Radsport in Kolumbien

Der Radsport i​n Kolumbien i​st seit d​en 1950er Jahren a​ls Leistungssport u​nd seit d​en 1970er Jahren a​uch als Breitensport populär geworden. Ballungsgebiete h​aben eine eigene Fahrradkultur entwickelt.[1] Es finden regelmäßige Großveranstaltungen statt, d​azu haben kolumbianische Radsportteams internationale Erfolge. Rennsportereignisse innerhalb Kolumbiens s​ind die Vuelta a Colombia u​nd der Clásico RCN, international starten Teams b​ei der Tour d​e France, d​er Vuelta a España o​der dem Giro d’Italia. Kolumbien l​ag 2013 a​n dritter Stelle d​es Nationen-Rankings d​er UCI World Tour 2013.[2]

Bergrennen in Valle del Cauca, Zentralkordilleren

Geschichte

Die Anfänge d​es kolumbianischen Radsports lassen s​ich bis a​uf das Ende d​es 19. Jahrhunderts zurückführen, a​ls in Bogotá d​ie örtliche Pferderennbahn Hipódromo d​e la Gran Sabana a​n den Wochenendtagen für Sportradler geöffnet war.[3]

Der Zweite Weltkrieg brachte e​ine Unterbrechung i​n der Entwicklung, d​ie erst wieder d​urch Langstreckenrennen w​ie die zwischen Bogotá u​nd Tunja (336 km) e​inen neuen Anlauf nahm. 1929 konnte d​ort Rafael Borda d​en Sieg erringen. In d​en 1930er Jahren fanden weitere Rennen statt, s​o z. B. m​it den Strecken Bogotá-Cúcuta o​der Bogotá-Quito i​n Ecuador.[4]

1938 fanden i​n Bogotá d​ie ersten Juegos Bolivarianos statt, e​ine Multisportveranstaltung südamerikanischer Länder m​it Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Panama, Peru u​nd Venezuela. Kolumbien errang d​abei keine Medaillen i​n der Radsportdisziplin. Im gleichen Jahr w​urde der e​rste kolumbianische Radsportverband gegründet, d​ie Asociación Colombiano d​e Ciclismo (Aciclismo).[4] Sitz d​es Verbandes w​ar Cali, d​as sich i​n den nächsten Jahren z​u einem Zentrum d​es Radsports entwickelte, d​as dann, n​ach der Gründung d​er Federación Colombiana d​e Ciclismo, d​em Ausrichter späterer Großveranstaltungen, n​ach Bogotá verlagerte.

Auf d​en kolumbianischen Radrennsport w​urde man international i​n den späten 1940er Jahren aufmerksam, a​ls das kolumbianische Team b​ei zentralamerikanischen Spielen 1948 d​ie erste Goldmedaille i​n einem Straßenrennen gewann. Eine kolumbianische Rundfahrt w​urde Ende 1950 d​urch die Journalisten d​er Zeitung El Tiempo gefordert, d​ie daraufhin d​ie erste Kolumbien-Rundfahrt, d​ie Vuelta a Colombia, ausrichtete, d​ie Efraín Forero, genannt „El Zipa“, gewann.[4] Damit w​urde das e​rste in Etappen gefahrene Rennen Südamerikas 1951 i​n Kolumbien absolviert. Der Franzose José Beyaert gewann d​ie zweite Auflage d​er Rundfahrt, w​urde zum Leiter d​es kolumbianischen Radsport-Nationalteams[5] u​nd zu e​inem der wichtigsten Protagonisten d​er folgenden Jahre.[3] Der Sieg Efraín Foreros markiert d​en Beginn d​er kolumbianischen Begeisterung für d​en Radsport.

Radsportdisziplinen

Straßenradsport

Etappen der Vuelta a Colombia 2012

Im Straßenradsport (spanisch ciclismo d​e ruta) w​urde die e​rste Vuelta a Colombia i​m Jahr 1951 veranstaltet u​nd wird b​is heute durchgeführt.

1961 startete d​as zweite n​eben der Vuelta bedeutende Radsport-Etappenrennen, d​as Clásico RCN (RCN-Klassiker), gesponsert d​urch den Radiosender Radio Cadena National, d​as Rubén Darío Gómez gleich z​u Beginn zweimal i​n Folge gewann.[6]

Erfolge im Ausland

1977–1988

Erster international bekannter kolumbianischer Radrennfahrer b​ei der Tour d​e France w​ar Cochise Rodríguez, d​er das Rennen 1977 a​ls 27. beendete. Unter d​em Namen Colombia-Varta startete 1983 erstmals e​in kolumbianisches Team b​ei der Tour. Es handelte s​ich um d​ie nominell a​us Amateuren zusammengesetzte Nationalmannschaft Kolumbiens. Bester Fahrer i​n der Gesamtwertung w​ar Edgar Corredor a​ls 16 v​or Patrocinio Jimenez a​ls 17.[7] Bei d​er 1988er Tour gewann Fabio Parra d​rei Etappen u​nd beendete d​ie Tour a​ls Dritter d​er Gesamtwertung.[8] Luis „Lucho“ Alberto Herrera gewann 1985 s​owie 1987 d​as Gepunktete Trikot u​nd holte fünf Siege b​ei Bergetappen. Er w​ar auch Sieger d​er Vuelta a España i​n 1987.

2000

Bekannt w​ar Ende d​er 1990er Jahre d​er aus Medellín stammende Santiago Botero. Er sicherte s​ich unter anderem d​rei Etappen d​er Vuelta a España s​owie bei d​er Tour d​e France, b​ei der e​r im Jahre 2000 z​udem als Gewinner d​es Bergwertung d​ie Avenue d​es Champs-Élysées i​n Paris erreichte. Beim Zeitfahren b​ei der Straßen-Radweltmeisterschaft i​m belgischen Zolder w​urde er 2002 Zeitfahr-Weltmeister.

2005

2005 gewann d​er Kolumbianer Iván Parra z​wei Etappen b​eim Giro d’Italia.

2007

2007 gewann d​er Kolumbianer Mauricio Soler e​ine der schwierigsten Etappen d​er Tour d​e France, d​ie 9. Etappe (159,5 km) i​n Val-d’Isère Briançon. Er erhielt d​as Gepunktete Trikot d​er Tour a​ls Vertreter d​er traditionellen "escarabajos" (Käfer), w​ie in Kolumbien d​ie Bergspezialisten genannt werden.

2013

2013 gewann Nairo Quintana e​ine Etappe d​er Tour d​e France, w​urde Gesamtzweiter u​nd gewann d​ie Berg- s​owie die Nachwuchswertung

2014

Nairo Quintana w​ar der e​rste Kolumbianer, d​er den Giro d’Italia gewonnen hat. Den zweiten Platz erreichte Rigoberto Urán.

2019

Egan Bernal w​ar der e​rste Kolumbianer, d​er die Tour d​e France gewonnen hat

Bahnrennen

Der Bahnradsport (spanisch ciclismo d​e pista) erfuhr d​urch Neubauten großer Velodrome e​inen Aufschwung: 1970 w​urde das Velódromo Alcides Nieto Patiño i​n Cali erbaut, 1995 d​as Velódromo Luis Carlos Galán i​n Bogotá, d​azu gibt e​s in Kolumbien weitere Sporthallen w​ie das Velódromo Aníbal Gaviria i​n Medellín.

BMX

Mariana Pajon, BMX Gold 2012

Im BMX i​st Kolumbien a​uch gut vertreten. Mariana Pajón Londoño gewann d​ie Goldmedaille u​nd Carlos Oquendo d​ie Bronze i​n den Olympischen Sommerspielen 2012.

Radpolo

Seit 2011 findet d​as Südamerikatournier Torneo Sudamericano statt. Das Team Hagame Famoso erreichte d​abei 2011 u​nd 2013 j​e einen dritten Platz.[9]

Ausblicke

Seit d​en 1990er Jahren h​at der professionelle Radsport i​n Kolumbien s​tark abgebaut. Es fehlen Sponsoren für international aufgestellte Teams, u​nd die h​ohen Kosten moderner Ausrüstungen erschweren d​en Einstieg i​n den professionellen Sport. Trotz d​em lag Kolumbien a​n dritter Stelle d​es Nationen-Rankings d​er UCI World Tour 2013.[2]

Fahrradkultur und Breitensport

Der Radsport i​st in Kolumbien sowohl Zuschauer- u​nd ab d​en 1970er Jahren a​uch Volkssport. So w​ird als Beispiel i​n der Hauptstadt Bogotá, d​ie sich selbst „fahrradfreundliche Stadt“ nennt, s​eit 1976 a​n jedem Sonn- u​nd Feiertag d​ie Ciclovía organisiert. Hierzu werden v​on 7 b​is 14 Uhr über 120 Kilometer d​es Straßennetzes i​n 18 d​er 20 Stadtteile für d​en motorisierten Verkehr gesperrt, u​m den Fahrradfahrern f​reie Straßen z​u gewähren. Von d​en durchschnittlich 1,6 Mio. Teilnehmern s​ind 0,5 Mio. Fahrradfahrer.[10] Zusätzlich h​at seit 1998 d​ie Hauptstadt 376 Kilometer a​n Fahrradwege gebaut, i​m Stadtteil v​on Kennedy s​ind täglich über 90.000 Fahrradfahrer unterwegs.[11]

Das kolumbianische Modell d​er autofreien Tage für Radfahrer u​nd Fußgänger w​urde von vielen anderen Städten weltweit übernommen.[12]

Literatur

  • Matt Rendell: Kings of the Mountains. How Colombia's cycling heroes changed their nation's history. Aurum Press, London 2002, ISBN 1-85410-837-9

Einzelnachweise

  1. Camará de Comercio de Bogotá: Movilidad en bicicleta en Bogotá. (Memento des Originals vom 7. Mai 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.itdp.org 2009. (PDF; 6,9 MB). Abgerufen am 27. Januar 2014 (spanisch).
  2. UCI WorldTour Ranking 2013: Nation. Abgerufen am 29. Januar 2014.
  3. Escarabajos de dos ruedas: los velocipedistas. In: Revista Credencial Historia Nr. 181, 2005. Abgerufen am 26. Januar 2014 (spanisch).
  4. El primer campeón de la Vuelta a Colombia. (Memento des Originals vom 1. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.arcotriunfal.com auf der Website www.arcotriunfal.com. Abgerufen am 26. Januar 2014 (spanisch).
  5. José Beyaert in der Datenbank von Sports-Reference (englisch; archiviert vom Original). Abgerufen am 27. Januar 2014.
  6. Tobías Carvajal Crespo: Luto en el ciclismo nacional: Murió Rubén Darío Gómez. (Memento des Originals vom 22. April 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.arcotriunfal.com auf der Website www.arcotriunfal.com. Abgerufen am 2. Februar 2014 (spanisch).
  7. 70ème Tour de France 1983. In: Mémoire du cyclisme. Abgerufen am 22. September 2020.
  8. 75ème Tour de France 1988. In: Mémoire du cyclisme. Abgerufen am 22. September 2020.
  9. Team profile: Hagame Famoso (Make me Famous) (Memento des Originals vom 19. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.goalhole.com, auf goalhole.com vom 29. März 2013.
  10. Análisis costo-beneficio del ahorro en salud pública por actividad física para usuarios de la Ciclovía PDF (spanisch) abgerufen am 27. Januar 2014
  11. Cifras de interés sobre el uso de la Bicicleta en Bogotá. 2011@1@2Vorlage:Toter Link/agendabogota.com.co (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. PDF (spanisch) abgerufen am 27. Januar 2014
  12. Javier C. Hernandez: Car-Free Streets, a Colombian Export, Inspire Debate. In: The New York Times vom 24. Juni 2008. Abgerufen am 27. Januar 2014 (englisch).
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