Nahtoderfahrung
Als Nahtoderfahrung (oder Nahtod-Erfahrung) (NTE) wird ein breites Spektrum tiefgreifender persönlicher Erfahrungen bis hin zu sogenannten Transzendenzerfahrungen bezeichnet, die häufig von Menschen gemacht werden, die sich in einer lebensbedrohlichen Situation befunden haben. Dieser Umstand hat zur Begriffsbildung wesentlich beigetragen, allerdings sind gleichartige Erfahrungen auch in anderen Zusammenhängen beschrieben worden.
Die Forschung hat eine Reihe von Elementen und Gefühlen identifiziert, die typisch für Nahtoderfahrungen sind,[1][2][3] dazu gehören u. a.: die Erfahrung eines bewussten Seins ohne physischen Körper, Tunnel-, Licht-, Jenseits- und Weltraumerfahrungen, Gefühle von Liebe, Frieden, Geborgenheit und Schmerzlosigkeit und in wenigen Fällen von Angst und Bedrängnis. Einige Betroffene berichten auch von Begegnungen mit verstorbenen Angehörigen oder Wesen, mit denen sie jeweils kommunizieren. Die Bandbreite der Erklärungen, die für dieses Phänomen angenommen werden, reicht von naturwissenschaftlichen bis hin zu spirituellen Ansätzen. Nahtoderfahrungen werden unabhängig von der Weltanschauung in fast allen Kulturen der Menschheit erwähnt.[4][5]
Bezeichnung
Der Begriff „Nahtoderlebnis“ wurde im 19. Jahrhundert geprägt, als der Schweizer Geologe Albert Heim eine Eigenerfahrung und Zeugenaussagen seiner Klettergefährten über Erlebnisse nach Abstürzen protokollierte und publizierte.[6]
Einführung
Nahtoderlebnisse erhielten ihren Namen, da das Zusammentreffen der Erlebnisse mit lebensbedrohenden Situationen besonders auffiel. Später zeigte sich jedoch, dass Nahtoderlebnisse mit Tod oder Todesnähe nicht unbedingt etwas zu tun haben. Auch Umstände, die nicht lebensbedrohend sind, können sie auslösen, wie zum Beispiel Epilepsie oder Meditation. Beim Vergleich von Nahtoderlebnissen in lebensbedrohenden Situationen mit solchen in nicht lebensbedrohenden Situationen wurden bezüglich Intensität und Inhalten der Erlebnisse keine Unterschiede festgestellt.[7]
Es gibt keine einheitliche und umfassende Klassifizierung der Umstände und Elemente von Nahtoderfahrungen. Erschwerend für die Klassifizierung ist die Nähe einiger Nahtoderfahrungen zu Träumen, Oneiroid-Syndromen, Halluzinationen, Illusionen, Wahnvorstellungen, autosuggestiven Elementen und dem Erleben während einer diagnostizierten Depersonalisation.
Von den Überlebenden eines Herzstillstands berichteten circa 20 Prozent über typische Nahtoderlebnisse.[8] Nach einer repräsentativen Befragung von über 2000 Personen in Deutschland durch den Berliner Soziologen Hubert Knoblauch in den Jahren 1997–1998 hatten etwa 4 Prozent eine Nahtoderfahrung.[9]
Erlebnisinhalte
Themen und Inhalte in Nahtoderfahrungen
- Außerkörperliche Erfahrung: Im Rahmen von Nahtoderfahrungen haben die Betroffenen oft das Gefühl, über ihrem Körper zu schweben und zu beobachten, was geschieht.[10]
- Ein großer Teil der Betroffenen beschreibt einen Übergang, der am häufigsten als Durchgang durch einen Tunnel beschrieben wird, an dessen Ende helles Licht zu sehen ist.[3]
- Manche Betroffene berichten vom Jenseits; je nach Studie in einem Zehntel bis zwei Drittel der Nahtod-Erlebnisse.[3]
- bereits verstorbene Verwandte oder übernatürliche Gestalten kommen, um den Betroffenen abzuholen: Schon in den von Papst Gregor dem Großen gesammelten Berichten erscheinen Apostel, Verwandte oder Freunde zur Abholung.[11][12] In den von Osis und Haraldson untersuchten Totenbettvisionen aus Indien und Amerika kommen solche Wesen in etwa 78 % der Fälle vor; bei den Amerikanern überwiegend verstorbene Verwandte, in Indien eher religiöse Figuren. Auch Lebende können in Nahtoderfahrungen auftauchen.
- Licht: In 40–77 % der Nahtoderfahrungen nimmt die Person ein helles, weißes Licht wahr.[13] Das Licht wird je nach Religionszugehörigkeit als Sonne, Gott, Engel oder als Widerspiegelung des allerhöchsten Bewusstseinszustandes des Menschen identifiziert.[3][14][15][16]
- Als Lebensbilderschau, Lebensrückblick oder -film können während des Nahtod-Erlebnisses Ereignisse aus der eigenen Vergangenheit vor dem inneren Auge ablaufen. Diese Phase des Nahtod-Erlebnisses tritt etwa in einem Drittel der Berichte über Nahtoderfahrungen auf.[3] In Nahtoderfahrungen von vor Beginn der Neuzeit oder aus Ländern der Dritten Welt wie Indien tritt dieses Motiv meist in Form einer Bewährungsprobe, einer Gerichtsszenerie oder eines Lebensbuches auf.[17]
- Gefühl, Ereignisse der Zukunft vorhersagen zu können (Präkognition), und Allwissenheitsempfinden: In etwa 3 bis 6 % der Nahtodeserlebnisse glaubten die Betroffenen, in die Zukunft zu sehen.[3][13]
- In 8 bis 41 Prozent der Nahtoderfahrungen taucht eine Grenze, Mauer oder etwas Ähnliches auf, das der Betroffene nicht überschreiten darf, wenn er nicht endgültig sterben soll.[18]
- Rückkehr: In einigen Nahtoderfahrungen erscheinen die Wiederbelebungsmaßnahmen als Grund der Rückkehr. Es kann aber auch eine bewusste Entscheidung zur Rückkehr erlebt werden.[19]
Emotionen
- Glücksgefühl: Für viele Menschen sind starke Gefühle von Schmerzfreiheit, Frieden, Freude und Glückseligkeit der bemerkenswerteste Teil ihrer Erfahrung.[20]
Mystische Erfahrung und Folgen
Nahtoderfahrungen können religions- und kulturunabhängige mystische Erfahrungen und Transzendenz-Erfahrungen beinhalten: ein Erleben von Einheit, einer Realität jenseits von Zeit und Raum, tief empfundene positive Stimmung, Gefühl der Heiligkeit, Unaussprechlichkeit, Paradoxie und Flüchtigkeit des Erlebens. Damit sind Nahtoderlebnisse die häufigsten mystischen Erfahrungen überhaupt.[17][21]
Viele Menschen sind nach einem Sterbeerlebnis auch von der Existenz Gottes überzeugt und geben religiösen und ethischen Werten in ihrem Leben Vorrang.[22][23][24] Eine Hinwendung zu sozial-karitativen Tätigkeiten, eine höhere Wertschätzung von Sinnfragen, aber auch der eigenen Person und der Kürze und Kostbarkeit der Lebenszeit werden beschrieben.
Erklärungsversuche
Grundpositionen
In der Beschreibung und Erforschung von Nahtoderfahrungen gibt es verschiedene Versuche, die sich in ihren erkenntnistheoretischen und weltanschaulichen Grundannahmen unterscheiden.
So gibt es die historisch verbreitete ontologische und oft religiös motivierte „Überlebenshypothese“, die Nahtoderfahrungen als Beleg für ein Weiterleben der Seele nach dem Tod sieht.[25] Solche Erklärungen betrachten Nahtoderfahrungen als einen Ausdruck der Unabhängigkeit des Bewusstseins von Gehirn und Körper. In Weltanschauungen außerhalb religiöser Tradition werden auch Deutungen angeboten, wonach das Bewusstsein unabhängig vom Gehirn existiere und das Gehirn nur eine Art Empfänger sei; sei das Empfangsgerät vorübergehend gestört, so sei dadurch noch nicht z. B. das Internet gestört. Das Bewusstsein würde demnach den Gehirntod überleben.[26]
Hingegen gilt es in naturwissenschaftlicher Sicht, also in den Neurowissenschaften, als eine Grundannahme, dass das Bewusstsein von der Tätigkeit des Gehirns hervorgebracht wird und dass eine Nahtoderfahrung deshalb ein Produkt eines Gehirns ist, das vorübergehend in wichtigen Funktionen gestört ist.[27]
Neurophysiologische Forschungen sowie psychologische und psychiatrische Konzepte, wie das der Depersonalisation, konzentrieren sich auf die biologischen Grundlagen der Erscheinungen. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass es sich bei NTE nur um eine bestimmte Erscheinung handelt. Es wird daher angenommen, dass es hier eine Gruppe von lose zusammenhängenden, verschiedenen Erscheinungen gibt, für die entsprechende, unterschiedliche Erklärungen zu erwarten sind.[28]
Daneben gibt es eine Perspektive, die sich auf die Phänomene in den beschriebenen subjektiven Erfahrungen konzentriert und diese in einen soziokulturellen Zusammenhang stellt.[29][30]
Nahtod-Studien
Das Interesse an diesem Fachgebiet wurde ursprünglich von den Schriften von Raymond Moody wie seinem Buch Life After Life, das 1975 veröffentlicht wurde, angeregt. Diese erzeugten große öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema NTE. Bald darauf folgte die Gründung der Internationalen Vereinigung für Nahtod-Studien (IANDS) im Jahr 1981. IANDS beschreibt sich selbst als eine internationale Organisation, die wissenschaftliche Forschung und Bildung in Bezug auf die physische, psychologische, soziale und spirituelle Natur der Nahtoderfahrung fördert. Zu ihren Publikationen gehören das Peer-Review Journal of Near-Death Studies und der vierteljährliche Newsletter Vital Signs.[31]
Bruce Greyson (Psychiater), Kenneth Ring (Psychologe) und Michael Sabom (Kardiologe) haben dazu beigetragen, das Studium der Nahtoderfahrungen in die akademische Forschung einzuführen. Von 1975 bis 2005 wurden etwa 2.500 Personen in den USA, die sich hierzu selbst gemeldet hatten, in retrospektiven Studien der Phänomene[32] mit weiteren 600 außerhalb der USA im Westen[32] und 70 in Asien verglichen.[32] Prospektive Studien, die Gruppen von Einzelpersonen überprüfen, um dann später herauszufinden, wer aus dieser Gruppe eine NTE nach einer vorgegebenen Zeit hatte, identifizierten 270 Personen.[32] Insgesamt wurden etwa 3.500 Einzelfälle zwischen 1975 und 2005 in mindestens einer Studie überprüft. Alle diese Studien wurden von etwa 55 Forschern bzw. Teams von Forschern durchgeführt.[32] Die medizinische Gemeinschaft hat lange gezögert, das Phänomen der NTE anzusprechen und Geld für die Forschung zu gewähren.[31]
Hirnforschung
Bei einem wiederbelebten Patienten, der aus medizinischen Gründen in ein künstliches Koma versetzt worden war, fielen bis dahin unbekannte Hirnaktivitäten auf. Daraufhin wurden 2013 im Rahmen einer kanadischen Studie Katzen mittels Analgosedierung in ein vergleichbares künstliches Koma versetzt. Trotz des Vorliegens eines Null-Linien-EEG gelang es den Wissenschaftlern der Universität Montreal bei den Katzen in einer tieferliegenden Gehirnregion, dem Hippocampus, impulsartige Neuronalschwingungen zu beobachten.[33][34]
Da Nahtoderfahrungen auch während eines Herzstillstands erlebt werden, gibt es folgende Problematik: Sobald das Gehirn nach einem Herzstillstand nicht mehr mit Blut und damit mit Sauerstoff versorgt wird, stellt das Gehirn nach etwa 15 Sekunden seinen normalen Betrieb ein, d. h. das Gehirn fällt in einen Zustand der Bewusstlosigkeit. Dieser bedeutet jedoch kein vollständiges, sondern ein teilweises Abschalten. Es sind demnach Zustände verminderter Bewusstheit möglich, die nur nach außen hin als Bewusstlosigkeit erscheinen.[35]
Bei Ratten wurde beobachtet, dass in einer bestimmten Zwischenphase nach dem Kreislaufstillstand und vor dem Hirntod ein Teil der Gehirnaktivität noch zunimmt. In einer Studie an der Universität von Michigan wurden 2013 bei sterbenden Ratten mittels implantierten EEG-Elektroden die Hirnaktivitäten bis zum endgültigen Hirntod aufgezeichnet. Im Zeitraum zwischen dem Herzstillstand und dem Null-Linien-EEG beobachteten die Forscher kein langsames Abebben der neuronalen Hirnaktivitäten, sondern im Gegenteil ein extremes Ansteigen der kognitiven Verarbeitungsprozesse.[36] Alleine die Gamma-Hirnströme im Frequenzbereich zwischen 25 und 55 Hertz stellten 50 % des gesamten EEG-Potentials, im normalen Wachzustand hatte ihr Anteil 5 % betragen. Auch die Ausprägung der Thetawellen stieg an und lag im Bereich des Wachzustands. Die Forscher kommen zu dem Schluss: „Wir liefern damit nun einen wissenschaftlichen Rahmen, um die hochgradig lebensechten und realen mentalen Erfahrungen zu erklären, die viele Überlebende eines Nahtod-Ereignisses berichten.“ Die gemessenen Hirnaktivitäten fanden innerhalb der ersten 30 Sekunden nach Eintreten des Herzstillstands statt.[37]
Halluzinationen
Aus der Psychopathologie sind autoskopische Halluzinationen bekannt, bei denen jemand ein Bild von sich selbst außerhalb seines eigenen Körpers sieht, ähnlich den außerkörperlichen Erlebnissen.[38][39][40][41][42] Heinrich Klüver hat in den 1930er Jahren aus optischen Halluzinationen abstrakte Grundformen isoliert, deren Entstehung er dem Auge und dem Zentralnervensystem zuschrieb. Eines dieser Grundmuster ist ein Tunnel.[43][44]
Halluzinogene, psychotrope Substanzen und körpereigene Botenstoffe
Halluzinogene wie LSD, Meskalin, Ketamin, Ibogain, Dimethyltryptamin und Tetrahydrocannabinol rufen vereinzelt NTE hervor. Deshalb gehen einige Autoren davon aus, dass die diesen psychotropen Substanzen entsprechenden körpereigenen Botenstoffe und die zuständigen Rezeptoren im Gehirn für die Nahtoderfahrungen verantwortlich seien, und daraus folgend die Nahtoderfahrungen komplexe halluzinatorische Erfahrungen seien.[45][46][47][48]
Außergewöhnliche Bewusstseinszustände
Nahtoderfahrungen wurden mit anderen außergewöhnlichen (anomalen) Bewusstseinszuständen verglichen, insbesondere mit dem Erleben während eines bewussten Traums (Klartraum), eines traumartigen illusionären Bewusstseins (Oneiroid-Syndrom) und eines fliehkraft-induzierten teilweisen Bewusstseinsverlusts (wie z. B. in der Luft- und Raumfahrt; engl. G-Loc: G-force induced loss of consciousness).[49][50][51]
Depersonalisation
Bei der Depersonalisation handelt es sich um eine krankhafte Selbstwahrnehmung, bei der die betroffene Person den Eindruck hat, dem eigenen Körper oder der eigenen Persönlichkeit fremd gegenüberzustehen. Im Gegensatz zu NTE besteht hier jedoch keine Sicht von außen auf sich selbst (Autoskopie).[52]
Dissoziation
Da in einer Nahtoderfahrung die Persönlichkeit als vom Körper, seinen Schmerzen und den damit verbundenen Ängsten abgelöst erlebt wird, handelt es sich hierbei definitionsgemäß um eine dissoziative Erfahrung.[53][54][55]
Sauerstoffmangel im Gehirn
In gezielten Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass Nahtoderlebnisse – zumindest in einem Teil der Fälle – auf Sauerstoffabwesenheit im Gehirn (zerebrale Anoxie), Sauerstoffmangel (Hypoxie) oder einen Überschuss an Kohlendioxid (Hyperkapnie) zurückgeführt werden können.[56][57] Bei künstlich erzeugten Ohnmachtsanfällen durch Sauerstoffmangel im Gehirn bei 42 gesunden Versuchspersonen wurden am Universitätsklinikum Rudolf Virchow in Berlin sehr oft NTE-artige Erlebnisse ausgelöst: 16 % hatten außerkörperliche Erfahrungen, 35 % Gefühle von Frieden und Schmerzlosigkeit, 17 % Lichterscheinungen, 47 % Erleben einer anderen Welt, 20 % Zusammentreffen mit unbekannten Lebewesen, und 8 % Tunnelerlebnisse. Zwei Personen hatten sogar Rückerinnerungen an frühere, spontane NTE.[58]
Ein Phänomen, bei dem die Sauerstoffversorgung des Gehirns vermindert ist, ist der Bewusstseinsverlust durch erhöhte Schwerkraft (G-force induced Loss of Consciousness, G-LOC) bei Piloten.[59][60] James Whinnery hat über einen Zeitraum von 16 Jahren eine Studie mit über 1000 G-LOCs durchgeführt. Bei einem Durchschnittsalter von 32 Jahren dauerte der G-LOC etwa 12 Sekunden, wobei es bei 70 % der Personen zu Schüttelkrämpfen kam. Rund 50 % der Betroffenen erkannten ihren G-LOC nicht auf Anhieb und waren bei einer Videovorführung entsprechend erschüttert. Entsprechend dem Grad dieser Bewusstheit sprach Whinnery von vier G-LOC-Typen, die dabei den Grad der Blutleere widerspiegeln sollten. Nur beim intensivsten Typ wurden traumartige Erscheinungen (dreamlets) berichtet. Bei hoher Schwerkraft wurden zuerst die am weitesten von der versorgenden Ader entfernten Ränder der Netzhaut nicht ausreichend versorgt. Das Bild verlor vom Rand her seine Farbe und wurde dann zum Rand hin nach und nach dunkler. Es entstand eine Tunnelvision, manchmal auch ein völliger Sehverlust, der auf die mangelnde Durchblutung der Netzhaut (Retina) zurückgeführt wurde.[61]
Schläfenlappenaktivität und Epilepsie
Auch bei epileptischen Anfällen, besonders bei Schläfenlappenepilepsie, sind außerkörperliche Erlebnisse beobachtet worden.[62][63]
Nahtoderfahrungen in Kunst und Kultur
Das Thema Nahtod wurde vielfach in Filmen bearbeitet, in jüngerer Zeit etwa Hereafter von Clint Eastwood (2010) und Stay von Marc Forster (2005). Darüber hinaus ist es auch ein Motiv besonders der phantastischen Literatur, wofür beispielhaft die Novelle Der Baron Bagge von Alexander Lernet-Holenia (1936) genannt werden kann.[64] Eindrucksvoll ist auch die literarische Bearbeitung des Sujets bei Karl May in seinen Romanen Am Jenseits (1899) und Im Reiche des silbernen Löwen III (1902).[65]
Filme
- Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben (1990)
- Ghost – Nachricht von Sam (1990)
- The Fountain (2006)
- Enter the Void (2009)
- Wenn ich bleibe (2014)
- Den Himmel gibt’s echt (2014)
- Flatliners (2017)
Serien
- Ghost Whisperer – Stimmen aus dem Jenseits (2005–2010)
- The OA (2016–2019)
Autoren spiritualistischer Sichtweisen
Maurice S. Rawlings
Maurice S. Rawlings war ein US-amerikanischer Kardiologe und befasste sich aus beruflicher und christlicher Sicht mit Nahtod-Erfahrungen. Rawlings war Arzt von Präsident Eisenhower und des Joint Chiefs of Staff. Er kritisierte an anderen Sterbeforschern wie Moody und Kübler-Ross, dass deren Interviews mit Betroffenen nie unmittelbar nach der Wiederbelebung stattfanden, sondern in der Regel einige Wochen danach. Bei zeitnahen Interviews gäbe es nicht nur positive, sondern auch negative (Höllen-)Berichte aus dem Jenseits, was Moody und Kübler-Ross übersähen. Rawlings war Autor verschiedener Bücher, u. a. „Jenseits der Todeslinie – Neue klare Hinweise auf die Existenz von Himmel und Hölle“ (1987) und „Zur Hölle und zurück – Leben nach dem Tod“ (1996), die in mehrere Sprachen übersetzt wurden.
Raymond A. Moody
Raymond A. Moody war einer der ersten, der die Erlebnisse von Patienten, die klinisch tot waren und wiederbelebt wurden, systematisch untersuchte. Er fand dabei eine hohe Übereinstimmung der Wiedergaben.[66]
Elisabeth Kübler-Ross
Die Medizinerin Elisabeth Kübler-Ross interviewte zahlreiche todkranke Menschen und beschrieb in ihrer Arbeit die „fünf Phasen des Sterbens“. Gemeint ist damit, wie sich Patienten mit der Einsicht auseinandersetzen, dass sie bald sterben müssen. Ebenso beschäftigte sie sich mit Nahtoderfahrungen.[67] Kübler-Ross war die erste, die in ihrem Buch Interviews mit Sterbenden 1969 Berichte über Nahtoderfahrungen veröffentlichte.[68]
Bernard Jakoby
Bernard Jakoby ist ein deutscher Autor, der zu ähnlichen Einschätzungen kam wie Moody.
Pim van Lommel
Pim van Lommel ist Kardiologe und führte prospektive Untersuchungen zum Thema Nahtod durch.[69] Sam Parnia
Sam Parnia ist ein britischer Kardiologe, der am Weill Cornell Medical College in New York an Nahtoderfahrungen und außerkörperlichen Erfahrungen forscht. 2014 veröffentlichte er eine Studie, bei der reanimierte Herzpatienten interviewt worden waren. Neun von 140 interviewten Patienten berichteten von einer Nahtoderfahrung gemäß der Greyson-NDE-Skala,[70] einer der beiden von audio-visuellen Wahrnehmungen unmittelbar nach dem offiziellen Herzstillstand.[71]
Markolf Niemz
Markolf Niemz ist ein deutscher Biophysiker. Niemz setzt sich mit einem neuen Zweig der Sterbeforschung, der Nahtodforschung, auseinander.[72]
Walter van Laack
Walter van Laack lehrt an der Fachhochschule Aachen Orthopädie und Grenzgebiete.[73][74][75]
Bruce Greyson
Bruce Greyson ist ein amerikanischer Psychiater und Neurowissenschaftler. Er ist Professor für Psychiatrie und Direktor der Division of Perceptual Studies an der Universität von Virginia und damit direkter Nachfolger von Ian Stevenson. Er ist Gründungsmitglied der International Association for Near-Death Studies (IANDS) und ist bekannt für seine Arbeit auf dem Gebiet der Nahtoderfahrung.[76] Er entwickelte 1983 den Greyson-Fragenkatalog zur Qualifizierung einer Nahtoderfahrung („Greyson’s NDE scale“).[77]
Filmische Dokumentationen
- Rainer Fromm und Simone Kienast: An der Schwelle zum Jenseits – Nahtoderlebnisse aus der Sicht von Wissenschaftlern und Betroffenen. (DVD) 60 Min., Matthias-Film gGmbH 2009.
- Spiegel TV Phänomen Nahtod
- Spiegel TV Nahtod Special
- ARD: W wie Wissen: Nahtod – was passiert im Körper?
- 3sat delta: Todesnähe
- 3sat Kulturzeit: Licht und Schweben: Wie Menschen den Nahtod erleben
- WDR: Planet Wissen: Nahtoderfahrung
Literatur
Einführungen
- Olaf Blanke, Nathan Faivre, Sebastian Dieguez: Leaving Body and Life Behind: Out-of-Body and Near-Death Experience. In: Steven Laureys, Olivia Gosseries, Giulio Tononi: The Neurology of Consciousness: Cognitive Neuroscience and Neuropathology. 2. Ausgabe. Academic Press, Amsterdam 2015, ISBN 978-0-12-801175-1, S. 323–347. (online, abgerufen 14. Juni 2016).
- Ina Schmied-Knittel: Nahtod-Erfahrungen. In: Gerhard Mayer, Michael Schetsche, Ina Schmied-Knittel, Dieter Vaitl: An den Grenzen der Erkenntnis. Handbuch der wissenschaftlichen Anomalistik. Schattauer Verlag, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-7945-2922-3, S. 164–176.
- Birk Engmann: Near-Death Experiences: Heavenly Insight or Human Illusion? Springer Science & Business Media, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-319-03728-8.
- Birk Engmann: Mythos Nahtoderfahrung S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-7776-2146-3.
- Dick Swaab: Pseudowissenschaftliche Erklärungen für Nahtoderfahrungen. In: Derselbe: Wir sind unser Gehirn: Wie wir denken, leiden und lieben. Knaur-Taschenbuch, München 2013, ISBN 978-3-426-78513-3, Kap. XVII.3.
- D. Mobbs, C. Watt: There is nothing paranormal about near-death experiences: how neuroscience can explain seeing bright lights, meeting the dead, or being convinced you are one of them. In: Trends in cognitive sciences. Band 15, Nummer 10, Oktober 2011, S. 447–449, doi:10.1016/j.tics.2011.07.010. PMID 21852181 (Review), PDF (abgerufen am 6. Juli 2016).
- A. Vanhaudenhuyse, M. Thonnard, S. Laureys: Towards a Neuro-scientific Explanation of Near-death Experiences? In: Jean-Louis Vincent (Hrsg.): Yearbook of Intensive Care and Emergency Medicine. Band 2009, Springer-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-540-92275-9, S. 961–968. (PDF, abgerufen am 6. Juli 2016).
- C. C. French: Near-death experiences in cardiac arrest survivors. In: Progress in brain research. Band 150, 2005, S. 351–367. doi:10.1016/S0079-6123(05)50025-6 PMID 16186035 (Review)
- G. M. Woerlee: Mortal Minds. The Biology of Near-death Experiences. Prometheus Books, Amherst (NY) 2005, ISBN 1-59102-283-5.
- Nah-Todeserfahrungen. Rückkehr zum Leben. (= Flensburger Hefte. Nr. 51). Flensburger Hefte Verlag, Flensburg 1995, ISBN 3-926841-72-9.
- Hans Peter Duerr: Die dunkle Nacht der Seele. Nahtod-Erfahrungen und Jenseitsreisen. Insel, Berlin 2015, ISBN 978-3-458-17631-2.
Geschichte
- Werner Thiede: Todesnähe-Forschung – Annäherung an die Innenseite des Todes? Zur Geschichte und Hermeneutik der Thanatologie. In: H. Knoblauch, H.-G. Soeffner (Hrsg.): Todesnähe. Interdisziplinäre Zugänge zu einem außergewöhnlichen Phänomen. (= Passagen und Transzendenzen. 8). Konstanz 1999, ISBN 3-87940-656-1, S. 159–186.
- Werner Thiede: Die mit dem Tod spielen. Okkultismus – Reinkarnation – Sterbeforschung. Gütersloh 1994, ISBN 3-579-00975-3.
- Carol Zaleski: Otherworld Journeys: Accounts of Near-Death Experience in Medieval and Modern Times. Oxford University Press, New York 1987, ISBN 0-19-536352-3.
Weblinks
- Netzwerk-Nahtoderfahrung e.V. Nahtoderfahrung-Forschung
- Birk Engmann: Nahtoderfahrungen. Eine Gratwanderung zwischen Wissen und Glauben aus historischer Perspektive betrachtet. (PDF-Datei; 319 kB)
- Gibt es ein Leben nach dem Tod? Blick ins Jenseits. In: Nahtod-Spezial. Spiegel-TV, Video 9. März 2014. (online)
- Livesciene über: Historischer NTE-Bericht aus dem 18. Jahrhundert von Pierre-Jean du Monchaux (1733–1766)
- Nahtoderfahrung «Ein irrsinnig schönes Gefühl». In: Neue Zürcher Zeitung. 5. Juli 2015. (online, abgerufen am 19. August 2016)
- Video (6:19 Min): Prof. Gerhard Roth vom Institut für Hirnforschung der Universität Bremen: Nahtod-Erlebnisse, Telepathie und außerkörperliche Erfahrungen (Out-of-Body Experiences). (Teil eines Vortrags, hochgeladen am 5. Januar 2012).
Einzelnachweise
- James Mauro: Bright lights, big mystery. In: Psychology Today. Juli 1992.
- M. Morse, D. Conner, D. Tyler: Near-death experiences in a pediatric population. A preliminary report. In: Am. J. Dis. Child. PMID 4003364, 1985, S. 595–600.
- Raymond A. Moody (übersetzt durch Lieselotte Mietzner): Das Licht von Drüben, Neue Fragen und Antworten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1989, ISBN 3-498-04315-3.
- The Field of Near-Death Studies: Past, Present and Future. In: Janice Miner Holden, Bruce Greyson, Debbie James (Hrsg.): The Handbook of Near-Death Experiences: Thirty Years of Investigation. Greenwood Publishing Group, 2009, ISBN 978-0-313-35864-7, S. 1–16.
- Brauner: Informationen zum Thema Nahtoderfahrungen. Abgerufen am 18. Juni 2020.
- A. Heim: Notizen uber den Tod durch Absturtz. In: Jahrbuch des Schweizer Alpenclub. 27, 1891; zitiert bei V. Charland-Verville, J. P. Jourdan, M. Thonnard, D. Ledoux, A. F. Donneau, E. Quertemont, S. Laureys: Near-death experiences in non-life-threatening events and coma of different etiologies. In: Frontiers in human neuroscience. Band 8, 2014, S. 203, doi:10.3389/fnhum.2014.00203. PMID 24904345, PMC 4034153 (freier Volltext).
- V. Charland-Verville, J. P. Jourdan, M. Thonnard, D. Ledoux, A. F. Donneau, E. Quertemont, S. Laureys: Near-death experiences in non-life-threatening events and coma of different etiologies. In: Frontiers in human neuroscience. Band 8, 2014, S. 203. doi:10.3389/fnhum.2014.00203. PMID 24904345, PMC 4034153 (freier Volltext).
- J. Borjigin, U. Lee, T. Liu, D. Pal, S. Huff, D. Klarr, J. Sloboda, J. Hernandez, M. M. Wang, G. A. Mashour: Surge of neurophysiological coherence and connectivity in the dying brain. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 110, Nummer 35, August 2013, S. 14432–14437. doi:10.1073/pnas.1308285110 PMID 23940340 PMC 3761619 (freier Volltext)
- Hubert Knoblauch, Ina Schmied, Bernt Schnettler: The different experience: A report on a survey of near-death experiences in Germany. In: Journal of Near-Death Studies. Band 20(1), S. 15–29. (PDF, abgerufen am 4. Juli 2016)
- Olaf Blanke, Nathan Faivre, Sebastian Dieguez: Leaving Body and Life Behind: Out-of-Body and Near-Death Experience. In: Steven Laureys, Olivia Gosseries, Giulio Tononi: The Neurology of Consciousness: Cognitive Neuroscience and Neuropathology. 2. Ausgabe. Academic Press, Amsterdam 2015, ISBN 978-0-12-801175-1, S. 332 und 341. online (abgerufen 14. Juni 2016)
- Karlis Osis, Erlendur Haraldson: Der Tod, ein neuer Anfang. Visionen und Erfahrungen an der Schwelle des Seins. Übersetzt von Wolfgang Harlacher. Verlag Hermann Bauer, Freiburg im Breisgau 1989, ISBN 3-7626-0633-1.
- Gregor der Grosse († 604): Vier Bücher Dialoge (Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum).
- Michael Schröter-Kunhardt: Oneiroidales Erleben Bewusstloser. (Memento vom 18. August 2014 im Webarchiv archive.today) In: Thomas Kammerer: Traumland Intensivstation: Veränderte Bewusstseinszustände und Koma: Interdisziplinäre Expeditionen. Books on Demand, 2006.
- Hubert Knoblauch, Ina Schmied: Berichte aus dem Jenseits. Eine qualitative Studie zu Todesnäheerfahrungen im deutschsprachigen Raum.
- P. van Lommel, R. van Wees, V. Meyers, I. Elfferich: Near-death experience in survivors of cardiac arrest: a prospective study in the Netherlands. In: Lancet. Band 358, Nr. 9298, 15. Dez 2001, S. 2039–2045. Erratum in: Lancet. Band 359, Nr. 9313, 6. Apr 2002, S. 1254. PMID 11755611.
- L. Appleby: Near death experience. In: BMJ. Band 298, Nr. 6679, 15. Apr 1989, S. 976–977. Review. PMID 249938.
- Nah-Todeserfahrungen aus psychiatrisch-neurologischer Sicht. aus: H.-G. Soeffner, H. Knoblauch (Hrsg.): Todesnähe: Interdisziplinäre Zugänge zu einem außergewöhnlichen Phänomen. Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 1999, S. 65–99.
- Olaf Blanke, Nathan Faivre, Sebastian Dieguez: Leaving Body and Life Behind: Out-of-Body and Near-Death Experience. In: Steven Laureys, Olivia Gosseries, Giulio Tononi: The Neurology of Consciousness: Cognitive Neuroscience and Neuropathology. 2. Ausgabe. Academic Press, Amsterdam 2015, ISBN 978-0-12-801175-1, S. 335. (online, abgerufen 14. Juni 2016)
- Olaf Blanke, Nathan Faivre, Sebastian Dieguez: Leaving Body and Life Behind: Out-of-Body and Near-Death Experience. In: Steven Laureys, Olivia Gosseries, Giulio Tononi: The Neurology of Consciousness: Cognitive Neuroscience and Neuropathology. 2. Ausgabe. Academic Press, Amsterdam 2015, ISBN 978-0-12-801175-1, S. 331 und 333. (online, abgerufen 14. Juni 2016)
- Olaf Blanke, Nathan Faivre, Sebastian Dieguez: Leaving Body and Life Behind: Out-of-Body and Near-Death Experience. In: Steven Laureys, Olivia Gosseries, Giulio Tononi: The Neurology of Consciousness: Cognitive Neuroscience and Neuropathology. 2. Ausgabe. Academic Press, Amsterdam 2015, ISBN 978-0-12-801175-1, S. 331 und 334. (online, abgerufen 14. Juni 2016)
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- Video: Spiegel-TV: Gibt es ein Leben nach dem Tod? Blick ins Jenseits siehe Beiträge von Markolf Niemz, von Walter van Laack, vom 9. März 2014.
- zdf Nahtoderfahrungen sind keine Hirnprodukte – ZDF Bericht, abgerufen am 14. März 2014.
- Bild der Wissenschaft: Sind Nahtod-Erfahrungen Bilder aus dem Jenseits? „Ein helles Licht am Ende eines langen Tunnels, ein Gefühl von Freude und Hoffnung: Davon erzählten Patienten, die einen Herzstillstand erlitten haben, britischen Forschern. Die Wissenschaftler der Universität Southampton werten diese Berichte als die bislang schlüssigsten Hinweise auf ein Leben nach dem Tod, schreibt die deutsche Ärzte-Zeitung.“ und „Eines macht der Forscher Bruce Greyson von der Universität Virginia klar: Menschen mit Nahtod-Erlebnissen sind nicht psychisch krank. Die Änderung des Bewusstseins führt nicht zu bleibenden Schäden, berichtete er in der Fachzeitschrift „Lancet“ (Band 355, S. 460).“ abgerufen am 16. März 2014.
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