Wer die Nachtigall stört

Wer d​ie Nachtigall stört (Originaltitel To Kill a Mockingbird) i​st ein i​m Jahr 1960 erschienener Roman d​er US-Amerikanerin Harper Lee. Das Werk handelt v​on Kindheit, Heranwachsen u​nd vom Rassismus i​n den Südstaaten d​er USA. Harper Lee w​urde für i​hr Werk 1961 m​it dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Inzwischen i​st Wer d​ie Nachtigall stört z​u einem modernen Klassiker d​er amerikanischen Literatur geworden, d​er sich weltweit über 40 Millionen Mal verkaufte.

Die Spottdrossel (engl. Mockingbird) ist Staatsvogel in einigen Südstaaten der USA

Inhalt

Wer d​ie Nachtigall stört spielt i​m Zeitraum v​on 1933 b​is 1935 i​n der fiktiven Kleinstadt Maycomb i​m Bundesstaat Alabama, inmitten d​er amerikanischen Great Depression. Es beschreibt e​ine Kindheit a​us der Sicht d​es aufgeweckten kleinen Mädchens Jean Louise, genannt „Scout“. Die Welt Scouts u​nd ihres älteren Bruders Jem w​ird von i​hrem alleinerziehenden Vater, d​em Abgeordneten u​nd Anwalt Atticus Finch (in d​er älteren deutschen Übersetzung Fink), zusammengehalten. Atticus i​st für d​ie Kinder Freund, Vertrauter, Lehrer u​nd Autorität. Während seiner Sommerferien n​immt auch Dill, d​er ansonsten i​n der Großstadt lebende Neffe d​er Nachbarin, a​n den Unternehmungen d​er Geschwister teil. Bereichert w​ird die Gedankenwelt d​er Kinder d​urch den mysteriösen Nachbarn Arthur Boo Radley, über d​en allerhand gruselige Geschichten kursieren u​nd den Jem u​nd Scout n​och nie gesehen haben, d​a er n​icht sein Haus verlässt. Trotz i​hrer Bemühungen bekommen d​ie Kinder Boo n​icht zu Gesicht, d​och hinterlässt e​r ihnen i​n einem Baum i​n der Nachbarschaft kleine Geschenke d​er Anerkennung.

In d​iese Kindheitsidylle dringt langsam d​ie intolerante Welt d​es Rassismus ein, d​er in d​en Südstaaten überall spürbar ist. Atticus Finch, aufrecht u​nd vorurteilslos, w​ird vom Richter Taylor – wissend, d​ass Atticus e​in hervorragender Anwalt i​st – z​um Pflichtverteidiger d​es schwarzen Farmarbeiters Tom Robinson berufen. Dieser w​ird beschuldigt, d​ie junge weiße Frau Mayella vergewaltigt z​u haben. Atticus n​immt die Verteidigung d​es Schwarzen an, a​uch da e​r sonst n​ie wieder seinen Kindern i​n die Augen blicken könne, s​agt er. Für d​ie Übernahme d​es Falles w​ird Atticus s​chon bald v​on vielen Bewohnern Maycombs a​ls „Negerfreund“ angefeindet. Diese Ablehnung bekommen a​uch seine Kinder z​u spüren, e​twa durch abfällige Kommentare a​uf dem Schulhof. In diesem Umfeld v​on Vorurteilen u​nd Intoleranz, Sein u​nd Schein u​nd Widersprüchlichkeiten versucht Atticus, seinen Kindern a​uf dem Weg i​ns Erwachsenwerden beizustehen. Als e​ine Gruppe Männer Tom i​m Gefängnis lynchen will, stellt s​ich ihnen Atticus i​n den Weg, d​och gefährdet e​r dabei s​ich selbst. Als Scout, Jem u​nd Dill plötzlich v​or dem Gefängnis erscheinen, beschämt d​ies die Männer so, d​ass sie v​on ihren Plänen absehen.

Die Verhandlung g​egen Tom Robinson w​ird wie e​in Volksfest aufgezogen, d​ie Gerichtshalle i​st bis z​um letzten Platz besetzt. Da k​ein Platz u​nter den Weißen u​nten im Gerichtssaal m​ehr vorhanden ist, setzen s​ich Jem, Scout u​nd Dill – d​ie gegen d​en ausdrücklichen Wunsch v​on Atticus a​n der Verhandlung teilnehmen – z​u dem schwarzen Reverend Sykes a​uf die Galerie m​it den Afroamerikanern. Atticus führt i​m Prozess an, d​ass Mayella u​nd ihr Vater – d​er stadtbekannte Trinker Bob Ewell – d​ie Jury belügen. Anhand mehrerer Indizien l​egt Atticus e​inen anderen Tathergang nahe: Dass Mayella selbst Tom i​hre Avancen machte, d​er verheiratete Tom d​iese aber ablehnte. Als Mayella d​en Schwarzen trotzdem küsste, beobachtete d​ies ausgerechnet i​hr Vater. Der verprügelte daraufhin Mayella i​m Zorn, d​eren Verletzungen stellte e​r als Spuren d​er angeblichen Vergewaltigung d​urch Tom dar. Obwohl Atticus’ überzeugende Verteidigung normalerweise e​inen Freispruch n​ach sich ziehen müsste, b​eugt sich d​ie weiße Jury d​em ungeschriebenen Gesetz, d​ass der Aussage e​ines Schwarzen gegenüber d​er einer Weißen n​icht zu glauben sei, u​nd spricht Tom schuldig. Vor a​llem Jem i​st durch d​ie Ereignisse i​m Gerichtssaal mitgenommen u​nd ist i​n seinem Weltbild erschüttert. Doch w​o sonst d​as Urteil g​egen Schwarze v​on der Jury i​n nur wenigen Minuten gefällt worden war, dauerte d​ies im Fall v​on Tom erstmals mehrere Stunden.

Atticus rechnet s​ich gute Chancen für Tom i​n einem Berufungsverfahren v​or einem höheren Gericht aus, d​och der Verurteilte w​ird kurz n​ach dem Prozess b​ei einem Fluchtversuch erschossen. Unterdessen i​st der ohnehin schlechte Ruf d​er Ewells i​n Maycomb n​och weiter gesunken, d​a Atticus diesen i​m Gerichtssaal a​ls Lügner entlarvt hatte. Ewell s​ehnt sich n​ach Rache, spuckt Atticus i​ns Gesicht u​nd bricht a​uch in d​as Haus v​on Richter Taylor ein, welcher d​ie Verhandlung geführt hat. Schließlich greift e​r Jem u​nd Scout an, a​ls diese v​on einem Halloween-Fest i​hrer Schule i​m Dunkeln n​ach Hause zurückkehren. Jems Arm w​ird von Ewell gebrochen, d​och dann taucht e​in mysteriöser Fremder auf, d​er die Kinder rettet u​nd den verletzten Jem z​u Atticus trägt. Bob Ewell w​ird dabei i​m Gerangel m​it dem Fremden erstochen. Im Hause d​er Finchs bemerkt Scout, d​ass es i​hr Nachbar Boo Radley ist.

Um d​en menschenscheuen Boo Radley n​icht der kollektiven Neugier d​er Kleinstadt auszusetzen, w​ird der Tod d​es Täters i​m Polizeibericht a​ls Sturz i​ns eigene Messer dargestellt. Scout kommentiert dieses Verschweigen m​it der Bemerkung, d​ass Boo g​enau wie e​ine Nachtigall n​icht gestört werden dürfe. Dieser späte Bezug a​uf den Titel d​es Romans stammt v​on Atticus, d​er seinen Kindern verbietet, d​ie Nachtigall (im Original allerdings e​in „Mockingbird“, e​ine Spottdrossel) z​u jagen, w​eil „sie n​ur schön s​ingt und niemandem e​twas zu Leide tut“. Am Ende d​es Romans begleitet Scout i​hren Nachbarn Boo wieder zurück i​n sein Haus.

Figuren

  • Scout (Jean Louise Finch): Die erwachsene Scout fungiert als Ich-Erzählerin und berichtet dabei aus ihrer Kindheit. Zu Beginn des Romans ist Scout sechs, am Ende neun Jahre alt. Entgegen den anderen Mädchen ihres Dorfes ist die aufgeweckte Scout ein regelrechter Tomboy, die auch schon gelegentlich mit den Fäusten zuschlägt. Im Verlaufe von Wer die Nachtigall stört bringt sie das immer in Konflikte, doch auch dank der Hilfe ihres Vaters lernt sie immer wieder dazu.
  • Atticus Finch: Aus einer angesehenen Südstaaten-Familie kommend, praktiziert Atticus als Anwalt in Maycomb. Seit dem plötzlichen Tod seiner Frau vor einigen Jahren muss er die beiden Kinder alleine aufziehen. Atticus ist im Gegensatz zu den Vätern anderer Kinder mit 50 Jahren bereits älter, trinkt und raucht nicht, stattdessen beschränkt er sich aufs Zeitunglesen. Der als positive Vaterfigur dargestellte Atticus glaubt an die Unschuld seines schwarzen Klienten Tom, was ihm in Maycomb einige Feinde einbringt.
  • Jem (Jeremy Atticus Finch): Scouts älterer Bruder, zu Beginn des Romans zehn Jahre alt. Er ist Scouts Beschützer und unternimmt mit ihr viele Streiche. Gegen Ende des Romans verliert Jem, bei dem die Pubertät einsetzt, durch den Prozess gegen Tom den Glauben an die Gerechtigkeit der Welt und damit auch seine kindliche Unschuld.
  • Charles Baker Harris (Dill) : Ein kleingewachsener, intelligenter Junge, der jeden Sommer bei seiner Tante Rachel in der Nachbarschaft der Familie Finch lebt. Seine Mutter und sein Stiefvater vernachlässigen ihn, seinen leiblichen Vater kennt er nicht. Dill, der mit einer wilden Fantasie ausgestattet ist, treibt die Versuche der Kinder an, den Nachbarn Boo Radley aus seinem Haus zu locken.
  • Calpurnia: Die afroamerikanische Haushälterin der Familie Finch, eine selbstbewusste und kluge Frau.
  • Miss Maudie Atkinson: Die Nachbarin der Familie Finch und eine Jugendfreundin von Atticus. Die nette, offenherzige Witwe ist den Kindern von Atticus eine wichtige Bezugsperson und besitzt deren Respekt. Ihre Freizeit verbringt Miss Maudie unter anderem mit Gartenarbeit und Kuchenbacken. Als ihr Haus im Verlaufe des Romanes einmal niederbrennt, zeigt sie sich mutig und nimmt es gelassen.
  • Arthur „Boo“ Radley: Der mysteriöse Nachbar der Familie Finch, vor dem sich alle Kinder von Maycomb fürchten, obwohl sie ihn noch nie zu Gesicht bekommen haben. Seit einem Vorfall in seiner Jugend, bei dem er vor Gericht treten musste, trat er kaum mehr vor die Haustür. Er scheint ein einsamer Mann zu sein, der mit Geschenken Jem und Scout für sich als Freunde gewinnen will. Im entscheidenden Moment des Romanes ist Arthur aber zur Stelle und kann die Kinder vor Bob Ewells Angriff retten.
  • Robert E. Lee „Bob“ Ewell: Der Hauptantagonist des Romans, ein rassistischer Trunkenbold und Schläger. Der Witwer lebt von Wohlfahrtsgeldern, die genaue Zahl seiner Kinder kennt niemand in Maycomb wirklich.
  • Mayella Ewell: Die 19-jährige Tochter von Bob Ewell, die bei ihrem grausamen Vater und unzähligen kleinen Geschwistern, die sie versorgen muss, ein so trostloses Leben führt, dass sie schließlich einen schwarzen Mann verführen will. Vor Gericht behauptet sie aber wie ihr Vater, dass Tom sie vergewaltigt hätte. Während des Prozesses ist Mayella überrascht und zugleich wütend darüber, dass Atticus sie freundlich und respektvoll anspricht.
  • Tom Robinson: Der Angeklagte, ein starker, junger Afroamerikaner. Sein linker Arm ist seit einem Unfall während seiner Kindheit verletzt, weshalb er die Verletzungen von Mayella – die von einem Linkshänder stammen – kaum verursacht haben kann. Sein Satz, dass er als Schwarzer Mitleid mit der weißen Mayella gehabt habe, bringt die weiße Jury gegen ihn auf. Obwohl Atticus eine Revision beantragt, ist Tom so verzweifelt, dass er aus dem Gefängnis flüchten will und erschossen wird.
  • Tante Alexandra Hancock: Die Schwester von Atticus, die auf Finch Landing, dem Landsitz der Familie, mit ihrem Ehemann lebt. Etwa in der Mitte des Romans verlässt sie Finch Landing, um nach Maycomb zu ihrem Bruder zu ziehen und diesen bei der anstehenden Gerichtsverhandlung zu unterstützen. Tante Alexandra widmet sich daraufhin auch intensiv der Erziehung von Scout, deren burschikoses Wesen sie ablehnt und die sie lieber in eine feminine Southern Belle verwandeln will. Das sorgt regelmäßig für Konflikte zwischen Scout und Tante Alexandra.
  • Onkel Jack Finch: Der jüngere Bruder von Atticus, der im amerikanischen Norden als Arzt praktiziert. Der kinderlose Jack ist witzig und freundlich, weshalb Jem und Scout ihn sehr schätzen.
  • Francis Hancock: Der verwöhnte Enkel von Tante Alexandra, der etwa genauso alt ist wie Scout und Jem. Francis äußert sich abfällig über Atticus’ Verteidigung von Tom, woraufhin Scout ihn kurzerhand verprügelt und dafür eine Strafe erhält.
  • Nathan Radley: Der streng religiöse Nachbar der Finchs und der Bruder von Arthur Radley. Nathan ist im Gegensatz zu Arthur, der bei ihm im Haus lebt, zwar regelmäßig im Dorf anzutreffen, seine Verhaltensweisen sind aber genauso mysteriös. Als Boo den Nachbarskindern etwa kleine Geschenke im Baumstumpf hinterlässt, zementiert Nathan Radley diesen kurzerhand zu.
  • Mrs. Henry Lafayette Dubose: Die hochbetagte Nachbarin der Familie Finch, eine übellaunige Rassistin. Sie beleidigt Atticus für seine Verteidigung von Tom, woraufhin Jem ihren Garten teilweise zertrampelt. Als Strafe muss er der im Sterben liegenden Mrs. Dubose über mehrere Wochen jeden Abend vorlesen. Nach ihrem Tod erfährt Jem von Atticus, dass sie wegen ihrer Schmerzen von Morphium abhängig geworden war, sich aber durch die Ablenkung von Jems Vorlesen von ihrer Morphiumsucht lösen konnte. Atticus bezeichnet Mrs. Dubose als mutige Persönlichkeit, da sie ihre unheilbare Krankheit mit Würde ertragen habe.
  • Stephanie Crawford: Eine unverheiratete Nachbarin der Familie Finch, die sich vor allem für Klatsch und Gerüchte begeistern kann.
  • Rachel Haverford: Eine Nachbarin der Finchs und die Tante von Dill, die sich um ihn während seiner Sommerferien kümmert.
  • Mrs. Grace Merriweather: Eine angesehene Missionars-Dame in Maycomb, die ihr Verhalten gegenüber Schwarzen für das einer vorbildlichen Christin hält. Tatsächlich äußert sie sich aber unbewusst auf paternalistische, herablassende Weise über Afroamerikaner und zeigt dadurch ihre Bigotterie.
  • Mr. Heck Tate: Der Sheriff von Maycomb und ein Freund von Atticus, der ebenfalls gegen den Rassismus von Maycomb steht. An mehreren Schlüsselstellen des Romans ist Sheriff Tate anwesend: Beim Überfall von Bob Ewell auf die Kinder, beim Gerichtsprozess und als Atticus einen tollwütigen Hund erschießt.
  • Richter Taylor: Maycombs Richter, der den Prozess gegen Tom leitet. Taylor ahnt Toms Unschuld und setzt daher mit Atticus einen fähigen Anwalt für die Verteidigung ein; auf das letztliche Urteil der Jury hat er keinen Einfluss.
  • Mr. Horace Gilmer: Ein Anwalt aus der Nachbarstadt Abbottsville, der als Ankläger im Fall Robinson erscheint.
  • Mr. Braxton Underwood: Der Besitzer und Chefredakteur der Lokalzeitung „Maycomb Tribune“ und ein weiterer Freund von Atticus. Obwohl er ebenfalls rassistische Einstellungen hat, wünscht er sich dennoch eine faire Verhandlung für Tom.
  • Dr. Reynolds: Der Dorfarzt von Maycomb, der bei den Krankheitsfällen im Verlaufe des Romans anwesend ist.
  • Dolphus Raymond: Ein wohlhabender Weißer, der außerhalb von Maycomb mit Schwarzen lebt und mehrere gemischtrassige Kinder hat. Die abgestoßenen Bürger von Maycomb schieben seinen skandalösen Lebensstil darauf, dass Dolphus Alkoholiker ist – denn jedes Mal, wenn er nach Maycomb kommt, läuft Dolphus scheinbar betrunken mit einer Flasche herum. In einem Gespräch mit Dolphus findet Scout jedoch heraus, dass in der Flasche nur Coca-Cola ist – Dolphus spielt seine Rolle als Betrunkener vor, damit die Weißen von Maycomb eine Erklärung für sein Verhalten haben und ihn in Ruhe lassen.
  • Link Deas: Tom Robinsons Arbeitgeber, ein weißer Ländereienbesitzer. Während des Prozesses ist er einer der wenigen Weißen auf der Seite von Tom, auch nach dessen Tod unterstützt er Toms Witwe finanziell.
  • Walter Cunningham Jr. und Sr.: Die Cunninghams sind eine arme, ungebildete Hinterwäldler-Familie, die in ihrem Ansehen aber noch über den Ewells steht. Walter Cunningham Jr. geht mit Scout in eine Klasse und gerät mit ihr am ersten Schultag aneinander, woraufhin Jem ihn als Entschuldigung zum Mittagessen zu den Finchs einlädt. Walter Cunningham Sr. ist ein Klient von Atticus, der zunächst auch Tom lynchen will, sich dann aber beschämt umentscheidet. Ein Mitglied der Cunninghams sitzt später in der Jury und sperrt sich über mehrere Stunden gegen eine Verurteilung von Tom.
  • Cecil Jacobs: Ein Klassenkamerad von Scout, der sich wegen des Prozesses über Scout und ihre Familie abfällig äußert, woraufhin diese ihn attackiert. Insgesamt scheint seine Beziehung zu Scout und Jem aber freundschaftlich zu sein.
  • Burris Ewell: Bob Ewells Sohn, der bereits mehrmals sitzengeblieben ist und der während des ersten Schuljahres mit Scout in einer Klasse ist. Die Ewell-Kinder gehen nur am ersten Tag des Jahres zur Schule, anschließend bleiben sie einfach zu Hause.
  • Miss Caroline Fisher: Eine junge Lehrerin mit neuen Lehrmethoden, die aus der Stadt ins Dorf Maycomb gekommen ist. Sie ist Scouts Lehrerin in der ersten Klasse und kennt sich nicht mit Maycombs Kultur aus, was ihr einige Probleme und Missverständnisse einbringt.
  • Reverend Sykes: Der Pfarrer der schwarzen Gemeinde von Maycomb. Während des Prozesses sitzt er neben Jem und Scout auf der Tribüne der Farbigen. Er behandelt die Kinder respektvoll und freundlich, auch aus tiefer Dankbarkeit gegenüber Atticus, dass er den Fall übernommen hat.
  • Lula: Eine schwarze Frau in Maycomb, die empört ist, als Haushälterin Calpurnia Jem und Scout in die Kirche der Schwarzen mitnimmt.
  • Helen Robinson: Die Ehefrau und spätere Witwe von Tom Robinson.

Widmung / Motto

Dem Buch i​st eine Danksagung a​n Mr. Lee u​nd Alice vorangestellt. Als Motto trägt e​s ein Zitat v​on Charles Lamb: Auch Rechtsanwälte, glaube ich, w​aren einst Kinder.

Formaler Aufbau

Der Roman i​st in z​wei Teile geteilt u​nd in 31 fortlaufend nummerierte Kapitel, d​ie keine weiteren Überschriften tragen. Der zweite Teil beginnt a​b Kapitel zwölf.

Rezeption

Der Roman erschien a​m 11. Juli 1960 i​n den USA[1] u​nd erhielt i​m darauf folgenden Jahr d​en Pulitzer-Preis. Der Roman w​urde mittlerweile i​n über 40 Sprachen übersetzt u​nd erreichte e​ine weltweite Auflage v​on über 40 Millionen Exemplaren.[2] Wer d​ie Nachtigall stört w​ird der literarischen Strömung d​er Southern Gothic zugerechnet. Die e​rste deutsche Übersetzung stammt v​on Claire Malignon, erschien zuerst 1962 i​m Rowohlt Verlag u​nd stand n​eun Wochen l​ang in d​en Jahren 1962 u​nd 1963 a​uf dem Platz 1 d​er Spiegel-Bestsellerliste. Sie w​urde 2015 v​on Nikolaus Stingl für e​ine Neuausgabe überarbeitet u​nd enthält weiterhin d​en Umschlagentwurf d​er Erstausgabe v​on Werner Rebhuhn.

1962 w​urde der Roman m​it Gregory Peck i​n der Hauptrolle u​nter demselben Originaltitel To Kill a Mockingbird v​on Robert Mulligan verfilmt.

Dem Tagesspiegel zufolge w​ird das Buch i​n den USA „von konservativen w​ie progressiven Kreisen b​is heute verdammt“.[3] Die e​inen störe d​as negative Bild d​er US-Gesellschaft, d​ie anderen stießen s​ich an d​er „politisch unkorrekten“ Sprache, z​um Beispiel d​em Wort „Nigger“. „Von 1990 b​is 1999 befand s​ich das Werk regelmäßig u​nter den Top Ten j​ener Bücher, d​ie am häufigsten a​us dem Unterricht d​er öffentlichen Schulen verbannt wurden.“[3] Die Stadt Chicago dagegen h​at 2001 d​en Roman z​um Thema i​hrer Kampagne „Eine Stadt l​iest ein Buch“ gemacht, für 40.000 Dollar zusätzliche Exemplare angeschafft u​nd diese i​n ihren 78 öffentlichen Büchereien mehrere Wochen l​ang gratis verliehen.

2016 gehörte d​ie englische Fassung l​aut der jährlichen Liste v​on Publishers Weekly z​u den 10 meistverkauften Büchern i​n den USA.[4]

Ende 2021 w​urde der Roman v​on Lesern d​er New York Times z​um besten Buch d​er vergangenen 125 Jahre gewählt.[5]

Autobiographisches und Bezüge zu Truman Capote

Harper Lee h​at eine Reihe autobiographischer Elemente i​n den Roman eingebracht:

  • Vorbild für die fiktive Kleinstadt Maycomb war offenbar das Städtchen Monroeville, in dem sie selbst aufwuchs.
  • In den Jahren 1933 bis 1935, in denen der Roman spielt, war Harper Lee ebenso alt wie ihre Hauptheldin und Ich-Erzählerin Scout.
  • Scouts Vater, die Figur des Atticus Finch, ist ihrem eigenen Vater Amasa Coleman Lee nachempfunden.
  • Harper Lees Jugendfreund Truman Capote war höchstwahrscheinlich Vorbild für den Nachbarjungen Dill.

Die Autorin selbst bestritt, d​ass es s​ich um e​ine Autobiographie handele.[6]

Die Tatsache, d​ass Truman Capote z​ur selben Zeit w​ie Harper Lee i​m selben Ort Monroeville aufwuchs u​nd beide a​ls Kinder befreundet waren, führte z​u bis h​eute anhaltenden Gerüchten. Demnach h​abe in Wahrheit Capote d​en Roman geschrieben o​der zumindest s​tark redigiert, d​er dann u​nter Lees Namen veröffentlicht wurde.[7] Als Indiz w​urde unter anderem angeführt, d​ass Harper Lee n​ach dem Erfolg v​on Wer d​ie Nachtigall stört außer einigen kurzen Essays k​eine weiteren Werke veröffentlichte.

2006 w​urde jedoch e​in bislang unbekanntes Dokument entdeckt, d​as dieses Gerücht widerlegte. Es handelt s​ich um e​inen Brief, d​en Capote a​m 9. Juli 1959 a​n eine Tante schrieb. Darin heißt es, e​r habe Harper Lees Buch z​um größten Teil gelesen, e​s gefalle i​hm sehr u​nd sie h​abe großes Talent. Von e​iner eigenen Beteiligung a​n dem Buch i​st nirgendwo d​ie Rede.[8] Lee i​st also eindeutig d​ie alleinige Autorin d​es Buches.

Harper Lees Arbeit a​m Roman Wer d​ie Nachtigall stört, s​eine Veröffentlichung u​nd der Erfolg d​er anschließenden Verfilmung s​ind auch Thema d​es Spielfilms Capote. Harper Lee w​ird hier v​on Catherine Keener dargestellt.

Urfassung

Das Buch Go Set a Watchman i​st eine Vorgängerversion v​on To Kill a Mockingbird. Dieser Text w​urde bereits Mitte d​er 1950er Jahre geschrieben, a​lso vor Wer d​ie Nachtigall stört. Das Manuskript w​urde von Lees Freundin u​nd Anwältin Tonja Carter i​m Herbst 2014 wiederentdeckt u​nd am 14. Juli 2015 b​ei HarperCollins (USA) u​nd Heinemann (UK) i​n einer Auflage v​on zwei Millionen Exemplaren publiziert. Es handelt v​on der erwachsenen Scout i​n New York, d​ie ihren Vater Atticus 20 Jahre n​ach den Geschehnissen v​on Wer d​ie Nachtigall stört i​n der fiktiven Stadt Maycomb, Alabama besucht.[9][10] Am 17. Juli 2015 erschien d​ie deutsche Übersetzung v​on Ulrike Wasel u​nd Klaus Timmermann u​nter dem Titel Gehe hin, stelle e​inen Wächter b​ei der Deutschen Verlags-Anstalt.[11]

Ausgaben

Titel der Erstausgabe 1960
  • To Kill a Mockingbird. Philadelphia: Lippincott, 1960
    • Wer die Nachtigall stört. Roman. Übersetzung Claire Malignon. Rowohlt, Reinbek 2008, ISBN 978-3-499-14281-9
    • Wer die Nachtigall stört. Roman. Übersetzung Claire Malignon. Übersetzerische Bearbeitung der Neuausgabe Nikolaus Stingl; Nachwort Felicitas von Lovenberg. Rowohlt, Reinbek 2015, ISBN 978-3-498-03808-3

Hörbücher

  • 2010: To Kill A Mockingbird (gelesen von Sissy Spacek), ISBN 978-1-84657-256-2
  • 2015: Wer die Nachtigall stört (gelesen von Eva Mattes), Argon Verlag, ISBN 978-3-8398-1389-8

Literatur

  • Claudia D. Johnson: Understanding To Kill a Mockingbird: A Student Casebook to Issues, Sources, and Historic Documents. Greenwood Publishing Group 1994, ISBN 0-313-29193-4 (eingeschränkte Online-Version (Google Books))
  • Candice Mancini (Hrsg.): Racism in Harper Lee’s "To Kill a Mockingbird" (Social Issues in Literature). Greenhaven Press, Farmington Hills 2008, ISBN 978-0-7377-3904-6.
  • Hans-Georg Schede (Hrsg.): To Kill a Mockingbird. Analyse, Interpretation. Mit Inhaltsangabe, Abituraufgaben mit Lösungen, in Englisch. (Königs Erläuterungen, 478). Bange-Verlag, Hollfeld 2017 (Neuaufl.) ISBN 3-8044-2042-7.[12]

Einzelnachweise

  1. To Kill a Mockingbird – About the Author. Arts Midwest, abgerufen am 11. Juli 2010 (englisch).
  2. eb/AP: Vorgänger von "Wer die Nachtigall stört": Harper Lees Debüt erscheint mit 60 Jahren Verspätung. Spiegel Online, 3. Februar 2015
  3. Malte Lehming: Amerikanische Lesart. Der Tagesspiegel, 4. März 2002, abgerufen am 29. Juni 2013.
  4. John Maher |: The Bestselling Books of 2016. Abgerufen am 28. Dezember 2021 (englisch).
  5. What’s the Best Book of the Past 125 Years? We Asked Readers to Decide. In: The New York Times. 28. Dezember 2021, abgerufen am 29. Dezember 2021 (englisch).
  6. Harper Lee. In: American Decades. Gale Research, 1998.
  7. neabigread.org Wie Truman Capote neidisch wurde auf Harper Lee. abgerufen am 14. Juni 2015. Welt Online, 10. Juli 2010; abgerufen am 14. Juni 2015
  8. Letter Puts End to Persistent 'Mockingbird' Rumor. NPR, 3. März 2006 - Interview von Wayne Flynt durch Melissa Block (abgerufen am 14. Juni 2015)
  9. The Guardian - Harper Lee to publish new novel, 55 years after To Kill a Mockingbird (3. Februar 2015)
  10. The New York Times - Harper Lee, Author of ‘To Kill a Mockingbird,’ Is to Publish a Second Novel (3. Februar 2015)
  11. Felicitas von Lovenberg: Harper Lees Debüt erscheint. Der zweite Hit der Spottdrossel, faz.net, 16. Juli 2015, abgerufen am 28. Juli 2015
  12. weitere Lektürehilfen zum Buch produzieren: Ernst Klett Verlag, mit Vokabel-Beilage; Cornelsen Verlag, Textband mit Anmerkungen als Beilage; der Stark Verlag; sowie mehrere englische oder US-Verlage. Das Buch ist Abitur-Thema in den Bundesländern Hessen und Niedersachsen im Jahr 2018.
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