Waldfriedhof (München)
Der Waldfriedhof ist der größte Friedhof in München. Er war der erste Waldfriedhof in Deutschland. Der Friedhof ist als Landschaftsschutzgebiet LSG-00120.16 ausgewiesen[1] und als Baudenkmal in die Bayerische Denkmalliste eingetragen.[2]
Lage
Der Friedhof liegt im Südwesten von München im Stadtbezirk 20 Hadern. Es wird im Osten begrenzt von der Würmtalstraße, im Osten von der Fürstenrieder Straße, im Süden von der Forst-Kasten-Allee und der Bundesautobahn 95, im Südwesten von der Tischlerstraße und im Nordwesten von der Kriegerheimstraße.
Alter Teil
Das Konzept, einen Friedhof ohne die Strenge geometrischer Formen zu schaffen, wurde von dem damals führenden Friedhofsarchitekten und Stadtbaurat Hans Grässel entwickelt. 1905 begannen die Arbeiten im ehemaligen Hochwaldforst von Schloss Fürstenried. In dem bereits durch Holznutzung gelichteten Fichtenwald wurden hainartige Grabfelder angelegt. 1907 war der alte Teil des Waldfriedhofs mit 35.000 Grabstätten fertiggestellt. Heute besitzt der Waldfriedhof insgesamt 59.000 Grabplätze auf einer Fläche von 170 Hektar. In jüngster Zeit stellte die Stadt München 40 Bäume für jeweils acht Urnenbestattungen zur Verfügung.
Die St.-Anastasia-Kapelle befindet sich etwa 300 Meter vom Haupteingang entfernt. Sie wurde 1932 nach Plänen des Stadtbaurats Hermann Leitenstorfer errichtet. Der Münchner Maler Max Lacher schuf die Fresken im Inneren.[3]
Neuer Teil
Von 1963 bis 1966 erweiterte der Gartenarchitekt Professor Ludwig Roemer (1911–1974) den Friedhof um den neuen Teil mit 24.000 Gräbern. 1955 wurde auf dem Münchner Waldfriedhof das erste islamische Grabfeld Deutschlands geschaffen. Das Gräberfeld 477 b wurde als Neuer Jüdischer Friedhof (München) angelegt. Er steht unter der Aufsicht der liberalen Gemeinde Beth Shalom (München). Ein Gedenkstein erinnert an die 100.000 Menschen, die nach der Übergabe Königsbergs an die Rote Armee umkamen.[4] Am 25. Mai 1990 errichtete die Max-Planck-Gesellschaft auf Veranlassung des damaligen Präsidenten Heinz A. Staab ein Mahnmal für die Opfer von nationalsozialistischen Euthanasieverbrechen. Das Mahnmal erinnert an die zahlreichen Opfer der „Euthanasie“-Morde, deren Gehirne von Wissenschaftlern des Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI) für Hirnforschung in Berlin und des KWI für Psychiatrie in München untersucht worden sind. Die Präparate der Gehirne dieser Opfer wurden auf dem Waldfriedhof beerdigt.
Kriegsgräberstätten
Auf oder am Waldfriedhof gibt es zwei Kriegsgräberstätten:
- Im Neuen Teil befindet sich der Cimitero Militare Italiano mit Gräbern von 3249 Italienern. Er war bereits 1922 für in Kriegsgefangenschaft verstorbene italienische Soldaten angelegt worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Italiener, die zunächst auf anderen bayerischen Friedhöfen bestattet worden waren, hier zusammengelegt.[5]
- In einer durch die Tischlerstraße vom Waldfriedhof getrennten Waldlichtung wurde 1965 die Kriegsgräberstätte am Waldfriedhof, mit 3540 Gräbern eine der größten in Deutschland, fertiggestellt. Sie wird seitdem vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge betreut. Die hier bestatteten 1988 Gefallenen des Ersten Weltkriegs und 1552 Opfer des Zweiten Weltkriegs (Soldaten, Kriegsgefangene und Zivilisten) waren zunächst auf zahlreichen anderen Friedhöfen in Oberbayern und Schwaben beigesetzt worden.[5] Mehr als 300 der hier Bestatteten sind ausländische Kriegsopfer (vor allem Russen).[6]
Gräber
- Monarchen und Politiker
- Christoph in Bayern (1879–1963)
- Hans Ehard (1887–1980)
- Alfons Goppel (1905–1991)
- Georg von Vollmar (1850–1922)
- Stepan Bandera (1909–1959)
- Alfred von Tirpitz (1849–1930)
- ein Mahnmal erinnert an eine Opfergruppe,
- nämlich an die hier 1990 bestatten Leichenteile von Opfern der nationalsozialistischen Euthanasieverbrechen. Es fordert Wissenschaftler auf, in Zukunft auch an ihre Verantwortung zu denken.
- Schauspieler, Synchronsprecher und Regisseure
- Leo Bardischewski (1914–1995)
- Karl Ludwig Diehl (1896–1958)
- Heidi Brühl (1942–1991)
- Hansjörg Felmy (1931–2007)
- Fritz Kortner (1892–1970)
- Karl Schönböck (1909–2001)
- Leni Riefenstahl (1902–2003)
- Paul Verhoeven (1901–1975)
- Elisabeth Volkmann (1936–2006)
- Pinkas Braun (1923–2008)
- Clemens Ostermann (1984–2007)
- Sänger und Komponisten
- Bernd Aldenhoff (1908–1959)
- Karl Amadeus Hartmann (1905–1963)
- Heinz Maria Lins (1916–2020)
- Max Reger (1873–1916)
- Fritz Wunderlich (1930–1966)
- Karl Kraft (1903–1978)
- Hilde Güden (1917–1988)
- Franzl Lang (1930–2015)
- Rob Pilatus (1964–1998)
- Fritz Büchtger (1903–1978)
- Schriftsteller
- Lena Christ (1881–1920)
- Michael Ende (1929–1995)
- Werner Finck (1902–1978)
- Paul Heyse (1830–1914)
- Frank Wedekind (1864–1918)
- Unternehmer
- Benno Danner (1857–1917)
- Jakob Heilmann (1846–1927)
- Heinrich Hugendubel (1936–2005)
- Hugo Junkers (1859–1935)
- Carl Krone (1870–1943)
- Michael Schottenhamel
- Friedrich Wamsler
- Wissenschaftler
- Werner Heisenberg (1901–1976)
- Friedrich Hund (1896–1997)
- Carl von Heß (1863–1923)
- Edgar Krausen (1912–1988)
- Carl von Linde (1842–1934)
- Karl Wessely (1874–1953)
- Künstler und Architekten
- Willibald Besta (1866–1949)
- German Bestelmeyer (1874–1942)
- Theodor Fischer (1862–1938)
- Hans Grässel (1860–1939)
- Petra Moll (1921–1989)
- Karl Stöhr (1859–1931)
- Franz von Stuck (1863–1928)
- Friedrich von Thiersch (1852–1921)
Literatur
- Dagmar Bäuml-Stosiek: Eine Sehenswürdigkeit für München. Grabanlagen und Gräber berühmter Persönlichkeiten und Wandel der Bestattungskultur auf dem Waldfriedhof. MünchenVerlag, München 2008, ISBN 978-3-937090-33-7.
- Lioba Betten – Thomas Multhaup: Die Münchner Friedhöfe – Wegweiser zu Orten der Erinnerung, MünchenVerlag, München 2019, ISBN 978-3-7630-4056-8, S. 54–65
- Hans Grässel: Der Waldfriedhof in München, München 1907.
- Ludwig F. Fuchs: Grabdenkmäler aus dem Münchener Waldfriedhof, München 1914.
- Georg Jacob Wolf: Münchner Waldfriedhof, Augsburg 1928.
- Nina A. Krieg: „Schon Ordnung ist Schönheit.“ Hans Grässels Münchner Friedhofsarchitektur (1894–1929), ein ´deutsches´ Modell? (= Miscellanea Bavarica Monacensia, Bd. 136), München 1990, ISBN 3-87821-286-0.
- Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge: Kriegsgräberstätte München-Waldfriedhof, München 1963.
- Erich Scheibmayr: Letzte Heimat – Persönlichkeiten in Münchner Friedhöfen – Grundwerk 1784–1984, MünchenVerlag, München 1985, ISBN 978-3-9802211-0-8.
- Erich Scheibmayr: Wer? Wann? Wo? – Ergänzungen zum Grundwerk bis 1989, 1996, 2002, MünchenVerlag, 3 Teile, München 1989, 1997, 2002, ISBN 978-3-9802211-1-5.
- Forstenrieder Straße 288. (Waldfriedhof, Alter Teil). In: Denis A. Chevalley, Timm Weski: Landeshauptstadt München – Südwest (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band I.2/2). Karl M. Lipp Verlag, München 2004, ISBN 3-87490-584-5, S. 221–227.
- Lorettoplatz 3. (Waldfriedhof, Neuer Teil). In: Denis A. Chevalley, Timm Weski: Landeshauptstadt München – Südwest (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band I.2/2). Karl M. Lipp Verlag, München 2004, ISBN 3-87490-584-5, S. 108 f.
- Tischlerstraße. Kriegsgräberstätte. In: Denis A. Chevalley, Timm Weski: Landeshauptstadt München – Südwest (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band I.2/2). Karl M. Lipp Verlag, München 2004, ISBN 3-87490-584-5, S. 639.
Weblinks
- Waldfriedhof–Alter Teil auf der Webseite der Stadt München
- Plan des Waldfriedhofs (PDF-Datei; 800 kB)
- Erinnerungsorte in München – Die Kriegsgräberstätte am Waldfriedhof (PDF; 3,73 MB; ab Seite 62)
Einzelnachweise
- ProtectedPlanet offizieller Eintrag
- Denkmalliste für München (PDF) beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Abgerufen am 14. November 2021 (Denkmalnummer D-1-62-000-1968)
- Berthold Neff: Mahnmal gegen den Krieg. In: www.sueddeutsche.de. 29. April 2018, abgerufen am 8. Juni 2018.
- Kriegerdenkmal (moesslang.net)
- Die Kriegsgräberstätte am Waldfriedhof in München. (PDF) Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, S. 1, archiviert vom Original am 9. November 2020; abgerufen am 9. November 2020.
- Konrad Hilpert: Die Kriegsgräberstätte am Waldfriedhof. (PDF) In: Erinnerungsorte in München. Lehrstuhl für Moraltheologie der Ludwig-Maximilians-Universität, 2004, S. 62–64, abgerufen am 9. November 2020.