90. leichte Afrika-Division
Die 90. leichte Afrika-Division/90. Panzergrenadier-Division war eine Division des Heeres der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.
Afrika-Division z. b. V. | |
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Truppenkennzeichen | |
Aktiv | 15. August 1941 bis 13. Mai 1943 (Kapitulation)/30. Juni 1943 (formelle Auflösung) 6. Juli 1943 bis 2. Mai 1945 (Kapitulation) |
Staat | Deutsches Reich |
Streitkräfte | Wehrmacht |
Teilstreitkraft | Heer |
Truppengattung | Panzergrenadiere |
Typ | Panzergrenadier-Division |
Zweiter Weltkrieg | Afrikafeldzug |
Insignien | |
Weiteres Truppenkennzeichen | |
Geschichte
Die Division wurde im August 1941 in Nordafrika unter dem Namen Afrika-Division z. b. V. aus bereits dort befindlichen Einheiten des Deutschen Afrikakorps aufgestellt. Am 1. April 1942 wurde sie in 90. leichte Infanterie-Division und am 26. Juli des gleichen Jahres in 90. leichte Afrika-Division umbenannt. Nach der Teilnahme an mehreren wichtigen Schlachten des Afrikafeldzuges kapitulierte die Division im Mai 1943 in Tunesien vor den Westalliierten.
Im Juli 1943 erfolgte auf Sardinien die Neuaufstellung als 90. Panzergrenadier-Division. Dort stiftete sich die Division den Sardinienschild als Traditionsabzeichen. Nach der Unterzeichnung des italienischen Waffenstillstandes von Cassibile mit den Alliierten, waren die deutschen Truppen auf Sardinien in der Minderzahl gegenüber den italienischen Verbänden, so dass der Abzug des deutschen Kontingents beschlossen wurde. Eine Vereinbarung zwischen dem Divisionskommandeur Generalleutnant Lungershausen und dem italienischen General Antonio Basso ermöglichte den fast kampflosen Abzug zwischen dem 8. und 16. September 1943. Von Palau im Nordosten Sardiniens wurde die 90. Panzergrenadier-Division nach Bonifacio auf Korsika überschifft.[1]
Nachdem am 9. September 1943 auf Korsika der Aufstand gegen die italienischen und deutschen Besatzer ausgerufen worden war, wurde die Division entlang der östlichen Küstenstraße von Bonifacio nach Bastia abgezogen. Über den umkämpften Brückenkopf Bastia wurde die Division unter Verlusten bis Anfang Oktober auf das italienische Festland evakuiert.[2]
Anschließend war die Division zunächst in der Toskana bei Pisa und dann an der Adriaküste bei Gatteo a Mare stationiert. Mitte November 1943 wurde sie in die Region Abruzzen hinter die Gustav-Linie verlegt. Anfang Dezember war sie in heftige Abwehrkämpfe südlich von Ortona gegen die 1. kanadische Infanterie-Division der 8. britischen Armee verwickelt. Nach den Kämpfen bei Ortona befand sie sich zur Erholung südlich von Rom. Im Januar 1944 stand der Verband erneut an der Gustav-Linie zwischen Cassino und der tyrrhenischen Küste. Ab Anfang Februar kämpfte sie in der Ersten und Zweiten Schlacht um Monte Cassino am Monte Maiola und Monte Castellone. Nach Ende der Schlacht wurde sie Anfang März als Heeresegruppenreserve in den Raum Rom–Ostia verlegt. Mitte Mai stand sie südlich vom Cassino im Liri-Tal in der Nähe von Pignataro–Pontecorvo und nahm an der Vierten Schlacht um Monte Cassino teil. Nach dem Durchbruch der Alliierten zog sich die Division bis nach Umbrien zurück, bevor sie in der Toskana in den Raum Grosseto verlegt wurde. In der Toskana wurde Einheiten der Division zur „Bandenbekämpfung“ eingesetzt und waren in Abwehrkämpfe gegen die vorrückenden Truppen der 5. US-Armee unter anderem am Monte Amiata und bei Volterra verwickelt, bevor sich die Division in das Arno-Tal zwischen Pisa und Florenz zurückzog.[3]
Ende Juli 1944 wurde die Division zur Auffrischung zunächst in die Po-Ebene zwischen Modena und Parma und anschließend nach Ligurien nördlich von Genua verlegt. Mitte August wurde sie nach der Landung der Alliierten in Südfrankreich zur Grenzsicherung der Alpenübergänge nach Piemont verlegt. Von Ende September 1944 an stand sie erneut in der Emilia-Romagna.[3] Mitte Dezember 1944 verteidigte die zunächst als Armeereserve zurückgehaltene Division unter hohen Verlusten Faenza vor dem angreifenden V. britischen und dem II. polnischen Korps, mussten die Stadt aber schließlich räumen.[4] Während der Alliierten Frühjahrsoffensive im April 1945 war die 90. Panzergrenadier-Division wieder als Reserveverband eingesetzt. Einheiten der Division wurden zur Abwehr von US-Verbänden von der tyrrhenischen Küste bei Massa bis in den toskanisch-emilianischen Apennin eingesetzt. Nach dem Zusammenbruch der deutschen Front kapitulierten die Reste der Division Ende April 1945 südlich des Gardasees vor den Alliierten.[5]
Kriegsverbrechen
Angehörige der 90. Panzergrenadier-Division werden einige Kriegsverbrechen im Rahmen ihres Einsatzes in Italien zur Last gelegt. Laut dem von der Deutschen Bundesregierung finanzierten und von einer Historikerkommission geleiteten Projekts Atlante degli Stragi Naziste e Fasciste in Italia (dt. Atlas der nazistischen und faschistischen Massaker in Italien) wurden zwischen August 1944 und April 1945 über 40 Personen durch Divisionsangehörige getötet.[6] Im Frühjahr 1944 war die Division bei Bandenbekämpfungsaktionen in Mittelitalien eingesetzt. Der Großteil der Opfer gehen auf Aktionen gegen Partisanen im August 1944 zurück, als die Division nach der Landung der Alliierten in Südfrankreich nach Piemont zur Absicherung der Grenzpässe in den Cottischen Alpen verlegt worden war. Dort hinterließ die Division insbesondere im Susatal und Valle Maira bei Aktionen gegen die Resistenza eine Spur der Zerstörung und Gewalt. Zu einer zweiten Welle von Gewaltverbrechen kam es während der Alliierten Frühjahrsoffensive Ende April 1945, als sich die Reste der Division in Richtung Alpen zurückzogen.[7]
Gliederung
90. leichte Afrika-Division 1941 |
90. Afrika-Division 1942 |
90. Panzergrenadier-Division 1943 |
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Pionier-Bataillon 190 |
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Kommandeure
(Angegeben ist der jeweils letzte Dienstgrad im entsprechenden Zeitraum.)
Afrika
Damaliger Rang | Name | Zeitraum |
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Generalmajor | Max Sümmermann | 1. September bis 10. Dezember 1941 (gefallen) |
Oberst | Johann Mickl | 10.–27. Dezember 1941 (m. d. F. b.) |
Generalmajor | Richard Veith | 27. Dezember 1941 bis 10. April 1942 |
Generalmajor | Ulrich Kleemann | 10. April bis 14. Juni 1942 |
Oberst | Werner Marcks | 14. Juni bis 18. Juni 1942 |
Oberst | Erwin Menny | 18. und 19. Juni 1942 |
Oberst | Werner Marcks | 19. Juni bis 21. Juni 1942 |
Generalmajor | Ulrich Kleemann | 21. Juni bis 8. September 1942 (verwundet) |
Generalmajor | Hermann-Bernhard Ramcke | 8. September bis 17. September 1942 (m. d. F. b.) |
Oberst | Hermann Schulte-Heuthaus | 10. August bis 1. November 1942 (m. d. F. b.) |
Generalleutnant | Theodor von Sponeck | 22. September 1942 bis 12. Mai 1943 (in Kriegsgefangenschaft) |
90. Panzergrenadier-Division
Damaliger Rang | Name | Zeitraum |
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Generalleutnant | Carl-Hans Lungershausen | 6. Juli bis 10. Dezember 1943 |
Generalleutnant | Ernst-Günther Baade | 10. Dezember 1943 bis 9. Dezember 1944 |
Generalleutnant | Gerhard Graf von Schwerin | 9.–27. Dezember 1944 |
Generalmajor | Heinrich von Behr | 27. Dezember 1944 bis zur Kapitulation |
Bekannte Divisionsangehörige
- Claus von Amsberg (1926–2002), Ehemann der niederländischen Königin Beatrix
- Karl Schnell (1916–2008), war ab 1. Oktober 1975 Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte Europa-Mitte (CINCENT) und ab 11. Januar 1977 Staatssekretär im Verteidigungsministerium
Literatur
- Carlo Gentile: Wehrmacht und Waffen-SS im Partisanenkrieg: Italien 1943–1945. Schöningh, Paderborn 2012, ISBN 978-3-506-76520-8. (Köln, Univ., Diss., 2008.)
- E. Schilling: Traditionspflege der ehem. 90. leichten Afrika-Division in Munster/Geschichte der Division Munster 1983.
- Alois Schirmer (Hrsg.): Division z.b.V. Afrika – Alpenrose ruft Enzian: Nachrichtensoldaten der 90. leichten Afrika-Division berichten. Flechsig-Verlag, Würzburg 2009, ISBN 978-3-8035-0010-6.
- Alois Schirmer (Hrsg.): Mit der 90. leichten Afrika-Division in Rommels Heer. Chronik und Erlebnisberichte von Angehörigen der Nachrichtenkompanie /Abteilung 190. Flechsig-Verlag, Würzburg 2009, ISBN 978-3-8035-0009-0.
- Karl Schweyher: 1941 – 1943. Libyen – Ägypten – Tunesien. Afrika-Artillerie-Abteilung im Afrika-Regiment 361 und im Artillerie-Regiment 190 der 90. leichten Division. Von der französischen Fremdenlegion zur Deutschen Wehrmacht. Selbstverlag 1994.
- Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 6. Die Landstreitkräfte 71 – 130. 2. Auflage. Biblio-Verlag, Bissendorf 1979, ISBN 3-7648-1172-2.
Einzelnachweise
- Francesco Ledda: I tedeschi in Sardegna: movimentazione dei reparti dopo l’8 settembre e il fatto di sangue di Oniferi. In: Daniele Sanna (Hrsg.): La Sardegna e la guerra di Liberazione. Studi di storia militare. Franco Angeli, Mailand 2018 ISBN 978-88-917-6958-9 S. 67–70
- Bastia. In: volksbund.de. Abgerufen am 19. Dezember 2019.
- Carlo Gentile: Itinerari di guerra: La presenza delle truppe tedesche nel Lazio occupato 1943-1944. Online-Publikationen des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Rom o. J. S. 29 PDF
- Gilbert Alan Shepperd: La campagna d’Italia 1943–1945. Garzanti, Mailand 1970. S. 411–412
- Marco Belogi, Daniele Guglielmi: Spring 1945 on the Italian front: a 25 Day Atlas from the Apennines to the Po River. Primavera 1945 sul fronte italiano: Atlante dei 25 giorni dall’Appennino al fiume Po. Mattioli 1885, Fidenza 2011 ISBN 978-88-6261-198-5. S. 61, 209
- 90. Panzer-Grenadier-Division. In: straginazifasciste.it. Abgerufen am 17. Dezember 2019 (italienisch).
- Carlo Gentile: I crimini di guerra tedeschi in Italia 1943-1945. Einaudi, Turin 2015 ISBN 978-88-06-21721-1 S. 400