Spirobolida
Die Spirobolida sind eine Ordnung der zu den Tausendfüßern gehörenden Doppelfüßer mit über 500 bekannten Arten. Manchmal ist auch von etwa 1200 Arten die Rede. Damit gehören die Spirobolida zu den artenreichsten Doppelfüßer-Ordnungen. Die Ordnung ist überwiegend tropisch und subtropisch verbreitet und findet sich in Amerika, Afrika südlich der Sahara und von Süd- und Südostasien bis Australien und verschiedenen pazifischen Inseln. Viele Arten sind beliebte Terrarientiere. Umgangssprachlich werden meist Vertreter der Spirobolida, der Schnurfüßer oder der Spirostreptida gemeint, wenn von Tausendfüßern die Rede ist.
Spirobolida | ||||||||||||
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Trigoniulus corallinus | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Spirobolida | ||||||||||||
Cook, 1895 |
Merkmale
Die Spirobolida sind typisch für die Überordnung Juliformia von einer wurmförmigen, zylindrischen und glatten Körpergestalt. Der Körper besteht aus 35–60 Körperringen, die Körperlänge kann bei manchen Arten der Familie Rhinocricidae bis zu 20 cm betragen. Einige Arten fallen durch eine bunte Färbung auf. Außerdem verfügen die Spirobolida über Wehrdrüsen, mit denen sie Benzochinone und Hydrochinone absondern können. Am großen, runden Kopf befinden sich meistens Ommatidien. Ein Tömösvárysches Organ fehlt. Die mediane Naht am Kopf ist bis auf das Labrum erweitert, dieses Merkmal stellt eine Apomorphie der Spirobolida dar. Eine dorsale Rille („dorsal groove“) fehlt, ebenso sind keine Seitenflügel (Paranota, Paraterga) vorhanden. Das achte und neunte Beinpaar der Männchen (7. Körperring) ist zu Gonopoden umgewandelt, wobei das Gonopodium des neunten Beinpaares der Spermaübertragung dient (im Gegensatz dazu dient bei den ähnlichen Spirostreptida das achte Beinpaar der Spermaübertragung). Das Gonopodium des achten Beinpaares ist zu einer einzigen plattenartigen Struktur verschmolzen. Die Gonopoden werden meist in Taschen im Körper getragen, sie ragen nur bei der Unterordnung Trigoniulidea frei heraus. Die Pleurite der Spirobolida sind knapp oberhalb der Beine erkennbar. Als Unterscheidungsmerkmal zu den Spirostreptida können die anterioren Beine genutzt werden: Bei den Spirobolida tragen die ersten 5 Körperringe (Collum + 4 „klassische“ Körperringe) je ein Beinpaar, die nachfolgenden Körperringe zwei Beinpaare.[1][2]
Verbreitung
Im Gegensatz zu den hauptsächlich auf der Nordhalbkugel verbreiteten Schnurfüßern sind die nahe verwandten Spirobolida und Spirostreptida vornehmlich tropisch und subtropisch verbreitet. Das Verbreitungsgebiet der Spirobolida reicht in Amerika vom südlichen Kanada bis Argentinien, in Afrika findet sich die Ordnung nur südlich der Sahara und in Australasien ist sie von Indien und China bis Australien, die Salomonen und zahlreiche pazifische Inseln vertreten. Der größte Teil der Familien findet sich vom südlichen Nordamerika bis Mittelamerika.[3][4] Eingeschleppt finden sich manche Vertreter aber auch auf weiteren tropischen Inseln und teilweise auch in Europa oder Japan, wie Paraspirobolus lucifugus. In Europa werden einige Arten zwar gerne in Terrarien gehalten, können sich aber im Freiland nicht halten.
Verbreitung der einzelnen Familien
Die Familie Allopocockiidae ist von den südlichsten Teilen von Texas bis El Salvador verbreitet. Die Familie Atopetholidae lebt vom Süden Kaliforniens, Südwesten Utahs und Süden Texas' bis Guatemala. Die Familie Hoffmanobolida ist aus Oaxaca in Mexiko bekannt. Die Familie Messicobolidae ist von Nuevo León in Mexiko bis El Salvador verbreitet. Die Familie Pachybolidae lebt im zentralen südlichen Afrika, auf Madagaskar und von Indien inklusive Sri Lanka bis Borneo und im Falle der ehemaligen Familie Trigoniulidae bis Australien und auf die Salomonen. Die Familie Pseudospirobolellidae ist aus Thailand sowie im Falle einer Art von diversen pazifischen Inseln bekannt. Die Familie Rhinocricidae ist auf den Westindischen Inseln, vom Süden Mexikos bis Argentinien und Brasilien sowie von den Philippinen über Südostasien bis Australien und die Fidschi-Inseln verbreitet. Die Familie Spirobolellidae lebt auf den Großen Antillen exklusive Jamaika bis Panama und das nördliche Südamerika sowie in Südostasien, Ostaustralien und diversen pazifischen Inseln. Die Familie Spirobolidae lebt im östlichen Nordamerika von Quebec bis Florida und im westlichen Nordamerika von Washington bis Utah und Baja California sowie weiter Richtung Süden bis Guatemala. Zudem kommt die Familie in China und Taiwan vor. Die Familie Typhlobolellidae lebt im östlichen und zentralen Mexiko, genauer in Tamaulipas, Morelos, Puebla und Veracruz.[3]
Aus Australien sind 35 Arten beschrieben worden.
Lebensweise
Die Eiablage erfolgt im Boden oder Detritus. Gonopoden werden erst nach mehreren Larvenstadien ausgebildet. Die Häutungen mit einem Zuwachs der Körperringe werden auch im adulten Stadium fortgeführt, die Lebenserwartung kann mehrere Jahre betragen.
Die Ernährung besteht vor allem aus sich zersetzendem Pflanzenmaterial, wie Laubstreu oder Totholz. In der Terrarienhaltung wird häufig auch Gemüse verfüttert.
In ihren natürlichen Habitaten finden sich die Tiere meist unter Totholz oder in der Laubstreu und bevorzugen feuchte Lebensräume.
Äußere Systematik
Die Ordnung Spirobolida gehört zur Überordnung Juliformia innerhalb der Teilordnung Eugnatha. Diese gehört wiederum zur Infraklasse Helminthomorpha innerhalb der Klasse Diplopoda. Das folgende Kladogramm gibt eine Übersicht über die äußere Systematik innerhalb der Doppelfüßer, einer traditionellen Einordnung folgend:[5]
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Innere Systematik
Zur Ordnung Spirobolida gehören 3 Unterordnungen mit 10 Familien, über 110 Gattungen und über 500 Arten. Die Anzahl der Familien, Gattungen und Arten kann dabei je nach Autor und taxonomischem Werk etwas abweichen. Vermutlich existieren noch zahlreiche unbeschriebene Arten, so dass die tatsächliche Artenzahl höher liegt. Neuere Werke sprechen manchmal auch von etwa 1200 bekannten Arten.[5][6]
- Unterordnung Rhinocricidea Brölemann, 1913
- Rhinocricidae – 16 Gattungen, 110 Arten
- Spirobolida incertae sedis
- Amblybolus – 1 Art
- Banosolus – 1 Art
- Unterordnung Spirobolidea Cook, 1895
- Allopocockiidae – 5 Gattungen, 10 Arten
- Atopetholidae – 14 Gattungen, 45 Arten
- Hoffmanobolidae – 1 Gattung, 1 Art
- Messicobolidae – 2 Gattungen, 27 Arten
- Pseudospirobolellidae – 3 Gattungen, 15 Arten
- Spirobolellidae – 8 Gattungen, 90 Arten
- Spirobolidae – 6 Gattungen, 22 Arten
- Typhlobolellidae – 4 Gattungen, 5 Arten
- Unterordnung Trigoniulidea Brölemann, 1913
- Pachybolidae – über 50 Gattungen, etwa 200 Arten
Die ehemalige Familie Floridobolidae wird mittlerweile der Familie Spirobolidae zugeordnet. Gleichsam verhält es sich mit der ehemaligen Familie Trigoniulidae, die mittlerweile der Familie Pachybolidae zugeordnet wird.
Arten in der Terrarienhaltung (Auswahl)
Viele Arten in der Terrarienhaltung werden bei den Händlern unter veralteten Synonymen angeboten. Beliebte Arten für die Terrarienhaltung sind unter anderem:
- Acladocricus sp.
- Anadenobolus monilicornis
- Aphistogoniulus hova
- Atopochetus caudulanus
- Atopochetus dollfusii
- Atopochetus spinimargo
- Atopochetus uncinatus
- Aulacobolus sp.
- Benoitolus siamensis
- Centrobolus sp.
- Centrobolus splendidus
- Litostrophus sp.
- Narceus americanus
- Pachybolus excisus
- Pachybolus ligulatus
- Rhinocricus sp.
- Spirobolus sp.
- Spirobolus walkeri
- Trigoniulus corallinus
Weblinks
- Spirobolida. In: Lucid Key Server. Abgerufen am 18. Dezember 2021 (englisch).
Einzelnachweise
- Diagnostic Features of Millipede Orders (PDF). Milli-PEET, Identification Table 1. The Field Museum, Chicago. Abgerufen am 17. Dezember 2021.
- Putative apomorphies of millipede clades (PDF). Milli-PEET, The Field Museum, Chicago. Abgerufen am 17. Dezember 2021.
- Geographic distribution of Millipede Families (PDF). Milli-PEET: Biogeography of Millipede Families, Identification Table 3. The Field Museum, Chicago. Abgerufen am 17. Dezember 2021.
- Spirobolida in GBIF Secretariat (2021). GBIF Backbone Taxonomy. Checklist dataset accessed via GBIF.org am 17. Dezember 2021.
- Spirobolida auf millibase.org – A global species catalog of the myriapod class Diplopoda, abgerufen am 17. Dezember 2021.
- William A. Shear (2011) Class Diplopoda de Blainville in Gervais, 1844 In: Z.-Q. Zhang (ed.). Animal biodiversity : an outline of higher-level classification and survey of taxonomic richness. Zootaxa, S. 159–164. ISBN 978-1-86977-850-7. Link zum PDF.