Poppe (Orgelbauer)

Poppe i​st der Name e​iner Orgelbauerfamilie a​us dem thüringischen Stadtroda, damals Roda. Das Wirken d​er Familie vollzog s​ich vom 18. b​is zum 20. Jahrhundert.

Firmenplakette in Seubtendorf

Geschichte

Seit d​er Gründung 1757 betrieb d​ie Familie Poppe i​n der Nähe d​es Stadtrodaer Stadttores über s​echs Generationen i​hre Orgelbauerwerkstatt b​is zum Ende d​es Zweiten Weltkriegs. 70 Orgeln i​m Ostthüringer Raum zeugen v​on ihrem Schaffen.[1]

Im Jahr 1859 gründete Daniel Adolph Poppe m​it seinen Söhnen Ernst u​nd Adolf d​ie Firma Gebr. Poppe, d​ie bis 1889 bestand. Sie w​urde 1889 u​nter dem n​euen Namen Ernst Poppe & Sohn v​on (Johann) Ernst (Karl) u​nd seinem Sohn Bernhard geleitet u​nd bis 1928 fortgeführt.

Ende d​es 19. Jahrhunderts w​urde eine Filiale i​m badischen Rheinsheim gegründet. Joseph Poppe verlegte 1901 d​en Sitz d​er Firma A. Poppe & Söhne v​on Rheinsheim n​ach Knittelsheim (Pfalz) u​nd 1905 n​ach Offenbach a​n der Queich b​eim pfälzischen Landau. 1910 lieferte e​r die Orgel für d​ie protestantische Kirche i​n Bexbach-Höchen. 1967 s​tarb er.

Die Stadtrodaer Firma verlegte i​hren Sitz 1902 n​ach Schleiz. Der vorletzte Firmeninhaber w​ar Friedrich Ernst Poppe, Sohn v​on Otto Poppe u​nd Enkel v​on Ernst Poppe. Er s​tarb am 22. April 1945 b​ei Kämpfen i​m Raum Augsburg. Im Zuge d​er Besetzung v​on Schleiz verschleppte d​ie Rote Armee d​en letzten Inhaber i​n das KZ Buchenwald. Er kehrte n​icht zurück u​nd wurde 1947 für t​ot erklärt.[2]

Familienmitglieder

Die Orgelbauerfamilie lässt s​ich über d​rei Jahrhunderte nachweisen:[3]

  • Johann Christian (* 9. August 1726 in Roda; † 10. Dezember 1781 in Roda), gründete 1757 die Orgelbauwerkstatt
  • Christian Friedrich (I.), (* 3. Oktober 1751 in Roda; † 11. November 1812 in Roda), einziger Sohn von Johann Christian
  • Christian Friedrich (II.) (* 13. September 1776 in Roda; † 20. Mai 1834 in Gößnitz), ältester Sohn von Christian Friedrich I.
  • Johann August (?), Bruder von Christian Friedrich II.
  • Ludwig (Louis) Wilhelm Caspar (* 17. September 1779 in Roda; † 11. November 1859 in Roda), Bruder von Christian Friedrich II., heiratete am 3. November 1807 die Tochter Regina des Kollegen Christian August Gerhard aus Lindig
  • (Daniel) Adolph (* 16. Oktober 1807; † 28. Juli 1885), Bruder von Christian Friedrich II. aus zweiter Ehe
  • Johann Ludwig (* 6. Oktober 1808 in Roda; † 8. August 1827 in Roda), Sohn von Louis
  • (Ernst Heinrich) Adolf (* 9. Juli 1837; † in Landau), Sohn von Daniel Adolph
  • (Johann) Ernst (Karl) (* 2. April 1840; † 9. August 1931), Sohn von Daniel Adolph
  • Bernhard (Carl Ernst) (* 12. Oktober 1872; † 1904), Sohn von Johann Ernst Karl
  • (Friedrich) Otto (* 22. Juni 1889; † um 1945), Sohn von Johann Ernst Karl
  • Friedrich Ernst Kraft (* 1919; † 22. April 1945), Sohn von Friedrich Otto
  • Joseph (* 11. Oktober 1879 in Roda; † 4. April 1967 in Kirschweiler), Sohn von Ernst Heinrich Adolf

Werke (Auswahl)

JahrOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
Weblinks
1778 Tröbnitz Dorfkirche Tröbnitz II/P 17[4] Christian Friedrich Poppe
1782 Kayna Kirche zu Kayna II/P 16 Christian Friedrich I.[5]
1783 St. Gangloff Dorfkirche St. Gangloff II/P 21 Christian Friedrich I; Restaurierung 2004–2010 durch Gerd-Christian Bochmann.[6]
1783–1785 Naumburg (Saale) Marien-Magdalenen-Kirche (Naumburg) II/P 23 Christian Friedrich I; 1869 Neubau durch Friedrich Ladegast im alten Gehäuse[7]
1796 Burgau Dreifaltigkeitskirche (Burgau) ? ? Christian Friedrich Poppe[8]
1802 Kosma Zu unserer lieben Frauen II/P 22 Christian Friedrich Poppe
1804 Großenstein St. Bartholomäus (Großenstein) II/P 28 Ersetzte die zum Wiederaufbau der Kirche 1759 errichtete Orgel. 1917 wurden Zinnpfeifen zugunsten von Zinkpfeifen aufgegeben. Restauriert 1992 von Vogtländischer Orgelbau Thomas Wolf: Disposition
1815 Großpötzschau Auferstehungskirche I/P 13 1996 in Scheune ausgelagert, seit 2014 Restaurierung in mehreren Bauabschnitten; zum großen Teil erhalten
1817 Rückersdorf Dorfkirche
1818 Markwerben Dorfkirche Markwerben
1818 Lohma Jacobikirche I/P 9 Louis und August Poppe; zum großen Teil erhalten
1824 Brahmenau Dorfkirche Brahmenau I/P 12 Johann August Poppe; rekonstruiert
1828/1829 Nobitz Dorfkirche Nobitz II/P 29 Auf der Westempore steht die Orgel, in der einige Register aus der Vorgängerorgel von Tobias Heinrich Gottfried Trost enthalten sind. Die Orgel ist nicht mehr spielbar.
1830 Magdala St. Johannis II/P 19 Johann August Poppe; sieben Umbauten: 1835 durch Johann Christian Adam Gerhard aus Dorndorf, 1902, 1910, 1921 (Ersatz der für Kriegszwecke geopferten Pfeifen), 1940 durch Gerhard Kirchner aus Weimar, 1983 durch Norbert Sperschneider, 1999–2009; 2014 immer noch restaurierungsbedürftig (derzeit II/P/16)
1832–1835 Gößnitz St.-Annen-Kirche
II/P 30 Orgel neu gebaut von Christian Friedrich II. Poppe (Stadtroda), nach seinem Tod vollendete sie sein Bruder Johann August Poppe (Jena). Sie wurde zweimal umgebaut, 1899 bis 1900 von Hegermann, Altenburg und 1978 von der Orgelbaufirma Schuster.
1834 Kleineutersdorf St. Peter und Paulus (Kleineutersdorf) II/P 20 restauriert 1997/1998 von Vogtländischer Orgelbau Thomas Wolf: Disposition
1840[9] Gütterlitz St.-Martin-Kirche I/P 9 Carl Ernst Poppe, Ehrenhain bei Altenburg. Mensur nach "Töpfer's Orgelbaukunst". Weitgehend original erhalten, 1997 restauriert.[10]
1849 Zschernitzsch bei Schmölln Zschernitzscher Kirche I/P 7 Carl Ernst Poppe; 2008 Instandsetzung durch Rösel (Saalfeld).[11]
1855 Jenaprießnitz Dorfkirche Jenaprießnitz I/P 11 Adolph Poppe
1862 Eisenberg Schlosskirche II/P 26 Carl Ernst Poppe. Die Orgel wurde 1683 von Donat errichtet und 1731–1733 von Tobias Heinrich Gottfried Trost umgebaut. 1862 erfolgte ein Umbau durch Carl Ernst Poppe (Altenburg) für 392 Taler; dabei weitere Umdisponierung.
1866 Bad Klosterlausnitz Kirche Klosterlausnitz
1984 wurde die Orgel eingelagert, 1985 schuf Gerhard Böhm eine neue Orgel (eingebaut in das restaurierte Gehäuse der Poppe-Orgel). Seit 2001 erklingt die Poppe-Orgel in der Marienkirche Crawinkel (siehe unter Jahr 2001).
1873 Seiffen Seiffener Kirche
II/P 16 Gebrüder Ernst und Adolf Poppe; 1959 und 1983 durch die Firmen Schmeisser (Rochlitz) und Eule (Bautzen) verändert und im Klang barockisiert, 1999 durch Jehmlich (Dresden) restauriert → Orgel
1873 Ruttersdorf Dorfkirche Ruttersdorf II/P 15
1874 Oberneuschönberg Bergkirche
II/P 21 Gebrüder Ernst und Adolf Poppe; Restaurierung 2015 durch Orgelbau Peiter
1880 Schönbrunn St. Marien I/P 8 Ernst Poppe, 2015 Restauriert durch Orgelbau KutterOrgel
1885 Hermsdorf St.-Salvator-Kirche II/P 32 Gebr. Poppe
1886 Crawinkel St.-Marien-Kirche II/P 28 Carl-Ernst Poppe. Im September 2001 wurde die aus der Klosterkirche von Bad Klosterlausnitz stammende, durch Rösel restaurierte Orgel hier in Dienst genommen.[12]
1886 Flemmingen Dorfkirche II/P 14 Gebr. Poppe; von 2002 bis 2004 umfangreich restauriert.
1888 Bobeck Dorfkirche Bobeck II/P 12
1888 Rödersdorf (Göschitz) St. Jodocus-Kirche II/P 14
1889 Eisenberg Stadtkirche St. Peter II/P 21 Gebr. Poppe; neugotisches Gehäuse erhalten, Werk von Böhm (Gotha) von 1977.[13]Orgel
1889–1890 Kranichfeld Michaeliskirche II/P 22 Gebr. Poppe, 1937 Neubau durch Orgelbau-Anstalt W. Sauer[14]
1906 Seubtendorf Dorfkirche
II/P 10 Ernst Poppe & Sohn → Orgel
1907 Wintersdorf (Meuselwitz) St. Walburga II/P 15 Ernst Poppe
1910 Höchen Protestantische Kirche II/P 13 A. Poppe & Söhne[15]
1935 Stelzendorf Ev. Kirche Ernst Poppe und Sohn
1938–1939 Plauen Dorfkirche II/P 25 Erneuerung der Orgel von 1788; 1945 zerstört
1939 Schleiz St. Georg III/P 34 Ernst Poppe und Sohn
2001 Crawinkel Marienkirche (Crawinkel)
II/P 26 Die Orgel aus der Kirche Klosterlausnitz (1984 eingelagert; das Orgelgehäuse verblieb dort) wurde von Rösel & Hercher Orgelbau restauriert und erklingt dort seit 2001[16] (siehe unter Jahr 1866)

Literatur

  • Hartmut Haupt: Orgeln in Ost- und Südthüringen. Ausbildung und Wissen, Bad Homburg/Leipzig 1995.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4.

Einzelnachweise

  1. Stadtroda auf religio.de, abgerufen am 9. Februar 2017.
  2. Informationen auf der Website Hermsdorf regional, abgerufen am 9. Februar 2017.
  3. Pape: Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1, 2009, S. 218–222.
  4. http://orgbase.nl/scripts/ogb.exe?database=ob2&%250=2023237&LGE=DE&LIJST=lang, abgerufen am 13. Mai 2021
  5. Chronik von Kayna von Pfarrer Heinrich Trübenbach, 1895, Neuerscheinung 2005, ISBN 3-00-013759-9 (PDF; 901 kB).
  6. Festgottesdienst für restaurierte Poppe-Orgel in St. Gangloff, abgerufen am 9. Februar 2017.
  7. Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer, Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 177 und 219.
  8. Die Orgel ist aktuell (Mai 2021) nicht spielbar. Ihre Restaurierung ist geplant, der Generalauftrag erhielt die Orgelwerkstatt Wegscheider in Dresden (geschätzter Kostenaufwand: 350.000 Euro; davon sind 40.000 Euro bislang an Spenden zusammengekommen). Quelle: Thomas Stridde: Kleine Nachmittagsmusik und große Pläne für Burgau, Ostthüringer Zeitung, Regionalausgabe Jena/Saale-Holzland-Kreis, 15. Mai 2021, Druckseite 18, abgerufen am 15. Mai 2021
  9. Kirche zu Gütterlitz, abgerufen am 6. Juli 2017.
  10. Kostenvoranschlag und Abnahmegutachten in: Pfarrarchiv Auma, Akten zur Kirchgemeinde Gütterlitz. Gesichtet am 8. Mai 2018
  11. Zschernitzsch auf der Website von Rösel-Orgelbau, abgerufen am 9. Februar 2017.
  12. Crawinkel auf der Website von Rösel-Orgelbau, abgerufen am 9. Februar 2017.
  13. Kirche St. Peter in Eisenberg, abgerufen am 9. Februar 2017.
  14. Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer, Band 1: Thüringen und Umgehung, S. 244. Pape Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4
  15. https://web.archive.org/web/20140424142438/http://www.saar-orgelland.de/ortsverzeichnis/bexbach/hoechenprot.html auf der archivierten Website Orgeln im Saarland, abgerufen am 13. Mai 2021
  16. Die C.E. Poppe-Orgel in Crawinkel, erbaut 1866 umgesetzt und restauriert 2002
Commons: Poppe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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