Rulfingen

Das Dorf Rulfingen i​st ein Teilort d​er Stadt Mengen m​it 1131 Einwohnern (Stand: 20. Dez. 2010[1]) i​m Landkreis Sigmaringen (Baden-Württemberg).

Rulfingen
Stadt Mengen
Ehemaliges Gemeindewappen von Rulfingen
Höhe: 573 m ü. NN
Fläche: 10,5 km²
Einwohner: 1131 (20. Dez. 2010)
Bevölkerungsdichte: 108 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1975
Postleitzahl: 88512
Vorwahl: 07576

Geographie

Geographische Lage

Rulfingen l​iegt auf d​er rechten Talseite d​es unteren Ablachtals, e​twa zehn Kilometer südlich d​er Kreisstadt Sigmaringen. Die Gemarkungsfläche umfasst r​und 1050 Hektar[A 1] (Stand: 23. Dez. 2010[1]).

Ortsteile

Zu Rulfingen gehört d​ie 2,4 Kilometer nordwestlich liegende Ortschaft Zielfingen.

Geschichte

Erste Zeugnisse e​iner Besiedlung i​n der Früheisenzeit (8.–6. Jh. v. Chr.) wurden r​und 2,2 Kilometer südlich v​on Rulfingen u​nd 1,8 Kilometer nordwestlich v​on Rosna 1890 i​m Wald „Fohrenstock“ i​n Form zweier Grabhügel[2] d​urch den Fürstlich Hohenzollerischen Archivar Karl Theodor Zingeler ergraben.[3] Mindestens z​wei Grabhügel befinden s​ich rund z​wei Kilometer südsüdwestlich v​om Ort i​m Wald „Roßbühl“; Zingeler ergrub u​m 1890 e​inen Hügel v​on 24 Meter Durchmesser u​nd 2,7 Meter Höhe.[4] Unweit v​on Rulfingen entdeckte m​an an d​em Ablachkanal d​as Pflaster e​iner Römerstraße Richtung Meßkirch.[5] Bei Zielfingen i​m Ablachtal wurden gebogenen Röhrchen u​nd eine Zwinge v​on einem Schwert a​us Bronze gefunden.[5]

Erstmals genannt w​urde das Dorf i​m Jahre 1231 b​eim Auftreten e​ines Ritters Albero u​nd Herrn Wernher d​e Ruolvingen a​ls Zeugen.[6] 1304 werden Werner, s​ein Sohn Ulrich u​nd sein Neffe Ulrich v​on Ruelfingen genannt.[7][8] Der Name „Rulfingen“ rührt w​ohl von Rudolf, d​em Führer e​iner Alamannensippe, her.[9]

Der Ort l​ag ursprünglich i​m Bereich d​er Goldineshuntare, d​ann im Gau Ratoldesbuch u​nd ab 1290 i​n der Herrschaft, a​b 1460 Grafschaft Sigmaringen. Im 14. Jahrhundert w​ar das Dorf großenteils i​m Besitz d​es Kanonissenstifts Lindau. Außerdem w​aren noch d​ie Klöster Mengen, Weingarten u​nd Salem begütert.[10]

Zielfingen (573,5 m ü. NN) i​st über d​ie Habsburger Urbar a​ls Zielvingen 1292 erwähnt. Der Ortsname (Zioltingen) i​st wohl a​uf „Ziuwolf“, e​in schwäbischer Mannesname, zurückzuführen.[11] Graf Eberhardt d​er Milde verpfändete 1399 Zielfingen u​nd weiter Orte a​n den Grafen Eberhard von Werdenberg.[12] Zehntrechte d​es Damenstiftes Buchau s​ind 1478 u​nd 1704 belegt.[13] Der Meierhof z​u Zielfingen gehörte w​ohl zu Bingen, z​u den Besitzungen, d​ie gleichzeitig m​it der Stadt Scheer erworben wurden.[14] Durch d​ie Rheinbundakte w​urde Zielfingen über d​as Kloster Habsthal d​em Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen zugesprochen.[15]

Mit d​er Grafschaft Sigmaringen g​eht es d​urch die Hand d​er Häuser Württemberg u​nd Werdenberg u​nd kommt 1535 a​n die Grafschaft Hohenzollern, d​ie 1576 geteilt wird, Rulfingen gehörte z​ur Grafschaft Hohenzollern-Sigmaringen, d​ie 1623 z​um Fürstentum erhoben wurde. 1805 hört d​ie österreichische Lehnshoheit auf.

Mit d​em Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen gelangten Rulfingen u​nd Zielfingen 1850 a​ls Teil d​er Hohenzollernschen Lande a​n Preußen. Ab 1806 gehörten d​ie Orte a​lso zum zunächst fürstlichen u​nd ab 1850 preußischen Oberamt Sigmaringen bzw. a​b 1925 z​um Landkreis Sigmaringen.

Bis z​ur Gebietsreform i​n Baden-Württemberg w​ar Rulfingen m​it seinem Teilort Zielfingen e​ine selbständige Gemeinde; a​m 1. Januar 1975 w​urde der Ort n​ach Mengen eingemeindet.[16]

Religionen

Die katholische Pfarrgemeinde St. Ulrich gehört über d​ie Seelsorgeeinheit Krauchenwies-Rulfingen z​um Dekanat Sigmaringen-Meßkirch i​m Erzbistum Freiburg.

Politik

Ehemalige Bürgermeister

  • Willi Arnold (FWV)

Ortsvorsteher

Derzeitiger (2009) Ortsvorsteher i​st Manfred Moll.

Wappen

Blasonierung: „In Rot u​nter einem silbernen Schildhaupt, d​arin ein schwimmender r​oter Fisch, e​in stehender goldener Hirsch.“

Verkehr

Rulfingen l​iegt an d​er Bundesstraße 311. Mit d​er 2012 fertiggestellten, 4,2 Millionen Euro kostenden Ortsumfahrung w​ird Rulfingen v​on 2000 Lastwagen täglich entlastet.[17] Zielfingen w​urde von 1873 b​is 1954 m​it einer Haltestelle d​er Bahnstrecke Krauchenwies–Mengen bedient.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Alte Kirche Rulfingen
  • In Zielfingen befindet sich eine Kapelle. Als Hl. Agathe und Blasius 1256 erstmals erwähnt, stammt der Bau aus dem 17. Jahrhundert.[10]
  • Die Rulfinger Pfarrkirche St. Ulrich wurde 1759 bis 1761 durch Johann Michael Beer von Bildstein zusammen mit zwei Dornbirnern, Baumeister Martin Ilg und Zimmermeister Hans Jakob Stoffler, erbaut.[18] Die flachgedeckte Kirche erfuhr 1760 eine Stuckierung durch Johann Jakob Schwarzmann.[19] Die Kirchweihe fand am 4. Juli 1760 durch den Konstanzer Weihbischof Franz Karl Josef, Graf von Fugger, im Beisein des Herrn Reichsprälaten Georg Strobel von Petershausen statt.[20] Aus geschichtlichen Unterlagen ist zu entnehmen, dass in Rulfingen bereits 1275 eine Pfarrei, 1304 als Filiale, bestand. Um 1700 war eine dem St. Ulrich geweihte Kapelle vorhanden, deren Standort allerdings nicht genau bekannt ist.[20] Der Name Ulrich von Augsburg als Patron wird schon 1420 genannt.[21] Die Kirchenpflege in Rulfingen oblag dem Kloster zu Mengen: bis 1725 Wilhelmiten, 1725–1735 Benediktiner aus dem Kloster St. Blasien, 1735–1773 Benediktiner aus dem Kloster Petershausen. In die Petershauser Epoche fällt die Abtragung der St. Ulrichskapelle und der Bau der jetzigen alten Kirche im Jahr 1759.[20]
  • Der Kirchenneubau ist ein modernes Bauwerk bestehend aus Kirche, Sakristei, Wendelinussaal und Pfarrhaus. Es ist ein prägnantes architektonisches Zeugnis des 20. Jahrhunderts. 1974 wurde die Kirche eingeweiht. Später wurde der Pfarrsaal in viel Eigenleistung ausgebaut. Die bunten Fenster in der Kirche, die Orgel, Kirche und Außenanlagen sind zwischenzeitlich renoviert worden. 2011 soll der neue Kreuzweg eingeweiht werden.[22]
  • Des Weiteren gibt es in Rulfingen einen Brunnen und eine Lourdes-Grotte, die vom Obst- und Gartenbauverein Rulfingen e.V. gepflegt wird.
  • An der Kreisstraße 8239, dem Ortsverbindungsweg von Hausen am Andelsbach nach Rulfingen, befindet sich rund 1,5 Kilometer vom Ort ein Kleindenkmal.[23]

Naturdenkmäler

  • Das Gigele, oder Gigeleberg ehemals Kügelebühl, ist der Hausberg und zugleich höchster Punkt des Dorfes. Es gibt eine Sage, nach der in ihm das Gigeleweible, auch Kügeleweib, haust.[24] Es führte ein um 1900 angelegter Kreuzweg mit steinerne Treppenstufen den bewaldeten Hang hinauf, wo das Gigelekreuz, ein großes Steinkreuz mit Kreuzpostament und Sockel, steht.[25] Das Kreuz ist 1909 vom damaligen Steinmetz Johann Ott aus Rulfingen. Ott kam aus dem Ersten Weltkrieg verletzt zurück. Er hatte 1923 das Rulfinger Kriegerdenkmal gebaut. Die Stationen des Kreuzwegs sind im Zuge der Bebauung verschwunden.[26] Die Entstehung kann als keltischer Großgrabhügel der Hallstattzeit wie die Baumburg bei Hundersingen vermutet werden oder als mittelalterlichen Burghügel. Im 13. Jahrhundert wird ein Ortsadelsgeschlecht, die Ritte von Rulfingen, genannt. Das Gigele könnte deren Burgsitz gewesen sein, wobei dich um das Gigele keinerlei Besiedlungsspuren wie Keramik oder Dachziegel finden lassen. Es wird auch vermutet, dass das Gigele die Burgstelle der Siedlung Burkhardshausen östlich des Gigele war. Der Name Gigele kommt von „gügeln, Aussicht halten“.[27]
  • Auf den Gemarkungen von Rulfingen und Zielfingen befinden sich mehrere Seen der Oberschwäbischen Seenplatte (Südsee und Zielfingersee). Die Schlickflächen und Inseln im Südsee II bieten Kiebitzen wertvolle Brutmöglichkeiten.

Theater & Kleinkunst

Ein ehemaliges Kirchengebäude w​urde zur Kleinkunstbühne Alte Kirche Rulfingen umgewandelt.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter des Ortes

  • Hermann Ott (1870–1934), Politiker (Zentrum), Reichstagsabgeordneter

Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben

  • Rösle Reck (* 26. September 1929), oberschwäbische Heimatdichterin (Lyrik, Erzählungen, Theaterstücke)[28]

Literatur

  • Walther Genzmer (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns. Band 2: Kreis Sigmaringen. W. Speemann, Stuttgart 1948.
  • Pater Benedikt Hänggi OSB: 35 Fortsetzungen geschichtliche Aufsätze zur Ortsgeschichte von Rulfingen, Kloster Habsthal 1908/09

Anmerkung

  1. Gemarkungsfläche 10.501.233 m²

Einzelnachweise

  1. Angaben nach Sabine Reger, Hauptamtsleiterin der Stadt Mengen, vom 13. Januar 2011.
  2. Alfons Kasper: Kunstwanderungen kreuz und quer der Donau. 1964. S. 85
  3. Oscar Paret: Württemberg in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B, Bd. 17). Kohlhammer, Stuttgart 1961. S. 268
  4. Siegfried Kurz: Bestattungsbrauch in der westlichen Hallstattkultur (= Tübinger Schriften zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie. Band 2). Waxmann Verlag, 1997, ISBN 3-89325-386-6, S. 230.
  5. Vgl. Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Band 5. F. Lintz, 1886. S. 206.
  6. Walther Genzmer (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns. Band 2: Kreis Sigmaringen, W. Speemann, Stuttgart 1948. S. 283.
  7. Vgl. Rudolf Maag: Das Habsburgische Urbar, Band 2, Teil 1. S. 239.
  8. Franz Quarthal, Hansmartin Decker-Hauff, Klaus Schreiner: Germania Benedictina, Band 5, Die Benediktinerklöster in Baden-Württemberg. Bayerische Benediktiner-Akademie, 1975. S. 382.
  9. Anton Birlinger, Fridrich Pfaff: Alemannia: Zeitschrift für Sprache, Literatur und Volkskunde des Elsasses und Oberrheins, Band 6. 1878. S. 23
  10. Landesarchivdirektion Baden-Württemberg (Hrsg.): Das Land Baden-Württemberg: amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, Band 7: Regierungsbezirk Tübingen. Verlag W. Kohlhammer, 1978. S. 809. ISBN 3-17-004807-4
  11. Das Königreich Württemberg: eine Beschreibung von Land, Volk und Staat, Band 2, Teil 1. Verlag W. Kohlhammer, 1884. S. 131
  12. E. G. Johler: Geschichte, Land- und Ortskunde der souverainen teutschen Fürstenthümer Hohenzollern, Hechingen und Sigmaringen. 1824. S. 102
  13. Bernhard Theil: Das (freiweltliche) Damenstift Buchau am Federsee. Walter de Gruyter, 1994. S. 214. ISBN 3-11-014214-7
  14. Landeskommenalverband der Hohenzollerischen Lande. Landeskundliche Forschungsstelle (Hrsg.): Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns, Ausgabe 4. 1959.
  15. Johann Andreas Demian: Statistik der Rheinbundstaaten, Band 2. Varrentrapp, 1812. S. 378
  16. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 549.
  17. Rapp (rrm): Umgehungsstraße wird endlich gebaut. In: Südkurier vom 23. März 2011
  18. Vgl. Österreichische Kunsttopographie, Band 32. Verlag A. Schroll, 1958. S. 79
  19. Norbert Lieb, Franz Dieth: Die Vorarlberger Barockbaumeister. Verlag Schnell & Steiner, 1967. S. 90, 123.
  20. Josef Kugler: Die „Alte Kirche“ in Rulfingen feiert rundes Jubiläum. Vor 250 Jahren wurde die Kirche geweiht – Eine Kapelle war an diesem Ort bereits um 1700 vorhanden. In: Schwäbische Zeitung vom 29. Dezember 2010
  21. Verein für Augsburger Bistumsgeschichte (Hrsg.): Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte e. V., 1973. S. 120
  22. Vera Romeu (vr): Abschied: Karl Riegger sagt am Sonntag Ade. Der Pfarrer blickt auf 46 Jahre Seelsorge in Rulfingen zurück – In Wald wird er sich als Rensionär niederlassen. In: Schwäbische Zeitung vom 9. September 2011
  23. Rulfingen in der privaten Standort-Datenbank Suehnekreuz.de
  24. Oscar Paret: Württemberg in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B, Bd. 17). Kohlhammer, Stuttgart 1961. S. 182
  25. Vera Romeu/vr: Obst- und Gartenbauverein. Mit Herzblut verschönern Hobbygärtner Gigeleplatz. In: Schwäbische Zeitung vom 10. Juni 2010
  26. Vera Romeu/vr: Aktion: Starke Männer bauen das Steinkreuz ab. Der Obst- und Gartenbauverein saniert am Gigele die Treppen und die gesamte Anlage für 20 000 Euro. In: Schwäbische Zeitung vom 19. Januar 2011
  27. Vera Romeu/vr: Hintergrund. In: Ders.: Aktion: Starke Männer bauen das Steinkreuz ab. Der Obst- und Gartenbauverein saniert am Gigele die Treppen und die gesamte Anlage für 20 000 Euro. In: Schwäbische Zeitung vom 19. Januar 2011
  28. Vera Romeu: Rösle Reck wird heute 80 Jahre alt. Fast verlorene Welt bleibt so erhalten. In: Schwäbische Zeitung vom 26. September 2009
Commons: Rulfingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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