Württembergische Pfarrhauskette
Die Württembergische Pfarrhauskette war eine Untergrundorganisation während der letzten Jahre des Nationalsozialismus.
Organisation
Mitglieder der Württembergischen Pfarrhauskette waren Pfarrer und deren Angehörige in Württemberg, die in ihren Kirchen oder Privathäusern Juden und andere Verfolgte aufnahmen und deren Identität verschleierten oder die Menschen auch verbargen, um sie vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu schützen. Organisiert wurde die Pfarrhauskette von Theodor Dipper. Oft wurde vorgegeben, bei den kurzzeitig in den Familien der Pfarrer lebenden Personen handle es sich um Verwandte oder Ausgebombte. Sie wurden jeweils nur für kurze Zeit an einem Ort untergebracht und dann an das nächste Mitglied der Kette weitervermittelt. Auf diese Weise überlebte etwa das Ehepaar Max und Ines Krakauer 27 Monate lang und war während dieser Zeit in zahlreichen verschiedenen Quartieren untergebracht. Außer dem Ehepaar Krakauer sind 17 weitere Namen von Personen bekannt, die durch die Hilfe der Württembergischen Pfarrhauskette das Dritte Reich überleben konnten.[1]
Mehrere Mitglieder der Württembergischen Pfarrhauskette wurden mit dem israelischen Ehrentitel Gerechter unter den Völkern ausgezeichnet.
Mitglieder der Württembergischen Pfarrhauskette (keine vollständige Liste)
- Eberhard Beck, Korb
- Gustav Beierbach, Metzingen
- Alfred Brecht, Calw
- Friedrich Delekat, Stuttgart
- Hermann Diem, Ebersbach an der Fils
- Alfred Dilger, Bad Cannstatt
- Theodor Dipper,[2] Mauritiuskirche in Reichenbach an der Fils
- Erhard Eisenmann, Kuppingen
- Elsa Elsäßer, geb. Lamparter, Witwe von W. Elsäßer, Mittelstadt
- Richard Gölz, Wankheim
- Elisabeth Goes, geb. Schneider, Frau von Albrecht Goes, Gebersheim
- Paul Harr, Stuttgart-Sillenbuch
- Rudolf Held, Simmozheim
- Gottfried Hermelink, Nufringen
- Gotthold Hezel, Neuffen
- Margarete Hoffer, Schwenningen
- Paul Hornberger, Altbach
- Karl Jung, Bempflingen
- Albert Kimmich, Beinstein
- Walter Kleinknecht, Kayh
- Hermann Maurer, Korntal
- Otto und Gertrud Mörike, Flacht
- Kurt Müller,[3] Stuttgart
- Erwin Palmer, Göppingen
- Georg Pfäfflin, Waldenbuch[4]
- Ernst Rapp, Owen
- Georg Reith, Oferdingen
- Otto und Gertrud Riehm, Ispringen
- Adolf Rittmann, Dettingen/Erms
- Rudolf Roller, Enzweihingen
- Paul und Erika Schempp, Iptingen[5]
- Paul und Marianne Schmidt, Südkirche in Esslingen am Neckar
- Gustav Adolf Schreiber, Stuttgart-Mühlhausen
- Helmut und Hildegard Spieth, Stetten im Remstal
- Johanna und Eugen Stöffler mit Tochter Ruth, Köngen[6]
- Johannes Wahl, Rutesheim
- Margarethe (Grete) und Paul Werner, Riederich
- Hermann und Elsbeth Zeller, Waiblingen
Literatur
- (dav): „In dieser Stadt lebten in dieser Zeit Menschen, die von Menschlichkeit geprägt waren!“ Hermann K. Zeller und Elsbeth M. Zeller vom Staat Israel posthum als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt. In: Stadt Waiblingen (Hrsg.): Stauferkurier. Amtsblatt der Stadt Waiblingen. 31. Jg., Nr. 8, 21. Februar 2008, ISSN 2190-734X, S. 5 (waiblingen.de (Memento vom 21. Dezember 2010 im Internet Archive) [PDF; 1,4 MB; abgerufen am 6. Juli 2019]).
- Dietrich Hub: Die Pfarrhauskette hat Juden das Leben gerettet. In: Fellbacher Zeitung. 31. Oktober 2008.
- Max Krakauer: Lichter im Dunkel. Behrendt, Stuttgart 1947 (1.–5. Tsd.).
- Neu herausgegeben von Otto Mörike mit dem Titel: Lichter im Dunkel. Flucht und Rettung eines jüdischen Ehepaares im Dritten Reich. Quell-Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-7918-1300-5 (bis 11. Auflage, 1994).
- Aktuelle Ausgabe: (= Calwer Taschenbibliothek. Band 108; Teil von: Anne-Frank-Shoah-Bibliothek). Hrsg. von Gerda Riehm und Jörg Thierfelder unter Mitarbeit von Susanne Fetzer. Calwer Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-7668-4001-1.
- Englische Ausgabe: Lights in Darkness. English translation by Hans Martin Wuerth. E-Book Calwer Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-7668-4232-9.
- Eberhard Röhm und Jörg Thierfelder: Juden – Christen – Deutsche (= Calwer Taschenbibliothek. Band 101). Band 4/1: Vernichtet. 1941–1945. Calwer Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-7668-3887-3, S. 182–212.
Weblinks
- „Lichter im Dunkeln“. Die Flucht und die Rettung von Max und Karoline (Ines) Krakauer. Die Stationen der Rettung. In: Alemannia Judaica (Quartierverzeichnis des Ehepaars Krakauer)
Einzelnachweise
- Susanne Fetzer: Versteckt in aller Öffentlichkeit. Ein in Hindenburg geborener Jude überlebt das Dritte Reich. In: Hindenburger Heimatbrief. 15. März 2008 (oberschlesien-aktuell.de (Memento vom 9. Januar 2015 im Internet Archive) [PDF; 187 kB, abgerufen am 6. Juli 2019]).
- Evangelischer Kirchenbezirk Esslingen: 100 Jahre Mauritiuskirche Reichenbach. In: ev-kirche-esslingen.de. 7. August 2009, archiviert vom Original am 28. August 2011; abgerufen am 6. Juli 2019 (zu Theodor Dipper im letzten Absatz).
- Katrin Rudolph: KAUFMANN, Franz Herbert. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 23, Bautz, Nordhausen 2004, ISBN 3-88309-155-3, Sp. 770–775..
- Johannes Grützmacher: Nachkriegszeit Teil 16: Kriegschroniken. Berichte der württembergischen Kirchengemeinden zu NS, Krieg und Kriegsende. In: Württembergische Kirchengeschichte Online. Archiv und Zentralbibliothek der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, 15. Januar 2021, abgerufen am 16. Januar 2021.
- Albrecht Grözinger: SCHEMPP, Paul. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 9, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-058-1, Sp. 147–148..
- Stöffler, Eugen. Stöffler, Johanna. Stöffler, Ruth. Akte 7924. In: Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Deutsche und Österreicher. Hrsg. von Daniel Fraenkel und Jakob Borut. Wallstein, Göttingen 2005, S. 267 (Vorschau in der Google-Buchsuche).