Nový Jičín
Nový Jičín (deutsch Neu Titschein oder Neutitschein) ist eine Stadt in der Mährisch-Schlesischen Region in Tschechien. Die Stadt hat etwa 24.000 Einwohner. Das historische Stadtzentrum wurde 1967 zum städtischen Denkmalreservat erklärt.
Nový Jičín | |||||
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Basisdaten | |||||
Staat: | Tschechien | ||||
Historischer Landesteil: | Mähren | ||||
Region: | Moravskoslezský kraj | ||||
Bezirk: | Nový Jičín | ||||
Fläche: | 3652[1] ha | ||||
Geographische Lage: | 49° 36′ N, 18° 1′ O | ||||
Höhe: | 285 m n.m. | ||||
Einwohner: | 23.151 (1. Jan. 2021)[2] | ||||
Postleitzahl: | 741 01 | ||||
Kfz-Kennzeichen: | T | ||||
Verkehr | |||||
Straße: | Opava – Valašské Meziříčí | ||||
Bahnanschluss: | Suchdol nad Odrou–Nový Jičín město | ||||
Struktur | |||||
Status: | Stadt | ||||
Ortsteile: | 6 | ||||
Verwaltung | |||||
Bürgermeister: | Stanislav Kopecký (Stand: 2019) | ||||
Adresse: | Masarykovo nám. 1/1 741 01 Nový Jičín | ||||
Gemeindenummer: | 599191 | ||||
Website: | www.novyjicin.cz |
Geographische Lage
Die Stadt liegt zwischen der Jičínka und der Grasmanka in Mähren im Kuhländchen, 32 km südwestlich von Ostrava (Ostrau).
Geschichte
Die Gründung der Stadt fällt wahrscheinlich in das 13. Jahrhundert. Bereits 1313 erhielt Neutitschein das Stadtrecht, das auch mit dem Recht zur Erhebung von Zöllen verbunden war. Inmitten des Kuhländchens gelegen, war die Stadt berühmt wegen ihrer Viehmärkte, der Tucherzeugung (Firma Preisenhammer, gegründet 1786) und der Herstellung von Hüten (Firma Hückel, gegründet 1799; Firma August Peschel, gegründet 1869 und Firma Böhm). Neutitschein war der Geburtsort der Maler Hugo Baar, Julius Berger, Anton Kolig, Eduard Veith sowie des Filmemachers Harun Farocki. Am Stadtplatz 29 verstarb am 14. Juli 1790 der österreichische Feldherr Ernst Gideon von Laudon.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kam es zum Zerfall der Doppelmonarchie, aus der neue Staaten hervorgingen, so die Tschechoslowakei (1. ČSR) am 28. Oktober 1918 und die Republik Deutschösterreich am 12. November 1918, dem Tag nach der Verzichtserklärung von Kaiser Karl I. und der Enthebung seiner letzten Regierung.[4]
Bis zum Inkrafttreten des Vertrages von Saint-Germain am 16. Juli 1920 beanspruchte Österreich die überwiegend von Deutschen besiedelten Gebiete der ČSR. Diese wurden jedoch schon kurz nach der Staatsgründung vom tschechoslowakischen Militär besetzt, der Hauptort des Kuhländchens, Neu Titschein, am 20./21. November 1918.
1930 wurden 13.997 Einwohner gezählt, davon waren 4236 Tschechen. Nach dem Münchner Abkommen wurde der Ort dem Deutschen Reich zugeschlagen und gehörte bis 1945 zum Landkreis Neu Titschein, Regierungsbezirk Troppau, im Reichsgau Sudetenland. Am 17. Mai 1939 hatte Neu Titschein 13.486 Einwohner und am 17. Mai 1947 waren es 11.406 Bewohner. Bis 1945 bildeten Sudetendeutsche, früher Deutschmährer genannt, die stärkste Bevölkerungsgruppe, gleichzeitig war das Gebiet um Neutitschein aber wegen der gemischten Bevölkerung auch eines der Zentren des Widerstands gegen die Nationalsozialisten.
Aufgrund der Beneš-Dekrete wurde die deutsche Bevölkerung 1945 enteignet und vertrieben.
Seit 1967 steht das Zentrum der Bezirksstadt des Okres Nový Jičín mit ihren zahlreichen Architekturdenkmälern unter Denkmalschutz.
Der Ortsteil Libhošť bildete am 1. Januar 2011 wieder eine eigenständige Gemeinde.[5]
Demographie
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1851 | 7443 | in 795 Häusern, Muttersprache der Einwohner ist deutsch[6] |
1857 | 7907 | [7] |
1900 | 12.003 | meist deutsche Einwohner[8] |
1930 | 13.997 | davon 4236 Tschechen[9] |
1939 | 12.925 | davon 1152 Evangelische, 11.402 Katholiken, 45 sonstige Christen und acht Juden[9] |
Stadtgliederung
Die Stadt Nový Jičín besteht aus den Ortsteilen Bludovice (Blauendorf), Kojetín (Kojetein), Loučka (Ehrenberg), Nový Jičín (Neu Titschein), Straník (Stranik) und Žilina (Söhle).[10] Grundsiedlungseinheiten sind Bludovice, Bocheta, Černá strana, Dlouhá, Dvořákova, Hoblíkova, Hrabí, Hřbitovní, Kojetín, Křivopotoční, Loučka, Nový Jičín-střed, Plavá strana, Puntík, Sídliště Loučka, Skalka, Smetanovy sady, Straník, U bazénu, U mostu, U nemocnice, Za císařskou, Žilina-jih und Žilina-sever.[11]
Das Gemeindegebiet gliedert sich in die Katastralbezirke Bludovice u Nového Jičína, Kojetín u Starého Jičína, Loučka u Nového Jičína, Nový Jičín-Dolní Předměstí (Untere Vorstadt), Nový Jičín-Horní Předměstí (Obere Vorstadt), Nový Jičín-město, Straník und Žilina u Nového Jičína.[12]
Wirtschaft
Heute sind die größten Arbeitgeber Nový Jičins die von Johann Hückel gegründete Hutfabrik J. Hückel’s Söhne, heute unter den Namen Tonak, und die Autozulieferer Varroc lighting und Hanon, frueher zusammen als Visteon bekannt, wo Scheinwerfer und Teile für Klimaanlagen gefertigt werden; allerdings befindet sich der Großteil des Produktionsgeländes dieses Autozulieferers im benachbarten Šenov u Nového Jičína.
Städtepartnerschaften
Seit 1981 ist Nový Jičín die Partnerstadt von Görlitz. 2003 wurde die Partnerschaft Görlitz/Nový Jičín durch das deutsch-tschechische Informationszentrum IDOR mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet. Görlitz ist allerdings nicht die einzige Partnerstadt Nový Jičins:
- Novellara – Italien, seit 1964
- Görlitz – Deutschland, seit 1981
- Ludwigsburg – Deutschland, seit 2012. Ludwigsburg ist zudem seit 1962 Patenstadt der deutschen Heimatvertriebenen aus dem Kuhländchen
- Świętochłowice – Polen, seit 1994
- Kremnica – Slowakei, seit 1999
- Épinal – Frankreich, seit 2000
Sport
Die wichtigste Sportart in der Stadt ist Basketball. Mlékárna Miltra Nový Jičín wurde in der Saison 1998/1999 tschechischer Meister, damals noch unter dem Namen Mlékárna Kunín. In den Playoffs konnte der Verein mehrfach den zweiten und dritten Platz belegen, fünfmal wurde man Sieger im Pokalwettbewerb.[13]
Bei den Bewohnern der Stadt relativ beliebt ist auch das Eishockey der Herren. Die TJ Nový Jičín nimmt regelmäßig an der Play-off-Runde der zweiten Liga teil.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt (chronologisch)
- Peter von Rittinger (1811–1872), österreichischer Montanist
- Dominik Bilimek (1813–1884), Priester, Zoologe und Botaniker
- Carl Freiherr von Schwarz (1817–1898), österreichischer Bauunternehmer der Gründerzeit
- Ignaz Johann Berger (1822–1901), österreichischer Maler
- Eduard von Orel (1841–1892), österreichischer Seeoffizier und Polarfahrer
- Wilhelm Haas (1842–1918), österreichischer Bibliothekar
- Julius Victor Berger (1850–1902), österreichischer Maler
- Eduard Veith (1858–1925), historistisch-symbolistischer Maler und Grafiker
- Wilhelm von Kesslitz (1862–1944), österreichisch-ungarischer Marineoffizier, Geophysiker und Hydrologe
- Fritz Hückel (1885–1973), österreichischer Hutfabrikant, Automobilproduzent und Amateur-Rennfahrer
- Anton Kolig (1886–1950), österreichischer spätexpressionistischer Maler
- Alfred Neubauer (1891–1980), Automobilrennfahrer und Rennleiter
- Emil Winkler (1891–1942), österreichischer Romanist
- Fred Liewehr (1909–1993), Wiener Kammerschauspieler
- Walter Ullrich (1911–1981), Jurist und Versicherungsmanager
- Max Mannheimer (1920–2016), Überlebender des Holocaust und jüdischer Buchautor
- Gerhard Neiber (1929–2008), Politiker in der DDR, hoher MfS-Funktionär
- Brun Appel (1934–2021), deutscher römisch-katholischer Kirchenhistoriker und Archivar
- Adolf Laube (* 1934), Historiker
- Ulrich Steinvorth (* 1941), Philosoph und Hochschullehrer
- Hans-Jürgen Tögel (* 1941), Fernsehregisseur und Drehbuchautor
- Jörg Döpper (* 1942), Politiker (CDU), Landtagsabgeordneter
- Harun Farocki (1944–2014), Filmemacher und Autor
- Rainer Nabielek (* 1944), deutscher Medizinhistoriker, Sexualwissenschaftler und Orientalist
- Stanislav Moša (* 1956), Regisseur, Librettist und Theaterleiter
- Libor Pivko (* 1980), Eishockeyspieler
- Kateřina Konečná (* 1981), Politikerin
- Rostislav Klesla (* 1982), Eishockeyspieler
- David Květoň (* 1988), Eishockeyspieler
Im Ort wirkten und lebten
- Caspar Ferdinand Döpper (18. Jahrhundert), Tuchscherer und Tuchfabrikant
- Ernst Gideon von Laudon (1717–1790), österreichischer Feldherr
- Eduard Hölzel (1817–1885), Buchhändler und Verleger
- Karl Drössler (1840–1916), Unternehmer
- Karel Kryl (1944–1994), Liedermacher und Dichter, wuchs hier auf
- Marie Bayerová (1922–1997), tschechische Übersetzerin deutschsprachiger Werke und Philosophin
- Michal Altrichter SJ (* 1965), tschechischer Religionswissenschaftler
Literatur
- Josef Beck: Geschichte der Stadt Neutitschein (Nový Jičín) und deren Umgebung. Druck: J. N. Enders, Neutitschein 1854 (Online, ohne gefaltete Seiten (Abbildung S. 240–241 u. Tabellen im Anhang)).
Einzelnachweise
- http://www.uir.cz/obec/599191/Novy-Jicin
- Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2021 (PDF; 349 kB)
- Josef Beck: Geschichte der Stadt Neutitschein (Nový Jičín) und deren Umgebung. Druck: J. N. Enders, Neutitschein 1854 (Online, ohne gefaltete Seiten (Abbildung S. 240–241 u. Tabellen im Anhang))
- Siehe Extraausgabe der „Wiener Zeitung“ unter http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ext&datum=19181111&seite=1&zoom=33
- ČTK: Libhošť bude samostatnou obcí, rozhodli lidé v referendu (Tschechisch), České noviny. 12. April 2010. Abgerufen am 20. Mai 2010.
- Josef Beck: Geschichte der Stadt Neutitschein (Nový Jičín) und deren Umgebung. Druck: J. N. Enders, Neutitschein 1854, S. 2.
- Carl Kořistka: Die Markgrafschaft Mähren und das Herzogthum Schlesien in ihren geographischen Verhältnissen. Wien und Olmüz 1861, S. 268–269.
- Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 14, Leipzig und Wien 1908, S. 583.
- Michael Rademacher: Landkreis Neu Titschein. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- http://www.uir.cz/casti-obce-obec/599191/Obec-Novy-Jicin
- http://www.uir.cz/zsj-obec/599191/Obec-Novy-Jicin
- http://www.uir.cz/katastralni-uzemi-obec/599191/Obec-Novy-Jicin
- Historie klubu (Tschechisch) Abgerufen am 20. Dezember 2015.
Weblinks
- http://www.novy-jicin.cz tschechisch