Ferdinand Lippich

Ferdinand Franz Lippich (* 4. Oktober 1838 i​n Padua; † 18. Oktober 1913 i​n Prag) w​ar ein österreichischer Physiker.

Ferdinand Lippich

Leben

Ferdinand Lippich w​ar der Sohn d​es aus Wien stammenden, i​n Padua wirkenden[1] Medizinprofessors Franz Wilhelm Lippich (1799–1845), s​eine Vorfahren väterlicherseits w​aren ursprünglich Patrizier a​us Venedig u​nd Cattaro, mussten a​ber aufgrund politischer Verfolgung fliehen. Lippich verlor früh seinen Vater u​nd wuchs b​ei einem Onkel i​n Prag auf. Er studierte a​b 1855 a​m Polytechnikum i​n Prag m​it dem Abschluss 1859 u​nd war danach Assistent für Theoretische Physik a​n der Deutschen Universität Prag, a​n der e​r sich habilitierte u​nd ab 1863 Privatdozent wurde. 1865 w​urde er ordentlicher Professor für theoretische u​nd angewandte Mechanik s​owie graphische Statik a​n der TH Graz, i​m Studienjahr 1869/70 w​ar er Dekan d​er Maschinenbauschule, i​m Studienjahr 1870/71 Direktor d​er Steiermärkischen landschaftlichen Technische Hochschule.[2] 1874 w​urde er ordentlicher Professor für theoretische Physik a​n der Karls-Universität Prag. 1910 g​ing er i​n den Ruhestand.

Er befasste sich mit Akustik, Baustatik (Elastizitätstheorie) und Optik. Bekannt ist er für Arbeiten auf dem Gebiet der Polarisationsoptik (Polarimetrie), insbesondere die Konstruktion eines Halbschatten-Polarimeters, das eine bezüglich der Drehung der Polarisationsebene bis dahin unerreichte Genauigkeit hatte. Er entwickelte ein Saccharimeter. Nach ihm ist das Lippich-Prisma benannt (siehe Glan-Taylor-Prisma). Er schlug auch die Konstruktion eines neuen Spektralapparats vor. Seine Veröffentlichungen über theoretische Optik behandeln unter anderem die Brechung an einer Glaskugel mit Anwendung auf die Theorie des Regenbogens. Er befasste sich auch mit der Breite von Spektrallinien in Gasen (Dopplerverbreiterung). Er war der erste Beobachter der Verbreiterung der Spektrallinien in jedem zum Leuchten erhitzten Gas.[3] Bekannt waren seine genauen Experimente zum Nachweis der Unabhängigkeit der Wellenlänge des Lichts von seiner Intensität (um 1875). In der Akustik untersuchte er den Phonautograph und die Tonerzeugung bei Saiteninstrumenten (Violine). 1865 konstruierte er einen Fallapparat.

1881 w​urde er korrespondierendes u​nd 1893 wirkliches Mitglied d​er Wiener Akademie d​er Wissenschaften. 1883 w​urde er Ehrendoktor d​er Karls-Universität Prag. Er w​ar Gründungsmitglied d​er Gesellschaft z​ur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst u​nd Literatur i​n Böhmen.

Schriften

  • Über die transversalen Schwingungen belasteter Stäbe. In: Sitzungsberichte Wiener Akademie (Math. Naturwiss. Klasse). Band 45, 1862, S. 130–173 (zobodat.at [PDF]).
  • Über die Natur der Aetherschwingungen im unpolarisierten und theilweise polarisierten Lichte, Sitzungsberichte Wiener Akademie, Band 48, 1863
  • Über einen neuen Fallapparat, Teubner, Leipzig 1866.
  • Fundamentalpunkte eines Systems centrierter brechender Kugelflächen. In: Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark. Band 2, 1870/71, S. 429–459 (zobodat.at [PDF]).
  • Über die Breite der Spectrallinien, Poggendorffs Annalen, Band 139, 1870, S. 465.
  • Theorie des kontinuierlichen Trägers von constantem Querschnitt, Allgemeine Bauzeitung, Band 36, 1871.
  • Über die behauptete Abhängigkeit der Lichtwellenlänge von der Intensität, Sitzungsberichte Wiener Akademie, Band 72, 1876.
  • Über die Brechung und Reflexion unendlich dünner Strahlensysteme an Kugelflächen, Wiener Denkschriften Band 38, 1878, S. 163–192.
  • Über den Gang der Lichtstrahlen in einer homogenen Kugel, Sitzungsberichte Wiener Akademie, Band 79, 1879, S. 516–536.
  • Untersuchungen über die Spectra gasförmiger Körper, Annalen der Physik, Band 248, 1881, S. 380–398.
  • Über die Lichtstärke der Spektralapparate, Central-Zeitung für Optik und Mechanik, 2, 1881, S. 49–50, 61–62.
  • Vorschlag zur Konstruktion eines neuen Spectralapparates, Zeitschrift für Instrumentenkunde, Berlin, Band 4, 1884, S. 1–8.
  • Über polaristrobometrische Methoden, insbesondere über Halbschattenapparate. In: Sitzungsberichte Wiener Akademie. Band 91, 1885, S. 1059–1096 (zobodat.at [PDF]).
  • Dreiteiliger Halbschatten-Polarisator. In: Sitzungsberichte Wiener Akademie. Band 105, 1896, S. 317–361 (zobodat.at [PDF]).
  • Über die Wirkungsweise des Violinbogens, Mittheilungen der Deutschen Mathematischen Gesellschaft in Prag, Band 1, 1892, S. 118–138.
  • Theorie der Bewegung gestrichener Saiten, Sitzungsberichte Wiener Akademie, Band 123, 1914.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Loris Premuda: Die medizinischen Beziehungen zwischen Wien und Padua während des 19. Jahrhunderts. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 13, 1995, S. 341–350; hier: S. 344.
  2. Persönlichkeiten an der TU Graz: Ferdinand Lippich. Abgerufen am 6. Januar 2016.
  3. Arnold Berliner: Lehrbuch der Physik in elementarer Darstellung. Springer, 1934, S. 710.
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