Petra Reski
Petra Reski (* 1958 in Unna) ist eine deutsche Journalistin und Schriftstellerin.
Leben
Petra Reskis Vater stammte aus Reußen im Ermland und ihre Mutter aus der Gegend von Breslau in Schlesien.[1] Sie wuchs in der Stadt Kamen im Ruhrgebiet auf. Nach ihrem Studium der Romanistik und Sozialwissenschaften in Trier, Münster und Paris besuchte sie die Henri-Nannen-Schule. 1988 begann sie als Redakteurin im Auslandsressort des stern. Seit 1991 lebt Reski in Venedig. Dort arbeitete sie für deutschsprachige Magazine und verfasste mehrere Bücher. Für ihre literarischen und journalistischen Arbeiten erhielt sie mehrere Preise und Nominierungen.
Arbeiten zur Mafia, juristische Auseinandersetzungen
1989 schrieb Petra Reski zum ersten Mal über die Mafia und hat über dieses Thema mehrere Romane und Sachbücher veröffentlicht. Einer größeren Öffentlichkeit wurde sie 2008 durch ihr Anti-Mafia-Buch Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern, das besonderes Medienecho erhielt, bekannt.[2][3][4][5] Der italienische Gastronom Spartaco Pitanti erwirkte beim Landgericht München eine einstweilige Verfügung gegen die darin enthaltene Behauptung, dass er Geldwäsche betreibe. Daraufhin wurde das Buch an den betreffenden Stellen geschwärzt. Zwei weitere 2008 noch anhängige Klagen wurden zugunsten der Kläger Spartaco Pitanti und Antonio Pelle, Duisburger Hotelier, entschieden. Gegenstand des Pelle-Verfahrens war eine Passage in dem Buch, der zufolge sich der international gesuchte Clanführer Antonio Romeo eine Zeit lang in dem Hotel versteckt gehalten hatte.[6] Auch diese Buchstellen, belegt durch Ermittlungsakten deutscher und italienischer Staatsanwälte und BKA-Akten, mussten später geschwärzt werden.[7][8] Medien- und Presserechtler wie Markus Kompa[9] und Bernhard von Becker[10][11] kritisierten diese Urteile, als sie bewiesen, dass die Verdachtsberichterstattung in Deutschland nicht möglich sei.
2008 kam es bei einer Lesung in Erfurt, einem bekannten Zentrum für Geldwäsche der ’Ndrangheta,[12] zu Drohungen gegenüber der Autorin.[13][14] Auch im Gerichtssaal wurde sie mehrfach öffentlich bedroht.[15] Reski äußerte, sie sehe darin ein Indiz dafür, wie sicher sich die Mafia in Deutschland fühle.[16]
In einem Spiegel-Interview machte sie im Dezember 2008 erstmals bekannt, dass die Mafia neben den bisher bekannten deutschen Großstädten auch an der deutschen Ostseeküste Immobilien, Geschäfte und Restaurants aufgekauft hat und/oder damit Geldwäsche betreibt.[17] Die Mafia investiere wegen der liberaleren Gesetze und der eingeschränkten Abhörpraxis, die ihnen bislang einen großen Schutz vor Nachforschungen biete, bevorzugt in Deutschland.[16] Wie schon lange in Italien, so würden auch in Deutschland kommunale Beamte gekauft oder bestochen.
In einer Zeit-Reportage im Januar 2010 berichtete sie von ihren italienischen Kollegen, die über die Mafia schreiben und damit ihre berufliche Existenz und ihr Leben riskieren.[18]
2010 erschien ihr Buch Von Kamen nach Corleone. Darin enthüllte sie, wie gut sich die Mafia seit 40 Jahren in Deutschland eingerichtet hat und wie die Politik diese Tatsache ignoriert. Sie stellte die Verstrickungen der Mafia auch im Ruhrgebiet dar, wo bei den Mafiamorden 2007 in Duisburg sechs Menschen erschossen wurden, und thematisierte auch Berlusconis zwielichtige Verhandlungen mit Mafia-Bossen.
2017 verlor Reski einen Zivilprozess gegen einen in Erfurt ansässigen italienischen Gastronomen. Dieser sah in einem Artikel, den Reski für die Wochenzeitung Der Freitag geschrieben hatte, seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Reski hatte darin ein früheres Urteil des Landgerichts Leipzig zugunsten dieses Gastronomen in Auseinandersetzung mit dem MDR zitiert. Obwohl das Gericht die Klage gegen Reski zunächst für unzulässig hielt, weil fraglich sei, ob es sich nicht eher um Gerichtsberichterstattung als um Verdachtsberichterstattung handele, gab es der Klage schließlich doch statt: Petra Reski wurde auf Unterlassung der Verbreitung verurteilt.[19] Nach dem Gerichtsentscheid warf sie dem Freitag-Verleger Jakob Augstein vor, ihr in dem Verfahren keine juristische Unterstützung gewährt zu haben.[20] Augstein warf ihr im Gegenzug mangelhafte Recherche vor, Reski verklagte ihn dafür.[21][22] Um die Anwalts- und Gerichtskosten aufzubringen, rief Reski eine Crowdfundingkampagne ins Leben, da ihr Fall ein Präzedenzfall für Pressefreiheit sei. Das deutsche Recht mache es der Mafia sehr leicht, Journalisten zu verklagen.[23]
Ende 2017 unterlag Reski in dem Verfahren gegen Augstein teilweise.[24]
Petra Reski ist Mitglied beim Berufsverband Freischreiber e. V.[25] und beim PEN-Zentrum Deutschland.
Thesen zur Mafia
In einem Zeitungsartikel im Dezember 2008 listete Reski die „acht größten Irrtümer der Deutschen“ über die Mafia auf.[26] Sie bezeichnete es als schwerwiegenden Mangel, dass es in Deutschland noch keinen Straftatbestand der „Mafiazugehörigkeit“ wie in Italien gebe. Nur wenn es den Ermittlern gelingt, einem Mafioso oder mehreren Mafiosi die Vorbereitung einer konkreten Straftat nachzuweisen, können die Strafverfolgungsbehörden aktiv werden. Die Geldwäsche spiele beim Immobilienhandel eine besondere Rolle und werde immer noch nicht ernst genommen. Dies gelte vor allem für die (damals geltenden) Gesetze gegen Geldwäsche, wie sie später verdeutlichte.[27]
Ein immer noch weithin gepflegtes Bild der Mafia als ein Problem rückständiger, süditalienischer Dörfer fand ihre Kritik: „Weil die Mafia ihre Existenz nicht mehr bestreiten kann, versucht sie sich zur Folklore zu verklären: eine Geheimgesellschaft, die in ihren Verstecken singt und tanzt.“ Damit spielte Reski auch auf die CD-Serie La Musica della Mafia von Mimmo Siclari an.[28] Reski machte in Zeitungsartikeln oft darauf aufmerksam, wie sehr gerade Deutschland zum Spielfeld der italienischen Mafia geworden sei.[29][30]
Um weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen zu entgehen, ging Reski dazu über, in Romanform über die Mafia zu schreiben.[31] 2014 erschien der erste Band ihrer Krimi-Reihe, in dem die mutige Staatsanwältin Serena Vitale die Hauptrolle spielt: Palermo Connection.[32] 2015 folgte Die Gesichter der Toten,[33] 2017 Bei aller Liebe.[34]
Werke (Auswahl)
- Als ich einmal in den Canal Grande fiel. Vom Leben in Venedig. Droemer Verlag, München 2021, ISBN 978-3-426-27846-8.
- mit Sven Fennema (Fotograf): Melancholia. Zauber vergessener Welten. Frederking & Thaler, München 2019, ISBN 978-3-95416-263-5.
- Bei aller Liebe. Roman. Hoffmann und Campe, Hamburg 2017. ISBN 978-3-455-00158-7.
- Die Gesichter der Toten – Serena Vitales zweiter Fall. Hoffmann und Campe, Hamburg 2015, ISBN 978-3-455-40472-2 (Roman).
- Palermo Connection – Serena Vitale ermittelt. Hoffmann und Campe, Hamburg 2014, ISBN 978-3-455-40471-5 (Roman).
- Von Kamen nach Corleone. Die Mafia in Deutschland. Hoffmann und Campe, Hamburg 2010, ISBN 978-3-455-50163-6.
- Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern. Droemer Knaur, München 2008, ISBN 978-3-426-27466-8, Leseprobe, 11 S., (PDF; 71 kB).
- Santa mafia : da Palermo a Duisburg: sangue, affari, politica e devozione. Vorwort Vincenzo Macrì. Übersetzung Valentina Tortelli. Modena : Nuovi mondi, 2009 ISBN 978-88-89091-65-4
- mit Anna von Münchhausen, Stefanie Sonnentag, Dieter Richter, Ulrich Schuch: Einmal Capri – Immer Capri. Caprigeschichten von heute. Azur, Überlingen 2008, ISBN 978-3-934634-41-1.
- Der Italiener an meiner Seite. Droemer Knaur, München 2007, ISBN 978-3-426-77980-4 (Autobiografie).
- mit Johannes Thiele: Alles über Venedig. Thiele & Brandstätter Verlag, Wien 2007, ISBN 978-3-85179-005-4.
- Meine Mutter und ich. Ullstein Taschenbuch Verlag, München 2004, ISBN 978-3-548-60490-9.
- Venedig. Baustelle Kunst. In: du, Zürich 2003, ISBN 978-3-908515-72-2.
- Ein Land so weit. Ostpreußische Erinnerungen. Ullstein Taschenbuch Verlag, München 2002, ISBN 978-3-548-60154-0.
- Palazzo Dario. Roman, List Verlag, München 1999, ISBN 3-471-78562-0.
- Kein Tiger weit und breit. 32 neue Schmähreden an den Mann. Bastei Lübbe, Köln 1998, ISBN 978-3-7857-0926-9.
- Missfits lesen. Eine Prinzessin zahlt nie selbst. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1997, ISBN 3-7857-1022-4.
- Eine Prinzessin zahlt nie selbst. 32 Schmähreden an den Mann. Bastei Lübbe, Köln 1995, ISBN 978-3-7857-0811-8.
- Rita Atria. Eine Frau gegen die Mafia. Hoffmann und Campe, Hamburg 1994, ISBN 3-455-08596-2.
Auszeichnungen (Auszug)
- 2010: Emma-Journalistinnen-Preis[35]
- 2008: Auszeichnung als „Reporterin des Jahres“ vom Medium Magazin
- weitere Auszeichnungen und Nominierungen[36]
- 2018 Frauenbrücke-Preis für die innere Einheit Deutschlands[37]
- 2021 Ricarda-Huch-Preis[38]
Filme
- Eine Deutsche gegen die Mafia – Wie die Journalistin Petra Reski gegen den Mythos kämpft. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2010, 6:42 Min., Regie: Stefanie Appel, Produktion: hr, Redaktion: ttt – titel, thesen, temperamente, 19. September 2010, Filmtext (Memento vom 5. August 2011 im Internet Archive), Film auf Youtube.
- Racconti di vita – Petra Reski. Gespräch, Italien, 2009, 9:08 Min., Produktion: Rai Tre, Erstsendung: 18. Januar 2009, online-Video, (italienisch).
- Petra Reski: Mafia. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2008, 6:42 Min., Produktion: ZDF, Redaktion: aspekte, Erstsendung: 12. September 2008.
- Literatur live. Donna Leon und Petra Reski. Lesung im Kino Babylon und Interview, Deutschland, 2008, 6 Min., Produktion: Droemer Knaur, online-Video.
- Von Kamen nach Corleone. Dokumentation, Deutschland, 2011, 45 Min., Buch und Regie: Mathias Werth und Julia Krittian, Produktion: WDR, Reihe: die story, Erstsendung: 14. Februar 2011, Inhaltsangabe vom WDR, online-Video.
Weblinks
- Literatur von und über Petra Reski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Petra Reski in der Internet Movie Database (englisch)
- Offizielle Seite von Petra Reski
- Petra Reski: Wiedersehen in Wrzesina (Memento vom 2. Dezember 2008 im Internet Archive) GEO, 2007, Nr. 5
- Petra Reski bei filmportal.de
Interviews
- „Petra Reski, Mafiaexpertin“, Bayern 3, 10. November 2008, Interview, MP3-Datei, 38:34 Min.
- Peter Carstens: Die Mafia verschickt keine Drohungen (Memento vom 26. Mai 2011 im Internet Archive); GEO, 28. November 2008, mit Links zu weiteren Reportagen.
- Susanne Beyer: Mafia ist immer großes Drama; Der Spiegel, 1. Dezember 2008, Gespräch mit Donna Leon und Petra Reski.
- M. Kolb: „Pizzerien sind ideale Stützpunkte für die Mafia“; Süddeutsche Zeitung vom 8. Februar 2010.
- Carin Pawlak: Petra Reski: „Ich habe die Drohung verstanden“; Focus vom 27. September 2010.
- Katja Herzberg: Deutschland steckt in Sachen Mafia in der Steinzeit. In: Neues Deutschland vom 2./3. September 2017, S. 18–19.
Quellen
- Vera-Maria Stoll: Ein Land so weit. Visitator Ermland, Münster, 9. November 2009, abgerufen am 6. November 2013.
- Andreas Rossmann: Im Abendflug nach Palermo; Besprechung von Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern in Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ausgabe vom 13. Oktober 2008.
- Paul Kreine: Schluss mit Schutzgeld; Besprechung von Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern in Der Tagesspiegel, Ausgabe vom 3. November 2008.
- Jürgen Busche: Petra Reski: Mafia – Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. ; Rezension in: Cicero, Oktober 2008.
- Weitere Pressestimmen auf der Internetseite der Autorin:www.petrareski.com
- Christof Siemes, Christian Denso: Klappe halten – Die Journalistin Petra Reski hat Ärger wegen eines Mafia-Buchs; in Die Zeit, 27. November 2008, editiert am 16. April 2009
- "Mafia ist ein europäisches Problem", Hamm Live, 27. August 2010
- Ijoma Mangold: "Wir wissen, wo du wohnst!" In: Die Zeit, 12. November 2015. Abgerufen am 19. November 2016.
- Petra Reskis „Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern“ wird zensiert
- Anmerkung zu OLG München, Urteil vom 7. April 2009 – 18 U 1704/09 in Verlag C.H.Beck, nur abrufbar, wenn man bei Beck-online eingeloggt ist
- Link zur Kanzlei
- Torben Waleczek: Mafia in Deutschland: Geldwäsche und Drogenhandel sind ihr Geschäft; Tagesspiegel, 16. August 2007.
- Droemer-Verlag: Petra Reskis "Mafia"-Buch mit Schwärzungen weiterhin erhältlich. In: Buchmarkt, 20. November 2008. Abgerufen am 19. November 2016.
- Gefährliches Kompliment. Die Journalistin Petra Reski stellt im Literaturhaus ihr Mafia-Buch vor; Süddeutsche Zeitung, 17. November 2008.
- Ijoma Mangold: "Wir wissen, wo du wohnst!" In: Die Zeit, 12. November 2015. Abgerufen am 19. November 2016.
- Stefan Ulrich: Deutschland, Mafialand; in Süddeutsche Zeitung vom 13./14. Dezember 2008, PDF zum Download auf der Seite der Autorin
- Susanne Beyer: Mafia ist immer großes Drama; Der Spiegel, 1. Dezember 2008
- Petra Reski: Mafia gegen Journalisten: Bringt mich doch um, ihr Scheißkerle; Die Zeit, 28. Januar 2010.
- Von der Mafia lernen heißt schweigen lernen faz.net, 1. April 2017.
- Jakob Augsteins „Freitag“ Ist die Mafia jetzt der Gewinner? faz.net, 9. April 2017.
- FAZ.net 7. Juni 2017: Petra Reski verklagt Jakob Augstein
- NDR 6. Juni 2017: Petra Reski verklagt Jakob Augstein
- Pressefreiheit ist kein Wort. Es ist eine Tat. (Memento des Originals vom 22. Januar 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Urteil statt Mediation: Freitag-Verleger Jakob Augstein darf Petra Reskis Arbeit weiter “mangelhaft” nennen Online-Magazin Meeedia. Abgerufen am 11. Juli 2019
- Petra Reski bei Freischreiber e. V.
- Petra Reski: Die Deutschen unterschätzen die Mafia; Tagesspiegel.de, 21. Dezember 2008.
- „Expertin: Mafia macht auch im Norden Geschäfte“ (Memento vom 7. Oktober 2010 im Internet Archive), NDR, 5. Oktober 2010, Interview.
- Ambros Waibel: Kalabrische Mafia-Folklore – Ein Mann, seine Ehre und ein Kampf; in Die Tageszeitung vom 17. November 2012
- Petra Reski: Verbrecher auf Sommerfrische. In: taz.de, 11. April 2015. Abgerufen am 18. November 2016.
- Petra Reski: Die Mafia liebt Deutschland! In: taz, 30. Dezember 2011. Abgerufen am 18. November 2016.
- „Mafia? Immer die anderen!“; Der Spiegel 37/2017
- Dirk Hansen: Lesen Sie Reski!
- Kristina Maidt-Zinke: Deutschland und die Mafia – Helden für einen Tag; Rezension in Süddeutsche Zeitung vom 9. November 2015
- Radio Bremen: Zwei nach eins: Gespräche mit Prominenten und Zeitzeugen aus Kultur, Politik und Wirtschaft
- Am 17. Mai 2010 wird in Köln der 11. JournalistInnen-Preis verliehen, EMMA
- Vita, petrareski.com
- Manfred Stolpe mit Preis für innere Einheit Deutschlands geehrt. Abgerufen am 18. September 2019.
- Petra Reski erhält den Ricarda-Huch-Preis 2021. Abgerufen am 10. Juni 2021.