Zwiesel Kristallglas
Die Zwiesel Kristallglas AG ist ein Kristallglashersteller mit Sitz in Zwiesel im Bayerischen Wald. Sie produziert die Marken Zwiesel Glas, Schott Zwiesel und Jenaer Glas.
Zwiesel Kristallglas AG | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Gründung | 1872 |
Sitz | Zwiesel, Deutschland |
Leitung | Andreas Buske, Vorstand |
Mitarbeiterzahl | 500 weltweit |
Umsatz | 95,5 Mio. Euro (2018/19) |
Website | https://www.zwiesel-glas.com/ |
Geschichte
Anfänge
Im Jahr 1872 gründete der Winterberger Händler und Unternehmer Anton Müller die Tafelglashütte Annathal[1][2] und legte damit den Grundstein für die heutige Zwiesel Kristallglas AG.[3] 1884 verkaufte Müller die Glashütte zusammen mit den Gebäuden und einer Grundfläche von insgesamt 3,045 Hektar für 36.000 Goldmark an die beiden Kölner Brüder Theodor und Gustav Tasche, die fortan unter Zwieseler Farbenglashütte Gebrüder Tasche firmierten. Im Volksmund wurde die Glashütte „Tascherl-Hütte“ genannt.[4] In den Folgejahren entwickelte Gustav Tasche seine Kühlöfen weiter und meldete die neue Technik 1897 beim kaiserlichen Patentamt an (Patentschrift Nr. 95276, Klasse 32a Glas 29 vom 18. März 1897).[5] Nach der Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft im Jahr 1898 erweiterte die Tasche-Hütte ihre Kapazitäten und errichtete zu diesem Zweck ein neues Werk.[6] Mit dem Erwerb eines Glaswerks in Pirna im Jahr 1899 erfolgte die Umbenennung in Vereinigte Zwieseler und Pirnaer Farbenglaswerke AG.[7]
20. Jahrhundert
Im Zuge der Vergrößerung beteiligten sich die Vereinigte Zwieseler und Pirnaer Farbenglaswerke AG ab 1912 an der ausländischen Tafel- und Farbenglaswerke GmbH in Zuckmantel (heute Pozorka, Ortsteil von Dubí). Der Beginn des Ersten Weltkriegs brachte zunächst schwere Umsatzeinbußen und schließlich ein Produktionsverbot bis 1921.[8] Ab dem Jahr 1924 produzierten die Vereinigten Farbenglaswerke im Standort Zwiesel Hohlgläser als Basis für Trinkgläser.[9] In den folgenden Jahren fiel infolge der Inflation das Hauptgeschäft Bau- und Industrieglas weg. Die Flucht aus der Krise gelang mit Gründung von Schott & Gen (kurz für Jenaer Glaswerke Schott & Gen): Der Geschäftspartner Jenaer Glas übernahm 1927 die Aktienmehrheit.[10][11]
Während des Zweiten Weltkrieges gingen die Werke in Pirna und Zuckmantel sowie das Stammwerk der Schott & Gen in Jena verloren.[10] Im Jahr 1953 zogen die Jenaer Glaswerke mit ihrem Stammwerk nach Mainz und firmierten als Schott AG.[12] 1961 gelang die vollautomatische Produktion von Kelchglas[13] und stieß in der Gastronomie auf Nachfrage.[14] 1970, präsentierte das Unternehmen mit der Serie Melodia das erste maschinell geblasene Bleikristallglas.[15][16][17]
Im Jahr 1973 entstand das neue Werk Regenwiese, dessen Lagerhallen direkte Eisenbahnanbindung haben. Dort konnten ab 1984 auch erstmals größere Gegenstände wie Vasen oder Schalen maschinell gefertigt werden.[18] Seit 1978 traf das Unternehmen verstärkt Vorkehrungen für den Umweltschutz. Diese führten 1991 schließlich zum Verzicht auf die Verarbeitung von Bleikristallen. Stattdessen entwickelte das Unternehmen, das inzwischen unter Schott-Zwiesel-Glaswerke AG firmiert, ein neues Kristallglas, das völlig frei von Bleioxid ist.[19]
Im Jahr 1997 vergrößerte sich das Unternehmen mit dem Bau des Zweigwerks Husinec in Tschechien.[20]
21. Jahrhundert
Im Jahr 2001 übernahm die Table Top Alliance AG mittels eines Management-Buy-outs unter Führung der beiden Manager Robert Hartel und Andreas Buske die Mehrheitsbeteiligung an der Schott Zwiesel AG.[21]
Ein Jahr darauf wurde das Tritan-Kristallglas[22] entwickelt, das frei von Bleioxid ist.[19] In dem neuen Herstellungsverfahren entstand ein spülmaschinen- und bruchfestes Kristallglas, das sich durch eine besondere Oberflächenhärte auszeichnet.[15] Das Unternehmen gründete neue Vertriebsgesellschaften in Schweden und Spanien. 2003 kam eine Vertriebsgesellschaft in Japan und 2004 kamen Vertriebsgesellschaften in China und den USA hinzu.
Aus der Schott Zwiesel AG wurde im Jahr 2005 die Zwiesel Kristallglas AG. Das Unternehmen führte im gleichen Jahr die Marke Zwiesel 1872 ein.[15][23] Ein Jahr später erwarb die Zwiesel Kristallglas AG die Rechte an der Marke Jenaer Glas.[24] Ab 2007 fertigte das Unternehmen neben Produkten der Marken Schott Zwiesel und Zwiesel 1872 auch hitzebeständige Borosilikatglas-Produkte unter der Marke Jenaer Glas.[17]
Im selben Jahr, am 25. Mai 2007, wurde vor dem Werksverkauf des Unternehmens die Zwieseler Kristallglas-Pyramide errichtet. Dafür wurden auf 65 Ebenen 93.665 Weingläser der Serie NECKAR ohne Verwendung von Klebstoff aufeinandergestapelt. Mit einer Höhe von mehr als acht Metern und einem Gesamtgewicht von über elf Tonnen hält der Bau seit seiner Errichtung den Weltrekord als „höchste Kristallglas-Pyramide der Welt“. Innerhalb weniger Jahre hat sich die Pyramide als Wahrzeichen der Stadt Zwiesel etabliert und zu einem Anziehungspunkt für Touristen und Besucher entwickelt. Im Rahmen des zehnten Geburtstags wurden 2017 auch kleinere Varianten der Pyramide, bestehend aus 1.496 Bar Special-Martinigläsern der Marke Schott Zwiesel, unter anderem in Paris und Flensburg aufgebaut.
Im Jahr 2008 entstand eine Vertriebsgesellschaft in Shanghai.[17] 2010 wurde eine dritte Glasschmelzwanne in Betrieb genommen und die Oxyfuel-Technologie eingesetzt. Im Jahr 2011 eröffnete das Unternehmen ein Representative Office in Mumbai (Indien).[17]
Im Jahr 2012 wurde die Produktion auf die Oxyfuel-Schmelzwannentechnologie umgestellt.[25] Als eine Weiterentwicklung der Tritan-Technologie präsentierte die Zwiesel Kristallglas AG im gleichen Jahr Tritan Protect, eine vergütete Stieloberfläche, die Kratzer auf den Gläsern verhindern und die Bruchfestigkeit und Widerstandsfähigkeit von Stielgläsern steigern soll.[19]
2015 wurde der Vorstandsvorsitzende Robert Hartel in den Ruhestand verabschiedet. Am 1. Oktober 2015 wurde Andreas Buske Alleineigentümer und Vorstand der Zwiesel Kristallglas AG.[26]
Niederlassungen
Als Weltmarktführer[27] für exklusive Kristallglasserien verfügt das Unternehmen über Vertriebsgesellschaften in Singapur, China, Indien, Japan und Spanien sowie eine Beteiligung in den USA.
Derzeit sind etwa 500 Mitarbeiter weltweit beschäftigt.[28]
Auszeichnungen
- 2006: Auszeichnung als „Turnarounder des Jahres“ des Wirtschaftsmagazins impulse sowie BDO Deutsche Warentreuhand[29]
- 2006: Best Business Award[30]
- 2006: Glasstraßenspreis 2006 für standortbewusstes Engagement[31]
- 2007: Top 100 des Innovations-Wettbewerbs[32]
- 2008: Bayerische Gründerpreis in der Kategorie Nachfolge[33]
- 2010: Best of Award für nachhaltige Unternehmensführung[34]
- 2010: Auszeichnung der Marke SCHOTT ZWIESEL als Marke des Jahrhunderts[35]
- 2010: Auszeichnung der Marke SCHOTT ZWIESEL im Lexikon der deutschen Weltmarktführer[36]
- 2012: Rang 3 der Top-Gastronomiemarken (Studie BIESALSKI & COMPANY und Zeitschrift Markenartikel)[37][38]
- 2016: Weltmarktführer 2017 Champions – Kristallglaserei für gehobene Hotellerie und Gastronomie (Auszeichnung der Wirtschaftswoche, Akademie Deutscher Weltmarktführer (ADWM) und Universität St. Gallen)
- 2017: Top Unternehmen Niederbayern[39]
- 2017: ARBERLAND Premium Gold[40]
Produkte
Die Zwiesel Kristallglas AG besitzt neben der Eigenmarke ZWIESEL 1872 und dem Markenrecht für SCHOTT ZWIESEL seit 2007 auch die Rechte der Marke JENAER GLAS:[41] Die Marke Zwiesel 1872 umfasst mundgeblasene Weinglas- und Barserien sowie Dekanter aus Kristallglas sowie mundgeblasene Vasen und Windlichter aus Kristallglas.[42] Glasserien aus TRITAN-Kristallglas sowie Services aus Kristallglas werden für die Marke SCHOTT ZWIESEL hergestellt.[43] Die Marke JENAER GLAS steht für Produkte aus hitzebeständigem Borosilikatglas von Tee- und Kaffeeservices über Auflaufformen bis hin zu Gläsern und Krügen.[44]
Produktauszeichnungen
- 2006: Red Dot Design Award für die Glasserie THE FIRST von ZWIESEL 1872[17]
- 2012: Interior Innovation Award für das Teeservice von JENAER GLAS[45]
- 2012: DECO Award für die Serie HOMMAGE BY CHARLES SCHUMANN von ZWIESEL 1872[46]
- 2012: DECO Award für die Serie SPOTS NEO von SCHOTT ZWIESEL[46]
- 2013: Interior Innovation Award für die Serie WINE CLASSICS von ZWIESEL 1872[47]
- 2013: Red Dot Design Award für die Serie WINE CLASSICS von ZWIESEL 1872
- 2015: Red Dot Design Award für Vasen, Schalen und Windlichter der Serie DIAMONDS von ZWIESEL 1872
- 2015: German Design Award Special für die Serie Viña Touch von SCHOTT ZWIESEL
- 2016: German Design Award Nominee für die Serie FINESSE von SCHOTT ZWIESEL
- 2016: Serie PURE von SCHOTT ZWIESEL ist Testsieger beim Vinum-Profipanel[48]
- 2016: Mundgeblasene Serie AIR SENSE von ZWIESEL 1872 als Testsieger beim Vinum-Profipanel gekürt[49]
- 2017: Design Plus – Ethical Desgin-Preis für die Serie FINESSE von SCHOTT ZWIESEL
- 2017: German Brand Award für die Serie WINE CLASSICS von ZWIESEL 1872
- 2017: German Design Award Nominee für die Serie SIGNUM von ZWIESEL 1872
- 2018: Iconic Award für ICONICS von ZWIESEL 1872
- 2018: iF Design Award für die Serie SIMPLIFY von ZWIESEL 1872
- 2018: Reddot Award für die Serie TOWER von SCHOTT ZWIESEL
- 2018: German Design Award für die Serie SENSA von SCHOTT ZWIESEL
- 2019: DINEUS Award für die Serie SIMPLIFY von ZWIESEL 1872
Literatur
- Schott Zwiesel. Die Geschichte einer Glashütte im Bayerischen Wald. Schott-Zwiesel Glaswerke, Zwiesel 1979, OCLC 11262410.
- Christiane Sellner (Hrsg.): Der Gläserne Wald. Ein Führer zu historischen Stätten, Glashütten und Museen in Ostbayern. Prestel Verlag, München 1988, ISBN 3-7913-0857-2.
- Hubert Ellt: Auf dem Weg in eine neue Zeit: Frühe Industrien im Bayerischen Wald. Lichtung Verlag, 2001, ISBN 3-929517-32-9.
- Sabine Herre: Bayerischer Wald. Mit Passau, Regensburg und Ausflügen in den Böhmerwald. Trescher Verlag. Berlin 2013, ISBN 978-3-89794-248-6.
- Anja Schliebitz, Bernhard Abend: Baedeker Reiseführer Bayerischer Wald. Verlag Karl Baedeker, Ostfildern 2010, ISBN 978-3-8297-1346-7.
- Alexander Deichsel, Manfred Schmidt (Hrsg.): Jahrbuch Markentechnik 2011/2012. Gabler Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8349-2533-6.
- Florian Langenscheidt: Deutsche Standards. Marken des Jahrhunderts. Deutsche Standards Editionen, Köln 2002, ISBN 3-8349-0436-8.
- Florian Langenscheidt, Berndt Venohr: Lexikon der deutschen Weltmarktführer. Gabal Verlag, 2010, ISBN 978-3-86936-221-2.
Weblinks
Einzelnachweise
- zwiesel.de
- Christiane Sellner (Hrsg.): Der Gläserne Wald. Ein Führer zu historischen Stätten, Glashütten und Museen in Ostbayern. Prester Verlag, München 1988, S. 138.
- Hubert Ellt: Auf dem Weg in eine neue Zeit.: Frühe Industrien im Bayerischen Wald. Lichtung Verlag, 2001, S. 55.
- Sabine Herre: Bayerischer Wald. Mit Passau, Regensburg und Ausflügen in den Böhmerwald. Trescher Verlag, Berlin 2013, S. 139.
- Schott Zwiesel. Die Geschichte einer Glashütte im Bayerischen Wald. Schott-Zwiesel Glaswerke, Zwiesel 1979, S. 18.
- glass-museum-frauenau.com
- aktiensammler.de
- Christiane Sellner (Hrsg.): Der Gläserne Wald. Ein Führer zu historischen Stätten, Glashütten und Museen in Ostbayern. Prester Verlag, München 1988, S. 86.
- Christiane Sellner (Hrsg.): Der Gläserne Wald. Ein Führer zu historischen Stätten, Glashütten und Museen in Ostbayern. Prester Verlag, München 1988, S. 87.
- schott.com
- Christiane Sellner (Hrsg.): Der Gläserne Wald. Ein Führer zu historischen Stätten, Glashütten und Museen in Ostbayern. Prester Verlag, München 1988, S. 90.
- Christiane Sellner (Hrsg.): Der Gläserne Wald. Ein Führer zu historischen Stätten, Glashütten und Museen in Ostbayern. Prester Verlag, München 1988, S. 90/102.
- Anja Schliebitz, Bernhard Abend: Baedeker Reiseführer Bayerischer Wald. Karl Baedeker Verlag, Ostfildern 2010, S. 73.
- Christiane Sellner (Hrsg.): Der Gläserne Wald. Ein Führer zu historischen Stätten, Glashütten und Museen in Ostbayern. Prester Verlag, München 1988, S. 92.
- handelszeitung.ch
- Florian Langenscheidt: Deutsche Standards. Marken des Jahrhunderts. Deutsche Standards Editionen, Köln 2002.
- handelsdigest.de (Memento vom 26. August 2014 im Internet Archive)
- Schott Zwiesel. Die Geschichte einer Glashütte im Bayerischen Wald. Schott-Zwiesel Glaswerke, Zwiesel 1979, S. 55.
- handelsblatt.com (Memento vom 26. August 2014 im Internet Archive) Handelsblatt Unternehmensportrait „Schott Zwiesel – Das Kristallglas“, 18. Dezember 2012
- naturpark-bayer-wald.de
- tagesspiegel.de
- register.dpma.de Marke Tritan
- register.dpma.de Marke Zwiesel
- register.dpma.de Marke Jenaer Glas
- gv-kompakt.de
- zwiesel-glas.com/management-de. Abgerufen am 5. Juli 2017.
- Alexander Deichsel, Manfred Schmidt (Hrsg.): Jahrbuch Markentechnik 2011/2012. Gabler Verlag, Wiesbaden 2010, S. 43.
- unternehmen.zwiesel-kristallglas.com
- bdo.de
- bbaforum.net
- die-glasstrasse.de
- sparkassenverband-bayern.de (Memento vom 26. August 2014 im Internet Archive)
- stilundmarkt.de (Memento vom 26. August 2014 im Internet Archive)
- bbaforum.net
- Sabine Herre: Bayerischer Wald. Mit Passau, Regensburg und Ausflügen in den Böhmerwald. Trescher Verlag, Berlin 2013, S. 139.
- Florian Langenscheidt, Berndt Venohr: Lexikon der deutschen Weltmarktführer. GABAL Verlag, 2010.
- markenartikel-magazin.de
- biesalski-company.com (Memento vom 25. Juli 2013 im Internet Archive)
- http://www.arberland-regio.de/. Abgerufen am 18. Juli 2017.
- http://www.arberland-regio.de/. Abgerufen am 18. Juli 2017.
- Alexander Deichsel, Manfred Schmidt (Hrsg.): Jahrbuch Markentechnik 2011/2012. Gabler Verlag, Wiesbaden 2010, S. 42.
- https://www.zwiesel-glas.com/marke
- https://www.zwiesel-glas.com/
- https://www.zwiesel-glas.com/marke
- german-design-council.de (Memento vom 26. August 2014 im Internet Archive)
- handelsdigest.de (Memento vom 26. August 2014 im Internet Archive) Glas-Design für Tee und Kaffee
- german-design-council.de (Memento vom 26. August 2014 im Internet Archive)
- Gabriel Tinguely: Vinum-Profipanel Weingläser - Wie viel Glas braucht Wein? Hrsg.: Vinum - Europas führendes Magazin für Weinkultur. Ausgabe November 2016, Nr. 11. Intervinum AG, Zürich November 2016, S. 40 ff.
- Gabriel Tinguely: Vinum-Profipanel - Wie viel Glas braucht Wein? Hrsg.: Vinum - Europas führendes Magazin für Weinkultur. Ausgabe November 2016, Nr. 11. Intervinum AG, Zürich November 2016, S. 40 ff.