St. Peter und Paul (Lindenberg im Allgäu)
Die katholische Stadtpfarrkirche[1] St. Peter und Paul in Lindenberg im Allgäu im bayerischen Landkreis Lindau (Bodensee) ist ein neubarocker Bau aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Die unter Denkmalschutz stehende Kirche wird auch als Westallgäuer Dom bezeichnet.[2]
Geschichte
Der Bevölkerungszuwachs der Stadt Lindenberg hatte am Ende des 19. Jahrhunderts zur Folge, dass mehrere Einrichtungen – darunter auch die Kirche – zu klein wurden. Der Kaufmann Christian Mayer regte in dieser Zeit die Gründung eines Kirchenvereins an, welcher 1885 unter Pfarrer Franz Eberle gegründet wurde. Durch regelmäßige Beiträge und auch gezielte Sammlungen wurde der finanzielle Grundstock für einen Kirchenneubau gelegt. Die Lage der Kirche wurde ab 1896 diskutiert, und man entschloss sich schließlich, die Kirche an der Goethestraße 3 zu errichten. Die Lage der Kirche wurde durch ein Gutachten des Regierungspräsidenten und des bischöflichen Ordinariats in Augsburg festgelegt.
Erste Planskizzen für die neue Kirche waren bereits 1901 vorhanden. Zur Ausführung gelangte der neubarocke Kirchenbau des Münchner Architekten Franz Rank, Baumeister war der aus Lindenberg stammende Josef Bilger. Geleitet wurde der Bau durch den Architekten Brachinger. Am Feiertag Mariä Geburt des Jahres 1912 erfolgte die Grundsteinlegung durch den Stadtpfarrer Johannes Egger. Eingeweiht wurde der fertige Kirchenbau am 14. Mai 1914 durch Bischof Maximilian von Lingg. Die Baukosten für die neue Kirche betrugen rund 600.000 Mark.
Die Pfarrei St. Petrus und Paulus bildet seit dem 1. September 2016 mit den Pfarreien Scheidegg und Scheffau die Pfarreiengemeinschaft Pfänderrücken im Dekanat Lindau (Bistum Augsburg).
Baubeschreibung
Die Schaufront der Stadtpfarrkirche wird durch beide Türme mit konvex ausschwingendem Mittelteil gebildet. Um die Kirche verläuft eine tonnengewölbte Umgangshalle mit Pfeilerkolonnaden. Die mit einem Pultdach gedeckte Umgangshalle zeigt am Tonnengewölbe im Eingang ein Relief mit Petrus als Menschenfischer. Rechts und links mündet die Umgangshalle in Rundbauten mit Zeltdach. Der Mittelteil zwischen den Säulen mit seinen acht Fenstern ist durch Kolossalpilaster mit ionischen Kapitellen gegliedert. Im bekrönenden Volutengiebel befindet sich ein abgesetztes, weißes Relief mit der Darstellung einer Monstranz und zwei seitlich knienden Engeln. Das Untergeschoss der beiden Kirchtürme besitzt ausbuchtende Wandflächen und ist mit Kolossalpilastern gegliedert. Das Zwischengeschoss, welches sich darüber erhebt, enthält übereckgestellte Kolossalpilaster und verkröpftes Gebälk. Die acht Fenster je Kirchturm heben sich mit dem Gewände weiß vom grauen Putz ab. An beiden Turmfronten ist am oberen Fenster ein Balkon vorhanden. Abgeschlossen werden die Türme mit einer welschen Haube. Die in Voluten auslaufenden Hauben besitzen ein Ziffernblatt und werden mit einem Papstkreuz an der Spitze bekrönt.
Die Wände der Seitenschiffe sind durch Pfeiler gegliedert, deren dazwischenliegende Wandelemente konvex ausgebogen sind. Der Zugang zur Kirche erfolgt sowohl durch ein Portal an der Süd- wie an der Nordseite. Die Überleitung zur Wand des Hochschiffes mit Ochsenaugen erfolgt über ein Pultdach auf den Seitenschiffen. Das Mittelschiff selbst ist mit einem Satteldach gedeckt und besitzt kleine Dachgauben. Oberhalb des Chores erhebt sich die Tambourkuppel auf einem oktogonalen Grundriss, welcher mit Pilaster gegliedert ist. Auf dem Zwiebelhelm der Kuppel ist eine Figur des Apostels Petrus angebracht. Die Seitenschiffe enden auf beiden Seiten auf der Höhe des Chores in einem runden Anbau mit kleineren Tambourkuppeln. Die Sakristei gleicht in ihrer äußeren Form einer Umgangshalle und umläuft den Chor und verbindet dadurch die beiden Seitenanbauten. Sie enthält große Segmentbogenfenster und ist mit einem Pultdach gedeckt.
Die äußere Länge des Kirchenbaus beträgt ohne Vorbauten 74,15 m, die innere Länge 66,8 m. Das Gebäude weist eine äußere Breite von 28,6 m auf und besitzt eine Firsthöhe von 19,25 m. Die Turmhöhe beträgt 55 m, die Höhe der Kuppel ohne Figur 38 m. Die Kirche verfügt über 1200 Sitz- bzw. 1800 Stehplätze.
Ausstattung
Der Hochaltar besteht aus einem Aufbau mit jeweils zwei flankierenden Säulen mit ionischen Kapitellen. Diese begrenzen das Altarblatt mit der Darstellung von Christi Auferstehung, einem Werk von Julius Exter aus dem Jahr 1914. Der Tabernakel zwischen Altarmensa und Altarblatt wird mit der Figur eines Pelikans geschmückt. An den Seiten des Tabernakels befinden sich Reliefdarstellungen mit den vier Evangelistensymbolen. Über den Reliefdarstellungen erheben sich die Figuren der Kirchenpatrone Petrus auf der rechten und Paulus auf der linken Seite. Beide Figuren wurden von der Firma Lang sel. Erben in Oberammergau gefertigt. Die blütenumkränzten Säulen tragen das Gebälk mit musizierenden Engeln. Der Altaraufbau wird durch eine Darstellung einer Schutzmantelmadonna bekrönt. In den beiden Blendarkaden neben dem Hochaltar befinden sich Figuren des Salvator Mundi (links) und der Muttergottes (rechts).
Die Vorlagen für die Glasfenster der beiden Seitenschiffe wurden 1913 von Julius Exter gefertigt. Die Fenster zeigen Darstellungen der Geburt Christi und der Kreuzigung Christi. Sie bilden quasi den Altaraufbau der Seitenaltäre, die mit ihren Formen klassizistisch angelehnt und Maria und Josef gewidmet sind. Josef Eggle aus Aulendorf schuf beide Seitenaltäre und glich diese in ihrem Aufbau an den Hochaltar an. Die Figuren der heiligen Maria und des heiligen Josef wurden 1961 von Bildhauer Zwinck geschaffen.
Der Schalldeckel der Kanzel zeigt umlaufend in hochovalen Medaillons Darstellungen der Kirchenväter. Dazwischen sind Putten angebracht, welche liturgische Geräte in Händen halten. Bekrönt wird der Schalldeckel mit einer Figur des Christus als Sämann. Der Kanzelkorb ist mit Kassettenfeldern versehen, die mit Rosetten und Fruchtgirlanden geschmückt sind.
Das Kruzifix gegenüber der Kanzel am dritten Pfeiler des Langhauses stammt von Paul Keck und erinnert an die Mission der Jahre 1952 und 1985. Die Apostelfiguren wurden von dem aus Wangen stammenden Bildhauer Balthasar Krinner im Jahr 1684 geschaffen und wurden aus der ehemaligen Barockkirche St. Martin aus Wangen überführt. Gefasst wurden die Figuren 1765/1766 für 100 fl. vom Maler Andreas König aus Wangen.
Eine lebensgroße Figur des Ecce Homo ist am rechten Chorbogenpfeiler aufgestellt. Die Figur mit einer Größe von 163 cm stammt aus der Aureliuskirche und trägt einen später hinzugefügten Purpurmantel und Schilfrohr. Gefertigt wurde die Figur aus Lindenholz und wird dem Bildhauer Christoph Daniel Schenck zugeschrieben. Kreuzwegstationen, ausgeführt als gefasste Holzreliefs, befinden sich in den konkaven Ausbuchtungen der Seitenschiffe. Diese stammen von Heinz Schiestl aus Würzburg und wurden 1926 vollendet. Die Umrahmungen der Reliefs gleichen Portalarchitekturen.
Obwohl von Anfang an eine Ausmalung der Kirche vorgesehen gewesen war, konnten das Deckenbild im Langhaus und einige andere Malereien erst im Jahr 1961 ausgeführt werden. Die Gemälde stammen von dem regionalen Künstler Paul Keck.[3]
Orgel
Die Orgel der Stadtpfarrkirche befindet sich auf der Empore über dem Eingangsportal. Sie ist ein Werk des Orgelbaumeisters Josef Zeilhuber sen. aus Altstädten. Das im Jahr 1934 gebaute Instrument mit elektro-pneumatischen Kegelladen erhielt einen 87-%-Zinnprospekt auf einer Fläche von 70 bis 80 m2. Es verfügt über 53 Register, die auf drei Manuale und Pedal verteilt sind. Im Jahr 1959 wurde es um eine 32′ Tuba im Pedal erweitert.[4] Die Disposition lautet wie folgt:[5]
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- Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Superoktavkoppeln: II, II/I, III, III/I, III/P
- Suboktavkoppeln: II/I, III/I
- Spielhilfen: 2 freie Kombinationen, Automatisches Pianopedal für II und III, Tutti, Zungen ab, Einzelzungenabsteller, Walze, Crescendo ab, Handregister ab, Oktavkoppeln ab
Glocken
In beiden Kirchtürmen sind insgesamt sieben Bronzeglocken untergebracht. Die Glocken erklingen in der Tonfolge g°-a°-c'-d'-e'-g'-a'. Sie wurden in der Glockengießerei Petit & Edelbrock in Gescher gegossen. Die Glocken wurden alle 1948 gegossen; Glocke I sprang jedoch 1996 und wurde durch einen Neuguss von Petit & Edelbrock ersetzt. Alle Glocken wiegen zusammen 18 Tonnen.
Literatur
- Kath. Pfarramt St. Peter und Paul, Lindenberg/Allgäu (Hrsg.): Kath. Kirchen Lindenberg / Allg. Kunstverlag Peda, Passau 1996, ISBN 3-89643-014-9, S. 15–30.
Weblinks
Einzelnachweise
- Bistum Augsburg
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Eintragung D-7-76-117-1.
- Ulrike Steiner, Keck kann das nie!, in: Andreas Tacke (Hrsg.): Herbst des Barock, München/Berlin 1998, ISBN 3-422-06229-7, S. 261–290
- Historisches Abnahmegutachten der Zeilhuber-Orgel (1934) (Memento des Originals vom 24. April 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , allgaeuer-orgelbau.jimdo.com, abgerufen am 23. April 2017.
- Orgel in Lindenberg, abgerufen am 24. April 2017.