Leers (Adelsgeschlecht)
Leers ist der Name eines aus Aachen stammenden Geschlechts, das ab 1619 in Lübeck und Hamburg ansässig wurde, ab 1786 auf Gütern in Mecklenburg, und das 1791 in den Reichsadelsstand erhoben wurde.[1]
Geschichte
Ursprünge
Erstmals erwähnt wird die Familie 1567 mit Paulus Leers, Greve der Brauerzunft in Aachen, der sich den Reformierten anschloss und 1577 Gemeindeältester wurde. Der Name Leers lässt auf eine niederländische Herkunft[2] schließen, zumal seit der zunehmenden Verfolgung der Calvinisten in den Niederlanden unter der spanischen Herrschaft Philipps II. viele protestantische Immigranten nach Aachen einwanderten, was die Aachener Religionsunruhen verstärkte.
Paulus' Bruder Arnold Leers war 1581 Ältester der reformierten Gemeinde. Paulus' Söhne Johann d. Ä. und Wilhelm waren ebenfalls Brauer, Johann 1580 auch Ratsherr. Beide wurden nach dem Sturz der protestantischen Herrschaft 1598 geächtet, dann 1602 nach Auferlegen einer Geldbuße wieder begnadigt. Zu dieser Zeit verließen einige Familienmitglieder aus religiösen Gründen die Stadt. Paulus' Enkel, der Kupfermeister Johann Leers d. J. (* ca. 1595; † 1636) hatte Katharina von Beeck, die Tochter des Aachener Bürgermeisters Jobst von Beeck, geheiratet. Sein Bruder Matthias (* 1605; † vor 1671) war zuerst Beckenschläger, dann Kupfermeister und wanderte nach Hamburg aus, wo er 1629 Bürger wurde. Sein Vetter Heinrich (* vor 1600; † ca. 1671), Sohn Arnolds d. J. und ebenfalls Beckenschläger, war schon 1619 Bürger in Lübeck geworden; beide kauften 1645 zusammen die Kupfer- und Messing-Mühlen an der Steinau in Mannhagen.[3] Heinrich gehörte 1632 der Landfahrer-Krämer-Compagnie zu Rostock und seit 1650 auch den Schonenfahrern zu Lübeck an. Dessen Sohn Heinrich (* 1619; † 1659) kaufte 1652 die erste Kupfermühle auf der Bäk; er war ebenfalls Schonenfahrer.
Ausbreitung und Besitzungen
Matthias' Urenkel Johann Jakob Leers (* 1732; † 1814) war Handelsherr in Hamburg und Besitzer von Kupfermühlen und Messingfabriken in Mecklenburg und Holstein. Er amtierte auch als mecklenburgischer Geheimer Finanz- und Domänenrat in Schwerin. 1786 kaufte er das Gut Vietlübbe und 1791 wurde er durch Kaiser Leopold II. geadelt. 1817 kaufte sein gleichnamiger Sohn Johann Jakob (* 1782; † 1855) die Güter Schönfeld, mit Mühlen Eichsen, Groß Eichsen und Goddin. Aus seinen Gütern stiftete er drei Fideikommisse. 1820 ließ er vom Lübecker Baumeister Joseph Christian Lillie in Schönfeld ein klassizistisches Herrenhaus erbauen. 1821 wurde die Familie in die Mecklenburgische Ritterschaft aufgenommen (rezipiert).
Im Einschreibebuch des Klosters Dobbertin befinden sich drei Eintragungen von Töchtern der Familien von Leers aus Schönfeld zur Aufnahme in das dortige adelige Damenstift.
In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre verlor die Familie die Güter durch Konkurs und Verkauf: Vietlübbe 1928 mit 707 ha, Schönfeld 1930 mit 849 ha.[4] Mühlen-Eichsen mit Zubehörungen in Groß-Eichsen und Goddin konnte dagegen durch Axel von Leers bis zur Bodenreform gehalten werden.
Wappen
In einem goldenen Feld zwei ins Kreuz gelegte, mit den Füßen nach unten und einwärts, mit den umgebogenen Schenkeln nach oben und einwärts gekehrte Beinschienen[5] natürlicher Farbe unter einem blauen Schildhaupt, in dem drei goldene Sterne nebeneinander zu sehen sind. Auf dem gekrönten Helm ein nach rechts und vorwärtsgekehrter geharnischter Mann, der in der rechten Hand ein zweispitziges blaues mit drei goldenen Sternen belegtes Fähnlein hält und den linken Arm in die Seite stützt. Die Helmdecken sind rechts gold und blau, links gold und schwarz.[6]
Namensträger
- Johann Jacob von Leers (* 1783; † 1855), Stifter von drei Fideikommissen, großherzoglich mecklenburg-schwerinscher Oberst und Landrat, 1837–1847 Provisor im Kloster Dobbertin[7]
- Walter von Leers (* 1866; † 1932),[8] Autor der Zöglingsverzeichnisse I und II, namentlich auch III, der Ritterakademie Brandenburg
- Johann von Leers (* 1902; † 1965), Antisemit, Nationalsozialist, Autor und Historiker
- Kurt Mathias von Leers (* 1912; † 1945), Theologiestudent und Priesteramtskandidat, nach KZ-Haft an deren Folgen verstorben
Literatur
- Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser B XIX, 1990, Band 99 der Gesamtreihe, C. A. Starke, Limburg an der Lahn. S. 272–276
- Adelslexikon Band VII, 1989, Band 97 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Limburg an der Lahn. S. 232
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser (B) 1907 (Stammreihe und ältere Genealogie), 1908–1941 (Fortsetzungen), Justus Perthes, Gotha
- Gustav von Lehsten: Der Adel Mecklenburgs seit dem landesgrundgesetzlichen Erbvergleiche (1755). Rostock 1864, S. 144
- Sabine Bock: Die wechselvolle Besitzgeschichte des Gutes Schönfeld im nordwestlichen Mecklenburg. S. 167–179. In: Leder ist Brot. Beiträge zur norddeutschen Landes- und Archivgeschichte. Thomas Helms Verlag Schwerin 2011.
- Sammlung Oidtman 9, 1995, S. 408–423
- Leers-Stammtafel im Genealogischen Handbuch, Band 17 (?)
Weblinks
- Literatur über Leers (Adelsgeschlecht) in der Landesbibliographie MV
- Nachkommenliste Leers (PDF-Datei; 177 kB)
Einzelnachweise
- In Aachen tritt das Geschlecht anscheinend mit den kaiserlichen Hauptmännern, den Brüdern Paulus Nikolaus von Leers (* 1727) und Martin Lambert Maria von Leers (* 1732) bereits adelig auf. Siehe Michael Kohlhaas, Nachkommenliste Leers (ca. 1500–2012; PDF-Datei; 177 kB)
- Die in der aus Aachen stammenden Mecklenburger Familie überlieferte Abstammung von der Antwerpener Kaufmannsfamilie Leerse ist bisher nicht nachgewiesen; der Antwerpener Familie gehörte u. a. der Kaufmann Sebastian Leerse (1584–1664) an, von dem Anthonis van Dyck um 1630/1632 ein bekanntes "Familienbildnis mit Frau und Sohn" gemalt hat, das sich heute in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen in Kassel, Schloss Wilhelmshöhe, befindet (Inv.-Nr. GK 123). Zu Sebastian Leerse: KASSEL 1996, Textbd., Kat.-Nr. GK 123. Ebenfalls aus Antwerpen stammte der Tuchhändler Johann Baptist Leerse (* 1623; † 1673), der als Reformierter nach Frankfurt am Main emigrierte und dessen Enkel Johann Georg Leerse (* 1691; † 1762) dort als Bankier und Besitzer des Hauses Lichtenstein bekannt wurde; zu ihm: Franz Lerner: Leerse, Johann Georg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 54 f. (Digitalisat). Ob der Fabrikant Christoph Friedrich Leers (* 1769; † 1825) aus einer Wunsiedelner Familie mit den Frankfurter oder den Aachener Leers genealogisch zusammenhängt, oder ob lediglich eine Namensgleichheit vorliegt, erscheint nicht belegt.
- Georg Christian Friedrich Lisch: Geschichte der Eisengewinnung in Meklenburg aus inländischem Rasenerz. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. 7 (1842), S. 52–155 (Volltext hier S. 62 (Memento vom 21. August 2004 im Internet Archive))
- Ernst Seyfert, Hans Wehner, W. Baarck: Niekammer`s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Band IV. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Rittergüter, Güter und Höfe von Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter, Güter und Höfe von ca. 20 ha aufwärts mit Angabe der Gutseigenschaft, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen. In: Mit Unterstützung vieler Behörden und der Landbünde zu Güstrow und Neubrandenburg (Hrsg.): 4. Letzte Ausgabe. 4. Auflage. IV Reihe Paul Niekammer. Verlag von Niekammer`s Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1928, S. 188 f. (g-h-h.de [abgerufen am 15. Februar 2022]).
- Daher ist es ein redendes Wappen: mnd. lērse ledernes Beinkleid; weiter hoher Stiefel. Lersen sind (panzernde) Reitstiefel, die übers Knie gleich in die Hose übergehen.
- Nach Lehsten (Lit.), S. 144f
- LHAS 3.2-3/1 Landeskloster Dobbertin. 371a Einführungsprotokoll als Provisor des Klosters Dobbertin, 29. September 1837
- Genealogisches Handbuch Bürgerlicher Familien, ein Deutsches Geschlechterbuch. 1910. In: Bernhard Koerner, Adolf Matthias Hildebrandt, Oskar Roick (Hrsg.): Deutsches Geschlechterbuch. Band 16, Ziemssen I. C. A. Starke, Görlitz 1910, S. 569 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 15. Februar 2022]).