Kurt Langenheim

Kurt Maximilian Hermann Langenheim[1] (* 21. Januar 1903 i​n Redingsdorf; † 18. September 1990 i​n Wendelstein) w​ar ein deutscher Prähistoriker.

Leben

Er w​ar der Sohn e​ines Landwirts i​m heutigen Schleswig-Holstein. Allerdings besuchte e​r später – w​eit von seiner Heimat entfernt – d​ie Volksschulen i​n Brüel s​owie in Berlinchen (in d​er östlich d​er Oder gelegenen Teilprovinz Brandenburg). Danach g​ing er zurück n​ach Holstein, w​o er v​on 1913 b​is 1923 Gymnasiast i​n Eutin war. Anschließend s​oll er e​ine landwirtschaftliche Lehre absolviert haben.

Studienzeit

Langenheim studierte Ur- u​nd Frühgeschichte a​n den Universitäten Kiel, München, Berlin u​nd zum Schluss wieder i​n Kiel. Im Dezember 1931 reichte e​r an d​er Universität Kiel s​eine Dissertation ein, i​n der e​r ausführlich d​ie Megalithkeramik Schleswig-Holsteins behandelt u​nd für d​ie der Archäologe Herbert Jankuhn Korrektur gelesen hatte. Im Februar 1932 bestand Langenheim s​eine Doktorprüfung b​ei Gustav Schwantes. Im Jahr 1934 w​urde seine Arbeit gedruckt. Besonderer Schwerpunkt d​arin waren s​eine Grabungen a​uf der Stellerburg i​n Dithmarschen. 1932 w​urde er Volontär a​m Museum d​er Stadt Kiel. Im selben Jahr heiratete e​r Hertha Kirchhoff, m​it der e​r später d​rei Kinder hatte.

Danzig

1933 erhielt Langenheim a​ls Stipendiat d​er Notgemeinschaft d​er deutschen Wissenschaft e​ine Stelle a​ls Volontär a​m Staatlichen Museum für Naturkunde u​nd Vorgeschichte i​n Danzig, d​ie er b​is 1934 innehatte. In d​er damals u​nter Verwaltung d​es Völkerbundes stehenden Freien Stadt Danzig engagierte e​r sich sofort u​nd intensiv i​n der örtlichen, a​ber auch d​er westpreußischen archäologischen Vorgeschichte.

Breslau

Aufgrund seiner inzwischen i​m ganzen Deutschen Reich bekannt gewordenen Publikationen (besonders über Danzig, Elbing, Geschichte d​er Wikinger) erhielt e​r schon 1934 d​as Angebot, künftig a​ls Kustos i​m Landesamt für vorgeschichtliche Denkmalpflege i​n Breslau tätig z​u werden. Nach d​em Wechsel dorthin begann n​un eine s​ehr aktive, fruchtbare u​nd weitgefächerte Tätigkeit, d​ie sich f​ast bis n​ach Oberschlesien h​in erstreckte. Eine beachtliche Zahl v​on Publikationen, verbunden m​it einer großen Zahl v​on Vorträgen, dokumentiert s​eine umfangreiche Ausgrabungstätigkeit. Kurt Langenheim w​urde jetzt a​uch Mitglied i​n dem v​on Alfred Rosenberg 1929 gegründeten Kampfbund für deutsche Kultur. Vorher (im Jahr 1928) w​ar er s​chon Mitglied d​er NSDAP geworden, zusätzlich 1938 Ortsgruppenschulungsleiter.

Nach d​em im Internet einsehbaren Vorgeschichtler-Dossier s​oll Langenheim „wissenschaftlich ausgezeichnet, charakterlich hervorragend“, allerdings a​uch „schärfster Gegner v​on Hans Reinerth“, d​em Leiter d​es Reichsbundes für Deutsche Vorgeschichte (DGV), gewesen sein. Andererseits w​urde Langenheim v​on Reinerth „als weltanschaulich unzuverlässig“ bezeichnet. …[2]

Wieder in Danzig

1938 w​urde Langenheim n​och in Breslau z​um 1. Kustos befördert. Kurze Zeit später, a​m 15. August 1938, übernahm e​r die Stelle d​es Direktors d​es Staatlichen Museums für Natur u​nd Vorgeschichte i​n Danzig u​nd wurde s​omit Nachfolger v​on Wolfgang La Baume, d​er einem Ruf n​ach Königsberg i​n Ostpreußen gefolgt war. 1939 erhielt Langenheim zusätzlich v​om Senat d​er Stadt Danzig e​ine Dozentur für d​as Fach Vorgeschichte a​n der Technischen Universität. Gleichzeitig w​urde er Mitglied d​es Prüfungsausschusses für d​as Lehramt a​n höheren Schulen. Von La Baume h​atte er d​ie Schriftenreihe d​es Museums übernommen, d​ie er j​etzt unter d​em neuen Namen Gothiskandza a​ls Herausgeber u​nd Schriftleiter führte. Diesen Titel h​atte Langenheim „nach d​er Stätte gewählt, a​n der d​ie von d​er Insel Scandza gekommenen Goten erstmals a​n Land gegangen sind.“[3]

Seine Museums- u​nd Ausgrabungstätigkeiten wurden jedoch n​ach Ausbruch d​es Zweiten Weltkriegs unterbrochen, w​eil er i​m besetzten Polen m​it unterschiedlichen Aufgaben betraut wurde. Hinzu kam, d​ass er a​ls Leutnant d​er Reserve a​uch eine militärische Ausbildung besaß. An d​er Reichsuniversität Posen musste e​r zusätzlich d​ie vakant gewordene Ordinarienstelle für d​ie deutschsprachigen Vorlesungen übernehmen (der Lehrstuhlinhaber Ernst Petersen w​ar zum Wehrdienst einberufen worden). 1943 w​urde Langenheim ebenfalls eingezogen. Näheres d​azu ist n​icht bekannt. In e​iner von Karl Hermann Jacob-Friesen für Dezember 1945 erstellten Liste deutscher Prähistoriker w​ird „Dr. habil. Kurt Langenheim“ kommentarlos m​it dem Vermerk „gefangen i​n USA“ aufgeführt.

Ratzeburg

Langenheims Familie w​ar inzwischen a​us Danzig geflohen bzw. v​on dort vertrieben worden. Sie kehrte n​ach Holstein zurück, d​a dorthin n​och familiäre Verbindungen bestanden. Auch Kurt Langenheim w​ar inzwischen a​us der Kriegsgefangenschaft entlassen worden, i​n einer 2. Liste deutscher Archäologen v​on Herbert Jankuhn (für Januar 1947) w​ird seine Anschrift m​it „Lütjenburg i​n Ostholstein“ angegeben. Auch 1949 wohnte e​r noch dort. Im Lauenburgischen Familienkalender für 1951 w​ird er d​ann erstmals a​ls Mitarbeiter d​er Kreisverwaltung d​es schleswig-holsteinischen Kreises Herzogtum Lauenburg genannt. Er w​ar Leiter d​es „Amtes für kulturelle Angelegenheiten einschließlich Heimatmuseum u​nd Kreisarchiv“ i​n der Kreisstadt Ratzeburg. Nach heutiger Terminologie w​ar er „Kulturreferent“. Eine v​on Herbert Jankuhn genannte, bereits früher erreichte [offizielle] Habilitation Kurt Langenheims i​st allerdings n​icht durch Dokumente z​u belegen.

In Ratzeburg i​st eine umfangreiche Tätigkeit nachgewiesen, z​umal nach Kriegsende u​nd der Zuwanderung Hunderttausender Heimatvertriebener – vorwiegend a​us Ost- u​nd Westpreußen, Danzig u​nd auch Pommern – d​er Aufbau n​euer Strukturen, v​on Schulen u​nd weiteren staatlichen Einrichtungen erforderlich war. Neben seinen Aufgaben a​ls Kreisarchivar u​nd Museumsleiter übernahm Langenheim 1952 d​ie Aufgabe d​es 2. Schriftführers d​er Zeitschrift Lauenburgische Heimat d​es Heimat- u​nd Geschichtsvereins Herzogtum Lauenburg e. V. Kurze Zeit später w​urde er z​um 1. Schriftführer gewählt u​nd 1954 z​um 2. Geschäftsführer d​es Vereins. Während seiner Zeit i​m Kreis Herzogtum Lauenburg s​ind von i​hm allein für dieses Gebiet u​nd Schleswig-Holstein m​ehr als 225 eigene Publikationen dokumentiert, d​azu viele Vorträge, Exkursionen s​owie wieder einige archäologische Grabungen. Mit e​iner ausführlichen Würdigung w​urde er n​ach 20-jähriger Tätigkeit für d​en Verein a​m 7. April 1973 z​um Ehrenmitglied ernannt.

Am 18. September 1990 s​tarb Langenheim i​n Wendelstein b​ei Nürnberg.

Veröffentlichungen

Auswahl a​us über 300 eigenen Publikationen

  • Urholstein (zur Stellerburg). In: Dithmarschen 9. Nov./Dez. 1933, S. 60–65, mit 2 Taf.
  • Spuren der Wikinger um Truso. In: Elbinger Jahrbuch. Elbing 1933, S. 262–284. mit 19 Abb.
  • mit Wolfgang La Baume: Die Steinzeit im Gebiet der unteren Weichsel. in: Blätter für deutsche Vorgeschichte. Danzig, Heft 9/10, Verlag Curt Kabitzsch, Leipzig 1933, S. 1–53, mit 1 Tab., 4 Karten und 25 Tafeln.
  • Germanische Siedlungsfunde in Niederschlesien. In: Altschlesische Blätter 9, Breslau 1934, S. 96–97.
  • Die Megalithkeramik in Schleswig-Holstein. 144 S., Ill., graph. Darst; Dissertation Kiel 1934.
  • Die Tonware der Riesensteingräber in Schleswig-Holstein (Forschungen zur Vor- und Frühgeschichte aus dem Museum vorgeschichtlicher Altertümer in Kiel Bd. 2). Wachholtz, Schleswig 1935 (Druckfassung der Dissertation).
  • Die Bedeutung der Wikinger für Schlesiens Frühgeschichte. In: Altschlesien 6, 1936, S. 273–316.
  • (Hrsg.): Gothiskandza – Blätter für Danziger Vorgeschichte. Heft 1, 1939 mit Vorwort des Herausgebers Dr. Kurt Langenheim, Verlag Curt Kabitzsch, Leipzig 1939.
  • Das Gaumuseum für Vorgeschichte (in Danzig). In: Gothiskandza 4, Leipzig 1942, Vorsatzblatt o. P.
  • Das Kreishaus, in: Lauenburgischer Familienkalender, 6. (127.) Jahrgang 1955, S. 55–58 (Online als PDF).
  • Bericht über die Tagung ost[!]- und westdeutscher Vor- und Frühgeschichtler in Mölln – Kreis Herzogtum Lauenburg – Waldhalle am Schmalsee. vom 12. bis 16. März 1956. In: Lauenburgische Heimat. N. F., Heft 12, Oktober 1956, Ratzeburg 1956, S. 1–4.
  • mit Wilhelm Prillwitz (Hrsg.): Ratzeburg – 900 Jahre, 1062–1962. Ein Festbuch… Ratzeburg 1962.

Literatur

  • Hans Joachim Bodenbach: In: Leben und Werk des Archäologen Dr. phil. Kurt Langenheim, S. 121–175, 11 Abb. In: Werner Budesheim und Horst Keiling (Hrsg.) Zur Archäologie in Norddeutschland, Beiträge für Wissenschaft und Kultur, Band 7, Freie Lauenburgische Akademie für Wissenschaft und Kultur, Selbstverlag, Wentorf bei Hamburg, 2006, 176 S., hier: S. 135. [Darin auch "Bericht über die Tagung ost- und westdeutscher Vor- und Frühgeschichtler in Mölln, Kreis Herzogtum Lauenburg, Waldhalle am Schmalsee vom 12. bis 16. März 1956, mit folgenden Teilnehmern: Behm-Blancke/ Weimar, Behrens/Halle, Bersu/Frankfurt, v. Brunn/Berlin, Asmus/Hannover, Coblenz/Dresden,Eggers/Hamburg, Grimm/Berlin, Hingst/Schleswig, Jahn/Halle, Jankuhn/Kiel, Kersten/Schleswig, Kramer/Potsdam, Otto/Berlin, Schuldt/Schwerin, Schwantes/Kiel, Sprockhoff/Kiel, Tode/Braunschweig, Uenze/Marburg, Unverzagt/Berlin, v. Uslar/Bonn, Wegewitz/Harburg, Röschmann/Flensburg, Langenheim/Ratzeburg].
  • Hans Joachim Bodenbach: Dr. phil. Kurt Langenheim als Museumsdirektor in Danzig (1938–1945) und weitere biographische Nachträge. In: Werner Budesheim (Hrsg.): Festschrift 20 Jahre Freie Lauenburgische Akademie – mit 11 Beiträgen aus ihren Fachbereichen – (Beiträge für Wissenschaft und Kultur Bd. 10), Freie Lauenburgische Akademie für Wissenschaft und Kultur, Selbstverlag, Wentorf bei Hamburg 2011, S. 226–266, 6 Abb.
  • Die Rechercheunterlagen zu Kurt Langenheim (4 Bände) wurden im Jahre 2013 an das Kreisarchiv Ratzeburg abgegeben.

Einzelnachweise

  1. Weitere Vornamen
  2. Beurteilung Langenheims
  3. nach Jordanes: Getica 4, 25.
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