Norbert Kleinwächter
Norbert Kleinwächter (* 22. Februar 1986 in Augsburg) ist ein deutscher Lehrer und Politiker (AfD). Seit 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages und seit 2021 stellvertretender Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion.[1]
Leben
Norbert Kleinwächter wurde in Augsburg geboren und wuchs in Bayreuth auf.[2] Nach dem Abitur 2005 studierte er bis 2009 Comparative Literature am Dartmouth College (USA) mit Abschluss Artium Magister sowie Anglistik, Romanistik und Theaterwissenschaft in Erlangen mit Abschluss Magister Artium. Zudem erhielt er das erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien mit den Fächern Englisch, Französisch und darstellendes Spiel. Von 2013 bis 2017 war er Lehrer an den Privatschulen Villa Elisabeth in Wildau.
Politische Laufbahn
Von 2005 bis 2007 war Kleinwächter Mitglied in der Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative. Seit 2013 ist er Mitglied der AfD.[2] Im Jahre 2014 wurde er Mitglied des Kreisverbandes Dahme-Spreewald und Vorsitzender dessen AfD-Fraktion.[2] Nach der Bundestagswahl 2017 wurde er über die Landesliste Brandenburg Abgeordneter für den Deutschen Bundestag.
Seit 2019 ist Norbert Kleinwächter im Vorstand der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Norbert Kleinwächter ist ständiges Mitglied der deutschen Delegation im Europarat und im EU-Ausschuss und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.
Positionen
Kleinwächter verortet sich selbst in der sogenannten „Alternativen Mitte“, dem nach eigener Sicht gemäßigten Flügel der AfD. Autoren der Wochenzeitung Die Zeit zählen ihn zum „gemäßigten“ Flügel der AfD.[3]
Er setzt sich für die Öffnung seiner Partei gegenüber der Christlich Demokratischen Union Deutschlands und der Freien Demokratischen Partei ein. Rechtsextremes Gedankengut habe keinen Platz in der AfD, bekräftigte Kleinwächter in mehreren seiner Videos und Interviews. Das Gleiche gelte für die öffentliche Forderung zur Beschneidung der Grundrechte für AfD-Mitglieder sowie Sympathisanten. Jeder überzeugte Demokrat, wozu sich Kleinwächter uneingeschränkt zählt, müsse bei so einer Forderung aufstehen, auch wenn er den Ansichten der AfD persönlich nichts abgewinne.
Kleinwächter brachte einen Gesetzentwurf zur Änderung von befristeten Arbeitsverträgen in den Bundestag ein. Ziel war es den Unterschied zwischen Befristungen mit Sachgrund und Befristungen ohne Sachgrund aufzuheben, indem man nur noch sachgrundlose Befristungen erlaubt und so den Kettenbefristungen entgeht. Norbert Kleinwächter war dieser Antrag ein persönliches Anliegen, da er selbst als Lehrer gearbeitet hat und insbesondere anprangert, dass Lehrer zu Beginn des Schuljahres eingestellt und zum Ende wieder ausgestellt werden. Außerdem beantragte Kleinwächter eine Subsidiaritätsrüge seitens des Bundestags gegenüber der Europäischen Union. Ziel war es die Einrichtung der europäischen Arbeitsbehörde ELA zu verhindern.
Im November 2017 brachte Kleinwächter gemeinsam mit Roman Reusch und Waldemar Herdt einen Antrag zur Förderung der Rückkehr syrischer Flüchtlinge im Bundestag ein. Im Antrag schrieben die Abgeordneten: „Die Sicherheitslage in großen Teilen Syriens hat sich in den vergangenen Monaten substantiell verbessert.“ Sie beriefen sich dabei auf die International Organization for Migration (IOM), wonach „allein in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 insgesamt über 600.000 Syrer“ in ihre Heimat zurückgekehrt seien, und forderten, die Bundesregierung solle ein Abkommen mit dem syrischen Diktator Baschar al-Assad schließen, damit Flüchtlinge von nun an wieder „sicher und kostenfrei“ in das Bürgerkriegsland ziehen könnten.[4]
Die IOM hatte zwar eine Meldung unter einer derartigen Überschrift veröffentlicht, doch an Stelle einer besseren Sicherheitslage beschrieb dieser das Gegenteil: 93 % dieser 600.000 Menschen hatten laut IOM Syrien gar nicht erst verlassen, sie waren innerhalb des Landes geflüchtet. Im selben Zeitraum seien zudem mehr als 800.000 Syrer vertrieben worden. 10 % der Rückkehrer hätten ein zweites Mal fliehen müssen. Der Bericht schloss, eine Heimkehr sei „nicht unbedingt freiwillig, sicher oder nachhaltig“ (englisch: „not necessarily voluntary, safe or sustainable“).[5] Laut neuesten IOM-Zahlen mussten zwischen Januar und Oktober sogar fast 1,5 Millionen Menschen innerhalb Syriens fliehen.
Die Abgeordneten der übrigen Fraktionen reagierten mit Kopfschütteln,[6] sie warfen der AfD „Zynismus“ und „Taschenspielertricks“ vor.[7] Autoren der Süddeutschen Zeitung rezipierten die Vorstellung des Antrags unter dem Titel „Alternative Fakten für Deutschland“,[8] im Bayerischen Rundfunk wurde in dem Kontext eine veränderte Debattenkultur wahrgenommen und im Mitteldeutschen Rundfunk wurde von einer neuen Streitkultur berichtet, zu der „laute und schrille Töne sowie Provokationen“ zählen würden.[9][10][11]
Sonstiges
Kleinwächter twitterte anlässlich der Amokfahrt in Münster, dass „verblendete Islamisten, diese tickenden Zeitbomben“ verantwortlich seien. Nachdem bekannt wurde, dass der Tatverdächtige ein gebürtiger Deutscher ist, löschte Kleinwächter den Tweet.[12]
Auf dem Landesparteitag der AfD in Frankfurt am 21. März 2021 bewarb Kleinwächter sich für die Landesliste der Bundestagswahl 2021. Während einer Zwischenfrage zu seiner Bewerbungsrede bezeichnete er seinen Kommentar: „Kalbitz ist tot“ als Fehler. Andreas Kalbitz wurde 2020 aufgrund von Mitgliedschaften und Verbindungen in die rechtsextreme Szene, aus der AfD ausgeschlossenen wurde.[13]
Einzelnachweise
- Deutscher Bundestag - AfD-Fraktion. Abgerufen am 11. November 2021.
- Profil von Norbert Kleinwächter bei der AfD
- Kai Biermann, Astrid Geisler, Christina Holzinger, Paul Middelhoff, Karsten Polke-Majewski: AfD-Fraktion: Rechts bis extrem im Bundestag. In: Die Zeit. 26. September 2017, abgerufen am 25. Oktober 2017.
- Sechs-Punkte-Plan – Abkommen zur Förderung der Rückkehr syrischer Flüchtlinge. In: Deutscher Bundestag (Drucksache 19/48). 13. November 2017.
- Over 600.000 Displaced Syrians Returned Home in First 7 Months of 2017. In: IOM. 11. August 2017.
- Birgit Schmeitzner: AfD verändert Debattenkultur. In: Bayerischer Rundfunk. 22. November 2017.
- Jörg Köpke, RND: Union plant Rückführungen für syrische Flüchtlinge. In: Göttinger Tageblatt. 28. November 2017.
- Michael Bauchmüller, Kristiana Ludwig: Alternative Fakten für Deutschland . In: Süddeutsche Zeitung. 26. November 2017.
- Cecilia Reible: Inszenierte Abgrenzung rechtsaußen (Memento vom 1. Dezember 2017 im Internet Archive) In: MDR. 24. November 2017.
- n-tv Nachrichten: "Solche Protagonisten müssen aufpassen". In: n-tv.de. (n-tv.de [abgerufen am 30. Mai 2018]).
- Kleinwächter, Norbert: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. In: Deutscher Bundestag Drucksache 19/1841. Abgerufen am 5. Juni 2018.
- AfD-Frau von Storch provoziert mit Tweet zu Amokfahrt – so genial antwortet eine Nutzerin aus Münster! In: derwesten.de. Abgerufen am 8. April 2018.
- Alles beim Alten. Abgerufen am 23. März 2021.