Pearyland
Pearyland ist eine Halbinsel im Norden von Grönland, die zwischen dem Victoriafjord im Nordwesten und dem Independence-Fjord im Südosten liegt. Die Halbinsel erstreckt sich nach Norden in den Arktischen Ozean, beziehungsweise in dessen Teile, die Lincolnsee im Westen und die Wandelsee im Osten. Der Victoriafjord trennt das Pearyland vom südwestlich benachbarten Wulff-Land.
Pearyland | |
MODIS-Satellitenbild von Pearyland | |
Geographische Lage | |
Koordinaten | 82° 30′ N, 35° 52′ W |
Gewässer 1 | Victoriafjord/Wandelsee |
Gewässer 2 | Independence-Fjord/Lincolnsee |
Länge | 375 km |
Breite | 200 km |
Fläche | 57.000 km² |
Karte von Nordgrönland mit Pearyland |
Pearyland ist benannt nach dem Polarforscher Robert Edwin Peary und liegt nur ungefähr 750 km südlich des Nordpols. Die Region im Norden nennt sich Amundsenland. Ihr nördlichster Punkt, Kap Morris Jesup, ist die nördlichste Stelle des grönländischen Festlands. Vor der Küste liegen mehrere Inseln, darunter Kaffeklubben Ø, die die nördlichste beständige Insel der Erde darstellt.
Ursprünglich wurde Pearyland für eine Insel gehalten, da man eine Verbindung zwischen dem Victoriafjord und dem Independence-Fjord annahm, den sogenannten Pearykanal.[1]
Landschaft und Klima
Der Frederick-E.-Hyde-Fjord mit einer Länge von 150 km im Osten von Pearyland teilt das Gebiet in das nördliche und das südliche Pearyland, ist aber nur einer von vielen Fjorden, die entlang der Küste liegen, darunter auch der J.-P.-Koch-Fjord im Südwesten. Das gesamte Gebiet misst etwa 200 km in Nord-Süd-Richtung und 375 km in Ost-West-Richtung und nimmt eine Fläche von 57.000 km² ein. Es wird nicht vom grönländischen Eisschild bedeckt. Im westlichen Teil von Pearyland gibt es jedoch mehrere Eiskappen, von denen die bis zu 600 m dicke Hans-Tausen-Eiskappe die größte ist. Das Land ist bergig und erreicht mit dem Gipfel Helvetia Tinde Höhen von bis zu 1.929 m im Gebirgszug Roosevelt Fjelde und bis zu 1.433 m in die H. H. Benedict Bjerge.
Das östliche und das nördliche Pearyland ist weitgehend eisfrei und damit das nördlichste, eisfreie Festland der Welt. Während der letzten Kaltzeit war es nicht von Gletschern bedeckt. Mit wenig Niederschlag (von 25 bis 200 mm Schnee im Jahr) ist Pearyland eine Kältewüste, von der nur ungefähr 5 % von wenigen Pflanzenarten bewachsen sind. Dennoch können in diesem Klima Tierarten wie der Eisbär oder der Polarwolf überleben.
Südöstlich liegt das Adam-Biering-Land.
Geschichte
Das Gebiet nördlich des Independence-Fjords, insbesondere das klimatisch begünstigte Wandeltal, zeigt zahlreiche Spuren menschlicher Besiedlung von 2.400 vor Christus bis ins 15. Jahrhundert n. Chr. Das südliche Pearyland ist das Verbreitungszentrum von zwei Prä-Dorset-Kulturen, den nach dem Fjord benannten Independence-I- und Independence-II-Kulturen.
Um 1300 war auch der Norden Pearylandes sowie die übrige Nordküste Grönlands von Vertretern der Thule-Kultur besiedelt. Infolge klimatischer Verschlechterung sind diese Menschen innerhalb von 200 Jahren in südlichere Küstenbereiche Grönlands abgewandert oder aber wie um 1850 die Nordostgrönländer ausgestorben, Pearyland ist seitdem unbewohnt.
Qissivik war eine Siedlung der Thule-Kultur, die etwa im 14. Jahrhundert zusammen mit zwei benachbarten Siedlungen am Frigg Fjord, einem nördlichen Nebenarm des Frederick-E.-Hyde-Fjords, verlassen wurde. Dies waren die nördlichsten Dauersiedlungen der Menschheitsgeschichte.
Im Zuge der Ersten Thule-Expedition wurde im Jahr 1912 festgestellt, dass Pearyland keine durch den hypothetischen Pearykanal von Grönland getrennte Insel, sondern eine Halbinsel ist. Die am Independence-Fjord gefundenen Reste menschlicher Behausungen lagen nördlicher als alle bis dahin bekannten.
Erforschung
In Pearyland befinden sich zwei arktische Forschungsstationen am Jørgen-Brønlund-Fjord, Brønlundhus (1948 errichtet) und Kap Harald Moltke (1972 errichtet). Beide Stationen wurden auf Initiative von Eigil Knuth gebaut und waren Ausgangspunkt für viele wissenschaftliche Expeditionen. Die Station Kap Harald Moltke wurde später errichtet unter Benutzung eines natürlichen Rollfeldes östlich der Mündung des Jørgen-Brønlund-Fjords in den Independence-Fjord.[2] Die Stationen sind 10 km voneinander entfernt. Brønlundhus ist auf der westlichen Seite des Jørgen-Brønlund-Fjord, und die Verbindung zwischen beiden Stationen wird im Sommer durch Boote aufrechterhalten, soweit es die Eisverhältnisse zulassen (Mitte Juli bis Ende August). Seit dem Tod Eigil Knuths werden die Stationen von der Peary Land Foundation verwaltet. Heute kann Brønlundhus als Museum angesehen werden, mit einer Sammlung von Gegenständen verschiedener Polarexpeditionen.
Erzförderung
Im Nordosten von Pearyland, am Citronenfjord, wurden 1993 umfangreiche Zink- und Bleivorkommen entdeckt. Sie gelten als das ergiebigste noch ungeförderte Zinkvorkommen der Welt, die Förderung wird vorbereitet. Die Volksrepublik China ist an Minenprojekten am Citronen-Fjord beteiligt.[3]
Literatur
- Bjarne Grønnow, Jens Fog Jensen: The Northernmost Ruins of the Globe: Eigil Knuth’s Archaeological Investigations in Peary Land and Adjacent Areas of High Arctic Greenland (PDF; 10,1 MB), Danish Polar Center, Kopenhagen 2003, ISBN 978-87-635-1262-6 (= Meddelelser om Grønland, Man & Society, Band 29)
Weblinks
- Geologische Karte Grönlands, Ausschnitt mit Pearyland (dänisch)
- Projekt zur Zink- und Bleierzförderung am Citronen-Fjord (2012) (englisch; archiviert)
- Nanok: The Peary Land Expedition 2001 (mit Fotos der Stationen)
Einzelnachweise
- Lauge Koch: The Question of Peary Channel. In: Geographical Review 15, 1925, Heft 4, S. 643–649 (englisch)
- Kap Harald Moltke and Brønlundhus bei dpc.dk (archiviert)
- Niels Anner, Kopenhagen: China hat in der Arktis grosse Pläne | NZZ am Sonntag. In: NZZ am Sonntag. (nzz.ch [abgerufen am 28. April 2018]).