Schießen Sie auf den Pianisten
Schießen Sie auf den Pianisten ist ein französischer Kriminalfilm der Nouvelle Vague aus dem Jahre 1960, basierend auf dem Roman Down There von David Goodis. Die Regie führte François Truffaut.
Film | |
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Titel | Schießen Sie auf den Pianisten |
Originaltitel | Tirez sur le pianiste |
Produktionsland | Frankreich |
Originalsprache | Französisch |
Erscheinungsjahr | 1960 |
Länge | 79 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 12[1] |
Stab | |
Regie | François Truffaut |
Drehbuch | François Truffaut Marcel Moussy |
Produktion | Pierre Braunberger |
Musik | Georges Delerue |
Kamera | Raoul Coutard |
Schnitt | Claudine Bouché |
Besetzung | |
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→ Synchronisation |
Handlung
Charlie Kohler arbeitet als namenloser Pianist in einer Pariser Vorstadtbar. In seiner Obhut hat er seinen jüngeren, ungefähr zehn oder zwölf Jahre alten Bruder Fido. Als überraschend Chico auftaucht, einer seiner beiden älteren Brüder, werden Charlie und seine Arbeitskollegin, die Kellnerin Léna, in eine Auseinandersetzung mit zwei Gangstern hineingezogen, die offenbar hinter Chico und dem gemeinsamen Bruder Richard her sind. Léna, die in den schüchternen Charlie verliebt ist, eröffnet ihm, dass sie von seiner Vergangenheit als berühmter Konzertpianist unter seinem richtigen Namen Edouard Saroyan weiß.
Daraufhin vertraut er ihr seine Geschichte an, die der Film in einem langen Flashback erzählt: Vor Jahren war er glücklich mit seiner Frau Thérésa verheiratet, er stand am Anfang einer großen Laufbahn als Musiker. Aber ihre Beziehung begann unter Thérésas zunehmenden Depressionen zu leiden, schließlich offenbarte sie ihm, dass er den Beginn seiner Karriere nur dem Umstand verdankte, dass sie sich seinem Impresario Schmeel zuvor hingegeben hatte. Als er sich daraufhin im Affekt von ihr abwandte, nahm sie sich mit dem Sprung aus dem Fenster das Leben, und aus Edouard Saroyan wurde Charlie Kohler, der seine Vergangenheit hinter sich zu lassen suchte.
Léna will Charlie helfen, seine Lebenskrise zu überwinden und gemeinsam mit ihr an seine Karriere als Konzertpianist anzuknüpfen. Als sie zusammen dem Wirt der Bar kündigen wollen, kommt es zu einem Handgemenge, bei dem Charlie den Wirt in Notwehr ersticht. Mit Hilfe der Wirtin fliehen sie. Als sie erfahren, dass Fido von den Gangstern entführt wurde und diese Chico und Richard in der heimatlichen Provinz aufsuchen wollen, brechen Charlie und Léna auf, um die Brüder zu warnen und Fido zu retten. Im Elternhaus kommt es schließlich zur Schießerei mit den Gangstern, die Brüder Chico und Richard können fliehen, Lena wird angeschossen und stirbt in den Armen von Charlie und Fido.
Die letzte Szene des Films spielt wieder in der Pariser Vorstadtbar. Die Wirtin stellt Charlie die neue Kellnerin vor, bevor dieser sich ans Klavier setzt und zu spielen beginnt.
Hintergrund
- Im August 1959, als er am Drehbuch arbeitete, fasste Truffaut seine Idee des Films in einem Brief an Charles Aznavour in diese Worte: „Es wird sozusagen ein Dokumentarfilm über die Schüchternheit.“[2]
- Die Dreharbeiten fanden im Zeitraum von Ende November 1959 bis Anfang Januar 1960 zum überwiegenden Teil in Levallois-Perret statt; einige Aufnahmen wurden in einer Brasserie an der Pariser Porte de Champerret gedreht und die Schlussszenen in den verschneiten Bergen in der Nähe von Sappey. Dort lag auch die Hütte, in die sich die Saroyan-Brüder zurückgezogen hatten.[3]
- Der Film ist auch als eine Hommage an die „Schwarze Serie“ zu verstehen.[4] Er enthält allerdings zahllose ironische Brechungen. So war beispielsweise in den 1960er Jahren die filmische Darstellung einer unbekleideten Frau nicht opportun. Truffaut setzte sich über dieses Tabu hinweg, indem er in einer Bettszene seinen Protagonisten Charlie zu der barbusigen Freundin, der Prostituierten Clarisse ironisch sagen lässt: „Vergiss nicht, dass so etwas in einem Film nicht erlaubt ist!“. Ein weiteres Beispiel: Als die beiden Gangster Fido entführen und ihm im Auto die absurdesten Geschichten auftischen[5], die Fido ihnen natürlich nicht abnimmt, sagt Momo, einer Gangster: „Wenn das nicht wahr ist, soll meine Mutter auf der Stelle tot umfallen.“ Schnitt. Und man sieht eine alte Frau, die sich an den Bauch greift und umfällt.
Kritik
„Tragikomische Filmdichtung, die durch raffinierte Stilmittel und die Darstellungskunst von Charles Aznavour in Bann zu schlagen vermag. Zweiter Spielfilm von François Truffaut, durchdrungen von schwarzem Humor und liebenswerter Poesie.“
„Tirez sur le pianiste ist ein Film, der absichtlich außerhalb jeder Realität steht, der aber im freien Spiel der Bilder eine außerordentliche Schönheit und Konsequenz erreicht.“
Synchronisation
Die deutsche Synchronfassung entstand bei der Simoton Film GmbH Berlin.[8]
Rolle | Darsteller | Synchronsprecher |
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Charlie Kohler | Charles Aznavour | Herbert Stass |
Clarisse | Michèle Mercier | Brigitte Grothum |
Concierge | Alice Sapritch | Elfe Schneider |
Ernest | Daniel Boulanger | Fritz Tillmann |
Fido | Richard Kanayan | Ernst Jacobi |
Lars Schmeel | Claude Heymann | Friedrich Joloff |
Léna | Marie Dubois | Bettina Schön |
Mammy | Catherine Lutz | Gisela Reißmann |
Momo | Claude Mansard | Axel Monjé |
Plyne | Serge Davri | Franz Nicklisch |
Richard | Jacques Aslanian | Heinz Petruo |
Thérésa | Nicole Berger | Eva Katharina Schultz |
Literatur
- L'Avant-Scène Cinéma, No. 362/363, 1987: Tirez sur le pianiste / Vivement Dimanche! - Découpages integrals et Dossier. (Szenenbeschreibungen, vollständige Dialoge, zahlreiche Abbildungen; französisch.)
- Dominique Rabourdin: Truffaut by Truffaut. Harry N. Abrams, New York 1987, ISBN 0-8109-1689-4, S. 67–71. (Englisch.)
- Robert Fischer (Hrsg.): Monsieur Truffaut, wie haben Sie das gemacht? – Truffaut im Gespräch mit José-Maria Berzosa, Jean Collet und Jérôme Prieur. Heyne, München 1993, ISBN 3-453-06524-7, S. 43–52. (Das Gespräch geht aus von zwei Szenen, im Buch dargestellt durch Dialog und Abbildungen: Chicos Begegnung am Anfang des Films mit dem Mann, der ihm wieder auf die Beine hilft, und die Entführung Fidos im Auto der Gangster.)
- Antoine de Baecque, Serge Toubiana: François Truffaut. Gallimard – folio, Paris 1996/2004, ISBN 2-07-041818-9, die Kapitel L'histoire d'un timide und Goodis façon Queneau, S. 306–315. (Französisch.)
Weblinks
- Schießen Sie auf den Pianisten in der Internet Movie Database (englisch)
- Schießen Sie auf den Pianisten in der Deutschen Synchronkartei
- Ulrich Behrens: Noch einmal davon gekommen?; Rezension auf filmzentrale.com.
Einzelnachweise
- Freigabebescheinigung für Schießen Sie auf den Pianisten. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, Juni 2005 (PDF; Prüfnummer: 23 537 DVD).
- „Ce sera décidément un documentaire sur la timidité.“ François Truffaut, Correspondance, 5 continents, Renens 1988, ISBN 2-88003-068-4, S. 157.
- De Baecque / Toubiana: François Truffaut, S. 314–315.
- „Ich wollte die Poesie der Schwarzen Serie nachempfinden. ... Die Série noire bestand aus populären amerikanischen Kriminalromanen; Gallimard kaufte die französischen Rechte und veröffentlichte sie in der Sammlung ‹Série noire›. ... Natürlich war ich nicht der erste, der auf die Idee kam, diese Romane zu verfilmen. ... Von der Poesie, die man in den Büchern spürte, blieb auf der Leinwand nie etwas übrig. Ich fragte mich, woran das lag, und als meine Antwort auf diese Filme habe ich Tirez sur le pianiste gedreht.“ Monsieur Truffaut, wie haben Sie das gemacht?, S. 45, 47, 48.
- „Ich hatte einfach keine Lust, diese Gangster als harte Burschen zu zeigen, alles in dieser Richtung hätte mich gestört. ... In dieser Szene wollte ich weder die alten Klischees bestätigen, noch die Gangster lächerlich machen; wie wäre es also, überlegte ich, wenn man ihnen etwas Kindliches verleiht?“ Monsieur Truffaut, wie haben Sie das gemacht?, S. 51.
- Schießen Sie auf den Pianisten. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. März 2017.
- Reclams Filmführer. 2. Auflage. 1973, ISBN 3-15-010205-7.
- Schießen Sie auf den Pianisten. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 8. April 2020.