Nullmenge
Als Nullmenge (oder auch -Nullmenge) bezeichnet man in der Mathematik eine Teilmenge eines Maßraums (genauer: ist ein Element der zugehörigen σ-Algebra ), die das Maß null hat. Sie ist nicht mit der leeren Menge zu verwechseln; tatsächlich kann eine Nullmenge sogar unendlich viele Elemente enthalten. Manche Autoren nehmen in der Definition von Nullmenge auch vernachlässigbare Mengen hinzu, d. h. solche, die Teilmenge einer Nullmenge, aber nicht notwendigerweise Element der -Algebra sind und denen deswegen selbst eventuell kein Maß zugeordnet ist. Wird allen Mengen, die sich nur um eine solche vernachlässigbare Menge von einem Element der -Algebra unterscheiden, ebenfalls ein Maß zugeordnet, spricht man von der Vervollständigung des Maßes, wie sie etwa in der Definition des Lebesgue-Maß verwendet wird.
Von einer Eigenschaft, die für alle Elemente des Maßraums außerhalb einer -Nullmenge gilt, sagt man, dass sie -fast überall gilt. Ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß, so sagt man auch -fast sicher anstelle von -fast überall.
Beispiele
- Die leere Menge bildet in jedem Maßraum eine Nullmenge.
Für das Lebesgue-Maß auf bzw. auf gilt:
- Eine Teilmenge von ist genau dann eine Lebesgue-Nullmenge, wenn zu jedem eine Folge von achsenparallelen -dimensionalen Würfeln oder Quadern existiert mit und .[1][2]
- Jede abzählbare Teilmenge des ist eine Nullmenge. Insbesondere ist die Menge der rationalen Zahlen in der Menge der reellen Zahlen eine Nullmenge.
- Jeder echte Untervektorraum, insbesondere jede Hyperebene, des ist eine Nullmenge. Dasselbe gilt für affine Unterräume und Untermannigfaltigkeiten, deren Dimension kleiner als ist.
- Die Cantor-Menge ist eine überabzählbare Nullmenge in der Menge der reellen Zahlen.
Verallgemeinerungen
Inhalte auf Halbringen
Man kann Nullmengen auch allgemeiner für Elemente eines Halbringes definieren. Eine Menge aus heißt Nullmenge, wenn für den Inhalt gilt . Diese Verallgemeinerung beinhaltet sowohl die obige Definition, da jede -Algebra auch ein Halbring ist und jedes Maß auch ein Inhalt ist, als auch den Fall für Ringe und Prämaße.
Differenzierbare Mannigfaltigkeiten
Für differenzierbare Mannigfaltigkeiten gibt es im Allgemeinen keine sinnvolle Verallgemeinerung des Lebesgue-Maßes. Dennoch kann der Begriff der Lebesgue-Nullmengen sinnvoll auf differenzierbare Mannigfaltigkeiten übertragen werden: Sei eine -dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit und , dann heißt eine Lebesgue-Nullmenge, wenn für jede Karte mit die Menge eine Lebesgue-Nullmenge in ist.[1]
Mit dieser Definition lässt sich der Satz von Sard auf differenzierbare Mannigfaltigkeiten übertragen. Im Fall von pseudo-riemannschen Mannigfaltigkeiten sind diese Lebesgue-Nullmengen identisch mit den Nullmengen bezüglich des Riemann-Lebesgueschen Volumenmaßes.[3]
Literatur
- Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 4., korrigierte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-21390-2.
- Heinz Bauer: Maß- und Integrationstheorie. 2., überarbeitete Auflage. de Gruyter, Berlin u. a. 1992, ISBN 3-11-013626-0.
Einzelnachweise
- Theodor Bröcker, Klaus Jänich: Einführung in die Differentialtopologie (= Heidelberger Taschenbücher. Band 143). Springer Verlag, Berlin / Heidelberg / u. a. 1990, ISBN 3-540-06461-3, § 6. Der Satz von Sard, Definitionen 6.1 und 6.3, S. 58–59 (Korrigierter Nachdruck. Mit „differenzierbar“ ist hier immer gemeint.).
- Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis III. 2. Auflage. Birkhäuser Verlag, Basel 2008, ISBN 978-3-7643-8883-6, Kapitel IX. Elemente der Maßtheorie, 5. Das Lebesguesche Maß, Theorem 5.1(v), S. 41.
- Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis III. 2. Auflage. Birkhäuser Verlag, Basel 2008, ISBN 978-3-7643-8883-6, Kapitel XII. Integration auf Mannigfaltigkeiten, 1. Volumenmaße, Satz 1.6, S. 409.