VEB Autobahnbaukombinat
Der Volkseigene Betrieb Autobahnbaukombinat (kurz: VEB Autobahnbaukombinat, ABK) war ein 1969 gegründeter Großbetrieb mit mehreren Betriebsteilen und mit über 6000 Mitarbeitern in der gesamten DDR, das den Ausbau der Autobahnen durchführte.
Geschichte
1949–1969
Auf dem Gebiet der DDR lagen 1949 rund 1400 Kilometer Autobahn aus der Zeit vor 1945. Deren Ausbau wurde in den ersten 20 Jahren der DDR als nachrangig angesehen. Vordringlich wurden Landes- und Kreisstraßen repariert und erneuert. Die Hauptlast des Güterverkehrs lag in der DDR bis 1989 bei der Deutschen Reichsbahn. Erste Pläne zum Bau neuer Autobahnstrecken (vor allem Berlin–Rostock, heute A 19) wurden zum Zeitpunkt des Mauerbaus ad acta gelegt. Die Baukapazitäten wurden damals zum Auf- und Ausbau der Innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer benötigt.
1969–1989
Ab Mitte der 1960er Jahre kam jedoch erneut eine Diskussion über den Neubau von Autobahnstrecken auf. Die SED beschloss 1967, „die Mittel und Kapazitäten im Straßenbau vorrangig für den Ausbau des Autobahnnetzes einzusetzen und beim Bau von Autobahnen moderne industriemäßige Produktionsmethoden anzuwenden“. Dafür wurde ein neues Kombinat gegründet, das Autobahnbaukombinat. Vorgesehen war, Leipzig–Dresden, Berlin–Rostock und Halle–Magdeburg durch neue Autobahnstrecken zu verbinden. Der zwischenzeitlich eingetretene Wirtschaftsaufschwung in der DDR hatte diese Planungen unumgänglich gemacht. Die zunehmende Massenmotorisierung, aber auch der gestiegene Güterverkehr auf der Straße brachten das Straßennetz der DDR an seine Grenzen. Als erstes Großbauvorhaben wurde der Autobahnbau von Dresden nach Leipzig beschlossen. Geplant war der Bau von 100 Kilometern Autobahnstrecke pro Jahr. Dabei orientierte man sich an den damaligen Autobahn-Bauprojekten in der Bundesrepublik Deutschland. Allerdings mangelte es für so ein ambitioniertes Projekt in der DDR an dafür spezialisierten Baufirmen. Hier kam nun das 1969 gegründete Autobahnbaukombinat ins Spiel. Allerdings fehlten ihm die Maschinen, um im nötigen Tempo bauen zu können. Um das Problem zu lösen, wurden in Belgien für eine Million Valutamark halbautomatische Gleitschalungsfertiger eingekauft. Nach drei Baujahren konnte die Autobahn Dresden-Leipzig (heute A 14) im Oktober 1971 eingeweiht werden. Mit der Wahl Erich Honeckers zum Generalsekretär des Zentralkomitees der SED wurde der Schwerpunkt der DDR-Bauwirtschaftsprojekte auf den Wohnungsbau verlegt. Der bereits begonnene Bau der Autobahn Berlin–Rostock sollte abgebrochen werden. Es wurde dann mit gedrosseltem Tempo weitergebaut, 1978 konnte die Strecke nach Rostock (heute A 19) fertiggestellt werden. Aus Einsparungsgründen erfolgte die Fertigstellung allerdings nur mit wenigen Stahlleitplanken und ohne die drei geplanten Raststätten. Da die benachbarten LPGen an den Bauleistungen beteiligt wurden, entstanden etliche Dorfzufahrten aus dem eigentlich für den Autobahnbau gedachten Beton. Danach lag der Tätigkeitsschwerpunkt des Autobahnbaukombinats bei den Transitstrecken zur Bundesrepublik. Deren Auf- und Ausbau wurden seit dem Transitabkommen von Westdeutschland mit Devisen bezahlt. Als erstes wurde die Strecke vom Grenzübergang Marienborn (Helmstedt) nach Berlin rekonstruiert, 1982 unter hohem Zeitdruck die neue Transitautobahn Berlin–Hamburg (heute A 24) neu gebaut. Die DDR importierte zu diesem Zweck auch West-LKW (u. a. von Mercedes-Benz) als Kipper und Kippsattelzüge für das Autobahnbau-Kombinat.[1] Teilweise wurden einige Streckenabschnitte – wie auch in der Bundesrepublik Deutschland – als militärische Autobahn-Behelfsflugplätze errichtet, so auf der Strecke Berlin–Helmstedt (heute A 2).[2]
Zwischen 1980 und 1989 wurden die Baukapazitäten vorrangig für Erschließungs, Straßen- und Brückenbauarbeiten in Ostberlin eingesetzt. Teilweise wurden die Autobahn-Baumaschinen auch für die Errichtung neuer Militärflugplätze bzw. deren Landebahnen eingesetzt.[3] Generaldirektor war von 1969 bis 1989 Waldemar Gromzig. 1990 wurde das Kombinat aufgelöst und die Einzelbetriebe von der Treuhand geschlossen oder verkauft.
Betriebsteile des Kombinats
- VEB Autobahnbaukombinat Magdeburg, Agnetenstr. 14 (Kombinatsleitung, Rechenzentrum)
- VEB Erdbau Magdeburg, Ohrestraße
- VEB Erdbau Magdeburg, Saalestraße
- VEB Stahlbrückenbau Könnern
- VEB Verkehrsbau Berlin
- VEB Brückenbau Dresden
- VEB Straßenbau Weimar, nach 1989 Straßenbau Weimar GmbH
- VEB Straßenbau Potsdam, mit Sitz auf der Nedlitzer Insel.
- VEB Ingenieurbüro Greifswald
- VEB Forschung und Projektierung Babelsberg
Sonderbauwerke
- Friedrichsbrücke (Berlin), zwischen Museumsinsel und Börsenstraße, Neubau 1982 durch VEB Autobahnbaukombinat. 70 Meter Länge, Spannbetonbrücke im Freivorbauverfahren errichtet.[4]
- Flughafen Rostock-Laage, ehemaliger Fliegerhorst der NVA, errichtet 1980 bis 1984 vom VEB Autobahnbaukombinat.
- Brücke über die Elbe in Dresden (Carolabrücke) 1969 bis 1972 vom VEB Autobahnbaukombinat Brückenbau Dresden
- Stadtautobahnen der DDR-Großstädte, darunter die „Tangente F 71“ in Magdeburg (Freigabe 1976)
- Verkehrsinfrastruktur und Betonkuppel des Kernkraftwerkes bei Stendal (bis 1990)
- U-Bahn-Linienverlängerung in Berlin bis Tierpark (Erd- und Tiefbauarbeiten 1970)
- Auslandsprojekte im nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet, u. a. Brücken- und Tunnelbau in der VDR Jemen und Erschließungen in der Republik Ghana (Kumasi)
- Flugplatz Templin/Groß Dölln, größter ehemaliger Militärflugplatz (der sowjetischen Armee) in Europa bzw. auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Seit Mitte der 1980er bis 1990er Jahre aus- und umgebaut vom VEB Autobahnbaukombinat Straßenbau Weimar
- NVA-Flugplatz Marxwalde (heute Flugplatz Neuhardenberg), Rekonstruktion 1975 vom VEB Autobahnbaukombinat Straßenbau Potsdam
- NVA-Flugplatz Peenemünde, Umbau 1970–1972, Verlegung und Erweiterung der Landebahn in Nord-Süd-Richtung vom VEB Autobahnbaukombinat Straßenbau Potsdam
- Flughafen Dresden-Klotzsche, Modernisierung von 1987 bis 1989 vom VEB Autobahnbaukombinat Straßenbau Potsdam
- Erschließungs-, Brückenbau- und Straßenbauarbeiten von 1975 bis 1990 in Ost-Berlin (Thälmannpark), Straßenbau in Berlin-Marzahn, Hohenschönhausen, Hellersdorf, Verkehrslösungen in Berlin-Köpenick, Verkehrslösung Spittelmarkt mit Brücke, Ausbau der Landsberger Chaussee und der Rhinstraße, Brücke über die S-Bahn Berlin Pankow-Heinersdorf „Schwarze Brücke“, Erschließung Nikolaiviertel usw. vom VEB Autobahnbaukombinat, den Betrieben Verkehrsbau Berlin, Brückenbau Dresden, Stahlbrückenbau Könnern, Straßenbau Potsdam und Weimar, Forschung und Projektierung.
Weitere Baustellen:
- Tagebau Rötha, Espenhein, Rekultivierung
- Autobahnbau Leipzig–Dresden
- Abriss altes Panzerwerk in Plauen (bei Plauener Spitze)
- Erdaushub Strassenbahndepot Erfurt (Windischholzhausen)
- Aufbau der Struktur bei Teicha für Autobahnbau A14 Halle–Magdeburg
Weblinks
- dRadio-Sendung zum Autobahnbau in der DDR (Memento vom 21. Februar 2005 im Internet Archive)
Film
- Autobahn Ost, Deutschland 2004, 35 mm, Farbe, 95 Min