Am Jenseits
Am Jenseits ist Band 25 der Gesammelten Reiseerzählungen von Karl May. Dieses Werk wurde 1899 direkt für die Buchausgabe bei Friedrich Ernst Fehsenfeld geschrieben.
Entstehungsgeschichte
Der Jubiläumsband Nr. 25 war der dritte nach Band 7 Winnetou I und Band 24 Weihnacht, bei dessen Text es keine Vorabdrucke in Zeitschriften oder anderen Printmedien gab. Ursprünglich hatte Karl May vor, diese Reiseerzählung in einem einzigen Band abzuschließen. Für Band 26 war der Beginn der Tetralogie Im Reiche des Silbernen Löwen fest vorgesehen, da dieses Werk bereits im Deutschen Hausschatz erschien. Doch wurde das Werk beim Schreiben derart umfangreich, dass May die Erzählung mitten in der Handlung beenden musste und seine Leser auf einen zweiten Teil Im Jenseits vertröstete. Durch das einschneidende Erlebnis seiner großen Orientreise 1899/1900, die ihn zur „symbolischen“ Schreibweise führte, kam es jedoch nicht mehr dazu. Eine Weiterführung hätte zum gleichen „Bruch im Bau“ (Otto Eicke) wie bei der Silberlöwen-Tetralogie geführt.[1][2]
Inhalt
Kara Ben Nemsi ist mit Hadschi Halef Omar, dessen Gattin Hanneh, beider Sohn Kara Ben Halef und einer Schar Haddedihn auf dem Weg nach Mekka. In der arabischen Wüste treffen sie den blinden Münedschi, der von seinem ‘Beschützer’ El Ghâni („Der Reiche“) erst lebendig begraben, dann ausgesetzt wurde. Sie retten ihn und nehmen ihn mit nach Mekka, wo er wohnt. Der Oberaufseher der schiitischen Heiligen Stätten von Meschhed Ali, Khutab Aga, der den Räubern des heiligen „Schatzes der Glieder“ nachjagt, schließt sich ihnen an. Kara Ben Nemsi hilft ihm, den Schatz vom Täter El Ghani wieder zurückzubekommen. Der stachelt daraufhin Beduinen auf, die Gesellschaft zu überfallen, um sich zu rächen und den Schatz wieder zu erhalten. Die Begleiter Khutab Agas werden ermordet, dieser selbst und Kara Ben Nemsi gefangen genommen und beinahe getötet.[3] Die Haddedihn und befreundete Beduinen retten sie und geben Khutab Aga auch den Schatz zurück. El Ghâni, dessen Sohn bei den Kämpfen getötet wurde, wird freigelassen und fortgejagt. Der Münedschi hat immer wieder Visionen, bei denen er mit der Stimme des Geistwesens Ben Nûr spricht und einen Blick ins Jenseits machen kann. Die Reise nach Mekka wird fortgesetzt.[4]
In Mekka
Karl May führte die Erzählung nicht mehr zu Ende, der Schluss blieb aber unbefriedigend. In seinem Nachlass war kein Hinweis zu finden, wie er sich die Fortsetzung gedacht hatte, doch wäre nach seiner Wendung zur Symbolik das Werk ganz anders ausgefallen, als ursprünglich geplant. Franz Kandolf schrieb deshalb den Band 50 im Stil des Autors bei den Reiseabenteuern. Dieser Versuch ist in der Literaturkritik deshalb auch nicht unumstritten.[2]
Inhalt
Kara Ben Nemsi und seine Gefährten retten den ausgesetzten Münedschi und heilen sein Augenleiden. Er kann von der Unredlichkeit des Ghâni überzeugt werden und offenbart seine wahre Lebensgeschichte, die ihn aus Russland, das er aus politischen Gründen verließ, an den persischen Hof führte. In Teheran hatte der Ghâni eine Intrige gegen den Münedschi inszeniert und ihn so in seine Abhängigkeit gebracht. Nach der Ankunft in Mekka entdecken Kara Ben Nemsi und Hatschi Halef Omar Beweise für die räuberischen Absichten des Ghâni. Dabei finden sie Zugänge zu einem unterirdischen Geheimgang, der sie auf die Spur einer Verschwörung des Ghâni gegen den Großscherif und den osmanischen Statthalter führt. Um sich seiner Widersacher zu entledigen, versucht jedoch der Ghâni, Kara Ben Nemsi und seine Gefährten gegenüber dem Großscherif in Misskredit zu bringen und lastet ihnen das Verschwinden des Münedschi an. Bei einer öffentlichen Anhörung in der Residenz des Großscherifs taucht jedoch unerwartet der inzwischen sehende Münedschi auf, der stattdessen die Schuld des Ghani bezeugt. Kara Ben Nemsi wird zwar als Christ entlarvt, darf aber aufgrund des Wohlwollens des Großscherifs in Mekka bleiben. Mit Hilfe von Hadschi Halef Omar und den Haddedihn unter der Führung von Kara Ben Halef wird der Ghâni verhaftet, als dieser den Geheimgang für einen Überfall auf den Großscherifen nutzen will. Dem Münedschi wird sein Eigentum zurückgegeben und er kann auch das Geheimnis seines früheren Lebens zu einem befriedigenden Ende bringen. Der aus Mekka fliehende Ghâni stirbt auf mysteriöse Weise in einem Sandsturm, genau an der Stelle des ausgesetzten Münedschi in der Wüste. Die Weissagung Ben Nûrs geht damit in Erfüllung.[5]
Buchausgaben
- Karl May: Am Jenseits. Reiseerlebnisse von Karl May. (Karl May’s gesammelte Reiseerzählungen. Band XXV). Freiburg: Fehsenfeld, 1899. Reprint Bamberg: Karl-May-Verlag, 1984.
- Franz Kandolf: In Mekka. Fortführung von Karl Mays Reiseerzählung Am Jenseits (Karl May’s Gesammelte Werke, Band 50), Karl-May-Verlag, Bamberg 1953.
Literatur
- Wolfgang Hermesmeier, Stefan Schmatz: Entstehung und Ausbau der Gesammelten Werke. Eine Erfolgsgeschichte seit 110 Jahren. In: Lothar und Bernhard Schmid (Hrsg.): Der geschliffene Diamant. Die Gesammelten Werke Karl Mays. Karl-May-Verlag, Bamberg/Radebeul 2003, ISBN 3-7802-0160-7, S. 341–486, bes. S. 378 f.
- Hans Wollschläger: Der „Besitzer von vielen Beuteln“: Lese-Notizen zu Karl Mays „Am Jenseits“ (Materialien zu einer Charakteranalyse II). In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1974. S. 153–171.
Weblinks
Einzelnachweise
- Wolfgang Hermesmeier/Stefan Schmatz: Entstehung und Ausbau der gesammelten Werke ..., 2003, S. 378 f.
- Franz Kandolf: In Mekka ... (GW 50), 1953, S. 6–8.
- GR XXV enthält ab Seite 504 eine der interessantesten Schilderungen einer Nahtoderfahrung. In der jetzt kürzeren Fassung des Karl-May-Verlages (GW 25) ist es das Kapitel 11: Die Sterbestunde, S. 381 ff. Vgl. dazu: Johannes Zeilinger: „Ich war gestorben und hatte dies doch bemerkt“. Scheintod und Nahtoderfahrungen bei Karl May, in: Jb-KMG 2016, S. 241–270.
- Karl May: Am Jenseits. Reiseerlebnisse von Karl May. (Karl May's gesammelte Reiseerzählungen. Band XXV). Freiburg: Fehsenfeld, 1899. Reprint Bamberg: Karl-May-Verlag, 1984.
- Franz Kandolf: In Mekka ... (GW 50), 1953.