U 300
U 300 war ein deutsches U-Boot des Typs VII C, das im Zweiten Weltkrieg von der Kriegsmarine eingesetzt wurde. Es versenkte auf seiner zweiten Unternehmung am 10. November 1944 den britischen Tanker Shirvan mit 6017 BRT und 18 Toten sowie das isländische Frachtschiff Godafoss mit 1542 BRT und 25 Toten, darunter 4 Kindern. Später beschädigte es zwei Schiffe, eines davon irreparabel und mit einem Verlust von 7 Menschenleben. Auf seiner dritten Feindfahrt wurde das U-Boot von zwei britischen Minensuchbooten schwer beschädigt und vor Quarteira am 22. Februar 1945 selbstversenkt. 9 Mann[1] der Besatzung, darunter der Kommandant, kamen an diesem Tag durch den Beschuss ums Leben, während 41 in britische Kriegsgefangenschaft gerieten. Einer von diesen starb knapp zwei Monate später in Gefangenschaft.
U 300 (vorheriges/nächstes – alle U-Boote) | |
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Typ: | VII C |
Feldpostnummer: | M - 05 631 |
Werft: | Vegesacker Werft, Bremen |
Bauauftrag: | 23. März 1942 |
Baunummer: | 065 |
Kiellegung: | 9. April 1943 |
Stapellauf: | 23. November 1943 |
Indienststellung: | 29. Dezember 1943 |
Kommandanten: |
29. Dezember 1943 bis 2. Februar 1945 |
Einsätze: | 3 Unternehmungen |
Versenkungen: |
2 Handelsschiffe (7559 BRT, 43 Tote); |
Verbleib: | am 22. Februar 1945 nach schwerer Beschädigung selbstversenkt (9 Tote, 41 Kriegsgefangene, davon einer nach 4 Wochen gestorben) |
Geschichte
Der Bauauftrag ging am 23. März 1942 an die Vegesacker Werft in Bremen. Die Kiellegung erfolgte am 9. April 1943, der Stapellauf am 23. November 1943. Das Boot wurde am 29. Dezember 1943 unter Oberleutnant zur See Fritz Hein in Dienst gestellt, der das Boot bis zum Untergang am 22. Februar 1945 befehligte. Das Boot hatte die Feldpostnummer 05631.
Nach der Ausbildungszeit bis zum 31. Juli 1944 bei der 8. U-Flottille in Danzig gehörte U 300 zunächst zur 7. U-Flottille in St. Nazaire (Frankreich)[2] und dann ab dem 1. Oktober 1944 zur 11. U-Flottille in Bergen (Norwegen).
Die erste Einsatzfahrt begann am 13. Juli 1944 in Kiel, ging mit einem Zwischenstopp in Horten am 15. – 18. Juli in den Nordatlantik südlich von Island, und endete am 17. August 1944 in Trondheim. Die zweite Einsatzfahrt begann am 4. Oktober 1944 in Trondheim, führte wiederum in das Seegebiet südlich von Island und endete am 2. Dezember 1944 in Stavanger. Auf dieser Fahrt versenkte das Boot am 10. November aus dem Geleitzug UR-142 den isländischen Frachter Godafoss (1542 BRT) und den britischen Tanker Shirvan (6017 BRT).[3]
Die dritte Einsatzfahrt wurde die letzte des Bootes. Nach dem Auslaufen aus Stavanger am 21. Januar 1945 befand sich U 300 nach einigen Tagen am westlichen Ausgang des Ärmelkanals. Hier entschloss sich der Kommandant, in das Gebiet vor Gibraltar zu fahren, bat per Funk um Genehmigung und erhielt Befehl, bis spätestens zum 16. Februar die Straße von Gibraltar zu erreichen, um dort einen am 17. Februar erwarteten Geleitzug anzugreifen.
Am 16. Februar 1945 wurde die Straße von Gibraltar erreicht, und am 17. Februar waren Horchgeräusche zu hören, als der gemeldete Geleitzug UGS-72 heranlief. Gegen 11:00 Uhr gelang es Hein, in den Konvoi einzudringen und je zwei Torpedos auf den amerikanischen Frachter Michael J. Stone (7.176 BRT) und den britischen Tanker Regent Lion (9.551 BRT) zu schießen.[3] Nach dem Angriff ging U 300 auf Tiefe und zog sich westwärts zurück. Die Michael J. Stone konnte beschädigt im Konvoi weiterlaufen, während die Regent Lion so schwer beschädigt war, dass sie nach Tanger eingeschleppt und als Totalverlust außer Dienst gestellt werden musste.
Am 18. Februar 1945 ließ Hein die leergeschossenen Bugrohre nachladen. Danach näherte er sich erneut der Straße von Gibraltar. Während der Fahrt entlang der nordafrikanischen Küste waren im Horchgerät keine Schraubengeräusche zu vernehmen. Hein wollte nun versuchen, ins Mittelmeer einzudringen. Das Boot fuhr in 40 Meter Tiefe. Sehr plötzlich waren Schraubengeräusche zu hören, und nur Minuten später wurde U 300 von der britischen Minenräumyacht HMS Evadne mit fünf Wasserbomben belegt und schwer getroffen. Danach verloren sich die Schraubengeräusche, und es erfolgte auch keine weitere Verfolgung, sodass der Kommandant meinte, die Wasserbomben seien lediglich auf Verdacht geworfen worden.
U 300 ging auf Tiefe und stieß bei etwa 180 Metern auf Grund. Das Boot hatte schwere Beschädigungen erlitten. Unter anderem war die Bugtorpedoanlage nicht mehr verwendungsfähig, das Sehrohr und andere Geräte waren stark beschädigt, und das Boot verlor Öl. Es gelang zwar, den Riss im Druckkörper zu schweißen, doch konnte das Boot bestenfalls noch in einer Tauchtiefe von 20 bis 30 Metern fahren. Da die Schnorchelanlage noch in Ordnung war, unternahm Hein den Versuch, vielleicht doch noch die Heimat zu erreichen. An der afrikanischen Küste entlang fuhr das Boot wieder atlantikwärts der portugiesischen Küste entgegen.
Am 21. Februar 1945 waren vermehrt Maschinen- und Schraubengeräusche zu hören. Wahrscheinlich aufgrund des defekten Sehrohrs wurde U 300 von einer Sicherungsgruppe eines LST-Konvois entdeckt und von den britischen Minensuchbooten HMS Recruit und HMS Pincher mit Wasserbomben angegriffen. Hein versuchte noch, einen akustischen T-5-„Zaunkönig“-Torpedo zu schießen, doch auch das Heckrohr war defekt. Inzwischen war der 22. Februar 1945 angebrochen. Da U 300 kaum noch fahrtüchtig war, gab Hein – westlich von Cádiz vor dem Kap Sankt Vinzenz auf Position 36° 29′ 0″ N, 8° 20′ 0″ W – den Befehl zum Auftauchen und zur Selbstversenkung des Bootes, um der Besatzung die Möglichkeit zu geben, sich zu retten. Wegen der schweren Beschädigungen gab es jedoch bei der Selbstversenkung große Schwierigkeiten, und das Boot blieb länger als vorgesehen an der Wasseroberfläche. Dies kostete Hein und weiteren acht Mann der Besatzung durch britischen Artillerie- und MG-Beschuss das Leben. Die restlichen 41 Mann wurden von HMS Recruit und HMS Pincher gerettet und kamen so in britische Kriegsgefangenschaft. Der Oberleutnant zur See Otto Karl Blum starb knapp zwei Monate später in Gefangenschaft.
Literatur
- Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 1: Die deutschen U-Boot-Kommandanten. Geleitwort von Prof. Dr. Jürgen Rohwer, Mitglied des Präsidiums der Internationalen Kommission für Militärgeschichte. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg/Berlin/Bonn 1996, S. 58, 95, 263. ISBN 3-8132-0490-1.
- Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 2: U-Boot-Bau auf deutschen Werften. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg/Berlin/Bonn 1997, S. 138, 220. ISBN 3-8132-0512-6.
- Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 3: Die deutschen U-Boot-Erfolge von September 1939 bis Mai 1945. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg/Berlin/Bonn 2008, S. 166. ISBN 978-3-8132-0513-8.
- Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 4: Die deutschen U-Boot-Verluste von September 1939 bis Mai 1945. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg/Berlin/Bonn 2008, S. 379. ISBN 978-3-8132-0514-5.
- Erich Gröner, Dieter Jung, Martin Maas: Die deutschen Kriegsschiffe 1815–1945. Band 3: U-Boote, Hilfskreuzer, Minenschiffe, Netzleger. Bernhard & Graefe Verlag, München 1985, ISBN 3-7637-4802-4.
- Clay Blair: Der U-Boot-Krieg – Die Gejagten 1942–1945. Heyne Verlag, 1999. S. 735. ISBN 3-4531-6059-2.
Weblinks
- Deutsche U-Boote 1935–1945, U 300, Ubootarchiv.de
- U-300, Uboat.net
- U-300. Bei u-boot-archiv.de.
Anmerkungen und Einzelnachweise
- Heikendorf (Möltenort), Landkreis Plön, Schleswig-Holstein: U-Boot-Ehrenmal Möltenort, U-300, Typ VIIC/41, 11. U-Flottille, Bergen, Frontboot. Onlineprojekt Gefallenendenkmäler
- Die Boote der 7. U-Flottille verließen St. Nazaire im August und September 1944 und verlegten nach Norwegen, U 300 war daher nie in St. Nazaire stationiert.
- Ships hit by U-300. Bei uboat.net.