Straßenbahn Meißen
Die Straßenbahn Meißen war eine Straßenbahn in der sächsischen Stadt Meißen und bediente von 1899 bis 1936 den Personen- und von 1900 bis 1967 den Güterverkehr in der Stadt.
Am Ende des 19. Jahrhunderts zählte die Kreisstadt an der Elbe rund 30.000 Einwohner. Somit schien die Einrichtung eines innerstädtischen Verkehrsmittels angebracht, zumal der Bahnhof Meißen gegenüber der Altstadt auf dem rechten Elbufer liegt.
Personenverkehr
Die Stadt schloss am 2. Juni 1898 einen Vertrag mit der Credit- und Sparbank in Leipzig, der Union-Elektricitäts-Gesellschaft in Berlin und einem Kaufmann über den Bau einer Straßenbahn und eines Elektrizitätswerks in Meißen. Dieses Konsortium gründete am 12. Mai 1900 die Meißener Straßenbahn AG. Bereits am 13. Dezember 1899 konnte auf der 4,6 Kilometer langen eingleisigen und meterspurigen Strecke der Personenverkehr eröffnet werden. Sie begann am Staatsbahnhof in Cölln und überquerte die Elbe zur Altstadt hin; sie folgte dann der Neugasse, der Talstraße und der Jacobistraße nach Westen bis zur Endstation am Buschbad, nahe der Triebisch.
Die Reisezeit über die Gesamtstrecke betrug 23 Minuten, wobei anfangs ein Zwölf-Minuten-Takt angeboten wurde. Später begann am Bahnhof alle 20 Minuten ein Kurs zum Buschbad, dazwischen gab es Fahrten, die an der Jaspisstraße in Triebischtal endeten.
Mit Beginn des Jahres 1917 veräußerte die Meißener Straßenbahn AG den Betrieb an die Stadt Meißen. Damals waren für den Personenverkehr acht Triebwagen und fünf Beiwagen vorhanden, die nach dem Ersten Weltkrieg noch um zwei Triebwagen und drei Beiwagen erweitert wurden.
Güterverkehr
Am 20. September 1900 begann die Straßenbahngesellschaft auch mit der Güterbeförderung, für die vier Elektrolokomotiven und 48 Rollböcke beschafft wurden. Das Gütergleis begann am fiskalischen Elbkai unterhalb des Meißner Domes und führte am rechten Triebischufer über Poststraße und Neumarkt talaufwärts, querte den Fluss erneut und mündete in die Strecke des Personenverkehrs ein, von der mehrere Anschlussgleise abzweigten, beispielsweise zum Gaswerk. An der Jaspisstraße zweigte die Güterbahn zum Bahnhof der Straßenbahn ab, wo Anschluss zur Staatsbahn bestand. Ab 20. Juni 1913 fuhren Güterzüge von dort durch die Altstadt auch auf das rechte Elbufer und nutzten eine neue Übergabemöglichkeit an die Staatsbahn in der Nähe des „Hauptbahnhofs“. Auf dieser Strecke durften aber keine Rollböcke benutzt werden; daher wurden bis zu vier eigene Güterwagen an eine Lokomotive angehängt.
Einschränkungen und Einstellung des Verkehrs
Ab 1. Oktober 1929 verpachtete die Stadt den Straßenbahnbetrieb für 15 Jahre an den Elektrizitätsverband Gröba. In der Folgezeit wurde das Gütergleis zum Elbkai stillgelegt; die Güterzüge endeten nun am Hahnemannplatz in der Triebischvorstadt. Aber auch der Personenverkehr wurde erheblich reduziert. Nachdem die alte Elbbrücke 1934 abgebrochen worden war, endete die Straßenbahn am linken Ufer in der Elbstraße. Auch nach dem Neubau der Altstadtbrücke erhielt sie keine Genehmigung, diese zu benutzen, und konnte nun den Bahnhof nicht mehr erreichen. Folglich endete der Straßenbahnpersonenverkehr am 1. März 1936. Er wurde nun ausschließlich mit Omnibussen bedient, die – nach einem Probebetrieb im Jahr 1906 – schon seit dem 23. Februar 1928 von der Städtischen Straßenbahn zusätzlich eingesetzt worden waren. Dafür waren zwölf Fahrzeuge vorhanden.
Der Güterverkehr blieb – über den Zweiten Weltkrieg hinaus – noch drei Jahrzehnte in Betrieb. In den 1950er Jahren beförderte die Bahn noch jährlich fast 6000 Eisenbahnwagen in der Stadt. Dieser Betrieb wurde am 31. Dezember 1967 eingestellt.
Die Güterlokomotive Nummer 3 blieb zunächst im Verkehrsmuseum Dresden erhalten, außerdem ein Güterwagen, der über die Inselbahn Langeoog (Nummer 19) nach Thüringen zum Verein Hirzbergbahn gelangte. Der Triebwagen Nummer 1 wurde von einem Privatgrundstück in Keilbusch geborgen und verkehrt heute als Pferdebahnwagen Nummer 1 bei der Straßenbahn Döbeln. In Keilbusch steht auf demselben Grundstück noch der Beiwagen Nummer 14.[1] Auch einige zweiachsige Güterwagen sollen noch bei norddeutschen Museumseisenbahnen vorhanden sein, wobei nicht überliefert ist, ob diese tatsächlich aus Meißen stammen oder es sich lediglich um Fahrzeuge aus demselben Baulos handelt. Am 27. Juni 2012 wurde mit der Auflösung der Nahverkehrsausstellung im Verkehrsmuseum Dresden die Güterlokomotive Nummer 3 in das ehemalige Straßenbahndepot an der Meißener Jaspisstraße überführt, dem heutigen Bauhof der Stadt Meißen, wo sie an bestimmten Tagen im Jahr besichtigt werden kann.
Sichtbar erhalten sind noch die Gleisanlagen in der ehemaligen Kunstmühle Heinrich Reich in Triebischtal. Bei Straßenbaumaßnahmen in der Talstraße beziehungsweise der Ossietzkystraße können auch heute noch Straßenbahnschienen gesichtet werden. Außerdem existieren an einigen unsanierten Häusern noch Oberleitungsrosetten.
Trivia
Für die Personenstraßenbahn wurden nach dem Ersten Weltkrieg kurzfristig zwei Münzen aus Porzellan ausgegeben. Anfang 1921 fertigte die Porzellanmanufaktur Meissen die 30- und 50-Pfennigstücke an. In der Stadtverwaltung hieß es, dass es kein Notgeld, sondern Straßenbahngeld sei. Eingeführt wurden die Stücke offiziell mit einer Ankündigung im „Meißner Tageblatt“ vom 5. Mai 1921. Zur Benutzung der Meißner Straßenbahn akzeptierte man aber nur die beiden Stücke aus weißem Biskuitporzellan. Die motivgleichen Stücke aus Böttgersteinzeug waren dagegen Erwerbslosengeld. Die Münzentwürfe stammen von Emil Paul Börner. Beide Münzen kamen schnell in Sammlerhände und verschwanden so aus dem Umlauf.
Literatur
- Die Straßenbahnen in der DDR. Berlin 1978, ISBN 3-87943-625-8.
- Ludger Kenning: Schmalspurbahnen um Mügeln und Wilsdruff. Verlag Kenning, Nordhorn 2000, ISBN 3-933613-29-9