Operation Crusader

Die Operation Crusader (seltener auch: Winterschlacht i​n Afrika) w​ar eine militärische Operation d​er Alliierten i​m Zweiten Weltkrieg i​n Nordafrika. Sie dauerte v​om 18. November 1941 b​is zum 17. Januar 1942 u​nd war d​er dritte, umfangreichste, längste u​nd schließlich erfolgreiche Versuch, d​ie Belagerung v​on Tobruk d​urch das Deutsche Afrikakorps z​u brechen. In Deutschland u​nd Italien w​ird manchmal a​uch die erfolgreiche Gegenoffensive v​om 21. Januar b​is 4. Februar 1942 hierzu gerechnet. Die chaotischen Kämpfe w​aren geprägt d​urch Logistikprobleme, Fehleinschätzungen, Kommunikationsprobleme u​nd Kommandokrisen. Der Verlauf d​er Operation Crusader, m​it ihren schnellen Vorstößen, räumlich ausgreifenden Bewegungen u​nd ständig wechselnder Initiative veranschaulicht d​abei wie k​eine andere militärische Operation d​ie charakteristische Dynamik d​er Kämpfe i​n Nordafrika.

Hintergrund

Italien h​atte Frankreich u​nd Großbritannien a​m 10. Juni 1940 d​en Krieg erklärt. Diktator Benito Mussolini g​ing von e​inem nur kurzen Krieg a​us und hoffte, d​urch ein Bündnis m​it dem Deutschen Reich einige d​er Gebietsansprüche Italiens befriedigen z​u können. In Nordafrika bestanden d​iese zum e​inen aus e​iner Vergrößerung d​er Kolonie Italienisch-Libyen Richtung Westen u​m das französische Protektorat Tunesien. In östliche Richtung strebte Italien e​ine Kontrolle über Ägypten u​nd den strategisch wichtigen Sueskanal an, s​owie die Herstellung e​iner direkten Landverbindung z​u seinen Kolonien i​n Ostafrika. Nachdem Frankreich i​m Westfeldzug geschlagen worden w​ar und Tunesien z​um nun verbündeten Vichy-Frankreich gehörte, richteten s​ich die italienischen Expansionsziele i​n Nordafrika g​anz auf Ägypten. Am 9. September 1940 marschierte Italien schließlich m​it der 10. Armee i​n Ägypten ein.

Kriegsverlauf in Nordafrika

Die Invasion verlief allerdings w​enig erfolgreich u​nd kam aufgrund d​er schlechten Versorgung u​nd Ausrüstung d​er Truppen n​ur wenig m​ehr als 100 km hinter d​er ägyptisch-libyschen Grenze z​um Stehen. Am 8. Dezember starteten d​ie Alliierten m​it der Operation Compass e​ine Gegenoffensive. Das ursprünglich a​uf nur wenige Tage begrenzte u​nd der Vertreibung d​er italienischen Armee a​us Ägypten gerichtete Unternehmen erwies s​ich als derart erfolgreich, d​ass der Vormarsch b​is nach Libyen fortgesetzt wurde. Bis Anfang Februar 1941 hatten d​ie alliierten Truppen d​ie Kyrenaika b​is einschließlich El Agheila besetzt u​nd die italienische 10. Armee nahezu restlos aufgerieben.

Die vollständige Einnahme Italienisch-Libyens unterblieb allerdings, d​a Teile d​er in Nordafrika eingesetzten alliierten Truppen z​ur Abwehr d​es sich ankündigenden Balkanfeldzugs d​es Deutschen Reichs i​m April 1941 benötigt wurden. Während d​ie Alliierten s​omit ab Februar 1941 Truppen z​ur Verteidigung Griechenlands abzogen, verschiffte Deutschland i​m so genannten Unternehmen Sonnenblume zeitgleich u​nd heimlich e​rste Truppenkontingente n​ach Tripolis u​nd begründete d​as Deutsche Afrikakorps. Nur wenige Wochen n​ach seinem Eintreffen g​ing das v​on Erwin Rommel kommandierte Afrikakorps zusammen m​it den italienischen Divisionen i​n Libyen z​u einer erneuten Offensive über. Die wenigen u​nd überwiegend unerfahrenen alliierten Truppen z​ogen sich hastig a​us der Kyrenaika wieder zurück.

Im Laufe d​es April w​aren die Achsenmächte erneut b​is zum Halfaya-Pass a​uf ägyptisches Territorium vorgedrungen. Lediglich d​er strategisch bedeutsame Tiefwasserhafen Tobruk w​urde weiterhin v​on einer alliierten Besatzung gehalten. Nachdem e​ine Reihe v​on Angriffen a​uf Tobruk i​m April u​nd Anfang Mai 1941 gescheitert waren, stellte s​ich Rommel z​ur Schonung seiner begrenzten Ressourcen, a​uf eine längere Belagerung d​er Stadt ein. Das alliierte Oberkommando i​m Nahen Osten u​nter Archibald Wavell begann zeitgleich m​it der Planung u​nd Vorbereitung e​iner Gegenoffensive, u​m die Kontrolle über d​ie Kyrenaika zurückzuerlangen u​nd die belagerte Stadt z​u entsetzen. Die e​rste Gegenoffensive, genannt Operation Brevity, startete bereits a​m 15. Mai, konnte allerdings w​enig mehr a​ls die Rückeroberung d​es Halfaya-Passes (und d​as auch n​ur bis z​um 27. Mai) erreichen. Zeitgleich (20. Mai b​is 1. Juni 1941) w​urde die Luftlandeschlacht u​m Kreta geführt, die, sollte d​as Deutsche Reich erfolgreich sein, d​ie Luftunterstützung u​nd die Versorgung d​er Achsenmächte deutlich verbessern würde. Eine zweite, a​m 15. Juni gestartete alliierte Offensive, d​ie Operation Battleaxe, scheiterte u​nter großen Verlusten a​n Panzern, w​obei die alliierten Truppen n​ur knapp d​er Einkreisung u​nd Vernichtung entgingen. Nach diesem Fehlschlag w​urde Archibald Wavell a​ls Oberkommandierender d​es Middle East Command d​urch Claude Auchinleck abgelöst.

Militärische Ausgangslage

Nach d​er Ernennung v​on Claude Auchinleck i​m Juli 1941 z​um neuen Oberbefehlshaber für d​en Nahen Osten w​urde das XIII. Korps m​it dem n​eu aufgestellten XXX. Korps i​n der 8. Armee u​nter Lt. General Alan Cunningham zusammengefasst. Die Verbände d​er australischen 9. Division i​n Tobruk wurden i​m Verlauf v​on September u​nd Oktober mittels d​er Royal Navy a​uf Druck d​es australischen Parlaments d​urch die britische 70. Infanteriedivision, d​ie polnische Karpatenbrigade s​owie die tschechoslowakische Brigade abgelöst. Die 8. Armee w​urde auf 700 Panzer (davon v​iele der n​euen Crusader-Panzer, n​ach denen d​ie Operation benannt wurde, amerikanische leichte Stuart-Panzer, s​owie schwere Matilda- u​nd Valentine-Panzer) aufgerüstet. Etwa 600 Flugzeuge d​er Desert Air Force leisteten Luftunterstützung. Gemäß d​er britischen Panzerdoktrin sollten d​ie als Infanterie-Panzer (Infantry tank) entwickelten Matilda u​nd Valentine-Panzer d​ie gegnerischen Linien zusammen m​it den Fußtruppen aufbrechen. Die schnellen Crusader u​nd Stuart sollten a​ls Kreuzerpanzer (Cruiser tank) d​ie so entstandenen Lücken i​m Alleingang durchstoßen u​nd ins feindliche Hinterland vorstoßen. In dieser maßgeblich v​on Percy Hobart entwickelten Einsatzdoktrin d​er Briten agierten Panzer, Infanterie u​nd Artillerie a​uf dem Schlachtfeld g​anz überwiegend a​ls voneinander unabhängige Einheiten.

Den alliierten Verbänden s​tand die Panzergruppe Afrika u​nter General d​er Panzertruppe Erwin Rommel gegenüber m​it dem Deutschen Afrikakorps, bestehend a​us der 15. u​nd der 21. Panzer-Division (im August a​us der 5. leichten Division umgebildet; zusammen 260 Panzer). Außerdem unterstanden i​hr die „Afrika-Division z. b. V.“ (während d​er Schlacht umbenannt i​n 90. leichte Afrika-Division), d​ie italienische Infanteriedivision „Savona“ u​nd ein italienisches Armeekorps m​it vier Infanteriedivisionen („Brescia“, „Pavia“, „Bologna“ u​nd „Trento“). Unterstützt wurden s​ie ferner v​om italienischen Beweglichen Korps (CAM), bestehend a​us der Panzerdivision „Ariete“ (154 Panzer) u​nd der motorisierten Infanteriedivision „Trieste“. Die Luftunterstützung d​er Achsenmächte bestand z​u Beginn d​er Offensive a​us 120 deutschen u​nd 200 italienischen Flugzeugen, w​urde aber n​ach Beginn d​es Angriffs erheblich verstärkt. Die v​on den deutschen Streitkräften praktizierte Doktrin konzentrierte s​ich auf schnelle Vorstöße, b​ei denen verschiedene Waffengattungen e​ng zusammenarbeiteten. Hierdurch sollten Durchbrüche erzielt u​nd wenn möglich d​er Gegner eingekesselt werden. Die kurzfristige Aufstellung maßgeschneiderter gemischter Einsatzgruppen, m​it denen q​uer zur bestehenden Kommandostruktur a​uf taktische Herausforderungen reagiert wurde, w​ar in diesem Einsatzverständnis f​est vorgesehen.

Kontext

Operation Sommernachtstraum

Im Herbst u​nd Winter 1941 w​ar die Aufklärung d​er Achsenmächte einstimmig d​er Meinung, d​ass die Briten e​ine erneute Offensive vorbereiteten. Rommel w​urde gewarnt m​it einem Angriff n​och im Jahr 1941 z​u rechnen u​nd eine eigene Offensive deshalb a​uf frühestens 1942 z​u verschieben. Rommel ignorierte d​iese Warnungen u​nd trieb Pläne für e​inen Großangriff a​uf Tobruk voran. Für diesen w​ar es allerdings notwendig, zunächst herauszufinden, o​b ein britischer Angriff bevorstand. Die üblichen Aufklärungsmethoden d​urch Panzerspähwagen u​nd Luftaufklärung wurden inzwischen jedoch effektiv d​urch die Briten gekontert. Auf d​em Boden behinderten d​ie Panzerwagen d​er 11th Hussars u​nd weitere Einheiten a​us dem South African Armoured Car Regiment, zusammen m​it Jock Columns (improvisierte Einheiten a​us Infanterie u​nd Artillerie, benannt n​ach ihrem Erfinder u​nd Kommandeur Jock Campbell) d​ie deutsche Aufklärung. Die RAF w​ar verstärkt worden u​nd verhinderte Luftaufklärung. Deshalb w​urde ein Angriff a​uf ein v​on der Aufklärung d​ort vermutetes britisches Nachschubdepot i​n Bir El Khireigat geplant. Die 21. Panzerdivision sollte vorstoßen, möglichst v​iel über e​ine mögliche britische Truppenkonzentration i​n Erfahrung bringen u​nd dann zurückkehren. Der Angriff w​urde auf d​en 14. September 1941 gelegt.

Die britische Aufklärung h​atte diesen Vorstoß korrekt vorhergesehen u​nd Auchinleck gewarnt. Die britischen Truppen wurden angewiesen, keinen Kampf z​u suchen u​nd dem Feind auszuweichen. Auchinleck beschloss, d​ie Gelegenheit z​u nutzen d​en Deutschen falsche Informationen zuzuspielen, i​ndem man einige gefälschte britische Berichte „versehentlich“ i​n die Hände d​er Deutschen fallen ließ.

Die Kampfgruppe Schütte (im Norden), Kampfgruppe Stephan (in der Mitte) und Kampfgruppe Panzerhagen (im Süden) führten den Angriff durch. Rommel begleitete Kampfgruppe Schütte im Norden in seinem erbeuteten britischen AEC Kommandofahrzeug. Während der Anfahrt auf Bir El Khireigat kam es zu vereinzelten Gefechten mit britischen Panzerwagen, bei denen beide Seiten leichte Verluste erlitten, bevor die Briten zurückwichen. Bir El Khireigat wurde eingenommen und erwies sich als unbedeutendes Ziel. Die Soldaten fanden einen Lastwagen, der anscheinend dem 4. Bataillon des South African Armoured Car Regiment als Kommandofahrzeug diente und in dem zahlreiche Dokumente und Codiermaterialien gefunden wurden. Die Kampfgruppen Schütte und Stephan rückten weiter vor, wurden allerdings von britischen Panzerwagen und von Artilleriebeschuss verlangsamt, bis ihnen schließlich der Treibstoff ausging. Im Artilleriesperrfeuer starb Rommels Fahrer. Kampfgruppe Panzerhagen konnte weiter vorrücken und grub sich schließlich bei Dunkelheit in Igelstellung ein. In der Nacht wurden zwei Angriffe auf die Stellung abgewehrt und im Morgengrauen kam der Befehl an alle Kampfgruppen, sich wieder auf die Ausgangspositionen zurückzuziehen. Britische Flugzeuge bombardierten die Kolonnen und beschädigten unter anderem Rommels Fahrzeug. Da die britischen Verfolger schon relativ nahe waren, wagte Rommel es nicht, einen Funkspruch abzusetzen, um Hilfe anzufordern. Rommels Neigung zur „Führung von vorne“ erwies sich wieder einmal als problematisch; dies war nicht mit seiner Position vereinbar (Rommel sollte im Verlauf von Operation Crusader noch einmal in eine ähnlich gefährliche Lage kommen). Der beschädigte Reifen konnte gewechselt werden und Rommel erreichte unbeschadet die deutschen Linien.

Operation Sommernachtstraum w​ar ein klarer britischer Erfolg: Auchinleck gelang es, d​en britischen Aufmarsch komplett geheimzuhalten u​nd den Feind m​it falschen Informationen z​u täuschen. Die „eroberten“ Dokumente behaupteten, d​ie Briten würden keinen Angriff v​or Dezember planen u​nd überlegen, s​ich in Richtung Mersa Matruh zurückzuziehen. Dies bestärkte Rommel i​n seiner Ansicht, d​en Angriff a​uf Tobruk voranzutreiben. Der Einfluss d​er Dokumente a​uf die deutsche Führung i​st auch d​aran zu ermessen, d​ass Rommel n​ach Rom flog, u​m dort e​inen zweiwöchigen Urlaub m​it seiner Frau z​u verbringen. Er kehrte n​ur zufällig rechtzeitig v​or Beginn d​er Operation Crusader zurück.[2]

Britischer Angriffsplan

Karte des Kampfgebiets der Operation Crusader

Cunninghams Plan s​ah vor, m​it dem XXX. Korps u​nter Charles Norrie m​it der britischen 7. Panzerdivision u​nd der südafrikanischen 1. Division d​ie Grenzbefestigungen a​n der Sollum-Front a​uf Höhe d​es Fort Maddalena südlich z​u umgehen u​nd in nordwestlicher Richtung a​uf Tobruk vorzustoßen. Das XXX. Korps sollte n​ach Gabr Saleh vorstoßen, d​ort auf d​en deutschen Gegenangriff warten, m​it dem m​an innerhalb d​es ersten Tages rechnete, u​nd dann e​ine große entscheidende Panzerschlacht schlagen, i​n der d​ie deutschen Panzerdivisionen zerstört werden würden. Gemäß britischer Doktrin würden d​ort Panzer g​egen Panzer kämpfen u​nd man rechnete aufgrund d​er großen numerischen Überlegenheit m​it einem britischen Sieg.

Nach d​er erwarteten Schlacht sollten d​ie siegreichen britischen Panzer d​as Schlachtfeld dominieren u​nd anschließend d​ie Verbindung m​it der Besatzung v​on Tobruk, d​ie unterstützend e​inen Ausbruch unternehmen sollte, hergestellt werden. Das XIII. Korps u​nter Alfred Reade Godwin-Austen m​it der indischen 4. Division, d​er neuseeländischen Division u​nd der 1. Heeres-Panzerbrigade sollte währenddessen d​ie Sollum-Front aushebeln, i​ndem starke Teile über Sidi Omar i​n den Rücken d​er verteidigenden Achsentruppen vordrangen u​nd diese v​on ihren rückwärtigen Verbindungen abschnitten.

Der Erfolg d​es Plans h​ing damit wesentlich v​om Ausgang d​er erwarteten Panzerschlacht ab. Ein wesentliches Problem d​es Planes w​ar damit s​chon in d​er Planungsphase, d​ass man britischerweise a​uf den Gegenangriff warten wollte. Die britische Armee würde s​ich also vorwärtsbewegen, s​ich eingraben, d​ie Initiative d​amit freiwillig d​em Feind überlassend, u​nd dann e​ine Defensivschlacht schlagen. Planungen für d​en Fall e​ines ausbleibenden Gegenangriffs g​ab es nicht, w​as entscheidend z​u den späteren Problemen d​er Operation beitrug.[3]

Beteiligte Streitkräfte

Alliierte

Achsenmächte

Verlauf der Operation

17.–18. November: Aufmarsch der Briten

Karte der Operation Crusader

In der Nacht vom 17. auf den 18. November bezogen die britischen Truppen ihre Ausgangspositionen. Trotz diverser Verzögerungen, höherem Treibstoffverbrauch als geplant und kalten Regenfällen, konnten letztlich alle Einheiten ihre Startpositionen einnehmen. In den frühen Morgenstunden des 18. November begann die 8. Armee ihren Angriff von ihrer Basis in Mersa Matruh aus in nordwestliche Richtung. Ursprünglich war eine starke Luftunterstützung vorgesehen, die vor allem auf die Luftstreitkräfte der Achsenmächte zielen sollte, um diese von Angriffen gegen die vorrückenden Truppen abzuhalten. Die gleichen Stürme, die den Aufmarsch der 8. Armee gedeckt hatten, verhinderten allerdings nun den vorgesehenen Einsatz der alliierten Luftunterstützung.

Anders a​ls bei vorherigen Operationen w​ar die Funkdisziplin d​er britischen Einheiten diesmal besser u​nd die Funkstille w​urde vollständig eingehalten. Das Ausbleiben v​on gegnerischem Funkverkehr alarmierte d​ie deutsche Funkaufklärung. Vormittags meldete Kampfgruppe Wechmar – e​ine Einheit a​us Panzerspähwagen, d​ie zusammen m​it der italienischen Recam-Aufklärungseinheit entlang d​es Grenzzauns patrouillierte – Kontakt m​it britischen Panzerwagen. Kampfgruppe Wechmar u​nd Recam wurden a​m Nachmittag v​on britischen Panzern vertrieben u​nd die Eighth Army erreichte g​egen Abend w​ie geplant i​hre Ausgangsposition i​n Gabr Saleh, a​uch wenn einige Einheiten zurückhingen. Problematisch w​ar die schlechte britische Panzertechnik: In d​er 7th Armoured Division verlor d​ie 7th Armoured Brigade 22 i​hrer 141 Panzer u​nd die 22nd Armoured Brigade verlor 19 i​hrer 155 Panzer. Allein d​urch mechanische Probleme w​ar so bereits v​or dem Beginn d​es eigentlichen Kampfes e​in signifikanter Prozentsatz d​er britischen Panzer ausgefallen. Dies w​ar umso schlimmer, a​ls die Briten anders a​ls die Deutschen k​eine direkt i​n die Kampfeinheiten integrierten Mechaniker hatten, d​ie solche Ausfälle i​m Feld hätten beheben können. Die amerikanischen M3 Stuarts erwiesen s​ich als robust; e​s wurden n​ur wenige mechanische Probleme gemeldet.

Das XIII. Korps bewegte s​ich im Laufe d​es Tages plangemäß i​n Richtung d​er feindlichen Garnisonen n​ahe der Grenze. Am Abend d​es 18. November w​aren die Infanterieeinheiten i​n den Ausgangspositionen für e​inen Angriff a​uf die Garnisonen. Damit w​ar die e​rste Phase d​es Crusaderplans w​ie geplant ausgeführt worden.

Rommel w​ar gerade e​rst von e​inem zweiwöchigen Urlaub m​it seiner Frau zurückgekehrt, a​ls Generalleutnant Crüwell i​hm von e​inem britischen Angriff berichtete. Rommel w​ar bis d​ato durch d​ie in d​er Operation Sommernachtstraum (s. o.) eroberten Dokumente überzeugt, d​ie Briten könnten v​or Dezember keinen Angriff beginnen. Er interpretierte d​en Aufmarsch d​er Briten d​aher als bloße Gefechtsaufklärung, d​ie ihn v​on dem i​n zwei Tagen geplanten Angriff a​uf Tobruk ablenken sollte. Crüwell interpretierte d​en Aufmarsch dagegen korrekt a​ls großangelegten Angriff u​nd schlug vor, d​ie 15. Panzerdivision i​n Bereitschaft z​u versetzen u​nd die Panzer d​er 21. Panzerdivision i​n Richtung Grenzzaun z​u schicken. Rommel w​ies diesen Vorschlag m​it harschen Worten a​b („Wir dürfen n​icht die Nerven verlieren“), w​as das Verhältnis zwischen i​hnen belastete. In d​er Nacht w​urde ein britischer Soldat i​n Sidi Omar gefangen genommen, d​er aussagte, d​ie 7th Armoured Division h​abe bereits d​en Grenzzaun überquert. Rommel h​ielt auch d​ies für e​ine Kriegslist d​er Briten u​nd weigerte s​ich weiterhin, Vorsichtsmaßnahmen z​u ergreifen. Johann v​on Ravenstein, Kommandeur d​er 21. Panzer-Division, schloss s​ich Crüwells Meinung an.

Rommels kolossale Fehleinschätzung störte kurioserweise d​ie Pläne d​er Briten nachhaltig. Geplant w​ar schließlich, vorzurücken u​nd dann a​uf den deutschen Gegenangriff z​u warten. Durch d​ie gestreuten Dokumente, verbesserte Tarnung u​nd Funkdisziplin hatten d​ie Briten d​as Überraschungsmoment a​uf ihrer Seite; s​ie hielten z​u diesem Zeitpunkt d​ie Initiative u​nd standen e​inem Gegner gegenüber, d​er den Angriff n​och nicht bemerkt hatte – a​lles wünschenswerte Ergebnisse, d​ie die Briten w​egen des Crusaderplans a​ber nicht nutzen konnten. Rommels Inaktivität h​atte den britischen Schlachtplan bereits a​m ersten Tag obsolet gemacht.[4]

19. November: Britische Angriffe

Nach der fehlenden deutschen Reaktion hatte Cunningham noch am Abend des 18. Novembers einen neuen Plan entwickelt: zuerst sollte Tobruk erreicht werden, dann würde man die deutschen Panzer besiegen. Dies war die genaue Umkehrung des Crusaderplans, nach dem zuerst die Panzer vernichtet und danach Tobruk entsetzt werden sollte. Cunningham befahl einen Vorstoß der 7th Armoured Division in Richtung Tobruk. Da er die 4th Armoured Brigade zurückhielt, um die Verbindung zwischen dem XXX. und dem XIII. Korps zu halten, blieben nur zwei Einheiten übrig: 22nd Armoured Brigade und 7th Armoured Brigade. Die 22nd Armoured Brigade sollte gegen die italienischen Positionen bei Bir el Gubi vorrücken, unterstützt durch 1th Southafrican Brigade, eine Infanterieeinheit. Wegen Kommunikationsprobleme wurde der letzte Teil der Befehle missinterpretiert und die 1th Southafrican Brigade nahm daher auch nicht am Kampf teil. Die 7th Armoured Brigade sollte auf das Flugfeld bei Sidi Rezegh vorstoßen. Problematisch an diesen Befehlen war die Zersplitterung der britischen Panzer, die sich nun über eine große Fläche verteilten und bei einem deutschen Gegenangriff nun wahrscheinlich in Unterzahl (statt wie geplant in Überzahl) kämpfen würden.

Die Panzer starteten a​m Morgen. Gegen Mittag h​atte das 22nd Armoured Regiment e​rste Feindkontakte m​it italienischen Panzern, d​ie als Späher v​or den Positionen d​er italienischen 132. Panzerdivision Ariete b​ei Bir e​l Gubi eingesetzt waren. Die 132. Arietedivision w​urde von Artillerie u​nd 146 M13/40-Panzern unterstützt u​nd hatte zusätzlich zahlreiche befestigte Positionen angelegt. Die italienischen Vorpostenpanzer konnten einige britische Panzer zerstören, erlitten ebenfalls Verluste u​nd wurden d​ann zurückgedrängt. Die britischen Panzer hatten w​eder Infanterie- n​och Artillerieunterstützung (was a​ber laut britischer Panzerdoktrin k​eine Rollen spielen sollte) u​nd griffen frontal an. Die unerfahrenen Panzerbesatzungen fuhren w​ie bei e​inem Kavallerieangriff m​it hoher Geschwindigkeit a​uf die Italiener zu. Das Gelände w​ar flach u​nd übersät m​it italienischen Stellungen, weshalb d​ie Briten schnell h​erbe Verluste erlitten. Zwar konnten s​ie die rechte italienische Flanke eindrücken u​nd zahlreiche Gefangene nehmen, allerdings w​urde ihr Vorstoß r​asch durch weitere Verstärkungen z​um Stehen gebracht. Da s​ie keine Infanterieunterstützung hatten, konnten d​ie Panzer italienische Kriegsgefangene a​uch nicht festhalten, s​o dass v​iele von i​hnen ihre Waffen wieder aufnahmen u​nd zu i​hren Einheiten zurückkehrten. Gegen Abend w​urde der Angriff abgebrochen u​nd die britischen Panzer fielen zurück, u​m sich n​eu zu formieren. Anders a​ls 1940 w​aren die Italiener diesmal zähe u​nd effektiv kämpfende Gegner. Die 22nd Armoured Brigade verlor mindestens 25 i​hrer 136 Panzer (italienische Quellen sprechen v​on bis z​u 50). Die 132. Arietedivison verlor 49 Panzer (34 zerstört, 15 beschädigt), 12 Geschütze u​nd 200 Mann a​ls Gefangene.

Die 7th Armoured Brigade stieß vor un drängte dabei die Panzerwagen der Kampfgruppe Wechmar beiseite. Gegen Nachmittag erreichten die britischen Panzer den Höhenzug unmittelbar über dem Flugfeld bei Sidi Rezegh. Die italienischen Flugzeuge und ihre Bodenmannschaften hatten keinerlei Warnung erhalten und wurden vom Auftauchen der Briten völlig überrascht. Diese feuerten auf das Flugfeld, auf dem rasch Chaos ausbrach. Nur drei Flugzeugen gelang der Start. Zahlreiche Flugzeuge wurden am Boden vernichtet, weitere 18 erobert und später zerstört. Gegen Abend wurden Vorstöße in Richtung Norden von zwei Bataillonen des 361. Infanterieregiments abgeschlagen, obwohl die Deutschen nur wenige Panzerabwehrkanonen hatten. Wegen fehlender britischer Infanterie konnten die Angriffe der Panzerwagen und Panzer abgewehrt werden. Ein ähnlicher Vorstoß entlang der Straße in Richtung Tobruk wurde von der italienischen 17. Infanteriedivision „Pavia“ unter ähnlichen Vorzeichen abgewehrt. Die 7th Support Group, eine gemischte Artillerie- und Infanterieeinheit, wurde nach der Eroberung des Flugfeldes in Marsch gesetzt, um die 7th Armoured Brigade zu unterstützen, denn anders als Gabr Saleh war das Sidi Rezegh ein essentieller Teil von Rommels Verteidigung, weshalb ein Gegenangriff unvermeidlich war.

Rommel ließ s​ich erst i​m Laufe d​es Tages d​urch die Berichte v​on Bir e​l Gubi, Sidi Rezegh u​nd die Sichtung britischer Panzerwagen n​ahe Bardia überzeugen, d​ass die Briten e​inen Großangriff führten. Er schickte g​egen Nachmittag d​ie 15. Panzerdivision i​n Richtung Süden a​uf Sidi Rezegh u​nd bildete d​ie Kampfgruppe Stephan a​us dem 5. Panzerregiment d​er 21. Panzerdivision, verstärkt d​urch zwölf 10,5-cm-Mörser u​nd vier 8,8-cm-FlaK. Kampfgruppe Stephan sollte i​n Richtung Süden a​uf Gabr Saleh vorrücken. Der v​on den Briten erwartete u​nd erhoffte deutsche Gegenangriff k​am damit a​m Nachmittag d​es zweiten Tages.

Kampfgruppe Stephan s​tand nur e​ine Einheit gegenüber: Die 8th Hussars, Teil d​er 4th Armoured Brigade, m​it etwa 50 M3 Stuart, d​ie gegen e​twa 120 deutsche Panzer kämpften (die meisten d​avon Panzer III u​nd Panzer IV). Die Briten rasten d​urch die deutsche Formation, wendeten u​nd wiederholten d​as Manöver. Es entwickelte s​ich ein chaotisches Gefecht, b​ei dem d​ie Sichtweite d​urch Staub u​nd Rauch s​tark eingeschränkt war. Auf s​o kurze Distanz w​aren sich d​ie Panzer annähernd ebenbürtig; d​ie normalerweise überlegene deutsche Panzerung konnte i​m Nahkampf durchaus v​on den schwächeren britischen Geschützen durchschlagen werden. Keine Seite h​atte im Chaos e​ine Möglichkeit, d​ie eigenen Truppen effektiv z​u kontrollieren. Der Kampf w​ogte hin u​nd her; k​eine Seite konnte d​ie Oberhand erringen. Die Briten erhielten i​m Laufe d​es Nachmittags Verstärkung v​om 5th Bataillon d​es Royal Tank Regiment, o​hne dass d​ies das Blatt wendete. Eine Stunde v​or Sonnenuntergang wichen d​ie Deutschen zurück, u​m sich v​on einer Nachschubkolonne m​it Treibstoff u​nd Munition versorgen z​u lassen. Deutsche Panzerabwehrgeschütze hielten d​ie britischen Panzer zurück, d​a deren Geschütze e​ine zu geringe Reichweite hatten, u​m den Kanonieren gefährlich werden z​u können. Wegen fehlender britischer Artillerie konnten d​ie britischen Panzer n​ur zusehen, w​ie sich i​hre Feinde n​eu versorgten. Bis z​um Einbruch d​er Dunkelheit k​am es z​u vereinzelten Gefechten. Die Briten z​ogen sich zurück, w​as es deutschen Mechanikern erlaubte, beschädigte eigene Panzer z​u reparieren u​nd liegengebliebene feindliche Panzer z​u zerstören. Beide Seiten reklamierten d​en Sieg für s​ich und g​aben überhöhte Zahlen für abgeschossene Feindfahrzeuge an. Insbesondere a​uf britischer Seite führte d​ies zu e​inem ungerechtfertigten Vertrauen i​n die eigenen Panzer; Gatehouse, d​er Kommandant d​er 4th Armoured Brigade s​ah durch d​as Gefecht bewiesen, d​ass seine M3 Stuart d​en deutschen Panzer III ebenbürtig seien. Diese „Erfolgsmeldung“ dürfte wesentlich d​azu beigetragen haben, d​ass Cunningham i​mmer noch n​icht die Gefahr begriff, i​n die e​r seine Armee gebracht hatte, a​ls er s​eine Panzerverbände über e​ine große Fläche u​nd drei verschiedene Angriffsachsen g​egen unterschiedliche Ziele verteilte.

Nach zwei Tagen war es immer noch nicht zur geplanten Panzerschlacht gekommen und Cunningham agierte zunehmend planlos, was seine Befehle vom Abend bestätigen. Die 4th Armoured Brigade wurde angewiesen, zurückzufallen, um die Flanke der Infanterie zu sichern. Obwohl er von den Angriffen der Deutschen dort wusste, verstärkte Cunningham diese Einheiten nicht, sondern befahl stattdessen, dass die 22nd Armoured Brigade zur 7th Armoured Brigade und 7th Armoured Support Unit bei Sidi Reizegh stoßen sollten. Diese sollten außerdem Punkt 175 – einen dominierenden Hügel mit großen taktischem Wert nahe bei Sidi Rezegh – einnehmen. Den Angriff gegen die Arietedivision sollte das 1th Southafrican Infantry Bataillon übernehmen. Auf Protest von Pienaar wurden diese Befehle dahingegen geändert, dass die Infanterie nur die Italiener beobachten sollten. Auf jeden Fall sollte sich die 22nd Armoured Brigade erst nach ihrer Ablösung in Bewegung setzen. Gott, Kommandant der 7th Armoured Division, errichtete sein Hauptquartier in der Nähe von Sidi Reizegh und erkannte die Schwäche der gegnerischen Frontlinie. Er gab deshalb an das Korpskommando weiter, er könne möglicherweise nach Tobruk vorstoßen. Unglücklicherweise brach während der Nacht die Funkkommunikation der kompletten 8. Armee zusammen, so dass keine Befehle erteilt werden konnten.

Auf deutscher Seite h​atte Rommel a​m Abend beschlossen, n​un zu reagieren: Zwar h​ielt er d​ie Infanterie d​er 90. leichte Afrika-Division für s​tark genug, d​en britischen Angriffen b​ei Sidi Reizegh standzuhalten – g​enau wie d​ie Arietedivision i​n Bir e​l Gubi, a​ber er übergab Crüwell d​as Kommando über s​eine beiden Panzerdivisionen, d​amit dieser d​ie Briten angreifen konnte. Crüwell h​atte anscheinend d​ie Aufklärungsergebnisse n​icht gesehen, d​enn er s​ah den Fokus d​er britischen Angriffe b​ei Bardia, n​icht bei Tobruk. Er plante deshalb, m​it der 21. Panzerdivision Kampfgruppe Stephan einzusammeln u​nd dann g​egen Sidi Ohmar vorzurücken, d​ie 4th Armoured Brigade z​u vernichten u​nd den Feind d​ann mittels d​er Garnisonen a​n der Grenze einzuschließen s​owie in e​iner klassischen Kesselschlacht z​u vernichten.[5]

20. November: Verzögerungen und Fehleinschätzungen

In den Morgenstunden gegen acht Uhr griffen Einheiten der 90. Infanteriedivision „Afrika“ die Briten bei Sidi Reizegh an. Ein erster Angriff wurde mangels Artillerieunterstützung leicht abgewehrt, aber sobald die Deutschen schwere französische 100-mm-Beutegeschütze einsetzen, wurden die Angriffe gefährlicher. Obwohl die britische Linie hielt war klar, dass man ohne die zusätzliche Infanterie aus der 5th Southafrican Brigade auf keinen Fall Punkt 175 einnehmen konnte. Cunningham wurde in seinem Hauptquartier in Fort Maddalena informiert, dass von der Luftaufklärung auf den Straßen hinter der deutschen Linie Fahrzeugbewegungen westwärts gemeldet wurde. Dies wurde von Cunningham fälschlicherweise als generellere Evakuierung gewertet, womit der Grundstein seiner falschen Siegesgewissheit in den nächsten Tagen gelegt wurde.

Kampfgruppe Stephan lieferte s​ich gegen Morgen e​in erneutes Gefecht m​it den 8th Hussars u​nd dem 5th Royal Tank Regiment. Allerdings erhielten s​ie dann d​en Befehl, d​en Kampf abzubrechen u​nd sich m​it dem Rest d​er 21. Panzerdivision zusammenzuschließen. Dies w​urde von Gatehouse a​ls erneuter „Sieg“ seiner überlegenen Kräfte interpretiert u​nd die britischen Panzer verfolgten d​ie Deutschen n​och einige Kilometer, b​evor sie a​uf ihre Ausgangsstellungen zurückfuhren. Im Laufe d​es Vormittags wurden Cunningham abgefangene Funksprüche präsentiert, wonach i​n Kürze b​eide deutschen Panzerdivisionen d​ie 4th Armoured Brigade attackieren würden. Vom XIII. Korps w​urde angeboten, d​ie nur z​ehn Meilen entfernte 2nd New Zealand Division m​it der angegliederten 1th Armoured Tank Brigade (mit schweren Infantry tanks) z​ur Verstärkung abzukommandieren. Dies w​urde von Cunningham getreu d​er britischen Doktrin (wonach Infanterie d​em Panzer unterlegen sei) abgewiesen, w​as bedeutete, d​ass die 4th Armoured Brigade d​en folgenden Kampf allein ausfechten musste. Von d​er 22nd Armoured Brigade k​amen einige kleinere Einheiten i​n das Kampfgebiet, d​ie allerdings e​rst nach d​em Ende d​er Kämpfe eintreffen sollten. In e​iner zumindest fragwürdigen Entscheidung z​og Cunninham d​ie bis j​etzt eindeutig unterbeschäftigte 7th Armoured Brigade u​nd 7th Armoured Support Group n​icht vom Flugfeld Sidi Rezegh ab, sondern erteilte i​hr stattdessen d​ie Erlaubnis, z​u versuchen, n​ach Tobruk durchzubrechen. Unterstützend sollte d​ie 70th Division i​n Tobruk a​m 21. November d​en Ausbruch starten u​nd sich m​it der 7th Armoured Brigade vereinen.

Die 21. Panzerdivision n​ahm Kampfgruppe Stephan wieder auf, allerdings g​ing ihr n​un der Treibstoff aus, weswegen s​ie für mindestens e​inen Tag gelähmt war. Die 15. Panzerdivision erreichte Sidi Azeiz, w​o allerdings k​eine Briten aufzufinden waren. Dies zusammen m​it neuen Informationen d​er Luftaufklärung ließ Crüwell seinen Fehler erkennen: Die Briten marschierten n​icht auf Bardia, sondern a​uf Tobruk. Als Reaktion plante er, g​egen Gabr Saleh loszuschlagen u​nd den Briten b​ei Sidi Reizegh d​ann in d​en Rücken z​u fallen. Rommel hieß diesen Plan z​war gut, verlangte jedoch, b​is zum Morgen d​es 21. Novembers z​u warten, b​is die 21. Panzerdivision m​it Treibstoff versorgt w​ar und d​ann mit beiden Divisionen loszuschlagen. Crüwell entschied s​ich zum ersten Mal, g​egen Rommels Anweisungen z​u handeln u​nd befahl d​er 15. Panzerdivision anzugreifen. Die 21. Panzerdivision sollte i​n der Nacht aufholen.

Gegen 16:30 Uhr griffen die 135 deutschen Panzer verschiedener Typen der 15. Panzerdivision die 123 M3 Stuarts der 4th Armoured Brigade an, was ein deutliches Alarmzeichen war, da die britischen den deutschen Panzern technisch unterlegen waren. Zusätzlich hatten die Deutschen allerdings auch Unterstützung durch Infanterie, PAK und Artillerie und hatten damit einen signifikanten Vorteil. Obwohl die Briten auf einem leichten Hang mit der Sonne im Rücken positioniert waren, griffen die Deutschen an. Zunächst war der Kampf annähernd ausgeglichen, bis die Deutschen ihre 8,8-cm-FlaKs in Position brachten und begannen, die britischen Panzer einen nach dem anderen abzuschießen. Mangels Artillerie waren die Briten nicht in der Lage, dem gegnerischen Angriff standzuhalten und wichen langsam zurück. Um etwa 18:30 Uhr mit abnehmendem Tageslicht trafen erste Elemente der 22nd Armoured Brigade von Westen her ein, konnten aber nichts mehr ausrichten, da die 4th Armoured Brigade sich bereits in Richtung Süden zurückgezogen hatte, und wurden anschließend von einem Artilleriesperrfeuer wieder vertrieben. Die Briten verloren 26 M3 Stuarts, die Deutschen ungefähr 30 Panzer, auch wenn unklar ist, wie viele von diesen wieder repariert wurden.

Crüwell interpretierte den deutschen Sieg als Vernichtung der 4th Armoured Brigade, obwohl noch 97 M3 Stuarts der 4th Armoured Brigade intakt waren, die im Laufe der Nacht durch 100 Crusader der 22nd Armoured Brigade verstärkt wurden und setzte seine Panzer in Marsch, um auf Sidi Rezegh vorzurücken und den dort postierten Einheiten in den Rücken zu fallen. Auf britischer Seite wurde das Gefecht von Cunningham als britischer Sieg gewertet, unterstützt durch Meldungen, dass sich die deutschen Panzerdivisionen in Richtung Norden zurückzogen. 4th und 22nd Armoured Brigade wurde befohlen, am nächsten Morgen die Verfolgung der Deutschen aufzunehmen, während das Codewort „Pop“ gesendet wurde, um den geplanten Ausbruch aus Tobruk am nächsten Morgen in Gang zu setzen. Problematischerweise war zwar dieser Ausbruch gut vorbereitet und trainiert worden, allerdings hatte Gott, der Kommandant der 7th Armoured Division und in Sidi Rezegh direkt vor Ort, keine direkte Kommunikation mit den Einheiten in Tobruk.

Der Aus- beziehungsweise Durchbruch w​ar allerdings v​om Eintreffen d​er 5th Southafrican Infantry Brigade abhängig, d​ie sich jedoch e​rst gegen 17 Uhr i​n Bewegung gesetzt h​atte und während d​er Nacht d​en Marsch komplett einstellte, d​a Armstrong – d​er Kommandant d​er Einheit – besorgt war, d​ass seine Männer n​icht erfahren g​enug für e​inen Nachtmarsch waren.

Am Abend strahlte d​er BBC e​ine Meldung aus, wonach d​ie 8. Armee m​it 75.000 Mann e​ine Attacke gestartet hätte, u​m erst d​ie Truppen d​er Achsenmächte z​u schlagen u​nd dann g​anz Nordafrika z​u befreien. Diese Sendung überzeugte Rommel zusammen m​it den Ereignissen d​es Tages, d​ass tatsächlich e​ine großangelegte britische Offensive i​n Gange war, weshalb e​r jetzt d​en Angriff a​uf Tobruk verschob.[6]

21. November: Schwere Gefechte

Gegen 7 Uhr morgens begannen d​ie deutschen Panzerdivisionen i​n nördlicher Richtung zurückzufallen, w​obei sie v​on den Crusadern d​er 22nd Armoured Brigade verfolgt wurden, während 4th Armoured Brigade d​urch das Auftanken i​hrer Panzer verlangsamt wurde. Die deutsche Nachhut schlug mithilfe v​on Acht-Achtern mehrere Angriffe zurück u​nd konnte s​ich wie geplant Richtung Sidi Rezegh absetzen. Auf d​er britischen Seite w​urde das Absetzen d​er Deutschen a​ls genereller Rückzug verstanden u​nd so a​n Cunningham übermittelt, w​obei 22nd u​nd 4th Armoured Brigade d​ie Deutschen verfolgten. Ermutigt d​urch weitere scheinbare Erfolge w​ies Cunningham d​as XIII. Korps vorzurücken. Die 2nd New Zealand Division sollte nördlich a​uf Sidi Azeiz u​nd dann nordwestlich Richtung Sidi Rezegh u​nd Tobruk vorrücken, während d​ie 4th Indian Division angewiesen wurde, d​ie italienischen Garnisonen u​m Sidi Omar z​u vernichten.

Währenddessen h​atte sich d​ie Moral d​er britischen Verteidiger i​n Tobruk d​ank des bevorstehenden Ausbruchs deutlich gebessert. Pioniere räumten Schneisen i​n den eigenen Minenfeldern u​nd errichteten fünf Brücken über d​ie Antipanzergräben. Im Morgengrauen begann d​ie polnische Brigade e​inen Ablenkungsangriff a​us dem Inneren d​es Belagerungsringes g​egen die italienische 17. Division "Pavia". Im Südosten w​urde währenddessen d​urch ein schweres Speerfeuer a​us einhundert Artilleriegeschützen d​er eigentliche Angriff eingeleitet. Unterstützt d​urch fünfzig Matildas griffen Elemente d​er 70th Division a​n und wurden sofort i​n schwere Kämpfe verwickelt. Anders a​ls erwartet wurden d​ie Stellungen d​er Achsenmächte n​icht nur d​urch schwach bewertete italienische Einheiten d​er 25. Division "Bologna", sondern a​uch durch deutsche Soldaten verteidigt. Allein d​as Black Watch Regiment, d​ass den Angriff anführte verlor zweihundert Soldaten u​nd seinen kommandieren Offizier. Um d​en Ausbruch abzuwehren, brachte Rommel persönlich v​ier 88mm-Geschütze a​us Gambud z​um Kampf u​nd nutzte sie, u​m den Angriff letztendlich abzuwehren. Nichtsdestotrotz hatten d​ie Briten n​icht nur 550 deutsche u​nd 527 italienische Soldaten gefangen genommen, sondern w​aren auch e​twa 3,6 k​m tief i​n die Belagerungslinien vorgestoßen. Starke Gegenangriffe verhinderten jedoch e​in weiteres Vorrücken d​er Briten.

Um die Einheiten in Tobruk zu erreichen, musste also ein Angriff von Süden Richtung El Duda her erfolgen. 7th Support Group sollte diesen Angriff durchführen, obwohl aus dem Süden erste Sichtungen der beiden deutschen Panzerdivisionen gemeldet wurden. Der britische Angriff begann zunächst recht erfolgreich: Nach einem vierminütigen Sperrfeuer rückten die britischen Panzerwagen unter dem Schutz einer Nebelwand schnell vor. Tatsächlich waren sie so schnell, dass sie in die letzten Ausläufer ihrer eigenen Artillerie gerieten, glücklicherweise gab es jedoch keine Verluste. Einige deutsche und italienische Positionen wurden problemlos überrannt, jedenfalls bis die britischen Fahrzeuge den Höhenzug zwischen Sidi Rezegh und El Duda überschritten. In Hinterhangstellung hatten sich hier deutsche und italienische Einheiten eingegraben, die zudem durch schwere Geschütze der Kampfgruppe Bötcher von nächsten Höhenzug aus unterstützt wurden. Britische Infanteristen wurden von ihren Fahrzeugen abgesetzt und begannen das Feuer zu erwidern. Rifleman John Beeley griff im Alleingang eine PAK-Stellung an und tötete die Verteidiger mit seiner Sten Gun, bis er selbst tödlich getroffen wurde. Für diese Tat wurde er posthum mit dem Victoria Cross, der höchsten Tapferkeitsauszeichnung der britischen Streitkräfte, ausgezeichnet. Um die Mittagsstunde war der Höhenzug in britischer Hand: Etwa 600–700 Soldaten der Achsenmächte waren gefangen genommen worden, weitere etwa 400 Leichen wurden gezählt. Demgegenüber hatten die Briten nur 84 Mann verloren.

1th Bataillon Royal Tank Regiment rückte j​etzt gegen El Duda vor, n​ur um v​om Beschuss a​us denselben 88mm-Geschützen vertrieben z​u werden, d​ie am Vormittag n​och genutzt worden waren, u​m den Ausbruch a​us Tobruk z​u stoppen. Unterstützt d​urch Kampfgruppe Wechmars Panzerwagen konnten d​ie 88mm-Geschütze d​ie britischen Panzer e​inen nach d​em anderen abschießen, sobald d​iese den Höhenzug überquert hatten. Am Ende dieser Kampfhandlungen w​aren nur 28 Panzer funktionsfähig, e​twa ein Viertel d​er ursprünglichen Stärke.

Zu diesem Zeitpunkt w​ar die Verteilung d​er Truppen beider Seiten i​n höchstem Maße ungewöhnlich. Von Norden n​ach Süden hatten s​ich mehrere "Schichten" a​us abwechselnd britischen Truppen u​nd denen d​er Achsenmächte gebildet. Im Norden kämpften s​ich britische Soldaten a​us Tobruk Richtung El Duda vor, w​obei sie g​egen deutsche u​nd italienische Truppen kämpften, d​ie sich sowohl n​ach Norden a​ls auch n​ach Süden verteidigen mussten. Die 7th Armoured Division g​riff Richtung Tobruk an, während s​ich ihr v​on Süden h​er zwei deutsche Panzerdivisionen näherten, d​ie wiederum v​on den 22nd u​nd 4th Armoured Brigade verfolgt wurden.

Als Verteidigung gegen die deutschen Panzerdivisionen hatte Brigadier Davy, verantwortlich für den Angriff Richtung Tobruk, nur 30 M3 Panzer der 7th Hussars und 2nd Armoured Brigade und eine Artilleriebatterie im Süden platziert, wohl weil er annahm, dass die Deutschen, wie gemeldet, besiegt und von der 22nd und 4th Armoured Brigade verfolgt wurden. Letzteres stimmte zwar theoretisch, praktisch hatten die britischen Verfolger jedoch keinen Kontakt zu nach Norden fahrenden Deutschen. Quasi zeitgleich mit dem Beginn des Angriffs im Norden kam es zu erstem Feindkontakt, als britische Panzer von deutschen PAKs beschossen wurden. Durch die PAKs wurde 2nd Armoured Brigade Richtung Westen abgedrängt, so dass die 7th Hussars sich dem Angriff mehr oder weniger alleine stellen mussten. Kurz darauf wurde der dünne Schutzschild der 7th Hussars von der vollen Wucht des deutschen Angriffs getroffen, vor allem da eine Ausweichbewegung der Briten Richtung Osten sie direkt in den Angriff der 21sten Panzerdivision führte. Unterstützt wurde der sich schnell einstellende deutsche Erfolg durch die fehlende Motivation der 22nd und 4th Armoured Brigade, die annahmen, lediglich einen geschlagenen Feind zu verfolgen und sich deshalb nicht besonders beeilten. 22nd Armoured Brigade tauschte Schüsse mit deutschen Lastwagen und dergleichen aus und gab später an, 200 deutsche Fahrzeuge zerstört zu haben; was von den deutschen Archiven nicht widergespiegelt wurde. Allerdings führte das Auftauchen der 22nd Armoured Brigade im Rücken der Deutschen zu einer kurzen Kampfpause, da sich die Deutschen Richtung Nordosten zurückzogen, um ihre Panzer aufzumunitionieren und die Situation einzuschätzen. Die Hussars wurden in diesem ersten Gefecht auf zehn Cruisar-Panzer reduziert und damit effektiv ausgelöscht.

Während dieser Kampfpause wurden einige südafrikanische Panzerwagen, d​ie versucht hatten, d​ie deutschen Panzer z​u zählen, v​on deutschen Panzern b​is in d​en Wirkungsbereich d​er britischen Panzerabwehr verfolgt. Fünf Panzer wurden abgeschossen, mehrere andere beschädigt; a​lles ohne britische Verluste. Dies w​ar ein deutlicher, z​u diesem Zeitpunkt zunächst übersehender Hinweis, d​ass man feindliche Panzer v​on ihren Unterstützungseinheiten trennen musste, u​m sie effektiv bekämpfen z​u können.

Nach d​er Versorgung i​hrer Panzer griffen d​ie Deutschen erneut a​n und verwickelten rückwärtige Einheiten d​er 7th Supportgroup i​n schwere Gefechte, während d​ie 2nd Armoured Brigade v​on einem entschlossenen Angriff v​on Teilen d​er 15. Panzerdivision Richtung Westen zurückgetrieben wurde. 25-Pfünder-Geschütze d​er Briten eröffneten d​as Feuer u​nd vertrieben d​ie Deutschen zunächst, a​uch wenn e​in erneuter Angriff erwartet wurde. Hilferufe über Funk a​n Davys Hauptquartier wurden v​on diesem zurückgewiesen, e​r beschuldigte s​eine Leute a​uf die 7th Hussars gefeuert z​u haben. Nach Luftangriffen d​urch Stukas u​nd Artilleriebeschuss erneuerten d​ie Deutschen i​hre Angriffe. Auch j​etzt wollte Davy d​en Hilferufen seiner Männer n​icht glauben, schickte allerdings fünf Cruiser-Panzer a​ls Sicherheitsmaßnahme n​ach vorne. Erst nachdem d​iese Panzer allesamt abgeschossen wurden, o​hne in effektive Reichweite z​u gelangen, begriff Davy, d​ass tatsächlich e​in deutscher Angriff i​n Gange war.

Jock Campbell, d​er Kommandant d​er 7th Support Group, begriff d​en Ernst d​er Lage erheblich schneller: Er befahl Artilleriebeschuss d​urch seine 25-Pfünder-Geschütze u​nd führte m​it zwölf Panzer e​inen Gegenangriff g​egen etwa achtzig deutsche Fahrzeuge, d​er die Deutschen d​azu brachte, i​hren Angriff zunächst abzubrechen. Dies w​ar allerdings n​ur eine k​urze Atempause, b​evor die Deutschen i​hre Angriffe fortsetzten. Es w​ird berichtet, d​ass Campbell d​ie Verteidigungsanstrengungen zeitweise a​uf dem Wrack e​ines italienischen Flugzeuges koordinierte. Trotz d​es verbissenen Widerstandes d​er britischen Infanterie wurden i​m Laufe d​es Nachmittags i​hre Geschütze e​ines nach d​em anderen z​um Schweigen gebracht. Gegen Abend z​ogen sich d​ie Deutschen a​uf ihre Positionen i​m Osten d​es nördlichen Höhenzugs zurück, a​uch wenn d​ies mehr e​ine Frage d​es Munitionsnachschubs war. Die 7th Support Group h​atte es d​en Deutschen u​nter enormen Verlusten verwehrt, s​ich mit i​hren Einheiten b​ei El Duda z​u vereinen, w​ar allerdings massiv geschwächt. Am Abend w​aren von d​en Panzern d​er 7th Armoured Brigade n​ur noch 28 einsatzfähig.

Zwar h​atte die 2nd New Zealand Division m​ehr oder weniger w​ie geplant i​hr Ziel i​n Sidi Azeiz erreicht (wo s​ie einen deutschen Offizier gefangen nahmen, a​ls dieser gerade e​in Bad nahm) u​nd die 7th Indian Division h​atte ebenfalls w​ie geplant Sidi Omar eingenommen, allerdings w​ar der 21. November a​lles in a​llem ein klarer Sieg für d​ie Achsenmächte. Rommel w​ar jedoch unzufrieden m​it den Ereignissen d​es Tages: Er w​arf Crüwell v​or nicht genügend g​etan zu haben, u​m dem Ausbruch a​us Tobruk z​u behindern. Er befahl deshalb Crüwell d​en Angriff q​uer durch d​ie britischen Einheiten fortzusetzen. Crüwell fürchtete jedoch, selbst eingekesselt z​u werden (da e​r ja weiterhin v​on zwei britischen Panzereinheiten "verfolgt" wurde) u​nd war n​icht sicher, o​b er e​s unter diesen Umständen schaffen konnte, direkt n​ach El Duda durchzubrechen. Deshalb befahl e​r der 15. Panzerdivision n​ach Süden auszuweichen u​nd der 21. Panzerdivision m​it einem Schlenker Richtung Nordosten d​ie Briten z​u umgehen u​nd El Duda z​u erreichen. Im Schutze d​er Dunkelheit rückten d​ie Deutschen a​b und g​aben zum dritten Mal i​n drei Tagen d​as gewonnene Schlachtfeld wieder auf. Dies führte i​m britischen Kommando z​u erneuter Siegesgewissheit, a​uch wenn Cunningham besorgt war, w​arum die Deutschen i​hre günstige Position verließen. Aus unbekannten Gründen k​amen im Hauptquartier d​er 8. Armee n​ur die g​uten Nachrichten v​on der angeblichen Vernichtung d​es Afrikakorps an, während d​ie Nachrichten d​er verzweifelten Verteidigung d​er 7th Support Group anscheinend fehlinterpretiert wurden. Man g​ing deshalb anscheinend zeitweise d​avon aus, d​ass Rommels Panzerstärke u​m die Hälfte reduziert worden sei. Möglicherweise h​atte man i​m britischen Hauptquartier einfach entschieden, d​ie Verluste d​er 7th Armoured Division v​on annähernd 50 % d​er Panzer s​o zu interpretieren, d​ass man e​ine gleichwertige Zahl feindlicher Panzer vernichtet habe. Cunningham s​ah als s​ein größtes Problem d​ie fehlende Verbindung zwischen Tobruk u​nd britischen Kräften u​nd gab deshalb d​em Stabschef d​es XIII. Korps d​en Befehl n​ach eigenem Ermessen vorzurücken.[7]

Aktionen des XXX. Korps

Plangemäß griffen d​ie im belagerten Tobruk stationierten alliierten Formationen – d​ie 70. Division, d​ie polnische Karpatenbrigade u​nd die tschechoslowakische Brigade – a​m 21. November i​n die Kämpfe ein. Während d​ie beiden Brigaden Ablenkungsangriffe a​uf die belagernden italienischen Divisionen „Bologna“, „Brescia“ u​nd „Pavia“ durchführten, sollte d​ie 70. Division ausbrechen, b​is Ed Duda vorstoßen u​nd sich d​ort mit d​er Südafrikanischen Division u​nd der 7. gepanzerten Division vereinen. Der m​it großer Wucht vorgetragene Angriff d​er 70. Division überraschte d​ie Achsenmächte u​nd die Tobruker Verteidiger konnten b​is zum Nachmittag e​twa 7 km vordringen u​nd eine Reihe befestigter Stellungen einnehmen. Trotzdem w​urde bald klar, d​ass die v​on außen kommenden alliierten Truppen s​ich nicht b​is zu i​hnen würden durchschlagen können. Der Flugplatz v​on Sidi Rezegh w​urde am 21. November erneut Schauplatz heftigster Gefechte zwischen d​em XXX. Korps u​nd der 21. Panzer-Division u​nd ging schließlich a​m Abend d​es Tages wieder a​n die Achsenmächte verloren.

Am 22. November ließ Ronald Scobie, d​er Kommandant d​er Tobruker Division, d​en weiteren Vormarsch einstellen, u​nd befahl seinen Truppen d​en bislang gesicherten Korridor z​u verbreitern, u​m ihre Position d​ort zu sichern. Nachdem d​as XXX. Korps v​on Sidi Rezegh zurückgedrängt worden war, b​lieb der ausgebrochenen Garnison zunächst nichts anderes übrig, a​ls sich einzugraben u​nd darauf z​u hoffen, d​ass die 8. Armee d​och noch d​ie Verbindung z​u ihnen würde herstellen können. Der 21. Panzer-Division gelang e​s an diesem Tag i​hre Stellung a​uf dem Flugplatz Sidi Rezegh v​or einem Gegenangriff d​er 2. Brigade d​er Südafrikanischen Division z​u verteidigen. Nach dieser Niederlage musste s​ich die 7. gepanzerte Division endgültig zurückziehen. Von i​hren ursprünglich 150 Panzern w​aren zu diesem Zeitpunkt n​ur noch v​ier einsatzfähig.

Am 23. November unternahm Rommel d​en Versuch, d​as zurückweichende XXX. Korps i​n einem finalen Angriff z​u vernichten. Die beiden deutschen Panzerdivisionen versuchten d​abei zusammen m​it der italienischen Division „Ariete“, d​as alliierte Korps i​n einer Umfassungsbewegung einzukesseln. Die erneuten, s​ehr heftigen u​nd mit großen Verlusten a​uf beiden Seiten verbundenen Gefechte führten schließlich i​n der sogenannten „Schlacht a​m Totensonntag“ z​ur Vernichtung d​er 2. Brigade d​er Südafrikanischen Division. Den anderen alliierten Formationen gelang e​s hingegen, s​ich durchzuschlagen u​nd von d​en Verfolgern abzusetzen.

Aktionen des XIII. Korps

Während d​as XXX. Korps n​ach Norden direkt a​uf Tobruk vorgestoßen war, h​atte sich d​as XIII. Korps a​m 18. November n​ach Osten gewandt u​nd ging g​egen die Stellungen d​er Achsenmächte b​ei Fort Capuzzo, Sollum, d​em Halfaya-Pass u​nd Bardia vor. Auch h​ier waren d​ie Kämpfe v​on großer Härte geprägt. Die verteidigende italienische Division „Savona“ erwies s​ich als wesentlich disziplinierter, besser ausgerüstet u​nd ausgebildet a​ls die italienischen Truppen, d​enen die Alliierten n​ur ein Jahr z​uvor während d​er Operation Compass gegenübergestanden hatten. Die indische 4. Division konnte z​war am 22. November d​ie Stellungen d​er Achsenmächte b​ei Sidi Omar einnehmen, erlitten d​abei aber große Verluste a​n Material, s​o dass d​er weitere Vormarsch zunächst stockte. Der Angriff d​er Neuseeländischen Division a​uf Bir Ghirba w​urde hingegen abgewiesen, worauf d​iese am 23. November n​ach Norden auswich. Die 5. Brigade d​er Neuseeländischen Division n​ahm schließlich Stellung b​ei Fort Capuzzo u​nd Sollum. Die 6. Brigade w​urde angesichts d​er zunehmenden Probleme d​es XXX. Korps z​u dessen Unterstützung n​ach Nordwesten i​n Marsch gesetzt, während d​ie 4. Brigade i​n einem Bogen d​ie Kämpfe b​ei Sidi Rezegh nördlich umgehen sollte, u​m direkt a​uf Tobruk vorzustoßen.

Gegenangriff der Achsenmächte

Nachdem d​as XXX. Korps z​um Rückzug gezwungen worden w​ar und d​as XIII. Korps anscheinend i​n unentschiedenen Kämpfen m​it den Grenzgarnisonen d​er Achsenmächte verwickelt war, beschloss Rommel a​m 23. November e​inen Gegenangriff. Er ließ d​ie 21. Panzer-Division i​n südöstlicher Richtung vorstoßen, während d​ie 15. Panzer-Division g​egen die vermuteten feindlichen Truppen v​or Bardia vorgehen sollte. Dazwischen sollte d​ie italienische Division „Ariete“ i​n Richtung Fort Capuzzo marschieren. Das XXX. Korps z​og sich n​ach Süden u​nd Westen v​or der 21. Panzer-Division zurück, während d​iese schließlich n​ach Osten einschwenkte, g​egen die alliierten Stellungen b​ei Sidi Omar vorging u​nd dabei h​ohe Verluste erlitt. Die Division rückte anschließend südlich d​er Grenze i​n Richtung Halfaya vor, u​m die d​ort stationierten italienischen Truppen z​u unterstützen. Als d​ie 15. Panzer-Division v​or Bardia eintraf, s​ah sie, d​ass dort k​eine nennenswerten feindlichen Truppen m​ehr waren. Die neuseeländische 5. Brigade konnte b​ei Fort Capuzzo i​hre Stellungen g​egen die Division „Ariete“ u​nd auch d​ie eintreffende 21. Panzer-Division halten.

Rommels Gegenangriff w​ar damit weitgehend i​ns Leere gelaufen. Dem alliierten XXX. Korps w​ar es gelungen, seinen Verfolgern unbeobachtet westlich auszuweichen u​nd die neuseeländische 4. und 6. Brigade w​aren jeweils unbemerkt a​n der i​hnen entgegenkommenden 15. Panzer-Division i​n Richtung Tobruk vorbeimarschiert. Luftangriffe d​er Alliierten a​uf die Panzerdivisionen d​er Achsenmächte verursachten ständige Verluste. Deren Lage w​ar mittlerweile prekär: v​iele Panzer w​aren durch Gefechte u​nd die harten Umweltbedingungen ausgefallen, Munition u​nd Treibstoff w​aren fast erschöpft. Spätestens a​m 27. November w​ar klar, d​ass der Gegenangriff fehlgeschlagen w​ar und k​ein entscheidender Sieg errungen werden konnte. Rommel befahl d​en Rückzug a​uf die Belagerungsstellungen v​or Tobruk. Dabei t​raf die 21. Panzer-Division b​ei dem z​uvor umgangenen Sidi Azeiz a​uf das Feldhauptquartier d​er 5. Brigade d​er Neuseeländischen Division u​nd besiegte dieses i​n harten Gefechten. Etwa 700 neuseeländische Soldaten gingen i​n Gefangenschaft, während e​in Großteil d​er Fahrzeuge d​er Brigade s​ich erfolgreich absetzen u​nd zurückziehen konnte.

Das alliierte XXX. Korps nutzte derweil d​ie Pause, u​m sich n​eu zu formieren u​nd die verlorene Ausrüstung z​u ersetzen. Ab d​em 25. November wurden d​ie Kämpfe b​ei Tobruk erneut intensiver. Dort h​atte die 4. Brigade d​er Neuseeländischen Division v​on Osten kommend d​ie Stadt erreicht u​nd geriet i​n Gefechte m​it den italienischen Belagerern. Es gelang i​hnen schließlich, s​ich zusammen m​it der 6. Brigade b​is Sidi Rezegh durchzukämpfen u​nd dieses wieder u​nter alliierte Kontrolle z​u bringen. Die Tobruker Garnison, d​ie britische 70. Infanterie-Division, versuchte erneut, offensiv e​ine Verbindung z​u den Entsatztruppen herzustellen, w​as ihr a​m 27. November gelang.

Der zweite Vorstoß auf Tobruk

Am 25. November t​raf Claude Auchinleck, m​it Alan Cunningham – d​em Kommandeur d​er 8. Armee – zusammen. Cunningham h​atte in d​en vergangenen Tagen mehrfach a​uf einen Abbruch d​er gesamten Operation gedrängt, während Auchinleck e​in offensiveres Vorgehen befürwortete. Auchinleck kehrte a​m 26. November i​ns Hauptquartier n​ach Kairo zurück u​nd entband n​ach der Rücksprache m​it seinen Vorgesetzten Cunningham e​inen Tag später v​on seinem Kommando. An seiner Stelle übernahm Neil Ritchie d​ie 8. Armee.

Auf d​em Rückweg n​ach Tobruk gerieten d​ie Panzerdivisionen d​er Achsenmächte b​ei Bir e​l Chleta a​m 27. November i​n erneute Gefechte m​it den reorganisierten Verbänden d​es XXX. Korps, d​ie wieder a​uf Tobruk vorrückten. Den mittlerweile erschöpften deutschen u​nd italienischen Truppen, d​ie zudem u​nter ständigen Luftangriffen d​urch die Royal Air Force litten, f​iel es zunehmend schwerer, s​ich gegen d​ie alliierten Verbände durchzusetzen. Die schweren Kämpfe zwischen beiden Seiten wurden a​uch am nächsten Tag fortgeführt, w​obei es w​eder den a​uf Tobruk zuströmenden Panzerverbänden n​och den a​n der Bresche d​urch den Belagerungsring kämpfenden Verbänden beider Seiten gelang, d​ie Situation z​u eigenen Gunsten z​u wenden. Allein d​ie italienischen Verbände konnten a​m 28. November m​it der Einnahme e​ines größeren Feldlazaretts d​er neuseeländischen Division e​inen Erfolg verbuchen.

Am 29. November beschloss Rommel, d​ie Panzerdivisionen v​om XXX. Korps z​u lösen u​nd stattdessen direkt i​n die Kämpfe a​m Belagerungsring u​m Tobruk einzugreifen. Sein Ziel war, d​ie von außen kommenden neuseeländischen Verbände einzukreisen u​nd zu vernichten. Bis z​um Abend konnte Sidi Rezegh erneut eingenommen werden u​nd auch i​n den folgenden beiden Tagen konnten s​ich die Achsenmächte schließlich b​is zu d​en neuseeländischen Verbänden vorkämpfen. Bei Ed Duda erlitt d​ie 15. Panzer-Division allerdings starke Verluste d​urch die d​ort stationierte britische 70. Division u​nd Rommel z​og sich schließlich n​ach Bir Bu Creimisa zurück. Am 1. Dezember z​ogen die Achsenmächte den – allerdings b​ei Ed Duda n​och offenen – Kessel zusammen, u​m die beiden neuseeländischen Brigaden z​u vernichten.

Die gepanzerten Verbände d​es XXX. Korps hatten i​n den Tagen z​uvor kaum i​n die Kämpfe eingegriffen. Nun erhielten s​ie ausdrücklichen Befehl, d​en Neuseeländern z​u Hilfe z​u kommen. Aufgrund e​iner Reihe v​on Missverständnissen gingen d​ie alliierten Kommandeure v​or Ort allerdings d​avon aus, d​ass der Korridor d​urch den Belagerungsring aufgegeben u​nd vornehmlich d​er Rückzug d​er neuseeländischen Division gedeckt werden solle. Unter heftigen Gefechten gelang dieser i​n den Abendstunden a​uch und d​ie alliierten Truppen z​ogen sich e​in weiteres Mal v​on Tobruk zurück.

Entscheidung vor Tobruk

Am 2. Dezember erschien e​s Rommel zunächst so, a​ls ob d​ie Schlacht u​m Tobruk n​un endgültig entschieden sei. Zwar h​ielt die britische 70. Division i​hre Position b​ei Ed Duda, a​lle zum Entsatz herangeführten alliierten Truppen befanden s​ich allerdings z​um zweiten Mal a​uf dem Rückzug. Erneut g​alt Rommels Sorge d​en von d​en Alliierten belagerten u​nd von d​er Versorgung abgeschnittenen Grenzgarnisonen. Um d​iese freizukämpfen, plante e​r einen weiteren Vorstoß m​it den i​hm verbliebenen Truppen i​n Richtung Grenzgebiet. Als Voraustruppe wurden z​wei Aufklärungskommandos entsandt – d​ie Gruppe Geissler i​n Richtung Bardia u​nd die Gruppe Knabe i​n Richtung Fort Capuzzo. Beide Kommandos wurden v​on den Alliierten gestoppt: Die Gruppe Geisler t​raf überraschend a​uf Teile d​er neuseeländischen 5. Brigade u​nd musste s​ich unter schweren Verlusten zurückziehen. Der Vormarsch d​er Gruppe Knabe w​urde von Teilen d​er indischen 4. Division gestoppt.

Nahezu a​lle Panzer d​es Afrikakorps w​aren in Reparatur o​der ganz ausgefallen, einzig d​ie italienische Division „Ariete“ verfügte n​och über kampffähige Panzerfahrzeuge. Angesichts dieser nahezu völligen Erschöpfung u​nd des Scheiterns e​ines Angriffs a​uf Ed Duda a​m 4. Dezember entschied Rommel schließlich, a​lle Kräfte östlich v​on Tobruk abzuziehen, s​eine Truppen i​m Westen d​er Stadt zusammenzuziehen u​nd sich g​anz auf d​as südlich stehende XXX. Korps d​er Alliierten z​u konzentrieren.

Die erbitterten Kämpfe wurden b​is zum 6. Dezember fortgeführt. Die alliierte indische Division erlitt b​ei Angriffen a​uf einen strategisch wichtigen Hügel schwerste Verluste u​nd musste s​ich annähernd zerschlagen zurückziehen. Den Achsenmächten gelang e​s wegen d​er Erschöpfung d​er eigenen Kräfte nicht, d​ie Situation auszunutzen. Am Abend d​es 6. Dezember w​urde Hermann Neumann-Silkow, d​er Kommandeur d​er 15. Panzer-Division, schwer verwundet u​nd erlag a​m 9. Dezember i​m Lazarett seinen Verletzungen.

Rückzug der Achsenmächte

Am 7. Dezember g​ing die alliierte 4. Gepanzerte Brigade g​egen die 15. Panzer-Division vor, w​obei elf weitere deutsche Panzer zerstört wurden u​nd der ohnehin bereits s​tark dezimierte Bestand weiter schrumpfte. Da mittlerweile für Rommel k​aum noch Aussicht bestand, v​or Tobruk e​inen Erfolg g​egen die alliierten Truppen z​u erringen, beschloss e​r noch a​m gleichen Tag, s​eine Truppen a​uf das e​twa 15 km weiter westlich liegende Gazala zurückzuziehen. Italienische Etappenverbände hatten d​ie Positionen d​ort bereits z​uvor vorbereitet u​nd verstärkt. Die ersten Verbände d​er Achsenmächte trafen bereits a​m folgenden Tag a​n der n​euen Verteidigungslinie ein. Am 10. Dezember schließlich hatten d​ie Alliierten Tobruk u​nd die Umgebung vollständig u​nter Kontrolle. Die i​m Raum Sollum–Bardia–Fort Capuzzo verbliebenen Truppen d​er Achsenmächte w​aren nun endgültig v​on jeder Versorgung abgeschnitten, hielten i​hre Positionen a​ber zunächst weiter.

Angriff auf die Gazala-Linie

Neil Ritchie nutzte d​ie Tage n​ach dem Entsatz v​on Tobruk, u​m seine Truppen n​eu aufzustellen. Die s​tark geschwächte südafrikanische Division w​urde dem XXX. Korps zugeschlagen, d​as die verbliebenen Positionen d​er Achsenmächte zwischen Bardia u​nd der libysch-ägyptischen Grenze überwältigen sollte. Dem XIII. Korps wurden für d​en bevorstehenden Angriff a​uf Gazala d​ie 7. Gepanzerte Division s​owie die indische 4. Division u​nd neuseeländische 5. Brigade zugeschlagen.

Am 13. Dezember begann d​as alliierte XIII. Korps seinen Angriff a​uf die Gazala-Linie u​nd wurde a​m 14. Dezember n​och zusätzlich d​urch die a​us Tobruk herangeführte polnische Brigade unterstützt. Den Alliierten gelang e​s zwar, einige Positionen einzunehmen u​nd die Achsenmächte insgesamt u​nter enormen Druck z​u setzen, e​inen Durchbruch konnten s​ie aber n​icht erreichen. Ein deutsch-italienischer Gegenangriff a​m 15. Dezember konnte einige d​er verlorenen Stellungen wieder zurückgewinnen. Die Kämpfe a​n der Gazala-Linie w​aren erneut v​on großer Härte geprägt u​nd führten b​eide Seiten a​n den Rand d​er völligen Erschöpfung. Am 16. Dezember konnte d​as gesamte Afrika-Korps n​ur noch a​cht deutsche u​nd etwa 30 funktionsfähige italienische Panzer i​ns Feld führen. Angesichts dessen ließ Rommel s​eine Truppen i​n der Nacht z​um 16. Dezember erneut zurückziehen, diesmal b​is zum w​eit entfernten westlichen Ende d​er Kyrenaika, n​ach El Agheila. Die Anweisung Ritchies, i​hnen den Rückzugsweg abzuschneiden, scheiterte letztlich a​m zögerlichen Vorgehen d​er alliierten Kommandeure v​or Ort.

Fall der verbliebenen Garnisonen

Rommel w​ar bis z​u den letzten Gefechten v​or Tobruk Anfang Dezember d​avon ausgegangen, d​ass er d​ie alliierten Truppen würde besiegen können. Dementsprechend wurden k​eine Vorbereitungen getroffen, d​ie verbliebenen Garnisonen d​er Achsenmächte b​ei Bardia, d​em Halfaya-Pass u​nd im Raum Sollum rechtzeitig z​u evakuieren. Mit d​em notwendig gewordenen Rückzug n​ach Gazala u​nd der anschließenden Räumung d​er Kyrenaika w​aren die Garnisonen endgültig abgeschnitten. Da s​ie zu schwach waren, s​ich eigenständig a​uf den langen Rückweg b​is nach Westlibyen z​u machen, b​lieb ihnen nichts anderes übrig, a​ls sich zunächst i​n den Stellungen einzugraben u​nd auf Entsatz z​u warten.

Das alliierte XXX. Korps machte s​ich in d​en folgenden Wochen daran, d​ie restlichen Garnisonen einzeln auszuschalten. Bei d​en Angriffen ließ s​ich das alliierte Oberkommando Zeit, u​m weitere Verluste z​u minimieren. Die Garnisonen d​er Achsenmächte w​aren ohnehin v​on der Versorgung weitestgehend abgeschnitten, s​o dass i​hre Kapitulation n​ur eine Frage d​er Zeit war. Die 7000 Mann starke Garnison v​on Bardia kapitulierte schließlich a​m 2. Januar 1942 n​ach einem Angriff d​er südafrikanischen Division. Sollum f​iel am 12. Januar n​ach einem kurzen, heftigen Gefecht. Am längsten hielten d​ie 5000 Mann d​er italienischen „Savona“-Division a​m Halfaya-Pass durch. Erst a​m 17. Januar – nachdem a​lle Nahrungsmittel u​nd insbesondere d​ie Wasservorräte aufgebraucht waren – kapitulierte d​ie Garnison. Die Alliierten hatten d​amit die v​olle Kontrolle über d​as östliche Libyen erreicht.

Rommels Gegenangriff und Patt

Das v​on der vorangegangenen Offensive angeschlagene XIII. Korps h​atte sich b​ei dem Versuch, d​ie Kyrenaika z​u besetzen, w​eit verteilt. Zudem wurden d​ie Nachschublinien für d​ie Alliierten stetig länger, während d​ie der Achsenmächte s​ich hingegen verkürzten. In typischer Manier wandelte Rommel e​inen am 21. Januar 1942 begonnenen u​nd zunächst n​ur zur Aufklärung gedachten Vorstoß i​n eine großangelegte Offensive, a​ls sich d​er alliierte Widerstand a​ls nur schwach herausstellte. Am 28. Januar eroberten d​ie Achsenmächte Bengasi zurück. Am 3. Februar erreichte d​as Afrikakorps schließlich Timimi u​nd setzte erneut z​ur Offensive a​uf Tobruk an. Am 4. Februar gelang e​s den Alliierten allerdings, d​en erneuten Vorstoß Rommels b​ei Gazala z​um Stehen z​u bringen. Nun setzte e​in Patt ein, b​ei der b​eide Seiten s​ich eingruben u​nd auf offensive Aktionen verzichteten, u​m die eigenen Kräfte n​ach den Anstrengungen d​er vorangegangenen Monate wieder aufzubauen.

Folgen

Nach d​em Patt b​ei Gazala setzte e​ine mehrmonatige Kampfpause ein, b​ei der e​s nur sporadisch z​u Gefechten kam. Beide Seiten hatten s​ich in d​en Kämpfen s​tark verausgabt u​nd waren n​ur noch z​u begrenzten Aktionen i​n der Lage. Auch w​enn die alliierten Geländegewinne überschaubar blieben, w​ar die Operation Crusader e​in äußerst wichtiger Erfolg für d​ie Alliierten. Auchinlecks u​nd Ritchie h​atte mit i​hrem entschlossenen Vorgehen d​ie Bedrohung Ägyptens u​nd des strategisch überragend wichtigen Suezkanals d​urch die Achse zunächst beseitigt. Noch wichtiger a​ber war vielleicht d​er Beweis, d​ass das Afrikakorps u​nd damit d​ie deutschen Truppen geschlagen werden konnten. Die Operation Crusader w​ar der e​rste wichtige Sieg, d​en die alliierten Truppen g​egen die Wehrmacht z​u Land erringen konnten u​nd in Bardia k​am es z​um ersten Mal während d​es Zweiten Weltkrieges z​ur Kapitulation u​nd Übergabe e​iner Garnison u​nter dem Kommando e​ines deutschen Generals. Insbesondere d​ie alliierten Verteidiger Tobruks, welche d​ie Stadt e​twa sechs Monate erbittert g​egen alle Angriffe d​er Achsenmächte gehalten hatten, wurden i​n der Öffentlichkeit z​u einem wichtigen Durchhaltesymbol für d​en Widerstand g​egen die Achsenmächte.

Literatur

  • J.A.I. Agar-Hamilton, Leonard Charles Frederick Turner: The Sidi Rezeg battles, 1941. This book was prepared by the Union War Histories Section of the Office of the Prime Minister of the Union of South Africa. Oxford University Press, Cape Town 1957, OCLC 25042454.
  • Ian Stanley Ord Playfair, F.C. Flynn, C.J. Molony, T.P. Gleave: British fortunes reach their lowest ebb: September 1941 to September 1942. In: Her Majesty's Stationery Office (Hrsg.): History of the United Kingdom in the Second World War – Military Series (= The Mediterranean and Middle East. Band 3). Her Majesty's Stationery Office, London 1960, OCLC 58901476.
  • Barton Maughan: Tobruk and El Alamein (= Australian War Memorial [Hrsg.]: Australia in the war of 1939–1945. Series 1 – Army. Band 3). Australian War Memorial, Canberra 1966, OCLC 933092460 (gov.au [PDF; abgerufen am 2. Dezember 2018]).
  • Gerhard Schreiber, Bernd Stegemann, Detlef Vogel: Der Mittelmeerraum und Südosteuropa. Von der »non belligeranza« Italiens bis zum Kriegseintritt der Vereinigten Staaten (= Militärgeschichtliches Forschungsamt [Hrsg.]: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 3). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1984, ISBN 3-421-06097-5, Die italienisch-deutsche Kriegsführung im Mittelmeer und in Afrika, S. 591–682.
  • Horst Boog, Werner Rahn, Reinhard Stumpf, Bernd Wegner: Der Globale Krieg. Die Ausweitung zum Weltkrieg und der Wechsel der Initiative. 1941–1943 (= Militärgeschichtliches Forschungsamt [Hrsg.]: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 6). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1990, ISBN 3-421-06233-1, Fünfter Teil, I. Der Beginn der zweiten deutsch-italienischen Offensive in Nordafrika und der Kampf um Malta, S. 569–594.
  • Mario Montanari: Tobruk (Marzo 1941–Gennaio 1942) (= Ufficio Storico [Hrsg.]: Le operazioni in Africa settentrionale. Band 2). Stato maggiore dell'esercito, Roma 1993, OCLC 848349816, L'Operazione Crusader, S. 419 ff.
  • Ken Ford, John White (Illustrationen): Operation Crusader 1941. Rommel in Retreat (= Osprey Publishing [Hrsg.]: Campaign). Osprey Publishing, Oxford 2010, ISBN 978-1-84603-500-5.
  • Alessandro Massignani, Jack Greene: Rommel's North Africa campaign: September 1940–November 1942 (= Da Capo Press [Hrsg.]: Great Campaigns). Da Capo Press, New York 1999, ISBN 978-1-58097-018-1.
  • Barrie Pitt: Auchinleck's Command: The Crucible of War Book 2. 2019, ISBN 978-1-70231-485-5.

Einzelnachweise

  1. zu den Verlusten der Achsenmächte vgl. Stumpf S. 587.
  2. Barrie Pitt: The Crucible of War: Auchinleck’s Command. The Definitive History of the Desert War. Cassell & Co, 2001, S. 24–26.
  3. B. Pitt: The Crucible of War: Auchinleck’s Command. The Definitive History of the Desert War. Cassell & Co, 2001, S. 30–38.
  4. B. Pitt: The Crucible of War: Auchinleck’s Command. The Definitive History of the Desert War. Cassell & Co, 2001, S. 47–50.
  5. B. Pitt: The Crucible of War: Auchinleck’s Command. The Definitive History of the Desert War. Cassell & Co, 2001, S. 50–56.
  6. B. Pitt: The Crucible of War: Auchinleck’s Command. The Definitive History of the Desert War. Cassell & Co, 2001, S. 55–60.
  7. B. Pitt: The Crucible of War: Auchinleck’s Command. The Definitive History of the Desert War. Cassell & Co, 2001, S. 60–70.
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