Lokaler Körper

Ein lokaler Körper ist in der Algebra und Zahlentheorie ein topologischer Körper, dessen zugrundeliegende Topologie lokalkompakt und nicht diskret ist.[1] Die Topologie eines solchen Körpers lässt sich immer durch einen Betrag beschreiben. Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Typen von lokalen Körpern: Archimedische lokale Körper und Nicht-archimedische lokale Körper.

Lokale Körper lassen s​ich vollständig klassifizieren:

  • Archimedische lokale Körper sind immer isomorph zu oder .
  • Nicht-archimedische lokale Körper der Charakteristik sind immer isomorph zu einer endlichen Körpererweiterung der -adischen Zahlen (für eine Primzahl ).
  • Nicht-archimedische lokale Körper der Charakteristik sind immer isomorph zum Körper der formalen Laurent-Reihen wobei ein endlicher Körper der Charakteristik und eine formale Variable ist.

Nicht-archimedische lokale Körper k​ann man äquivalent a​uch charakterisieren a​ls Körper, d​ie vollständig bezüglich e​iner nicht-trivialen diskreten Bewertung s​ind und e​inen endlichen Restklassenkörper besitzen. Solche lokale Körper treten i​n der algebraischen Zahlentheorie a​ls Vervollständigungen v​on globalen Körpern auf.

Verwendung und Terminologie

In der Zahlentheorie ist man an Lösungen von Gleichungen über dem Körper der rationalen Zahlen interessiert, einem globalen Körper, der die Charakteristik hat. Nach dem Satz von Ostrowski gibt es hier zwei Arten von Betragsfunktionen, einmal archimedisch (bezüglich der sich die rationalen Zahlen zu den reellen Zahlen vervollständigen lassen) und eine Familie nicht-archimedischer Bewertungen (bezüglich der sie sich zu den p-adischen Zahlen vervollständigen lassen). Die zugehörigen lokalen Körper sind die reellen und p-adischen Zahlen. Nach dem Hasse-Prinzip (Lokal-Global-Prinzip nach Helmut Hasse) kann man manchmal von der Lösbarkeit über lokalen Körpern auf die Lösbarkeit im globalen Körper der rationalen Zahlen schließen, etwa für nicht-ausgeartete quadratische Formen. Mit Hilfe lokaler Körper wird die lokale Klassenkörpertheorie formuliert, ebenfalls begründet durch Hasse, und von Claude Chevalley zum Aufbau der globalen Klassenkörpertheorie ohne Rückgriff auf Methoden der analytischen Zahlentheorie benutzt. Die Darstellung der lokalen Klassenkörpertheorie mit Hilfe der Gruppenkohomologie ist seit dem Seminar von Emil Artin und John T. Tate ein Standardzugang und zum Beispiel in dem Buch von Serre Local Fields dargestellt.

Wie b​ei den Begriffen "lokaler Ring" u​nd "Lokalisierung" i​n der Algebra h​at die Bezeichnung lokal i​hren Ursprung i​n der Analogie d​es Zahlkörper-Falls m​it dem Fall e​ines Funktionenkörpers über e​iner komplexen algebraischen Kurve (riemannsche Fläche), w​o „lokal“ d​as Verhalten d​er Funktionen i​n der Umgebung e​ines Punktes beschreibt u​nd „global“ d​ie Möglichkeit, d​ie in e​iner lokalen Umgebung v​on Punkten e​twa über e​ine Potenzreihe definierte Funktion a​uf der ganzen riemannschen Fläche z​u einer globalen Funktion zusammenzufügen.

Eigenschaften von nicht-archimedischen lokalen Körpern

Gegeben ein nicht-archimedischer lokaler Körper mit Betrag |·|. Dann sind die folgenden Objekte von Bedeutung:

  • der Bewertungsring : Ein lokaler Hauptidealring, der gleichzeitig die abgeschlossene Einheitskugel in darstellt.
  • das maximale Ideal von : die offene Einheitskugel von .
  • der Restklassenkörper , der als Quotient der kompakten Gruppe nach einer offenen Gruppe endlich sein muss (weil er kompakt und diskret ist)

Beispiele

  1. Die -adischen Zahlen : Der Bewertungsring ist , der Ring der ganzen -adischen Zahlen. Das darin enthaltene maximale Ideal ist , also das Hauptideal, das von erzeugt wird. Der Restklassenkörper
  2. Die formalen Laurent-Reihen einer formalen Variable über einem endlichen Körper : Der Bewertungsring ist , der Ring der formalen Potenzreihen in über . Das darin enthaltene maximale Ideal ist , also die Menge aller Potenzreihen mit konstantem Term . Der Restklassenkörper
  3. Die formalen Laurent-Reihen über sind kein lokaler Körper, da ihr Restklassenkörper isomorph zu ist, was nicht endlich ist.

Verallgemeinerungen

Es gibt eine Verallgemeinerung der lokalen Körper durch die sogenannten höheren lokalen Körper.[2][3] Für ist ein n-lokaler Körper ein Körper, der vollständig bezüglich einer diskreten Bewertung ist, und dessen Restklassenkörper ein (n-1)-lokaler Körper ist. Die 1-lokalen Körper sind dabei die gewöhnlichen lokalen Körper. Zum Beispiel sind oder 2-lokale Körper.

Literatur

  • Jean-Pierre Serre: Local Fields (= Graduate Texts in Mathematics. Bd. 67). Springer, New York, NY u. a. 1979, ISBN 0-387-90424-7.
  • Jürgen Neukirch: Algebraische Zahlentheorie. Springer, Berlin u. a. 1992, ISBN 3-540-54273-6.

Einzelnachweise

  1. André Weil Basic number theory, Springer-Verlag 1995; Seite 20
  2. I. B. Fesenko, S. V. Vostokov Local fields and their extensions. A constructive approach, American Mathematical Society 1993, 2. Auflage 2002
  3. Fesenko, Masato Kurihara (Herausgeber) Invitation to higher local fields, Geometry and Topology Monographs 3, University of Warwick 2000, Online
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