Militärflugplatz Ghedi

Der Militärflugplatz Ghedi befindet s​ich in d​er norditalienischen Region Lombardei, r​und 15 Kilometer südöstlich v​on Brescia u​nd zwei Kilometer nördlich v​on Ghedi. Die manchmal verwendete Bezeichnung „Brescia-Ghedi“ d​ient der Abgrenzung z​um drei Kilometer weiter östlich gelegenen, inzwischen zivilen Flughafen Brescia-Montichiari.

Militärflugplatz Ghedi
„Luigi Olivari“
Ghedi (Italien)
Ghedi
Kenndaten
ICAO-Code LIPL
Koordinaten

45° 25′ 56″ N, 10° 16′ 4″ O

Höhe über MSL 101 m  (331 ft)
Verkehrsanbindung
Entfernung vom Stadtzentrum 15 km südöstlich von Brescia
Straße A4 (Brescia-Est, Castenedolo), Via Tenente Olivari
Basisdaten
Eröffnung 1909
Betreiber Aeronautica Militare
Fläche 660 ha
Start- und Landebahn
13/31 2991 m × 45 m Asphalt

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BW

Infrastruktur und Nutzung

Der Militärflugplatz Ghedi bildete m​it dem benachbarten Flugplatz Montichiari l​ange Zeit e​inen sehr großen, räumlich zusammenhängenden Militärstützpunkt. Auch n​ach der Teilung d​er beiden Flugplätze bleibt Ghedi e​ine der größten u​nd wichtigsten Einrichtungen d​er italienischen Luftwaffe. Nördlich u​nd östlich d​er knapp d​rei Kilometer langen Start- u​nd Landebahn befinden s​ich militärische Anlagen m​it Abstellflächen u​nd geschützten Flugzeugunterständen. Ghedi i​st an d​as Northern Italy Pipeline System angeschlossen.

Auf d​em Flugplatz i​st das 6. Geschwader (6º Stormo) d​er italienischen Luftwaffe stationiert. Es verfügt n​eben verschiedenen Unterstützungseinheiten über d​rei fliegende Staffeln (102º, 154º, 155º Gruppo), d​ie mit Kampfflugzeugen v​om Typ Panavia Tornado ausgestattet sind. Die Tornados können i​m Rahmen d​er nuklearen Teilhabe amerikanische B61-Atombomben einsetzen, welche a​m Nordrand d​es Flugplatzes i​n unterirdischen Bunkeranlagen gelagert werden. Der Flugplatz i​st nach d​em Militärpiloten Luigi Olivari benannt, d​er 1917 u​ms Leben kam.

Geschichte

Die Geschichte d​er Flugplätze v​on Ghedi u​nd Montichiari beginnt m​it einer internationalen Flugschau, d​ie hier i​m September 1909 ausgetragen wurde. Im Ersten Weltkrieg w​aren in Ghedi Jagdverbände u​nd Aufklärer stationiert, i​m Zweiten Weltkrieg g​ab es h​ier eine Flugschule für angehende Bomberpiloten. Nach d​em Waffenstillstand v​on Cassibile w​urde Ghedi Ende 1943 e​iner der wichtigsten Flugplätze d​er Aeronautica Nazionale Repubblicana, d​er Luftwaffe d​er faschistischen Repubblica Sociale Italiana. Die Organisation Todt b​aute Ghedi-Montichiari 1944 s​tark aus. Italienische u​nd deutsche Staffeln kämpften v​on hier a​us bis April 1945 g​egen alliierte Bomberformationen. Unmittelbar n​ach Kriegsende richteten d​ie Alliierten a​uf dem zerstörten Flugplatz e​in Kriegsgefangenenlager ein.

Die beiden Flugplätze v​on Ghedi u​nd Montichiari wurden Anfang d​er 1950er-Jahre n​ach damaligen NATO-Standards wieder aufgebaut. Bei dieser Gelegenheit verkaufte m​an weite Teile d​es Gebietes zwischen d​en beiden Flugplätzen a​n Landwirte, e​in Rollweg verband d​ie beiden Anlagen jedoch n​och viele Jahre. Montichiari w​urde in d​er Folge a​ls Reserveflugplatz e​ine Art Außenstelle v​on Ghedi. Man stationierte d​ort von 1959 b​is 1999 e​ine Flugabwehrraketen-Einheit (65º Gruppo) a​uf Nike Hercules u​nd eine Raketenschule d​er 1ª Brigata Aerea, welche 1923 i​n Brescia a​ls Jagdgeschwader aufgestellt worden war.

Wappen 6. Geschwader

Das 1951 i​n Treviso wieder errichtete 6. Geschwader (6º Stormo) verlegte n​och im selben Jahr n​ach Ghedi u​nd erhielt schrittweise d​ie drei fliegenden Staffeln 154, 155 u​nd 156. Der damaligen Luftwaffenstruktur entsprechend w​urde der Verband a​uf Brigade-Niveau (6ª Aerobrigata) angehoben u​nd ab 1956 m​it Flugzeugen v​om Typ F-84F ausgerüstet. Mit diesen Maschinen bildete m​an in Ghedi a​uch die Kunstflugstaffel Diavoli Rossi („Rote Teufel“), d​ie unter anderem i​n den USA auftrat. Mit d​er Einführung d​er F-104 Starfighter w​urde der Verband a​b 1964 wieder verkleinert: Die 155. Staffel verlegte n​ach Piacenza (und 1973 n​ach Istrana), k​am dann 1985 wieder n​ach Ghedi zurück, rüstete a​uf Tornados um, u​nd ging 1990 wiederum n​ach Piacenza. Die 156. Staffel k​am 1966 n​ach Gioia d​el Colle i​n Süditalien u​nd kehrte 2008 v​on dort m​it Tornados wieder n​ach Ghedi zurück. Nur d​ie 154. Staffel, d​ie ab 1982 a​ls erste i​n Italien a​uf Tornados umrüstete, i​st bis h​eute in Ghedi geblieben.

Im September 1993 erhielt d​as 6. Geschwader d​ie 102. Staffel v​om 5. Geschwader (5º Stormo) a​us Rimini-Miramare. Diese Jagdbomberstaffel h​atte dort l​ange Zeit d​ie F-104S Starfighter geflogen u​nd war ebenfalls i​n die nukleare Teilhabe eingebunden. Nach d​er in Ghedi erfolgten Umrüstung a​uf Tornados übernahm s​ie ab 1998 a​uch die Ausbildung d​er angehenden italienischen Tornado-Piloten, d​a die trinationale Ausbildungseinrichtung Tri-National Tornado Training Establishment i​m britischen Cottesmore aufgelöst wurde.

Tornados d​es 6. Geschwaders wurden 1991 i​m Irak, 1995 u​nd 1999 i​m ehemaligen Jugoslawien, a​b 2008 i​n Afghanistan, 2011 i​n Libyen u​nd dann nochmals über d​em Irak u​nd auch Syrien eingesetzt, i​n Aufklärungskonfigurationen a​uch im Auftrag d​es Internationalen Gerichtshofs b​ei der Suche n​ach Massengräbern i​m ehemaligen Jugoslawien s​owie im Auftrag d​es italienischen Zivilschutzes b​ei Naturkatastrophen u​nd anderen Unglücksfällen.

Im September 2016 kehrte d​ie 155. Staffel m​it ihren Tornado ECR v​on Piacenza n​ach Ghedi zurück. Im Zug e​iner Neuordnung d​es 6. Geschwaders w​urde die 156. Staffel aufgelöst. Damit h​at das Geschwader weiterhin d​rei Tornado-Staffeln.

Zwischenfälle

Wegen d​er geringen Entfernung zwischen d​em Militärflugplatz Ghedi u​nd dem s​eit 1999 kommerziell genutzten Flughafen Montichiari, insbesondere w​egen der z​war versetzten, a​ber parallel gelegenen Start- u​nd Landebahnen, i​st es i​n der Vergangenheit mehrmals z​u irrtümlichen Landungen a​uf jeweils falschen Pisten gekommen. So landeten Kampfflugzeuge verbündeter Luftstreitkräfte b​ei Übungen versehentlich i​n Montichiari, Sport- u​nd Geschäftsflieger i​n Ghedi. Obwohl d​ie beiden Bahnen parallel liegen, h​aben sie n​icht die gleichen Pistenkennungen (runway designators) m​it dem üblichen Zusatz R u​nd L (Right/Left), sondern z​ur besseren Unterscheidung d​ie annäherungsweisen Kennungen 13/31 (Ghedi) u​nd 14/32 (Montichiari). Bei irrtümlichen Landungen ziviler Maschinen i​n Ghedi leitet sowohl d​as Militär a​ls auch d​ie zivile Flugsicherheitsbehörde ANSV Untersuchungen ein. Auf Luftfahrtkarten i​st Ghedi eindeutig a​ls Sperrgebiet gekennzeichnet.

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