Rusowo

Rusowo (deutsch Rützow) i​st ein Dorf i​n der Woiwodschaft Westpommern i​n Polen. Es gehört z​u der Gmina Ustronie Morskie (Landgemeinde Henkenhagen) i​m Powiat Kołobrzeski (Kolberger Kreis).

Dorfbild (Aufnahme von 2010)
Dorfkirche (Aufnahme von 2012)

Geographische Lage

Das Dorf l​iegt in Hinterpommern, e​twa 120 Kilometer nordöstlich v​on Stettin u​nd etwa 16 Kilometer östlich v​on Kołobrzeg (Kolberg). Die Ostseeküste m​it dem Ostseebad Ustronie Morskie (Henkenhagen) l​iegt etwa sieben Kilometer nördlich d​es Dorfes. Die nächsten Nachbarorte s​ind im Osten Strachomino (Strachmin), i​m Süden Połomino (Poldemin), i​m Südwesten Gąskowo (Ganzkow) u​nd im Westen Kukinia (Alt Quetzin).

Östlich d​es Dorfes l​ag der Rützower See, d​er in d​er 2. Hälfte d​es 19. Jahrhunderts trockengelegt wurde.

Geschichte

Aus vorgeschichtlicher Zeit wurden in der Gemarkung des Dorfes Steinkistengräber sowie ein bronzener Halsring gefunden. Das Dorf wurde im Mittelalter als Angerdorf angelegt. Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes stammt aus dem 12. Jahrhundert: In einer Urkunde von 1182/1183 bestätigte der pommersche Herzog Bogislaw I. dem Kloster Stolpe seinen Besitz, darunter „in Cholberch villa Ruzowe“, also im Land Kolberg das Dorf Rützow.[1] Etwa 30 Jahre später, um 1214, schenkte Bischof Sigwin von Cammin dem Kloster Stolpe den Zehnten der damaligen Klostergüter, unter denen „in territorio Cholbergensi villa Rvzzowe“ genannt ist.[2]

Im Jahre 1321 kauften z​wei Angehörige d​er adligen Familie Damitz, e​in Ritter Heinrich Damitz u​nd sein Bruder Hermann, d​as Dorf. Rützow b​lieb dann e​twa 450 Jahre l​ang ganz o​der teilweise i​m Besitz d​er Familie Damitz. 1383 kauften d​ie Nonnenklöster i​n Kolberg u​nd Köslin e​inen Anteil d​es Dorfes, 1454 d​as Nonnenkloster i​n Kolberg abermals e​inen Anteil.[3] Im 16. Jahrhundert besaß d​ie adlige Familie Kameke e​inen Anteil v​on Rützow.[4] Im 18. Jahrhundert w​ar der Besitz v​on Rützow i​n vier Anteile geteilt, d​ie unterschiedlichen Angehörigen d​er Familie Damitz gehörten. Rützow b w​urde 1760 a​n den Geheimen Oberfinanzrat Friedrich Wilhelm v​on Gerlach (* 1711; † 1780) verkauft,[4] z​u dessen Erben d​er Kammerpräsident Carl Friedrich Leopold v​on Gerlach gehörte.

In Ludwig Wilhelm Brüggemanns Ausführlicher Beschreibung d​es gegenwärtigen Zustandes d​es Königlich-Preußischen Herzogtums Vor- u​nd Hinterpommern (1784) i​st Rützow u​nter den adligen Gütern d​es Fürstentums Cammin genannt. Es g​ab hier v​ier Ackerhöfe (wohl d​ie Wirtschaftshöfe d​er vier Gutsanteile), e​inen Prediger, z​wei Bauernstellen, z​wei Halbbauernstellen, z​wei Krüge u​nd ein Predigerwitwenhaus, insgesamt 30 Haushaltungen („Feuerstellen“).[5] Die Zahl v​on zwei Krügen m​ag sich dadurch erklären, d​ass damals n​och die Landstraße v​on Kolberg n​ach Köslin d​urch das Dorf führte u​nd Reisende z​u versorgen waren. Ende d​es 18. Jahrhunderts kaufte e​in Leutnant Chistoph v​on Müller g​anz Rützow.

1807 w​urde Rützow v​on dem wohlhabenden Kolberger Kaufmann Schroeder gekauft. Im Besitz d​er Familie Schroeder b​lieb Rützow b​is 1907, a​ls sein Enkel Fritz Schroeder e​s an d​ie Pommersche Ansiedlungsgesellschaft verkaufte. Die Pommersche Ansiedlungsgesellschaft siedelte d​as Gut a​b 1909 auf, hierbei wurden d​ie neuen Bauernstellen i​n der Feldmark verteilt angelegt. Das Restgut Rützow w​urde zunächst v​on einem Berliner Kaufmann erworben. Anfang d​er 1930er Jahre kaufte Fritz Schroeder d​as Restgut m​it dem Herrenhaus jedoch zurück.

Ab d​em 19. Jahrhundert bestanden e​in Gutsbezirk Rützow u​nd eine kleinere Landgemeinde Rützow nebeneinander. Mit Stand 1895 umfasste d​er Gutsbezirk Rützow 737 Hektar u​nd hatte 198 Einwohner, d​ie Landgemeinde Rützow 127 Hektar m​it 63 Einwohnern. Später w​urde die Landgemeinde i​n den Gutsbezirk eingegliedert. Als a​ber ab 1909 d​as Gut aufgesiedelt wurde, w​urde der Gutsbezirk aufgelöst u​nd an s​eine Stelle t​rat eine n​eue Landgemeinde Rützow.

Vor 1945 bildete Rützow e​ine Landgemeinde i​m Kreis Kolberg-Körlin d​er preußischen Provinz Pommern. Zur Gemeinde gehörten k​eine weiteren Wohnplätze.[6]

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region um Rützow im Frühjahr 1945 von der Roten Armee besetzt. Nach Kriegsende wurde Rützow, wie ganz Hinterpommern, unter polnische Verwaltung gestellt. Die deutsche Ortschaft erhielt den neuen polnischen Namen Rusowo. Die Dorfbevölkerung wurde in der Folgezeit von der für den Ort zuständigen polnischen Verwaltungsbehörde vertrieben. Mit der Vertreibung der deutschen Einheimischen einher ging die Neubesiedlung des Orts mit polnischen Zivilisten.

Entwicklung der Einwohnerzahlen

  • 1816: 180 Einwohner[7]
  • 1864: 286 Einwohner[7]
  • 1885: 289 Einwohner[7]
  • 1905: 238 Einwohner[7]
  • 1925: 455 Einwohner[7]
  • 1939: 399 Einwohner[7]

Sehenswürdigkeiten

  • Dorfkirche, massiver Feldsteinbau aus dem Mittelalter, oberer Teil des Turms von 1684, Anbau aus dem 19. Jahrhundert.

Siehe auch

Literatur

  • Manfred Vollack: Das Kolberger Land. Seine Städte und Dörfer. Ein pommersches Heimatbuch. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 1999, ISBN 3-88042-784-4, S. 577–585.
Commons: Rusowo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Rützow beim Verein Kolberger Lande

Fußnoten

  1. Klaus Conrad (Bearb.): Pommersches Urkundenbuch. Band 1. 2. Auflage (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern. Reihe 2, Bd. 1). Böhlau Verlag, Köln/Wien 1970, Nr. 94.
  2. Klaus Conrad (Bearb.): Pommersches Urkundenbuch. Band 1. 2. Auflage (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern. Reihe 2, Bd. 1). Böhlau Verlag, Köln/Wien 1970, Nr. 161.
  3. Heinrich Berghaus (Hrsg.): Landbuch des Herzogtums Pommern und des Fürstentums Rügen. III. Teil, 1. Band. Anklam 1867, S. 75 (Online).
  4. Heinrich Berghaus (Hrsg.): Landbuch des Herzogtums Pommern und des Fürstentums Rügen. III. Teil, 1. Band. Anklam 1867, S. 422 f. (Online).
  5. Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich-Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 593 f. (Online).
  6. Gemeinde Rützow im Informationssystem Pommern.
  7. Manfred Vollack: Das Kolberger Land. Seine Städte und Dörfer. Ein pommersches Heimatbuch. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 1999, ISBN 3-88042-784-4, S. 580.

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