Wilhelm von Engerth
Wilhelm Engerth, ab 1862 Wilhelm Ritter von Engerth, ab 1875 Wilhelm Freiherr von Engerth, (* 26. Mai 1814 in Pleß, Oberschlesien, Königreich Preußen; † 4. September 1884 in Leesdorf, Gemeinde Baden bei Wien, Niederösterreich) war ein deutsch-österreichischer Architekt, Maschinenbauingenieur und Hochschullehrer. Bekannt wurde er als der Entwickler der ersten praxistauglichen Gebirgslokomotive. Für seine Verdienste wurde er 1875 in den Freiherrnstand erhoben.
Biografie
Engerth studierte seit 1834 in Wien erst das Baufach, dann das Maschinenbaufach und ging darauf als Architekt nach Galizien, wo er bald mit zahlreichen Aufträgen betraut wurde. Er kehrte nach Wien zurück, um sich dem Maschinenbau zu widmen, wurde Assistent der Mechanik am Polytechnischen Institut in Wien, dann supplierender Professor der darstellenden Geometrie und 1844 Professor der Mechanik und Maschinenlehre am Joanneum in Graz.
Für den Bau der Semmeringbahn konstruierte er eine Gebirgslokomotive als weltweit erste Stütztenderlokomotive, die den Anforderungen so vollkommen entsprach, dass in der Folge das Engerth-System mehrfach Anwendung fand.
Engerth wurde 1850 zum technischen Rat bei der Generaldirektion für Eisenbahnen ernannt, übernahm später im österreichischen Handelsministerium das Referat für Maschinenwesen, trat 1855 bei der Staatseisenbahngesellschaft (StEG) als Zentraldirektor ein und wurde später deren Generaldirektor.
1859 war er Mitglied der Zoll-Enquetekommission, 1860 verließ er den Staatsdienst. Er arbeitete an der Reorganisation der technischen Studien in Österreich und war auch ein Förderer der Wiener Donauregulierung. Er erfand das Schwimmtor, durch das der Donaukanal gegen das Eindringen von Eismassen geschützt wurde. Bei der Wiener Weltausstellung 1873 fungierte er als Chef des gesamten Ingenieurwesens und leitete als Chefingenieur den Bau der Ausstellungshallen. Er setzte sich für die Durchtunnelung des Arlbergs ein. 1874 wurde er in das Herrenhaus des österreichischen Reichsrats berufen und 1875 in den Freiherrnstand erhoben. Er starb am 4. September 1884 in Leesdorf.
Sein Bruder war der Maler Eduard von Engerth.
Im Jahr 1886 wurde in Wien die im 2. und 20. Bezirk gelegene Engerthstraße nach ihm benannt.
Schriften
- Die Lokomotive der Staats-Eisenbahn über den Semmering. Resultate der Erprobung der Kettenkuppelung an der Preis-Lokomotive Bavaria, Erörterung der Konstruktionen des Wilhelm Engerth. Bildliche Darstellungen der einfachen Maschinen in isometrischer Projection, entworfen von Wilhelm Engerth. Wien 1845.
- Konkurs-Lokomotive und Beschreibung mehrerer projektirten Gebirgs-Lokomotive, mit einem Atlas von 13 Kupfertafeln und einem lithographischen Längenprofile der Semmeringbahn. In: Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur-Vereins, 1853/1854. (als Sonderdruck mit dem Umschlagtitel: Semmering Locomotive.)
- Personen- und Lastwagen, Tender-Ausrüstung, Werkstätten-Einrichtung und Werkzeuge. Zeichnungen aus der K. K. Österreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft. Wien 1857.
- Das Schwimmthor zur Absperrung des Wiener Donaucanales. Wien 1884.
Auszeichnungen
- 1854: königlich belgischer Leopoldsorden[1]
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Engerth, Wilhelm Ritter von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 24. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1872, S. 403 (Digitalisat).
- „n.“: Wilhelm Freiherr v. Engerth †. In: Centralblatt der Bauverwaltung, 4. Jahrgang 1884, Nr. 37 (vom 13. September 1884), S. 382.
- Eduard Freiherr von Engerth: Wilhelm Freiherr von Engerth. Ein Gedenkblatt zu seinem 100. Geburtstag (26. Mai 1814). Wien 1914.
- Engerth Wilhelm Frh. von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 252.
- Fritz Steiner: Engerth, Wilhelm Freiherr von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 530 (Digitalisat).