Planerit
Planerit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Al6(PO4)2(PO3OH)2(OH)8·4H2O[1] oder in der kristallchemischen Strukturformel-Schreiweise nach Strunz ◻Al6[(OH)8|(PO4)2|(PO3OH)2]·4H2O[3]. Planerit ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Aluminium-Phosphat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Das Symbol □ in der Strunz-Formel zeigt an, dass dieser Strukturplatz nicht vollständig besetzt ist.
Planerit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel |
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Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Phosphate, Arsenate und Vanadate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
8.DD.15 (8. Auflage: VII/D.08) 42.09.03.06 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | triklin |
Kristallklasse; Symbol | triklin-pinakoidal; 1[4] |
Raumgruppe | P1 (Nr. 2)[3] |
Gitterparameter | a = 7,65 Å; b = 10,15 Å; c = 7,65 Å α = 111,9°; β = 115,9°; γ = 67,6°[3] |
Formeleinheiten | Z = 1[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 5[5] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,65 bis 2,68; berechnet: 2,71[5] |
Spaltbarkeit | fehlt[2] |
Bruch; Tenazität | splittrig; spröde[5] |
Farbe | weiß, hellblaugrün, olivgrün[5] |
Strichfarbe | weiß bis grünlichweiß[2] |
Transparenz | undurchsichtig, kantendurchscheinend[5] |
Glanz | matt, kalkig, erdig[5] |
Planerit kristallisiert im triklinen Kristallsystem, entwickelt allerdings nur mikroskopisch kleine Kristalle, die entweder kugelige bzw. nierenförmige Mineral-Aggregate oder krustige Überzüge bilden. Das Mineral ist im Allgemeinen undurchsichtig und nur an dünnen Kanten durchscheinend. Frische Proben sind zunächst hellgrün bis fast weiß, dunkeln aber an der Luft mit der Zeit nach zu blaugrün oder olivgrün.
Planerit ist Mitglied der „Türkisgruppe“ und bildet mit Türkis (CuAl6[(OH)2|PO4]·4H2O)[3] eine Mischkristallreihe.[6]
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Planerit in Mineralproben vom Berg Tschernowskaja (russisch Черновская) nahe der Stadt Werchnjaja Syssert (englisch Verkhnyaya Sysert’, russisch Верхняя Сысерть) im Ural-Gebirge in der russischen Oblast Swerdlowsk.[7][8] Die Erstbeschreibung erfolgte 1862 durch Hans Rudolph Hermann, der das Mineral nach seinem Entdecker, dem russischen Mineralogen und Direktor der Kupferhütte Gumechewsk Dmitri Iwanowitsch Planer (russisch Дмитрий Иванович Планер, 1821–1882), benannte.[9][10]
In seinem ebenfalls 1862 auf Russisch veröffentlichten Bericht über „Materialien für die Mineralogie Russlands“ (englisch Materials for Mineralogy of Russia) charakterisierte N. I. Kokscharow das Mineral Planerit als „ein Mineral, das in dünnen traubenartigen Krusten auf Quarz vorkommt“. Er gab jedoch als Fundort fälschlicherweise die Kupfergrube Gumeshevskii bei Polewskoi weit westlich von Syssert an. Möglicherweise wurde dieser Irrtum dadurch ausgelöst, dass Planer der Direktor des Bergwerks Gumeshevskii war. Erschwerend kam hinzu, dass die falsche Angabe der Typlokalität in vielen mineralogischen Nachschlagewerken wiederholt wurde. 1867 wies Planer allerdings auf diesen Fehler hin:[7]
“Planerite was found on the Chernaya River, in a lofty steep mountain […] 5 versts from Sysert' Zavod and 49 versts south of Yekaterinburg […], but not in the Gumeshevskii Mine.”
„Planerit wurde am Fluss Tschernaja (russisch Черная[11]) in einem hohen steilen Berg gefunden […] 5 Werst von Sysert' Zavod und 49 Werst südlich von Jekaterinburg […], aber nicht im Bergwerk Gumeshevskii.“
Das Typmaterial des Minerals wird im Mineralogischen Museum, benannt nach A. J. Fersman (FMM) in Moskau unter der Katalog-Nr. 5404 aufbewahrt.[13][14]
Im Zuge der Entdeckung von Aheylit (Fe2+Al6(PO4)4(OH)8·4H2O) 1984 und einer daraufhin nötigen Neu-Untersuchung der Türkisgruppe wurde die chemische Formel für Planerit neu definiert mit ◻Al6(PO4)2(PO3OH)2(OH)8·4H2O und diese Neudefinition von der International Mineralogical Association (IMA) als eigenständige Mineralart anerkannt.[1]
Klassifikation
Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Planerit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, Arsenate und Vanadate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Chalkosiderit, Coeruleolaktit, Faustit und Türkis die „Türkis-Reihe“ mit der System-Nr. VII/D.08 bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/D.15-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, mit fremden Anionen“, wo Planerit zusammen mit Afmit, Aheylit, Chalkosiderit, Clarait, Faustit, Kobokoboit und Türkis die „Türkisgruppe“ bildet.[2]
Auch die seit 2001 gültige und von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[15] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Planerit in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der weiteren Anionen (OH etc.) zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex (RO4), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 2 : 1“ zu finden ist, wo es ebenfalls zusammen mit Aheylit, Chalkosiderit, Faustit und Türkis die „Türkisgruppe“ mit der System-Nr. 8.DD.15 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Planerit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er in der „Türkisgruppe“ mit der System-Nr. 42.09.03 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (A)3(XO4)2Zq × x(H2O)“ zu finden.
Kristallstruktur
Planerit kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2) mit den Gitterparametern a = 7,65 Å; b = 10,15 Å; c = 7,65 Å; α = 111,9°; β = 115,9° und γ = 67,6° sowie eine Formeleinheit pro Elementarzelle.[3]
Eigenschaften
Beim Erhitzen färbt sich Planerit grau und „dekrepitiert“ (auch Dekrepitation, Abknistern), d. h. das enthaltene Kristallwasser entweicht mit knisterndem Geräusch und das Mineral zerstäubt bzw. zerspringt in kleine Teilchen.
Das Mineral ist relativ unempfindlich gegen Säuren, beim Kochen in Natronlauge zersetzt es sich jedoch leicht.[9]
Modifikationen und Varietäten
Der in der Grube "Rindsberg" bei Katzenelnbogen in Rheinland-Pfalz entdeckte und von T. Petersen 1871 erstbeschriebene, milchweiße bis hellblaue Coeruleolaktit (von „Coeruleom“ für Himmelblau und „Lac“ für Milch[16]) stellte sich bei späteren Neuanalysen als Mineralgemenge aus Planerit, Variscit und Wavellit heraus.[6] Coeruleolaktit wurde daher 2006 als eigenständige Mineralart diskreditiert.[17]
Bildung und Fundorte
Planerit bildet sich sekundär in phosphatreichen Aluminium-Lagerstätten. Als Begleitmineral können unter anderem Quarz, Wavellit, Variscit und Metavariscit auftreten.
Als seltene Mineralbildung konnte Planerit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher 45 Fundorte dokumentiert sind (Stand 2021).[18] Neben seiner Typlokalität am Berg Tschernowskaja in der Oblast Swerdlowsk konnte das Mineral in Russland noch in einem Steinbruch am Berg Temir etwa einen Kilometer westlich von Zauralovo nahe der Stadt Tschebarkul in der Oblast Tscheljabinsk im Föderationskreis Ural sowie in der Zinn-Lagerstätte Këster im Arga-Ynnakh-Khai-Granitmassiv in der russischen Republik Sacha (Jakutien) im Föderationskreis Ferner Osten gefunden werden.
In Deutschland kennt man Planerit bisher aus den Gruben Mark bei Essershausen und Rotläufchen bei Waldgirmes in Hessen, vom Berg Hardtkopf bei Linnepe, dem Steinbruch Föckinghausen bei Bestwig und der Grube David bei Warstein in Nordrhein-Westfalen sowie von der Absetzerhalde des Tagebaus Lichtenberg in der Uran-Lagerstätte nahe Ronneburg in Thüringen.
Weitere bisher bekannte Fundorte liegen unter anderem in Australien, Burundi, Frankreich, Irland, Italien, Japan, der Demokratischen Republik Kongo (Zaire), Neuseeland, Portugal, Rumänien, Spanien, Südafrika, Tschechien und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[19]
Siehe auch
Literatur
- R. Hermann: Untersuchungen einiger neuer russischer Mineralien. 1. Ueber Planerit, ein neues Mineral. In: Bulletin de la Société Impériale des Naturalistes de Moscou. Band 35, 1862, S. 240–243 (rruff.info [PDF; 199 kB; abgerufen am 15. August 2021]).
- Eugene E. Foord, Joseph E. Taggart, jr.: A reexamination of the turquoise group: the mineral aheylite, planerite (redefined), turquoise and coeruleolactite. In: Mineralogical Magazine. Band 62, 1998, S. 93–111 (englisch, rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 15. August 2021]).
- Igor V. Pekov: Minerals first discovered on the territory of the former Soviet Union. 1. Auflage. Ocean Pictures, Moscow 1998, ISBN 5-900395-16-2, S. 166.
Weblinks
- Planerit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 15. August 2021.
- Planerite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF), abgerufen am 16. August 2021 (englisch).
Einzelnachweise
- Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2021. (PDF; 3,52 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2021, abgerufen am 15. August 2021 (englisch).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 503–504 (englisch).
- David Barthelmy: Planerite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 15. August 2021 (englisch).
- Planerite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 69 kB; abgerufen am 15. August 2021]).
- Eugene E. Foord, Joseph E. Taggart, jr.: A reexamination of the turquoise group: the mineral aheylite, planerite (redefined), turquoise and coeruleolactite. In: Mineralogical Magazine. Band 62, 1998, S. 93–111 (englisch, rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 15. August 2021]).
- Igor V. Pekov: Minerals first discovered on the territory of the former Soviet Union. 1. Auflage. Ocean Pictures, Moscow 1998, ISBN 5-900395-16-2, S. 166.
- Typlokalität Chernovskaya-Gebirge (Chernovskaya Mountain) beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 15. August 2021.
- R. Hermann: Untersuchungen einiger neuer russischer Mineralien. 1. Ueber Planerit, ein neues Mineral. In: Bulletin de la Société Impériale des Naturalistes de Moscou. Band 35, 1862, S. 240–243 (rruff.info [PDF; 199 kB; abgerufen am 15. August 2021]).
- Planerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 15. August 2021 (englisch).
- Igor V. Pekov: Minerals first discovered on the territory of the former Soviet Union. 1. Auflage. Ocean Pictures, Moscow 1998, ISBN 5-900395-16-2, S. 335.
- D. I. Planer: Minerals newly discovered and newly studied in the latest time. St. Petersburg 1867, S. 171 (russisch, zitiert in: Igor V. Pekov: Minerals first discovered on the territory of the former Soviet Union. 1. Auflage. Ocean Pictures, Moscow 1998, ISBN 5-900395-16-2, S. 318.).
- Catalogue of Type Mineral Specimens – P. (PDF 296 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 17. August 2021.
- Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 17. August 2021.
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 15. August 2021 (englisch).
- Carl Hintze: Phosphate, Arseniate, Antimoniate, Vanadate, Niobate und Tantalate. In: Handbuch der Mineralogie. Band 1, 4. Abteilung, 2. Hälfte. Walter de Gruyter & Co., Berlin, Leipzig 1933, S. 927 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 18. August 2021]).
- Ernst A. J. Burke: A Mass Discreditation of GQN Minerals. In: Mineralogical Association of Canada (Hrsg.): The Canadian Mineralogist. Band 44, 2006, S. 1557–1560 (cnmnc.main.jp [PDF; 119 kB; abgerufen am 18. August 2021]).
- Localities for Planerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 15. August 2021 (englisch).
- Fundortliste für Planerite beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 15. August 2021.
Anmerkungen
- Die Kristallchemische Strukturformel von Planerit wird im Lapis-Mineralienverzeichnis fälschlicherweise mit der doppelten Anzahl von PO4-Ionen angegeben.