Vorstoß nach Priština
Der Vorstoß nach Priština (russisch Марш-бросок на Приштину Marsch-brosok na Prischtinu oder verkürzt Бросок на Приштину Brosok na Prischtinu) war eine militärische Operation der russischen Streitkräfte zur Besetzung des Flughafens der kosovarischen Hauptstadt Pristina nach dem Ende des Kosovokrieges. Er wurde durch eine Luftblockade unterbunden. Eine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland wurde durch die britischen Offiziere Mike Jackson und James Blount verhindert.
Verlauf
Nachdem die NATO unter Führung der USA im Rahmen der geplanten KFOR-Friedenstruppe Russland keinen eigenen Sektor im Kosovo zugestehen wollte, weil man als Folge eine Spaltung des Kosovo befürchtete, besetzten in der Nacht auf den 12. Juni 1999 russische Fallschirmjäger der SFOR aus Bosnien kommend unerwartet den Flughafen Priština.
Die Soldaten der russischen Brigade waren nach dem Ende der Luftangriffe und nach der Resolution des Sicherheitsrats der UNO noch vor der Ankunft der KFOR-Truppen in den Kosovo eingedrungen „um auch an der internationalen Friedensoperation teilzunehmen“[1] und wurden von der serbischen Minderheit begrüßt. Der NATO-Brief Alexander Nikitins stellt fest: „Die russischen Friedenstruppen stießen in südlicher Richtung über Bosnien und Herzegowina durch Serbien zum Flughafen von Pristina vor, wo sie auf NATO-Truppen trafen, die sich von der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien aus in Richtung Norden bewegten.“
Sie kamen damit überraschend dem Aufmarsch der KFOR zuvor, welcher aufgrund der Verträge mit Serbien nicht vorverlegt werden konnte. Der US-amerikanische General Wesley Clark als Supreme Allied Commander Europe wollte (gedeckt durch den UNO-Generalsekretär) gegen die russischen Truppen vorgehen, die britischen Offiziere Generalleutnant Sir Mike Jackson, Clarks Stellvertreter und KFOR-Kommandeur, und Hauptmann James Blount verhinderten, dass dieser Befehl ausgeführt wurde.[2]
Die bereitstehenden russischen Verstärkungen[3] konnten wegen der durch die USA erbetenen[4] Luftblockade durch Ungarn, Rumänien und Bulgarien nicht eingeflogen werden, womit sich die Blockierung der Piste von Priština durch die Panzer von Hauptmann Blount oder durch Helikopter erübrigte. Die damit auf sich selbst gestellten russischen Soldaten wurden daraufhin von den NATO-Truppen versorgt.[5]
Ab Juli 1999 unterstellte Russland der KFOR 1500 Soldaten. 2003 zog Russland alle seine Soldaten zurück.
Russische Sicht und Darstellung der Ereignisse
Aus russischer Sicht war nach der Resolution 1244 des Sicherheitsrats die Anwesenheit zur Sicherheit des Kosovo nicht mehr Vorrecht der NATO, sondern Aufgabe aller internationalen Organisationen und Staaten, einschließlich Russlands.
Bei einem Treffen mit der US-Delegation im Außenministerium Russlands habe der Verhandlungspartner Leonid Iwaschows herablassend von der "Erlaubnis" der USA gesprochen, sich innerhalb des US-Bereichs mit einem Bataillon an der KFOR-Truppe zu beteiligen. Später sei von einer Beteiligung von zwei Bataillonen unter Leitung General Jacksons gesprochen worden. Dies habe die russische Seite als Missverständnis der UNO-Resolution betrachtet.
Mit Wissen Jelzins habe Generaloberst Viktor Sawarsin, Hauptvertreter Russlands bei der NATO, angeordnet, den NATO-Truppen zuvorzukommen. Die Einnahme des Hauptflughafens Slatina drei Stunden vor der Ankunft der NATO-Truppen sei ein voller Erfolg gewesen. Wesley Clark habe das als Ohrfeige empfinden müssen.[6][7]
In Russland wird der Vorstoß nach Priština bis in die Gegenwart als Beispiel der hohen Moral und überlegenen militärischen Fähigkeiten der russischen Streitkräfte gesehen.[8]
Im Jahr 2021 wurden die Ereignisse im russischen Spielfilm Balkan Line aufgegriffen.
Weblinks
- BBC: Singer James Blunt ‚prevented World War III‘ (engl.)
- Warrior's Rewards, zeitgenössischer Bericht der Newsweek
Einzelnachweise
- http://www.nato.int/docu/review/2004/issue4/german/special_pr.html
- James Blunt: Wie ich den Dritten Weltkrieg verhinderte. In: SPIEGEL ONLINE. Abgerufen am 28. März 2016.
- Washington Post vom 25. Juni 1999
- Robertson's plum job in a warring Nato. In: The Guardian. 2. August 1999, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 28. März 2016]).
- The Guardian vom 3. August 1999
- Martin Taborsky: RUSKII VOPROS. In: www.russkiivopros.com. Abgerufen am 28. März 2016.
- Статья в газете "Правда" – "МЫ УХОДИМ...." In: kprf.ru. Abgerufen am 28. März 2016.
- Sergey Sukhankin: Slavic Brotherhood 2018: Applying the Syrian and Donbas Experience to the Balkans?, jamestown.org 10. Juli 2018.