Undine (2020)
Undine ist ein deutsch-französischer Spielfilm von Christian Petzold aus dem Jahr 2020. Das Liebesdrama mit Paula Beer und Franz Rogowski in den Hauptrollen orientiert sich an dem Undine-Mythos. Der Regisseur Petzold, der auch das Drehbuch schrieb, verlegte die Sage um die unheilvolle Wasserfrau ins Berlin der Gegenwart. Es handelt sich um den ersten Teil einer geplanten Filmtrilogie über Figuren der deutschen Romantik.
Film | |
---|---|
Originaltitel | Undine |
Produktionsland | Deutschland, Frankreich |
Originalsprache | Deutsch |
Erscheinungsjahr | 2020 |
Länge | 90 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 12 |
Stab | |
Regie | Christian Petzold |
Drehbuch | Christian Petzold |
Produktion | Florian Koerner von Gustorf, Michael Weber |
Kamera | Hans Fromm |
Schnitt | Bettina Böhler |
Besetzung | |
|
Die Uraufführung fand am 23. Februar 2020 im Wettbewerb der 70. Internationalen Filmfestspiele Berlin statt,[1] wo Paula Beer den Silbernen Bären für die beste Darstellerin gewann und später auch den Europäischen Filmpreis erhielt. Der reguläre deutsche Kinostart musste aufgrund der COVID-19-Pandemie mehrfach verschoben werden und wurde auf den 2. Juli 2020 festgesetzt.
Handlung
Berlin, in der Gegenwart: Die promovierte Historikerin Undine arbeitet in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen[2] im Haus am Köllnischen Park und bietet Stadtmodellführungen für deutsche und internationale Gäste an. Als ihr Freund Johannes im Café am Märkischen Museum nahe ihrer Arbeitsstelle die Absicht verkündet, sich von ihr trennen zu wollen, wird die unpersönlich in der Großstadt lebende junge Frau von einem Fluch eingeholt. Undine ist ein Elementargeist[3] und dazu bestimmt, den Verrat ihres Freundes mit dessen Tod zu rächen und ins Wasser zurückzukehren, aus dem sie einst gerufen wurde. Aber Undine wehrt sich gegen diese Bestimmung und will weder ihren Freund töten noch Berlin verlassen.[4]
Durch Zufall macht Undine kurze Zeit später die Bekanntschaft mit Christoph, der als Industrietaucher an Staumauern im Rheinland und im Bergischen Land arbeitet.[2] Undine verliebt sich in ihn, und beide verbringen trotz Fernbeziehung eine glückliche Zeit miteinander. Christoph ist von ihrer Bildung beeindruckt und zeigt ihr seine Welt unter Wasser, die sie schon kennt. Als sie durch Zufall Johannes wiedertrifft, der sich anscheinend in einer unglücklichen Beziehung befindet und Undine zurückerobern möchte, lässt sie ihn abblitzen. Stunden später fragt Christoph sie am Telefon, ob sie damals an dem Tag, als sie sich kennenlernten, auf jemand gewartet habe. Undine verneint dies, auch als Christoph ihr sagte, wenn man sich liebe, solle man sich nicht belügen. Erst später kann Undine dieses eingestehen, doch Christoph gegenüber diesen Fehler nicht ungeschehen machen: Christoph erleidet im Stausee einen Tauchunfall und wird im Krankenhaus für hirntot erklärt. Mit der Anspielung auf das Telefonat gegenüber Christophs Arbeitskollegin Monika sorgt sie für Irritation, da Christoph zum Zeitpunkt des Telefonats bereits verunglückt war. Undine fährt zurück nach Berlin und schleicht sich zum Wohnhaus von Johannes und seiner Freundin, die Besuch von seinen Eltern erwarten. Sie ertränkt ihren früheren Geliebten beim Schwimmtraining im Pool und kehrt Stunden später ins Wasser zurück. Mit der Tötung von Johannes kann Undine den Fluch brechen und Christoph erwacht aus seinem komatösen Zustand. Monate später begibt er sich in Berlin auf die Suche nach ihr. Er kann Undine, die laut einer Kollegin nur freiberuflich tätig war, aber nicht finden.
Zwei Jahre später ist Christoph mit seiner Kollegin Monika liiert, die von ihm ein Kind erwartet. Für einen Arbeitsauftrag kehrt er an den Ort seines früheren Unfalls am Stausee zurück. Bei Schweißarbeiten unter Wasser glaubt er die Hand von Undine an seiner zu spüren und sie zu sehen. Er kann aber über Unterwasseraufnahmen ihre Existenz nicht verifizieren. In der Nacht kehrt er heimlich zum Stausee zurück und sucht nach ihr. Monika folgt ihm und ist schockiert, als sie ihren Geliebten ohne Tauchequipment unter Wasser verschwinden sieht. Tatsächlich findet Christoph Undine und beide halten sich kurz an den Händen. Er verlässt den See und kehrt zu Monika zurück. In der Hand hält er eine kleine Taucherfigur, die er Undine einst geschenkt hatte. Von der Wasseroberfläche aus beobachtet Undine, wie sich Christoph und Monika langsam vom See entfernen.
Hintergrund
Undine ist der erste Teil einer geplanten Trilogie von Petzold, die sich der deutschen Romantik und dabei speziell des Motivs der Elementargeister annehmen soll. In den folgenden Filmen will sich Petzold thematisch Luft- bzw. Erdgeistern widmen.[5]
Für die Hauptrollen wurden Paula Beer und Franz Rogowski verpflichtet, die bereits in Petzolds vorangegangenen Film Transit (2018) tragende Rollen bekleidet hatten. Auch arbeitete der Regisseur erneut mit seinem Stamm-Kameramann Hans Fromm, seiner Stamm-Editorin Bettina Böhler sowie seinen -Produzenten Florian Koerner von Gustorf und Michael Weber zusammen. Undine entstand als ZDF-Kinoproduktion von Schramm Film Koerner & Weber mit der französischen Produktionsfirma Les Films du Losange (Ko-Produzentin ist Margaret Ménégoz), Arte und Arte France Cinéma. Gefördert wurde der Film von der Filmförderungsanstalt (FFA) mit 346.000 Euro[6], vom BKM, Medienboard Berlin-Brandenburg, dem Deutschen Filmförderfonds (DFFF) und der Film- und Medienstiftung NRW (Fördersumme: 180.000 Euro[3]).[4]
Die Dreharbeiten begannen im Juli 2019 und endeten bereits im August. Sie fanden in Berlin und Nordrhein-Westfalen sowie in der Brandenburger Landeshauptstadt Potsdam im Filmstudio Babelsberg statt. Die Unterwasseraufnahmen entstanden dort in Deutschlands größter Anlage für Dreharbeiten über und unter Wasser, dem größten der Wassertanks von Studio Babelsberg.[7][8][9]
Der deutsche Kinostart im Verleih von Piffl Medien war ursprünglich am 26. März 2020 vorgesehen. Nach dem weltweiten Ausbruch der neuartigen Atemwegserkrankung COVID-19 wurde die Veröffentlichung des Films in Deutschland zuerst auf den 11. Juni und dann auf den 2. Juli 2020 verschoben.[10] The Match Factory hat die weltweiten Verwertungsrechte übernommen.[11]
Rezeption
Nach seiner Premiere auf der Berlinale erhielt der Film überwiegend positive Kritiken. Im internationalen Kritikenspiegel der britischen Fachzeitschrift Screen International erhielt Undine 3,1 von vier möglichen Sternen. Damit belegte der Film hinter dem US-amerikanischen Beitrag Niemals Selten Manchmal Immer (3,4 Sterne) und Rizi (3,3) aus Taiwan einen 3. Platz unter allen 18 Berlinale-Wettbewerbsfilmen.[12]
Wenke Husmann sieht in Petzolds Bearbeitung eine „moderne Erzählung“. In ihrer Kritik für Die Zeit schreibt sie, Petzold strebe weniger eine romantische Aufheizung wie bei Ludwig Tieck oder Friedrich de la Motte Fouqué an, sondern einen Perspektivwechsel, wie ihn schon Ingeborg Bachmann in ihrer Erzählung Undine geht vollzog: „Seine Undine will den Fluch brechen, ihr Schicksal selbst bestimmen, nicht mehr morden müssen, sondern gehen können und neu lieben. Sie will nicht mehr länger Phantasma, also Objekt sein, sondern endlich Subjekt werden. ( ... ) Dass, wer will, den Plot auch gesellschaftspolitisch lesen kann, entspricht Petzolds filmischem Realismus und seinem Faible für Erzählungen über Frauen.“[13]
Auszeichnungen
Mit Undine konkurrierte Christian Petzold zum fünften Mal nach 2005, 2007, 2012 und 2018 um den Goldenen Bären, den Hauptpreis des Festivals.[14] Hauptdarstellerin Paula Beer gewann den Silbernen Bären für die beste Darstellerin.[15] Darüber hinaus wurde der Film mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet.[16]
Noch vor seiner Veröffentlichung erhielt Undine auch eine Nominierung für den Fair Film Award 2020 in der Kategorie Spielfilm, hatte aber gegenüber der Polizeiruf-110-Folge Heilig sollt ihr sein das Nachsehen.[17] Bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises 2020 folgten Nominierungen in den Kategorien Bester Spielfilm und Beste Tongestaltung (Andreas Mücke-Niesytka, Martin Steyer, Dominik Schleier, Benjamin Hörbe, Bettina Böhler).[18] Darüber hinaus erhielt Beer den Europäischen Filmpreis 2020 als beste Darstellerin, während der Film eine Nominierung erhielt.[19]
Weblinks
- Profil bei berlinale.de
- Undine bei crew united
- Undine bei filmportal.de
- Undine in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- Undine. In: berlinale.de (abgerufen am 11. Februar 2020).
- Eine Frau befreit sich von ihrem Fluch. In: deutschlandfunkkultur.de, 3. Januar 2020 (abgerufen am 28. Januar 2020).
- Film- und Medienstiftung NRW fördert 21 Projekte mit 8,27 Mio. Euro. In: filmstiftung.de, 17. April 2019 (abgerufen am 28. Januar 2020).
- ZDF dreht Drama „Undine“ mit Paula Beer in der Hauptrolle. In: presseportal.zdf.de, 12. Juli 2019 (abgerufen am 27. Januar 2020).
- Norbert Raffelsiefen: „Schicksale statt Thesen“. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 23. März 2019, Nr. 70, S. 24.
- Neues von Wortmann, Verhoeven und Petzold: FFA vergibt 2,5 Millionen Euro für sechs neue Filmprojekte und drei Drehbücher. In: ffa.de, 11. April 2019 (abgerufen am 28. Januar 2020).
- PNN: Potsdam auf der Berlinale – Oscarverdächtige Handarbeit aus Babelsberg Potsdamer Neueste Nachrichten vom 25. Februar 2020, abgerufen 13. Juni 2021
- epd film: Interview: Paula Beer über ihre Rolle in »Undine« epd-film vom 6. Juli 2020, abgerufen 13. Juni 2021
- Undine bei filmportal.de (abgerufen am 27. Januar 2020).
- Deutsches Presseheft (pdf). In: Piffl Medien. Abgerufen am 11. Februar 2020.
- Dreharbeiten für „Undine“. In: filmstiftung.de, 30. Juli 2019 (abgerufen am 28. Januar 2020).
- Ben Dalton: Eliza Hittman’s ‘Never Rarely Sometimes Always’ finishes top of Screen’s Berlin 2020 jury grid. In: screendaily.com, 29. Februar 2020 (abgerufen am 29. Februar 2020).
- Wenke Husmann: "Undine": Märchenhafte Männermörderin. In: Die Zeit. 24. Februar 2020, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 25. Februar 2020]).
- Der Wettbewerb der 70. Berlinale und abschließende Auswahl des Berlinale Special. In: berlinale.de, 29. Januar 2020 (abgerufen am 29. Januar 2020).
- Die Preise der Internationalen Jury 2020. In: berlinale.de. Abgerufen am 1. März 2020.
- Preise von unabhängigen Jurys. In: berlinale.de, 29. Februar 2020 (abgerufen am 29. Februar 2020).
- Oliver Zenglein: Die Gewinner*innen des „Fair Film Award Fiction“ . In: out-takes.de, 20. Februar 2020 (abgerufen am 11. März 2020).
- Nominierungen 2020. In: deutscher-filmpreis.de (abgerufen am 11. März 2020).
- Nominations for the European Film Awards 2020. In: europeanfilmacademy.org, 10. November 2020 (abgerufen am 10. November 2020).