Miserit
Miserit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im triklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung KCa5□[OH|F|Si2O7|Si6O15][1], ist also ein Kalium-Calcium-Silikat mit zusätzlichen Fluor- und Hydroxidionen. Strukturell gehört es zu den Ketten- und Bandsilikaten (Inosilikaten). Das Symbol □ zeigt an, dass dieser Strukturplatz nicht vollständig besetzt ist.
Miserit | |
---|---|
Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | KCa5□[OH|F|Si2O7|Si6O15][1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate – Ketten- und Bandsilikate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.DG.85 (8. Auflage: VIII/F.35) 70.02.01.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | triklin |
Kristallklasse; Symbol | triklin-pinakoidal; 1 |
Raumgruppe (Nr.) | P1[1] (Nr. 2) |
Gitterparameter | a = 10,10 Å; b = 7,38 Å; c = 16,01 Å α = 96,4°; β = 76,6°; γ = 111,1°[1] |
Formeleinheiten | Z = 2[1] |
Zwillingsbildung | lamellar |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 5,5 bis 6 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,84 bis 2,93; berechnet: 2,80[2] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {100}, unvollkommen nach {010}[2] |
Bruch; Tenazität | schwach muschelig bis uneben |
Farbe | rotbraun, himbeerrot, rosa |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,576 bis 1,587 nβ = 1,583 bis 1,589 nγ = 1,591 bis 1,594[2] |
Doppelbrechung | δ = 0,007[3] |
Optischer Charakter | zweiachsig positiv |
Miserit entwickelt meist feinfaserige bis prismatische Kristalle, kommt aber auch in spaltbaren Massen von rotbrauner, himbeerroter oder rosa Farbe vor. Auf der Strichtafel hinterlässt Miserit allerdings ähnlich wie Rhodochrosit einen weißen Strich. Seine Kristalle sind durchsichtig bis durchscheinend und weisen einen glasähnlichen Glanz auf.
Mit einer Mohshärte von 5,5 bis 6 gehört Miserit noch zu den mittelharten Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Orthoklas noch mit einer Stahlfeile ritzen lassen.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Miserit im Steinbruch „North Wilson“ der „Union Carbide Vanadium Mine“ bei Wilson Springs im Garland County des US-Bundesstaates Arkansas.
Beschrieben wurde das Mineral 1950 durch Waldemar Theodore Schaller, der es nach dem Geologen und Mitarbeiter der USGS Hugh Dinsmore Miser (1884–1969) benannte. Schaller korrigierte damit eine zuvor durch J. Francis Williams 1891 erfolgte Beschreibung, der das Mineral irrtümlich für ein natriumreiches Analogon von Xonotlit hielt und entsprechend als Natroxonotlit bezeichnete.
Klassifikation
In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Miserit zur Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Canasit, Charoit, Eveslogit, Fluorcanasit, Frankamenit und Yuksporit die unbenannte Gruppe VIII/F.35 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Miserit ebenfalls in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Kettenbildung, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 3-periodischen Einfach- und Mehrfachketten“ zu finden ist, wo als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.DG.85 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Miserit in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Kettensilikate: Säulen- oder Röhren-Strukturen“ ein. Hier ist er zusammen mit Frankamenit in der unbenannten Gruppe 70.02.01 innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Säulen- oder Röhren-Strukturen mit Si2O7-Dimeren“ zu finden.
Bildung und Fundorte
Miserit bildet sich in metamorph umgewandelten Schiefer in Kontakt mit Nephelin-Syenit-Dykes, aber auch in Karbonatit oder Quarz-Albit-Aegirin-Adern oder Albitit-Syeniten. Als Begleitminerale können unter anderem Baratovit, Ekanit, Eudialyt, Fluorit, Hornblende, Mosandrit, Orthoklas, Skapolith, Titanit und Wollastonit auftreten.
Als seltene Mineralbildung konnte Miserit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2013) rund 15 Fundorte als bekannt gelten.[4] Neben seiner Typlokalität, dem Steinbruch „North Wilson“ in Arkansas ist das Mineral in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) bisher nur noch vom Wind Mountain im Otero County (New Mexico) sowie vom Wausau Plateau und dem Steinbruch „Rotten granite“ im Marathon County (Wisconsin).
Weitere bisher bekannte Fundorte sind unter anderem Les Lacs-du-Témiscamingue in der Gemeinde Témiscamingue und der Steinbruch „Poudrette“ am Mont Saint-Hilaire in Kanada, das Khodzhaachkan-Massiv im Soʻxtal (Sokh Valley) im Alai-Gebirge von Kirgisistan, das Murun-Massiv und das Yakokut-Massiv im Aldanhochland in Ostsibirien sowie die Chergilen nahe Chekunda in der fernöstlichen Region Chabarowsk in Russland und der Gletscher Dara-i-Pioz (Darai-Pioz) im Alai-Gebirge in Tadschikistan.[5]
Kristallstruktur
Miserit kristallisiert triklin in der Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2) mit den Gitterparametern a = 10,10 Å; b = 7,38 Å; c = 16,01 Å; α = 96,4°; β = 76,6° und γ = 111,1° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Siehe auch
Literatur
- Waldemar T. Schaller: Miserite from Arkansas; a renaming of natroxonotlite. In: American Mineralogist. (1950), Band 35, S. 911–921 (PDF 656,4 kB)
Weblinks
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 641.
- Miserite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 75,1 kB)
- Mindat - Miserite
- Mindat - Anzahl der Fundorte für Miserit
- Fundortliste für Miserit beim Mineralienatlas und bei Mindat