Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait
Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait (dt.: „Die Dinge, die wir sagen, die Dinge, die wir tun“, internationale Titel: Love Affair(s) bzw. The Things We Say, the Things We Do) ist ein französischer Spielfilm von Emmanuel Mouret aus dem Jahr 2020. Für das romantische Drama, dass mehrere Liebesgeschichten mit Ellipsen und Rückblenden kombiniert, stand die Theorie des mimetischen Begehrens des französischen Philosophen René Girard (1923–2015) Pate.[1]
Film | |
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Originaltitel | Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait |
Produktionsland | Frankreich |
Originalsprache | Französisch |
Erscheinungsjahr | 2020 |
Länge | 122 Minuten |
Stab | |
Regie | Emmanuel Mouret |
Drehbuch | Emmanuel Mouret |
Produktion | Frédéric Niedermayer |
Kamera | Laurent Desmet |
Schnitt | Martial Salomon |
Besetzung | |
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Die Uraufführung des Films war ursprünglich im Mai 2020 bei den 73. Internationalen Filmfestspielen von Cannes geplant, die aber aufgrund der COVID-19-Pandemie abgesagt werden mussten.[2] Daraufhin wurde der Film am 2. September 2020 im Rahmen der Semaine de la Comédie UGC uraufgeführt. Der reguläre Kinostart in Frankreich fand am 16. September 2020 statt.[3]
Handlung
Daphné verbringt mit ihrem Lebensgefährten François einen Urlaub auf dem Land in der Nähe von Avignon. Sie ist im dritten Monat schwanger. Als François aus beruflichen Gründen den gemeinsamen Urlaub unterbrechen muss, ist Daphné gezwungen seinen Cousin Maxime alleine willkommen zu heißen. Sie hat den jungen Mann, der als Übersetzer in Paris arbeitet, noch nie zuvor getroffen.[4]
Während François’ viertägiger Abwesenheit lernen sich Daphné und Maxime näher kennen. Beide sind sich sympathisch und fassen Vertrauen zueinander. Sie beginnen sich immer intimere Details über ihre Liebesgeschichten, die Gegenwart und die Vergangenheit zu erzählen.[4] Darunter auch die Geschichte der vernachlässigten, aber gerissenen Louise.[5] Daphné und Maxime kommen sich näher, obwohl er selbst mit Sandra liiert ist.
Entstehungsgeschichte
Titel und Drehbuch
Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait ist der zehnte Spielfilm von Emmanuel Mouret, für den er auch das Drehbuch verfasste. Der französische Titel ist laut dem Regisseur leicht ironisch gemeint. Der Film war laute Mouret als „Ode der Unbeständigkeit“ konzipiert. Dabei habe er sich nicht viel für das Thema Psychologie interessiert. „Die Tugend des Kinos ist es, die Welt in ihrer Komplexität und die Figuren in ihren Widersprüchen zu beobachten“, so Mouret.[6] Er hatte ein „gefühlsbetontes Fresko“ im Sinn. Für das Drehbuch griff er auf eine trichterförmige Struktur zurück, in der sich verschiedene Geschichten, leichte und ernste, plötzlich zu einer verdichten.[7] Als Anhänger der Idee des mimetischen Verlangens, begründet von dem Franzosen René Girard (1923–2015), habe Mouret beim Verfassen des Skripts diese Theorie nicht explizit im Sinn gehabt. Die weibliche Hauptfigur der Daphné, die zwei gegensätzliche Dinge begehre, habe sich aber nach ihr entfaltet. Der im Film darüber referierende Philosoph (dargestellt von Claude Pommereau) sei aber laut Mouret ein „falscher Philosoph“, der mit seinen Äußerungen nur die Handlung nur vorantreibe.[8]
Mouret sei im Kino vor allem berührt von Figuren, die sich zurückhalten, da deren innerer Konflikt für mehr Gewalt sorge. Menschen seien soziale Wesen, die Triebe haben und durch die Regeln des Zusammenlebens gefangen seien. In einem Interview zum Film zog er einen Vergleich zum Mafiafilm – „Der eigentliche Konflikt ist nicht die Gewalt des vom Menschen, die in alle Richtungen schießen, sondern der innere Konflikt der Pflicht, wenn jemand zum Beispiel einen Freund töten muss. Meine Charaktere versuchen aufrecht zu bleiben, erleben aber Wünsche und Leidenschaften, die sie quälen“, so Mouret.[9] Außer Gaspard (Guillaume Gouix) und Sandra (Jenna Thiam) lehnen alle anderen Figuren in Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait offene Konfrontationen und direkte Konflikte ab. Laut Mouret mache eine interessante Geschichte aus, dass zwei interessante, unvereinbare Wünsche existieren. In diesem Film das Begehren Daphnés nach Maxime und gleichzeitig ihr Wunsch danach, jemand Gutes zu sein.[10]
Casting und Dreharbeiten
Im Gegensatz zu früheren Filmen treten Hauptdarstellerin Camélia Jordana als Daphné und Vincent Macaigne als ihr Lebensgefährte François absichtlich viel zurückhaltender auf. Mouret kannte Jordana vor der Zusammenarbeit an Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait kaum, ehe er sie bei Probeaufnahmen für einen anderen Film entdeckte und sich nach eigenen Angaben auf den ersten Blick in sie „verliebte“. Noch vor ihrem ersten Zusammentreffen habe sie die Absichten des Regisseurs schnell verstanden. Mouret verpflichtete sie als erste Schauspielerin und besetzte das übrige Ensemble um sie herum. Er gab an, er hätte ein großes Vergnügen gehabt, Jordana bei den Dreharbeiten spielen zu sehen, da ihr natürliches Temperament nicht dem ihrer Figur entspreche. Dagegen kannte der Regisseur Vincent Macaigne bereits ein wenig, fand ihn aber am Anfang etwas zu jung für die Rolle des François. Auch war er von der fantasievollen Art des Schauspielers leicht erschreckt. Nach den ersten Proben habe Mouret aber gewusst, dass Macaigne die richtige Wahl war und zeigte sich begeistert über dessen nüchternes und zärtliches Spiel.[10]
Auch bei Niels Schneider hatte Mouret am Anfang Bedenken, ihn für die Rolle des schüchternen und zurückhaltenden Maxime zu verpflichten. Der Regisseur war verunsichert über Schneiders gutes Aussehen, sowie seine Präsenz und Selbstvertrauen im Auftreten. Doch der Schauspieler habe ihn bereits bei der ersten Lesung überzeugt. Schneider habe Mouret später gestanden, dass die Schüchternheit und Zurückhaltung von Maxime eher seinem natürlichen Temperament entspreche.[7]
Erneut taucht bei Mouret das Rache-Motiv bei einer vernachlässigten, aber gerissenen Frau auf, was an die Figur der Madame de la Pommeraye (dargestellt von Cécile de France) in seinem letzten Film Der Preis der Versuchung (2018) erinnert. Mouret bezeichnete die von Émilie Dequenne dargestellte Louise als faszinierende Figur, an die er auch nach den Dreharbeiten habe denken müssen.[5] Er habe schon lange mit Dequenne arbeiten wollen und rühmte ihr Spiel als „erstaunlich“.[10]
Im Gegensatz zu früheren Regiearbeiten verzichtete Mouret darauf, parallel als Schauspieler vor die Kamera zu treten. Eigenen Angaben zufolge hätte er per se nie den Wunsch gehabt, in seinen Filmen mitzuwirken. Der Vorschlag sei stets von seinem Produzenten Frédéric Niedermayer gekommen. Bei Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait habe Mouret Darsteller zusammengebracht, mit denen er arbeiten wollte, ohne sich selbst im Ensemble zu sehen. Einzig die Rolle des François wäre vom Alter her in Frage gekommen. Mouret Interesse bestand aber darin, vier Hauptfiguren gleichmäßig zu entwickeln. Eine von ihnen zu spielen, hätte das Vorhaben aus dem Gleichgewicht gebracht. Er vertritt die gleiche Meinung wie Jean Renoir, wonach das Casting 80 Prozent der „Schauspielrichtung“ ausmache.[9] Nach der Verpflichtung der Schauspieler gab Mouret eigenem Bekunden zufolge nicht mehr viele Anweisungen bei den Dreharbeiten. Für den Film verwendete er überwiegend Plansequenzen.[8]
Musikauswahl
Für Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait verwendete Mouret überwiegend verschiedene klassische Stücke u. a. von Frédéric Chopin, Claude Debussy, Enrique Granados, Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Jacques Offenbach, Giacomo Puccini, Erik Satie, Franz Schubert, Pjotr Tschaikowski und Antonio Vivaldi. Er griff aber auch auf Stücke von Komponisten wie Aram Chatschaturjan, Samuel Barber, Cecil Milner, Giovanni Mirabassi, Martín Perna und Francis Poulenc zurück. Mouret war der Meinung, extra für den Film komponierte Originalmusik hätte Schwierigkeiten gehabt, mit der Vielfalt der Figuren Schritt zu halten. Die Musikauswahl bezeichnete er als „sentimentales Voiceover“ und die verschiedenen Musikrichtungen würden in seinem Film koexistieren, um den Zuschauer die „Vielfalt der Gefühle“ spüren zu lassen.[11]
Rezeption
Auf der Website Allociné hält Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait derzeit eine Presse-Bewertung von 4,3 von 5 Sternen, basierend auf über 30 französischsprachigen Kritiken.[12]
Eric Neuhoff (Le Figaro) lobte Regisseur Mourets Film als eine „Intarsie der Gefühle“ und zog Vergleiche zu Woody Allen, Roland Barthes, Philippe de Broca, Michel Deville, Éric Rohmer, Françoise Sagan und Pascal Thomas. In Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait habe der Erzählrhythmus der Geschichten „etwas musikalisches“, nicht nur durch Filmmusik, die sich klassischer Stücke bediene. Auch lobte Neuhoff das Schauspielensemble, insbesondere die Schüchternheit und Sinnlichkeit von Hauptdarstellerin Camélia Jordana, die Emotionalität und Zerbrechlichkeit von Vincent Macaigne sowie Émilie Dequenne, die in der Rolle der Louise überrasche.[13]
Mathieu Macheret (Le Monde) rezensierte den Film durch seine miteinander verwobenen Geschichten als „theoretisches Vergnügen“, der dem Zuschauer „ein einzigartiges Vergnügen“ bereite. Nach Laura Tuillier (Libération) nutze Mouret Ellipsen und Rückblenden, um eine „subtile literarische Erzählung um die Dynamik des Begehrens“ zu verweben. Einzig negativ äußerte sich Renaud Baronian (Le Parisien) über den Film. Zwar würden Émilie Dequenne und Camélia Jordana bemerkenswerte Schauspielleistungen erbringen, doch würde das Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait nicht vor Langeweile und Realitätsferne bewahren.[12]
Die Redaktion der französischen Filmzeitschrift Cahiers du cinéma wählte Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait auf Platz fünf der besten zehn Filme des Jahres 2020 und damit auch zur besten französischen Produktion.[14] In der gleichzeitigen Leserumfrage erreichte der Film den zweiten Platz, hinter dem amerikanischen Film Der schwarze Diamant.[15]
Auszeichnungen
Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait wurde 2020/21 für über 20 Film- bzw. Festivalpreise nominiert und gewann den Prix Lumière in der Kategorie Bester Film[16][17] sowie den César für die Beste Nebendarstellerin (Émilie Dequenne). Mit 13 regulären César-Nominierungen (exkl. dem Spezialpreis César des lycéens) egalisierte der Film 2021 den Rekord von Cyrano von Bergerac (1991) und Camille – Verliebt nochmal! (2013), konnte sich aber in den Hauptkategorien nicht gegen die Tragikomödie Adieu les cons durchsetzen.
Filmpreis (Auswahl) |
Kategorie | Preisträger/ Nominierte |
Resultat |
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César 2021 | Bester Film | Frédéric Niedermayer, Emmanuel Mouret |
Nominiert |
Beste Regie | Emmanuel Mouret | Nominiert | |
Beste Hauptdarstellerin | Camélia Jordana | Nominiert | |
Bester Hauptdarsteller | Niels Schneider | Nominiert | |
Beste Nebendarstellerin | Émilie Dequenne | Gewonnen | |
Bester Nebendarsteller | Vincent Macaigne | Nominiert | |
Beste Nachwuchsdarstellerin | Julia Piaton | Nominiert | |
Bestes Originaldrehbuch | Emmanuel Mouret | Nominiert | |
Bestes Szenenbild | David Faivre | Nominiert | |
Beste Kostüme | Hélène Davoudian | Nominiert | |
Beste Kamera | Laurent Desmet | Nominiert | |
Bester Schnitt | Martial Salomon | Nominiert | |
Bester Ton | Maxime Gavaudan, François Mereu, Jean-Paul Hurier |
Nominiert | |
César des lycéens | Emmanuel Mouret | Nominiert | |
Prix Lumières 2021 | Bester Film | Frédéric Niedermayer, Emmanuel Mouret |
Gewonnen |
Beste Regie | Emmanuel Mouret | Nominiert | |
Beste Darstellerin | Camélia Jordana | Nominiert | |
Bestes Drehbuch | Emmanuel Mouret | Nominiert | |
Beste Kamera | Laurent Desmet | Nominiert |
Weblinks
- Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait im Katalog des Cannes Filmfestivals 2020
- Profil bei allocine.fr (französisch)
- Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- Französisches Presskit zum Film, S. 10 (PDF-Datei, 976 KiB).
- Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait. In: cannes2020.festival-cannes.com (abgerufen am 11. März 2021).
- Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait (2020) – Release Info. In: imdb.com (abgerufen am 11. März 2021).
- Französisches Presskit zum Film, S. 3 (PDF-Datei, 976 KiB).
- Französisches Presskit zum Film, S. 5 (PDF-Datei, 976 KiB).
- Französisches Presskit zum Film, S. 4 (PDF-Datei, 976 KiB).
- Französisches Presskit zum Film, S. 5 (PDF-Datei, 976 KiB).
- Französisches Presskit zum Film, S. 4 (PDF-Datei, 976 KiB).
- Sandra Onana: «J'aime les films où le silence fait événement». In: Libération, 16 September 2020 (abgerufen via Pressedatenbank Nexis Uni).
- Französisches Presskit zum Film, S. 5 (PDF-Datei, 976 KiB).
- Französisches Presskit zum Film, S. 11 (PDF-Datei, 976 KiB).
- Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait. In: allocine.fr (abgerufen am 11. März 2021).
- Eric Neuhoff: Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait: l’amour sous toutes ses coutures. In: lefigaro.fr, 15. September 2020 (abgerufen via Pressedatenbank Nexis Uni).
- Les 10 meilleurs films de 2020 selon la rédaction des Cahiers du cinéma. In: cahiersducinema.com (abgerufen am 11. März 2021).
- Les 10 meilleurs films de 2020: Selon les lecteurs des Cahiers du cinéma. In: cahiersducinema.com (abgerufen am 11. März 2021).
- Les choses qu’on dit, les choses qu’on fait (2020) – Awards. In: imdb.com (abgerufen am 11. März 2021).
- Melanie Goodfellow: 'Love Affair(s)’, ‘DNA’, ‘Two Of Us’ top France’s Lumière awards. In: screendaily.com, 19. Januar 2021 (abgerufen am 11. März 2021).