Zentralstadion Leipzig (1956)
Das Zentralstadion, auch Stadion der Hunderttausend, Sportforum oder retrospektiv altes Zentralstadion genannt, war ein Stadion mit Leichtathletikanlage in der sächsischen Großstadt Leipzig. Das 1956 eröffnete und auf Trümmerschutt aus den Luftangriffen auf Leipzig gebaute Stadion diente hauptsächlich zur Austragung von Fußballspielen auf nationaler und internationaler Ebene. Es war aber auch Austragungsort von verschiedenen anderen Veranstaltungen, wie dem Turn- und Sportfest der DDR. Mit einer Kapazität von insgesamt 100.000 Zuschauern, die dem Stadion den Spitznamen Stadion der Hunderttausend einbrachte, war es das größte Stadion der DDR und Deutschlands. 2000 wurde das Zentralstadion abgerissen. An gleicher Stelle wurde für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 das „neue“ Zentralstadion (seit 2010 Red Bull Arena) als reines Fußballstadion errichtet.
Zentralstadion | ||
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Stadion der Hunderttausend Sportforum Altes Zentralstadion | ||
Das Zentralstadion während des Turn- und Sportfestes der DDR 1987 | ||
Daten | ||
Ort | Leipzig, Deutschland | |
Koordinaten | 51° 20′ 44,8″ N, 12° 20′ 53,8″ O | |
Baubeginn | 15. April 1955 | |
Eröffnung | 4. August 1956 | |
Erstes Spiel | 4. August 1956 SC Wismut Karl-Marx-Stadt – Honvéd Budapest 1:3 | |
Renovierungen | 1977 | |
Abriss | 2000 | |
Architekt | Karl Souradny | |
Kapazität | 100.000 Plätze (offiziell) | |
Heimspielbetrieb | ||
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Veranstaltungen | ||
Lage | ||
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Geschichte
Vorgeschichte
Bereits seit 1867 befand sich am Ort des Zentralstadions die Sportstätte des TSV 1867 Leipzig. In den Jahren 1926/27 plante man eine Großkampfbahn. Die Pläne konnten jedoch nie realisiert werden, da die Nazis am selben Ort einen Aufmarschplatz zu Ehren von Adolf Hitler errichteten. Nach den Plänen der Nazis sollte Leipzig erst nach den Olympischen Spielen 1936 in Berlin ein Stadion für 100.000 Zuschauer erhalten.[1] 1939 stellte Werner March, der das Olympiastadion in Berlin entworfen hatte, seine Pläne für den Bau eines Stadions vor, die jedoch aufgrund des Zweiten Weltkriegs nicht realisiert wurden.[2] Der Bebauungsplan von 1948 sah vor, die Kriegstrümmer zum Bau des Leipziger Sportforums zu verwenden. 1952 wurde mit dem Schwimmstadion Leipzig das erste Objekt fertiggestellt.[1]
Erbauung und Nutzung
Nachdem im Januar 1955 der Bau des Zentralstadions beschlossen worden war, begannen am 15. April 1955 die Bauarbeiten für ein 100.000 Zuschauer fassendes Stadion nach den Plänen des Architekten Karl Souradny im Sportforum Leipzig neben der Leipziger Festwiese. Die Tribünen wurden auf einem 23 Meter hohen, 100 Meter breiten und rund 900 Meter langen Wall errichtet, der mit 1,5 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt aus dem Zweiten Weltkrieg aufgeschüttet wurde. Dies entsprach etwa rund einem Drittel der Kriegstrümmer in Leipzig. Im Juli 1956 wurde das Stadion fertiggestellt und am 4. August 1956 mit dem Spiel des amtierenden DDR-Meisters SC Wismut Karl-Marx-Stadt gegen den amtierenden ungarischen Meister Honvéd Budapest (1:3) eröffnet.[3][4] Aufgrund der Tatsache, dass das Stadion von 180.000 freiwilligen Helfern erbaut wurde, seiner Dimensionierung, die dem Stadion den Spitznamen Stadion der Hunderttausend einbrachte, sowie aufgrund des fünfstöckigen Hauptgebäudes an der Ostseite und der großen Flutlichtanlage war das Zentralstadion ein Prestigebau und Propaganda-Mittel der DDR.[1]
Fortan fanden unter anderem sieben Mal das Turn- und Sportfest der DDR, Leichtathletikwettkämpfe, Radsportwettkämpfe, Länderspiele der Fußballnationalmannschaft der DDR, Spiele des 1. FC Lokomotive Leipzig im Europapokal der Pokalsieger und weitere Spiele des nationalen und internationalen Vereinsfußballs im Zentralstadion statt.[5] Im ersten Jahr des Bestehens kamen fünf Mal mehr als 100.000 Zuschauer zu den Veranstaltungen. Im September 1956 wurde beim DDR-Oberliga-Spiel SC Rotation Leipzig gegen SC Lokomotive Leipzig der deutsche Zuschauerrekord aufgestellt, als 100.000 Zuschauer das Zentralstadion besuchten.[6] Zu dem Qualifikationsspiel zur Fußball-Weltmeisterschaft 1958 zwischen der DDR und der Tschechoslowakei im Oktober 1957 kamen 110.000 Zuschauer.[1]
1977 wurde das Zentralstadion zum letzten Mal umfangreicher renoviert. Insbesondere wurde die Flutlichtanlage für das Farbfernsehen erneuert.[7]
Nach der deutschen Wiedervereinigung diente das Zentralstadion dem VfB Leipzig, der aus dem 1. FC Lokomotive Leipzig entstanden war, als Spielort für die Bundesligaspiele. Aufgrund von Baufälligkeit wurde die Kapazität auf 40.000 begrenzt.[1] Nach dem Abstieg des VfB Leipzig 1994 und dem damit verbundenen Umzug in das Bruno-Plache-Stadion wurde das Stadion nur noch für vereinzelte Veranstaltungen genutzt[8] und später komplett gesperrt.[9]
Nachdem der damalige DFB-Präsident Egidius Braun eine deutsche Bewerbung für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 an einen Spielort in den neuen Ländern geknüpft hatte, wurde das „alte“ Zentralstadion 2000 abgerissen. In den begrünten Wall wurde das „neue“ Zentralstadion gebaut und 2004 eröffnet.[3]
Galerie
- Zentralstadion, 1956
- Glockenturm des Zentralstadions, 1956
- Zentralstadion, 1956
- Beim II. Deutschen Turn- und Sportfest am 4. August 1956
- Innenansicht des Zentralstadions mit der neuen Flutlichtanlage, 1978
- Eintrittskarte DDR – Frankreich 1985
- Blockeinteilung auf der Rückseite der Eintrittskarte zum Spiel DDR gegen Belgien, 1983
Weblinks
Einzelnachweise
- „Auferstanden aus Ruinen. Die Geschichte des Leipziger Zentralstadions“, abrufbar als PDF (184 KB) auf faszination-fankurve.de.
- Red Bull Arena Leipzig, leipzig.de, abgerufen am 21. November 2018.
- Die Geschichte des Zentralstadions, stadionwelt.de, 2. August 2006, abgerufen am 21. November 2018.
- Das Leipziger Zentralstadion, n-tv.de, 16. November 2004, abgerufen am 21. November 2018.
- Zentralstadion Leipzig, erlebnis-stadion.de, abgerufen am 21. November 2018.
- Zuschauerrekorde, wochenanzeiger.de, 22. September 2011, abgerufen am 21. November 2018.
- „Das Zentralstadion - Täve, Trümmer und Triumphe“, Dokumentation des MDR, siehe ab Minute 23:40, abrufbar auf YouTube.
- Der Weg zum Umbau des Zentralstadions, erlebnis-stadion.de, abgerufen am 21. November 2018.
- Das Stadion der Hunderttausend, mdr.de, 16. Oktober 2017, abgerufen am 21. November 2018.