Anthonis van Dyck
Sir Anthonis van Dyck, flämisch Antoon van Dyck (* 22. März 1599 in Antwerpen; † 9. Dezember 1641 in London), war ein flämischer Maler, insbesondere von Porträts, Grafiker des flämischen Barocks und freier Mitarbeiter von Peter Paul Rubens. Weitere Versionen seines Namens sind Anton van Dyck und Anthony van Dyck.
Leben
Dyck war das siebte Kind des reichen Textilkaufmanns Frans van Dyck und dessen zweiter Ehefrau, der Kunststickerin Maria (geborene Cupers, † 1607). Er galt als besonders begabt im Zeichnen. So akzeptierte ihn bereits im Alter von zehn Jahren der Maler Hendrick van Balen (1575–1632) als Schüler. In dem Register der Antwerpener Lukasgilde wird er 1610 als dessen Lehrling genannt. Van Balen arbeitete als Schöpfer eleganter kleinformatiger mythologischer Szenen für Sammler der Antwerpener Mittelklasse. Die bekannten Frühwerke van Dycks zeigen – auch wenn nur in Details – den deutlichen Einfluss des Lehrmeisters. Im Alter von 14 Jahren malte er das Porträt eines alten Herrn und hatte zwei Jahre später bereits ein eigenes Atelier, in dem er einen Schüler namens Herman Servaes beschäftigte. Mit 19 Jahren arbeitete van Dyck als unabhängiger und anerkannter Meister und war seit dem 11. Februar 1618 als Freimeister der Lukasgilde geführt und wurde vier Tage später für volljährig erklärt, wofür er die Zustimmung seines Vaters benötigte.[1]
Dyck arbeitete seit 1618 für Rubens, bei dem er bis Herbst 1620 wohnte. Bei Arbeiten für dessen Studio lernte ihn der herausragende Kunstkenner Englands, Thomas Howard, 21. Earl of Arundel kennen und schätzen. Auf Veranlassung Arundels reiste Anthonis erstmals 1620 nach England. Seine Dienste für James I. währten nur ein halbes Jahr, obgleich er vom König mit einer jährlichen Pension von 100 Pfund Sterling entlohnt wurde. Dieser erteilte ihm einige Aufträge, herausragenden Männer des Hofes zu malen. Dabei nutzte er die Gelegenheit, die in deren Sammlungen befindlichen Meisterwerke der italienischen Renaissance zu studieren, die ihn schon in Antwerpen interessiert hatten. Am 28. Februar 1621 erhielt er einen Reisepass, der für 8 Monate gültig war. Von 1621 bis 1626 lebte er mit Unterbrechungen in Italien, u. a. in Genua, Rom, Sizilien und Venedig, und perfektionierte dort seine Porträtkunst. Insgesamt porträtierte er etwa 280 Personen. Am 1. Dezember 1622 war er beim Tod seines Vaters nachweislich in Antwerpen. Hier hatte er unter anderem in diesem Jahr das Porträt des damaligen Antwerpener Bürgermeisters Nicolaas Rockox (1560–1640)[2] und ein weiteres Bildnis einer Dame angefertigt.[3]
Mit seinem Italienaufenthalt wurde der Einfluss von Rubens zugunsten Veroneses und mehr noch Tizians zurückgedrängt. Erika Langmuir (National Gallery London) sprach in diesem Kontext sogar von einer „Verwässerung“ (diluted).
1626 kehrte Anthonis van Dyck nach Antwerpen zurück; oft hielt er sich am Hof in Brüssel auf. Aus dieser Zeit stammen verschiedene große, hochpathetische Altarwerke, die wieder den Einfluss Rubens' zeigen. Van Dyck übersiedelte 1632 nach London, wo er als Hofmaler, Liebling der Aristokratie und herausragender Porträtist für Karl I. arbeitete. Im selben Jahr erhob ihn der König in den Adelsstand. Die größte zusammenhängende Sammlung seiner Werke ist immer noch Eigentum der englischen Krone.
Zu van Dycks wichtigsten Schülern und Assistenten gehörten David Beck (Maler) und Jan van de Reyn.[4]
Ihm zu Ehren wurde seine Büste in der Walhalla aufgestellt. Nach seiner typischen Malweise ist das Van-Dyck-Braun benannt.
Werke (Auswahl)
- Knabe mit gelocktem Haar, 1616
- Eberjagd, 1618
- Das Martyrium des heiligen Sebastian, 1618
- Das Familienportrait, 1621
- Heilige Familie, etwa 1626/1628, Benediktinerstift St. Paul
- Porträt Emanuele Filiberto, Prinz von Oneglia, 1624, Öl auf Leinwand, 126×99,6, The Trustees of Dulwich Picture Gallery, London[5]
- Susanna und die beiden Alten, 1621/22, Alte Pinakothek, München
- A Lady of the Spencer Family, 1633–1838, vormals Althorp Manor, jetzt: Tate Britain, London
- Karl I. auf der Jagd, 1638
- Porträt Inigo Jones
- Lady d’Daubigny, um 1638 – Porträt der Catharine Howard, die 1638 George Lord d’Aubigny heiratete.
- Idealisiertes Porträt Wallensteins, zwischen 1636 und 1641 entstanden
- Selbstbildnis mit Sonnenblume, Sammlung Duke of Westminster, Kopie im Schloss Friedenstein, Gotha
- Five Eldest Children of Charles I., The Royal Collection, London
- Bildnis des Lucas van Uffel, Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig
- Der Evangelist Johannes. Studienkopf, Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig
- Henrietta Maria von Frankreich, um 1632
- Porträt des Cornelis van der Geest (um 1620)
- Porträt der Isabella Brant (1621)
- Porträt des Agostino Pallavicini (um 1621)
- Porträt der Marchesa Elena Grimaldi, Gattin des Marchese Nicola Cattaneo (um 1623)
- Rosenkranzmadonna (1623/24)
- Porträt einer Frau mit Kind (1623–25)
- Susanna im Bade (1626)
- Caritas (1627/28)
- Maria mit Kind und den Hll. Rosalia, Petrus und Paulus (1629)
- Mystische Verlobung des Seligen Hermann Joseph mit Maria (um 1630)
- Porträt Wilhelm II. von Oranien (1632)
- Beweinung Christi (um 1635)
- Dreifachporträt Karl I. (1635/36)
- Porträt George Digby, 2. Earl of Bristol (1638)
- Porträt der Rachel de Ruvigny (1640)
- Der Herzog von Arenberg zu Pferde (1634)
- Wilhelm von Oranien als Prinz mit seiner zukünftigen Braut Maria Henrietta Stuart
Literatur
- Susan J. Barnes u. a. (Hrsg.): Van Dyck. A complete Catalogue of the Paintings. Yale University Press, New Haven 2003, ISBN 0-300-09928-2.
- Christopher Brown, Till Borchert (Hrsg.): Van Dyck. 1599–1641. Buch zur Ausstellung in Antwerpen und London 1999. Hirmer, München 1999, ISBN 3-7774-8080-0.
- Victoria Charles: Anthonis van Dyck. Parkstone International, New York 2011, ISBN 978-1-78042-269-5 (books.google.de – Leseprobe).
- Gustav Glück: Van Dyck, des Meisters Gemälde in 581 Abbildungen (= Klassiker der Kunst. Band 13). 2. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart und Berlin 1931.
- Franz Martin Haberditzl: Dyck, Anton van. In: Ulrich Thieme (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 10: Dubolon–Erlwein. E. A. Seemann, Leipzig 1914, S. 263–270 (Textarchiv – Internet Archive).
- Michael Jaffe (Hrsg.): Van Dyck’s Antwerp Sketchbook. 2 Bände. Macdonald, London 1966.
- Hermann Knackfuß: A. van Dyck. Künstler-Monographien, Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig 1896.
- Eric Larsen: The paintings of Anthony van Dyck. Luca, Freren 1988, ISBN 3-923641-12-5.
- Wolfgang Maier-Preusker: Anthonis van Dyck, 1599–1641. Zeittafel und Dokumentation zu dem Brustbild „Knabe mit gelocktem Haar“. Selbstverlag, Wien 2003.
- Gudrun Raatschen: Anton Van Dycks Porträts König Karls I. von England und Königin Henrietta Marias. Form, Inhalt und Funktion. Dissertation, Universität Bonn 1997 (Volltext).
- Emil Schaeffer: Van Dyck: des Meisters Gemälde in 571 Abbildungen (= Klassiker der Kunst in Gesamtausgaben. Band 13). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1909 (Textarchiv – Internet Archive).
- Adolphe Siret: Dyck, Anton van. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 504–508.
- Friedrich Wilhelm Bautz: DYCK, Anthonis van. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 1435–1436.
Weblinks
- Sir Anthony van Dyck in der National Gallery of Art
- Anthonis van Dyck in der Sammlung der Pinakothek
- Anthonis van Dyck bei Google Arts & Culture
- Literatur von und über Anthonis van Dyck im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Anthonis van Dyck in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Werke von Anthonis van Dyck bei Zeno.org
Anmerkungen
- Franz Martin Haberditzl: Dyck, Anton van. In: Ulrich Thieme (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 10: Dubolon–Erlwein. E. A. Seemann, Leipzig 1914, S. 264 (Textarchiv – Internet Archive).
- Emil Schaeffer: Van Dyck: des Meisters Gemälde. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1909, S. 165 (Textarchiv – Internet Archive).
- Franz Martin Haberditzl: Dyck, Anton van. In: Ulrich Thieme (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 10: Dubolon–Erlwein. E. A. Seemann, Leipzig 1914, S. 265 (Textarchiv – Internet Archive).
- Jacob Burckhardt: Anton van Dyck. (1886) In: Kulturgeschichtliche Vorträge. Stuttgart 1959, S. 259–280.
- Klaus Bußmann, Heinz Schilling: 1648 – Krieg und Frieden in Europa. Katalogband und zwei Textbände, Münster 1998 [Dokumentation der Europaratsausstellung zum 350jährigen Jubiläum des Westfälischen Friedens in Münster und Osnabrück.] Münster/ Osnabrück 1998, ISBN 3-88789-127-9, S. 39