfernt, in einem entlegenen, ursprünglichen Bachtal. Sie besitzt die älteste erhaltene Zisterzienserkirche. Die Lage entspricht der zisterziensischen Tradition, Klöster in entlegenen Tälern an einem Wasserlauf zu errichten. Da Fisch als Hauptbestandteil der Küche der Zisterzienser galt, gehören zu Teichen aufgestaute Bachläufe häufig zum Erscheinungsbild von Zisterzienserabteien. Durch die umgebende Wildnis konnte eine Ablenkung und Versuchung durch die weltlichen Geschäfte der Städte und Dörfer vermieden werden. Die Landstraße D 32, die von Marmagne nach Touillon führt, verbindet heute das ehemalige Kloster mit der Außenwelt.
Geschichte
Fontenay wurde im Jahr 1118 von Bernhard von Clairvaux als Tochterkloster (Filiation) der Primarabtei Clairvaux gegründet, aber erst 1130 an den jetzigen Ort verlegt.[1] Der Bau ist ein Manifest der strengen zisterziensischen Romanik und entspricht weitestgehend dem Originalzustand. Fontenay entwickelte sich schnell zu einem führenden geistlichen Zentrum der Region: die Mönche fertigten wertvolle Handschriften und erzielten Erfolge in der Medizin und Heilkunde des Hochmittelalters. Im 13. Jahrhundert wohnten Hunderte Mönche in Fontenay. Ludwig IX. verlieh Fontenay den Titel eines königlichen Klosters. Deshalb führt die Abtei die Lilie im Wappen. Bis ins 16. Jahrhundert währte die Blütezeit von Fontenay, danach ging die Anzahl der Mönche und Laienbrüder zurück. 1745 wurde das große Refektorium abgetragen und der Kapitelsaal verkleinert.[2]
Mit der Französischen Revolution 1789 endete das Klosterleben: 1791 verließen die letzten neun Mönche Fontenay. Nach dem Verkauf richtete Élie de Montgolfier eine Papierfabrik in den Gebäuden der Abtei ein, die Basilika war zusehends von Verfall bedroht.
1906 kauften die wohlhabenden Gebrüder Edouard und René Aynard die gesamte Abtei und begannen mit der aufwändigen Restaurierung, die bis heute andauert. Diesen Bemühungen ist es zu verdanken, dass Fontenay in seinem wiederhergestellten Zustand im Jahr 1981 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde.
Im Jahr 1997 feierte Fontenay den 850. Jahrestag der Weihe seiner Klosterkirche.
Aufbau
Die Abtei gliedert sich in die Bereiche der Basilika, des Klosters mit Dormitorium, Refektorium und Kapitelsaal, des Abtspalastes, der Wirtschaftsgebäude und der klösterlichen Gärten.
Basilika
Mit dem Bau der Abteikirche wurde 1139 begonnen. Im Jahr 1149 wurde sie durch Papst Eugen III. geweiht.[3] Seither hat die Basilika nur geringfügige Veränderungen erfahren.
Die Westfassade wird von sieben Rundbogenfenstern – der symbolischen Zahl der christlichen Tradition – durchbrochen, oben von drei, unten von vier Fenstern. Das hat nicht nur architektonische Bedeutung. Die Drei, die durch keine andere Zahl teilbar ist, ist die klassische Zahl der göttlichen Trinität: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die Drei steht für das Umfassende, die Heiligkeit und Vollkommenheit, für die Welt des Geistlichen. Eine weltliche Stadt ist auf künstlerischen Darstellungen des Mittelalters vornehmlich durch vier Arkaden gekennzeichnet, das Himmlische Jerusalem immer durch drei Arkaden.
Die Vier ist eine ganz zentrale Symbolzahl, und zwar steht sie ganz allgemein für den Bereich des Weltlichen. Zunächst gibt es im Mittelalter die Einteilung der Materie in die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft. Dann gibt es im menschlichen Leben vier Kardinaltugenden [Tapferkeit (fortitudo), Klugheit (prudentia), Mäßigkeit (temperantia) und Gerechtigkeit (iustitia)], die vier Temperamente (cholerisch, phlegmatisch, melancholisch und sanguinisch), die vier Kirchenväter (Ambrosius, Augustinus, Hieronymus und Gregor der Große), die vier Himmelsrichtungen, die vier Enden der Welt, die vier Tageszeiten usw.
Dem Ordensideal folgend sind die Zisterzienser-Kirchen – und das sieht man hier an der Fassade von Fontenay – einfach, streng und klar. Die Regeln des Ordens verboten Türme, nur Dachreiter und die kleine, schon um vier Uhr morgens zum Gebet rufende Glocke (matine) waren erlaubt. Figürlicher Kapitellschmuck, skulptierte Portale und Ornamentik waren ebenso untersagt wie buntfarbige Fensterverglasung. Darin stehen die Zisterzienser in schärfstem Gegensatz zur gleichzeitigen romanischen Baukunst, vor allem zu Cluny, und das machte sie später zu Mitverbreitern des gotischen Stils in seiner asketischen Version. Dieses Schema lockerte sich später auf und es wird sich etwas wiederholen, was in Cluny, dem Ausgangsort der Bewegung, ebenfalls geschehen ist. Die anfängliche Askese konnte nicht durchgehalten werden.
Die achtjochige Kirche ist 66 Meter lang (Cluny III war ungefähr dreimal so groß) und 16,70 Meter hoch. Zur Atmosphäre dieser Kirche passt es sehr gut, dass keinerlei Sitzbänke und ähnliches den Innenraum zustellen und dass es eigentlich auch keinen Fußboden gibt außer festgetretenem Lehm. Der originale Eindruck des 12. Jhs. ist vollständig erhalten geblieben. Das Mittelschiff von Fontenay wird – wie in Cluny III – bis zum Chor von der burgundischen Spitztonne auf mächtigen Quergurten überwölbt.[4]
Aber eine Fensterzone fehlt, die Beleuchtung erfolgt durch die Seitenschiffe und die dichten Fenstergruppen an der Eingangswand, an den Chorwänden und an den Querschiffenden. Das Innere blieb entweder steinsichtig oder wurde verputzt und mit weißen Fugen bemalt, der einzigen zulässigen Farbe – auch die Gewänder der Zisterzienser waren farblos. Sonst erhielt der turmlose Bau weder plastischen noch malerischen Schmuck. Die Kirche hat insgesamt 18 Fenster. Auch hierfür wird eine Zahlensymbolik in Betracht gezogen: das Christusmonogramm hat den Zahlwert 18.[5]
Dafür war die Behandlung des Steins außerordentlich sorgfältig und sauber – und damit auch teuer. Teilweise konnte ohne Mörtel gemauert werden. Diese asketische Einfachheit fand außerordentlichen Zuspruch. In kürzester Zeit verbreiteten sich – zusammen mit dem Orden – die Bauformen der Zisterzienser über ganz Europa. Ihre ersten Bauten waren noch aus Holz errichtet. Erst in der zweiten Ordensgeneration unter Bernhard von Clairvaux entstanden Steingebäude.
In der erhaben schlichten, dreischiffige Basilika steht die überlebensgroße Steinstatue der „Madonna von Fontenay“ aus dem 13. Jahrhundert. Sie zeichnet sich gegenüber älteren Madonnenfiguren durch eine enge Mutter-Kind-Beziehung aus; die Vertrautheit zwischen Jesus und Maria zeigt sich auch darin, dass der Jesusknabe mit dem Schleier seiner Mutter spielt – ein viel rezipiertes Motiv.[6] Im Chor, der sich hinter den hohen Säulen erstreckt und der einst über eine kleine Empore verfügte, von der aus gehbehinderte Kranke den Gottesdienst verfolgen konnten, ohne die Stufen vom angrenzenden Krankensaal hinabsteigen zu müssen, sind Grabplatten burgundischer Adliger aus dem 13. Jahrhundert, der Blütezeit der Abtei, erhalten. Ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert stammt der gotische Altar.
Dormitorium
Vom südlichen Querhaus aus gelangt man über eine Treppe nach oben in das Dormitorium, in den Schlafsaal der Mönche, der immer über dem Kapitelsaal liegt. Über eine schmale Treppe besteht ein direkter Zugang vom Schlafsaal zum Südquerhaus der Kirche, was für die nächtlichen Gottesdienste wichtig war.[7] Das Dormitorium von Fontenay ist 56 Meter lang, das Gebälk ist aus Eichenholz und stammt noch von ca. 1450. Die Mönche schliefen in dem unbeheizten, schwach beleuchteten Raum auf Strohsäcken unter einer Wolldecke und waren kaum getrennt voneinander. Es bestanden nur zwei durch einen Mittelgang getrennte Reihen. Innerhalb dieser Reihen waren die Liegeplätze lediglich durch einfache, niedere Scheidewände getrennt.
Im Verlauf des Mittelalters wurden allerdings bei den Zisterziensern höhere hölzerne Trennwände zwischen die Betten gestellt; so entstanden offene Kabinen, die gegen den Mittelgang immerhin durch Vorhänge abgeschlossen waren, also wenigstens eine gewisse Privatheit erlaubten. Seit dem 15. Jahrhundert waren auch Türen mit Guckloch erlaubt. Die jüngeren Brüder schliefen zur Kontrolle häufig zwischen den älteren. Der Abt sah nach, ob sich in den Betten kein Sonderbesitz befand, der gegen das Armutsgebot verstieß.
Anfangs war es üblich, dass nach der Benediktinerregel alle Mönche in einem Raum gemeinsam schlafen sollten, so dass das Dormitorium sehr groß werden konnte, manchmal größer als das Kirchenschiff. Später kam es deshalb zu Abweichungen dieser Regel, aber die Mönche verbrachten auch dann zumindest in Gruppen zu 10 oder 20 die Nacht. Meistens hatten die Schlafsäle zwei Zugänge, einen unmittelbar zum Querhaus der Kirche, den zweiten zum Klosterhof oder zu den Latrinen. Das Licht sollte bei alledem nie ausgehen – Dunkelheit erzeugt Angst und erschwert die Kontrolle.
Weitere Teile der Anlage
Als Meisterwerk der Romanik gilt der Kreuzgang, der sich um einen begrünten Hof schließt. Er ist mit 38 × 36 m relativ groß und weist offene Arkaden auf, die durch schlanke Doppelsäulchen im Wechsel mit Pfeilern rhythmisiert werden. Der gesamte Kreuzgang besitzt zugespitzte Tonnengewölbe.[8] Beachtenswert sind die exzellent bearbeiteten Kapitelle.
Der anschließende Kapitelsaal, in dem einst Rat und Gericht gehalten wurde und in dem die Geistlichen sich austauschten oder ihre Studien betrieben, kündigt durch einige Formen an Säulen und Fenstern bereits die Gotik an. Der einzig dauerhaft beheizte Raum des Klosters war der Chauffoir (Calefactorium, Wärmestube), den man hauptsächlich für Schreibarbeiten nutzte, da er über zwei gewaltige Kamine verfügt (neben denen in kleinen Nischen die Tinte aufbewahrt wurde), an denen sich die Mönche (die klammen Finger) wärmen konnten.
Die nach alten Vorbildern restaurierten Kräutergärten begrenzen den Krankensaal, in dem die Kranken der Region versorgt wurden, und die Schmiede, die mit ihrem riesigen, per Wasserrad angetriebenen Fallhammer (einem Vorläufer des Dampfhammers) eine wichtige Einnahmequelle des Klosters darstellte. Im 15. Jahrhundert entstanden der kuriose Taubenturm, der auf das Jagdrecht der Mönche verwies, und der Hundezwinger.
Der im verspielten Stil des Rokoko gehaltene Abtspalast aus dem 18. Jahrhundert dient heute der Familie Aynard als Wohnsitz.
Literatur
- David A. Hanser: The Architecture of France. Greenwood Press, Westport CT u. a. 2006, ISBN 0-313-31902-2, S. 71–77 (Auszug in der Google-Buchsuche).
- Sibylle Lauth: Kunstdenkmäler in Burgund. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, S. 64–69. ISBN 3-534-14908-4.
Film
- Dokumentation von Kurt Feyerabend und Werner Brüssau von 1995 in der Reihe Schätze der Welt – Erbe der Menschheit
Weblinks
- www.abbayedefontenay.com (französisch; englisch)
- Gebaut.eu: Burgundische Romanik – Pontigny – Zisterziensergotik
Anmerkungen
- Sibylle Lauth: Kunstdenkmäler in Burgund, Darmstadt 2004, S. 64.
- Sibylle Lauth: Kunstdenkmäler in Burgund, Darmstadt 2004, S. 65.
- Sibylle Lauth: Kunstdenkmäler in Burgund, Darmstadt 2004, S. 64f.
- Sibylle Lauth: Kunstdenkmäler in Burgund, Darmstadt 2004, S. 66.
- Sibylle Lauth: Kunstdenkmäler in Burgund, Darmstadt 2004, S. 67.
- Sibylle Lauth: Kunstdenkmäler in Burgund, Darmstadt 2004, S. 69.
- Sibylle Lauth: Kunstdenkmäler in Burgund, Darmstadt 2004, S. 68.
- Sibylle Lauth: Kunstdenkmäler in Burgund, Darmstadt 2004, S. 67f.