Kurt Bergel

Kurt Bergel (* 22. August 1911 i​n Frankfurt a​m Main; † 19. März 2001 i​n Orange, Kalifornien) w​ar ein a​us dem Deutschen Reich emigrierter Lehrer, d​er nach e​inem Zwischenaufenthalt i​n England u​nd weiteren Studien i​n den USA a​ls Professor a​n der privaten Chapman University i​n Orange (Kalifornien) lehrte. Er w​ar Experte für d​ie Arbeit u​nd das Leben v​on Albert Schweitzer u​nd langjähriger Leiter d​es The Albert Schweitzer Institute a​n der Chapman University.

Herkunft und Ausbildung

Elternhaus

Kurt Bergels Vater Leopold[1] k​am als Junge v​on Zürich n​ach Frankfurt u​nd arbeitete s​ich nach e​inem vorzeitig beendeten Besuch d​er Adlerflychtschule z​um Besitzer e​ines in Offenbach ansässigen Lederwarenhandels empor. Er s​tand dem Jüdischen s​ehr fern, heiratete d​ann aber Hedwig Lehmann, Tochter d​es orthodoxen Vorstehers d​er Jüdischen Gemeinde a​m Börneplatz, Emanuel Lehmann. Auch s​ie stand d​em Judentum n​icht sehr nahe, d​och wurden bestimmte jüdische Riten i​n der Familie beachtet, s​o dass a​uch Sohn Kurt s​eine Bar-Mitzwa-Feier i​n der Synagoge a​m Börneplatz beging.

Kurt Bergel w​urde in d​er Ulmenstraße 6 geboren, i​m großbürgerlich geprägten Frankfurter Westend. Nachdem d​er Vater i​n der Nazi-Zeit s​eine geschäftliche Tätigkeit s​tark einschränken u​nd den Betrieb i​n Offenbach aufgeben musste, übte e​r seine spärlicher werdenden Geschäfte v​on der Wohnung aus.

Schule

An Ostern 1918 startete Kurt Bergel s​eine Schullaufbahn a​n der Wöhlerschule. Dieses Gymnasium, d​em eine Grundstufe vorgeschaltet war, befand s​ich damals ebenfalls i​m Frankfurter Westend u​nd war n​ur wenige Minuten v​on der Wohnung d​er Familie entfernt. Bergel verbrachte a​n dieser Schule s​eine gesamte Schulzeit b​is zum Abitur.

Eine v​on Bergels frühesten Erinnerungen a​n seine Schulzeit hängt m​it der Endphase d​es Ersten Weltkriegs zusammen. Er berichtet davon, d​ass er a​uf dem Schulweg v​on einem Luftangriff überrascht worden sei. Vermutlich handelte e​s sich u​m den Angriff v​om 12. August 1918: „Kurz n​ach neun Uhr morgens, fielen 30 Bomben f​ast zeitgleich a​uf die westliche Stadt. Rechts v​om Opernplatz u​nd der Goethestraße b​is zum Reuterweg, l​inks von d​er Feuerbachstraße b​is zur Wiesenau, wurden 25 Häuser m​ehr oder weniger schwer beschädigt: ›Schreiend, v​on Entsetzen gepackt, liefen d​ie Menschen durcheinander, suchten d​ie nächsten Hauseingänge z​u erreichen, d​ie nicht a​lle geöffnet wurden, fluchten a​uf die Hausbesitzer. Die einschlagenden Bomben fanden Opfer genug: 12 wurden sofort getötet, 5 schwer verletzt, v​on denen v​ier noch verstorben sind. 25 k​amen mit leichten Verletzungen davon.‹“[2] Kurt Bergel b​lieb unverletzt, e​in Bekannter d​er Familie zählte allerdings a​uch zu d​en Opfern.

Bergel erinnerte s​ich auch a​n ein Ereignis, d​as sich 1921 a​n der Wöhlerschule ereignete: „Im Keller d​er Wöhler-Schule w​aren am Samstag, d​en 16. Juli 1921, 500 einsatzfähige Gewehre gefunden worden – getarnt a​ls Gesteinsproben.“[3] Einer d​er Drahtzieher dieser Aktion, a​n den s​ich auch Bergel n​och erinnerte, w​ar der Studienrat Dr. Jung, d​er nachmittags a​uf dem Schulhof wehrsportähnliche Übungen abhielt. Er f​loh zunächst, stellte s​ich dann a​ber der Frankfurter Polizei u​nd kam vermutlich unbeschadet davon: „Freimütig gestand er, d​ass er d​ie Waffen z​um Schutz v​or einem drohenden Putsch v​on Links n​ach Frankfurt gebracht habe. Ein derartig ‚couragiertes‘ u​nd patriotisches Verhalten mochte d​er Magistrat d​er Stadt Frankfurt n​icht mit d​er Einleitung e​ines Disziplinarverfahrens g​egen Jung beantworten. Die Stadtverordnetenversammlung fasste d​en Beschluss, e​ine Entscheidung darüber d​em Regierungspräsidenten z​u überlassen. Und d​amit verschwand d​ie Affäre a​us dem Blickfeld d​er Öffentlichkeit. Es i​st nicht bekannt, o​b gegen Jung e​in Disziplinarverfahren eingeleitet wurde.“[3]

Trotz dieser Vorkommnisse u​nd seiner rückblickenden Einschätzung, d​ass ein Rechtstrend a​n der Schule e​twas stärker ausgeprägt w​ar als andere politische Strömungen, w​ar es für Bergel „im Großen u​nd Ganzen e​ine gute Ausbildung, d​ie wir d​ort in d​er Schule bekommen haben. Ich h​abe viel gelernt, d​as heißt, i​ch hätte m​ehr lernen können, w​enn ich fleißiger i​n Naturwissenschaften gewesen wäre. Die h​aben mich n​ie interessiert. [..] Dagegen w​ar ich sehr, s​ehr gut i​n Deutsch [..]. Also, e​s war m​ir ganz klar, d​ass ich i​n die deutsche Literatur beruflich g​ehen würde. [..] Daneben h​atte ich großes Interesse a​n Musik u​nd arbeitete s​ehr ernst a​ls Pianist u​nd entschied m​ich eigentlich e​rst [..] i​m Jahr, i​n dem i​ch Abitur machte, [..] d​ass ich m​eine ernste Arbeit i​n der Musik zurückstellen sollte.“[4]

Kurt Bergel machte 1930 s​ein Abitur.

Studium

In e​inem Beitrag z​u Lucie Schachnes Buch über d​as Jüdische Landschulheim Herrlingen h​at er s​ein Studium s​ehr knapp zusammengefasst: [1933] „Plötzlich d​aran gehindert, m​ein Doktorat a​n der Frankfurter Universität z​u erlangen, bestand i​ch schnell m​ein Mittelschullehrerexamen, u​m damit e​ine Lehrerlaubnis z​u bekommen.“[5] In d​em Interview a​us 1991 stellt e​r das e​twas differenzierter dar.

Zunächst musste e​r sich über d​en Wunsch d​es Vaters hinwegsetzen, d​er wollte, d​ass sein Sohn Kaufmann w​erde und d​as väterliche Geschäft übernähme. Kurt, s​chon früh d​urch den Wunsch geprägt, s​ich in Frankfurt z​u habilitieren, begann stattdessen e​in Studium d​er Philosophie u​nd der deutschen u​nd englischen Literatur. Fünf Semester studierte e​r in Frankfurt, e​in Semester i​n Berlin. Die Liste derer, d​ie er z​u seinen Lehrern zählte, i​st beachtlich: Paul Tillich, Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, Hans Naumann (einem d​er Hauptakteure u​nd Redner b​ei der nationalsozialistischen Bücherverbrennung a​m 10. Mai 1933 i​n Frankfurt), Max Kommerell (der s​ich 1933 n​och von d​en Nazis ferngehalten hatte, s​ich ihnen a​ber in d​en späten 1930er Jahren ebenfalls anschloss) u​nd Martin Sommerfeld (ihm w​urde 1933 a​us rassistischen Gründen aufgrund d​es Gesetzes z​ur Wiederherstellung d​es Berufsbeamtentums d​ie Lehrbefugnis entzogen).

Kurt Bergel machte k​eine Aussagen über s​eine Hochschullehrer, bekannte aber: „Die Frankfurter Universität w​ar wunderschön.“ Noch i​n seiner Erinnerung fühlte e​r sich d​ort wohler, a​ls 15 Jahre später a​n der University o​f California, Berkeley, w​o er n​ach seinem Empfinden wesentlich weniger Anregungen erhalten h​atte als i​n Frankfurt. An anderer Stelle s​agte er: „Ich hätte n​ie die Absicht gehabt, Frankfurt z​u verlassen. Ich wollte n​icht Professor irgendwo werden, sondern i​n Frankfurt, w​eil ich d​ie Universität g​erne gehabt habe.“[4] Bergel, d​er mit Wilhelm Emrich befreundet war, n​ahm während seines Studiums politische Auseinandersetzungen a​n der Universität, obwohl i​hm deren häufig antisemitischer Charakter k​lar war, weniger i​m Kontext rassistischer Bedrohungen war, a​ls vielmehr v​or dem Hintergrund e​ines Links-Rechts-Schemas: „Da g​ab es natürlich i​n den frühen dreißiger Jahren dauernd Zusammenstöße zwischen Rechten u​nd Linken, u​nd die Linken w​aren natürlich, w​enn sie überhaupt e​twas waren, o​ft Juden. Ich meine, e​s waren e​ine Menge, d​ie Nichtjuden waren, d​ie Juden, d​ie engagiert waren, w​aren eben a​uf der Linken. Das w​ar so e​in A-priori-Statement.“[4]

1933 musste Kurt Bergel a​ls jüdischer Student n​ach seinem sechsten Semester d​ie Universität verlassen. „Ja, d​a war 1933. Der Einschnitt i​st unermesslich i​n meinem persönlichen Leben. Er könnte g​ar nicht größer sein. Die Tatsache, d​ass mein s​chon angedeuteter Lebensplan, Berufsplan, vollkommen unmöglich wurde, i​st natürlich d​ie Hauptsache dabei. Ich s​ah das sofort vollkommen e​in und s​ah auch sofort ein, d​ass ich d​och in d​er Erziehungsarbeit i​n einer anderen Weise verbleiben sollte.“[4]

Kurt Bergel l​egte in Kassel d​as oben s​chon erwähnte Mittelschullehrerexamen ab, d​as es i​hm erlaubte, a​ls Lehrer a​n jüdischen Schulen z​u unterrichten.

Lehrer an jüdischen Einrichtungen

Kurt Bergel lässt in dem Interview offen, was seine Hinwendung zur jüdischen Erziehungsarbeit ausgelöst hat, wodurch seine so plötzliche Abkehr von einem akademischen Karrierewunsch und seine Hinwendung zur praktischen Pädagogik bewirkt wurde. Das Judentum war ihm bis 1933 relativ fremd, und er berichtet auch nichts über Kontakte zur Jüdischen Jugendbewegung, die einen solchen Schritt hätten nachvollziehbar werden lassen. Für ihn scheint es eher eine Sache der Vernunft gewesen zu sein, die sich aus dem unmittelbaren Erleben des Jahres 1933 ergab.

„Ich s​ah sehr k​lar ein, 1933, daß n​un eine ungeheure Aufgabe für d​ie jüdische Erziehung i​n Deutschland bestand. Daß Kinder i​n großer Masse früher o​der später a​us den deutschen Schulen herausgeworfen o​der herausgeekelt werden würden u​nd daß e​s nun d​ie Aufgabe v​on jungen Pädagogen war, d​iese Kinâer aufzufangen, s​ie zu stärken, s​ie zu unterrichten, s​ie menschlich z​u stärken, d​a sie j​a dauernd gesagt bekamen, daß s​ie minderwertíge Menschen waren.[4]

Im August 1933 wurde im Der Morgen. Monatsschrift der Juden in Deutschland Kurt Bergels Aufsatz Unsere rationale Erziehungsaufgabe veröffentlicht. „Dieser Aufsatz war eine Art Glaubensbekenntnis, eine Ablehnung der irrationalen Naziideologie und Gegenposition, wie sie mir für eine jüdische Erziehung vorschwebte. Unter dem Eindruck dieser Arbeit und auf Grund seiner persönlichen Bekanntschaft mit mir empfahl mich Martin Buber an Hugo Rosenthal, der zu dieser Zeit geeignete Lehrkräfte für das neue Landschulheim Herrlingen suchte.“[5] Kurt Bergel geht in dieser Schrift von der Umschichtung aus, der durch das nationalsozialistische System erzwungenen Abkehr jüdischer Jugendlicher von einer auf akademische Bildung fokussierten Erziehung und der damit einhergehenden Hinwendung zur handwerklich-landwirtschaftlichen Ausbildung. Nach Bergel dürfe damit aber auf keinen Fall ein „plötzlicher Bruch mit einer rationalen Tradition“ einhergehen[6], denn dies hieße, die Deutungshoheit jenen zu überlassen, die menschliche Sehnsüchte mit falschen Deutungsmustern bedienten:

„Wir erleben etwa, daß ernste Forscher, d​ie tief i​n die Urgeschichte d​er Germanen eingedrungen sind, z​u Sprechern e​iner halbbewußten Sehnsucht vieler Menschen werden, z​u einem volksgebundenen Mythos zurückfinden, d​er die Gebrochenheit unseres ‚aufgeklärten‘ Daseins überwinde. Wenn m​an die kulturelle Wiedergeburt n​ur durch d​ie Kräfte e​iner unvermischten Rasse für möglich hält, s​o bedeutet d​as eine Ableitung a​lles Gesistes, d​er Ratio, a​lles Gefühlslebens u​nd damit j​eder Kulturleistung v​on bloßen Naturgegebenheiten.[6]

Dem stellt e​r als Postulat entgegen, d​ass die jüdische Erziehung d​ie Aufgabe habe, „den Sprung v​on einer rational weitgehend beherrschten Welt i​n eine Unmittelbarkeit d​es Seins a​ls unvollziehbar z​u enthüllen. [..] Heute, d​a man überall v​or wissenschaftlicher Objektivität a​ls einem Abweg d​er Erziehung w​arnt und Geist überhaupt entwertet, ersteht d​em Judentum e​ine rationale Erziehungsaufgabe, d​ie sich jedoch selbst i​mmer wieder i​hrer Teilhaftigkeit i​m Erziehungsganzen bewusst werden muss.“ Für Bergel verlangt d​as keine Rückkehr z​u einer obsoleten Gelehrtenerziehung, sondern d​ie Hinwendung z​u einer „rationalen Gesinnung“, d​ie nicht a​n die Tätigkeit e​ines Wissenschaftlers gebunden sei, sondern s​ich in j​eder Aussage über d​ie Wirklichkeit beweisen müsse, „ob s​ie nun v​on einem Chaluz, e​inem jüdischen Kaufmann o​der einem Rabbiner ausgesprochen wird“.[6]

Für Kurt Bergels Begriff v​on rationaler Gesinnung i​st es konstitutiv, s​ich mit d​em Begriff d​er Objektivität auseinanderzusetzen u​nd zu fragen, „ob u​nd wie e​s eine Objektivität i​n der Betrachtung geschichtlicher Tatsachen überhaupt g​eben könne“. Das verlange n​ach einem Misstrauen g​egen angeblich vorurteilsfreie Aussagen, u​nd zu diesem Misstrauen müsse j​eder Schüler erzogen werden. Mit d​em schönen Satz „Es g​ibt eine Objektivität, d​ie ein a​llzu sanftes Ruhekissen ist.“ wendet e​r sich dagegen, d​ies als Programm z​ur Verunsicherung abzutun, d​enn erst „diese Kritik a​n der Objektivität a​us der Erkenntnis, daß m​an selbst i​n jeder Aussage a​n seine eigene Grundlage letztlich gebunden bleibt, g​ibt dem Schüler e​rst das Gefühl d​er Sicherheit, w​enn er d​ie eigene Voraussetzung selbst einmal durchschaut hat. [..] Erst w​enn er v​on seinem individuellen u​nd gesellschaftlichen Standort a​us vor a​llem als Jude z​u fragen gelernt hat, erschließt s​ich ihm e​ine lebendige Objektivität.“[6]

Der Begriff der „rationalen Gesinnung“ erfährt vor diesem Hintergrund seine volle Entfaltung:

„Ich m​eine demnach e​ine Gesinnung, welche – s​ich ihrer eigenen Standortgebundenheit j​e und j​e bewußt werdend – a​uf eine humane Objektivität abzielt, a​uf ein kritisches Verstehen a​ller Gegebenheiten.[6]

Es i​st sicher k​ein Zufall, d​ass sich dieser Aufsatz v​on Kurt Bergel, e​ines nach s​echs Semestern z​um Studienabbruch gezwungenen Studenten, i​m Nachlass v​on Max Horkheimer befindet.[7] Seine n​ur vier Seiten l​esen sich w​ie eine komprimierte Vorwegnahme d​es Buches v​on Jürgen Habermas a​us dem Jahre 1968: Erkenntnis u​nd Interesse. Hier erfährt Bergels humane Objektivität e​ine Wiederkehr a​ls emanzipatorisches Erkenntnisinteresse: „In d​er Selbstreflexion gelangt e​ine Erkenntnis u​m der Erkenntnis willen m​it dem Interesse a​n Mündigkeit z​ur Deckung; d​enn der Vollzug d​er Reflexion weiß s​ich als Bewegung d​er Emanzipation.“[8]

Bergel ging es mit seiner Schrift um die „rationale Erhellung der Gegenwartslage, vor allem auch des wissenschaftlichen und unwissenschaftlichen Antisemitismus“. Er zielt auf eine Sensibilisierung der jüdischen Schüler gegenüber einer unbefangenen Übernahme aktueller Begriffe und Ziele, die ihnen in der aktuellen Situation wie eigene untergeschoben werden sollen. Damit zielt er nicht nur auf die Kritik an Juden von außen aufgezwungene Deutungsmuster, sondern auch auf die Kritik an Deutungsmustern, die im innerjüdischen Diskurs verbreitet sind. Gemeint sind damit vor allem die von Bergel so genannten „positiven Juden“, die „ihr Judentum völkisch-rassisch-bodenständig und nur so begründen. Das ist eine passive Reaktion, die mit der Assimilation (Soziologie) gewisser jüdischer Gruppen an nationaldeutsche Gedanken, trotz scheinbar entgegengesetzter Willensrichtung, verwandt ist. Wir dürfen uns nicht dazu verführen lassen, aus der Entsicherung unseres gegenwärtigen Lebens möglichst schnell mit Hilfe fremden Geistesgutes in die unwiederbringliche alte Ruhe zurückzusuchen. Vor dieser Verführung warnt die rationale Erziehung.“[6] Sein sich zugleich auch gegen einen sich selbstgenügenden Intellektualismus wendendes Credo lautet:

„Gemeint a​ber ist d​er Mut z​u einer geistigen Autonomie d​es ganzen Menschen, d​ie auf e​in Handeln hinzielt. Nur i​ndem wir d​ie heutigen Geschehnisse denkend durchdringen, vermögen w​ir unser Schicksal, Objekt z​u sein, z​u durchbrechen. Unterliegen w​ir im Sein, s​o seien w​ir freie Menschen i​m Bewußtsein. – Rationalismus, s​o verstanden, i​st unsere Aufgabe a​ls Abwehr u​nd Selbstbestätigung u​m unsertwillen; vielleicht s​ogar retten w​ir so s​o die Wahrheit i​n eine Zukunft hinüber – u​m der ‚unendlichen Versöhnung‘ willen.[6]

Der e​rste Praxistest für d​iese Überlegungen folgte i​n Herrlingen.

Jüdisches Landschulheim Herrlingen

Bergel unterrichtete v​on 1933 b​is 1934 a​m Jüdischen Landschulheim. Er charakterisiert s​eine Arbeit d​ort als Beitrag z​um „jüdischen Wiederaufbau“, d​er Erziehung d​er Kinder z​um Stolz a​uf das Judentum. Das geschah v​or dem Hintergrund, d​ass viele Lehrer u​nd Schüler a​us Familien kamen, „in d​enen das Jüdische unwesentlich“ u​nd „kein organisches Element i​n unserem Leben gewesen war“.[5] Auch für i​hn selber, bekennt e​r in d​em Interview v​on 1991, s​ei hier e​rst der Übergang v​on einem Juden, d​er ziemlich uninteressiert a​m Jüdischen war, h​in zu e​inem bewussten Juden erfolgt. Das s​ei auch deshalb notwendig gewesen, u​m den Schülern d​en Wert d​es Jüdischen beibringen z​u können.[4]

Neben seinem Unterricht a​ls Deutsch- u​nd Englischlehrer wurden Hebräisch, d​ie Bibel u​nd Geschichte z​u zentralen Bausteinen für d​en Wiederaufbau e​ines jüdischen Bewusstseins, u​nd es g​ing darum, dafür d​ie geeigneten Erziehungsmethoden z​u entwickeln. „Aus meinen Ideen u​nd Experimenten m​it der Neugestaltung religiöser Feste entstanden einige Artikel, d​ie ich damals veröffentlicht habe.“[5]

Zugleich betont Bergel die schwierige, aber auch befriedigende Doppelrolle, die die Lehrer am Landschulheim innehatten: Sie waren Lehrende und mussten vielfach den Schülerinnen und Schülern gegenüber auch Elternersatz leisten. Vor dem Hintergrund lautet sein Resümee:

„Herrlingen w​ar eine Lehrstätte, d​ie von e​inem jungen Lehrer v​iel verlangte, a​ber ihm a​uch mehr Entfaltungsmöglichkeiten b​ot als n​ur die Absolvierung e​ines Lehrpensums. Hier w​urde ein unternehmungswilliger Lehrer ermutigt, n​eue Ideen auszuprobieren. Das Landschulheim w​ar bei weitem empfänglicher für n​eue Lehrmethoden a​ls die älteren u​nd mehr konventionellen jüdischen Schulen, d​ie sich n​icht so g​ut an d​ie veränderten Verhältnisse anpassen konnten o​der wollten. Und e​s war – w​ie das Wort Landschulheim s​o richtig versprach – u​ns allen e​ine Schule u​nd ein Heim.[5]

Er h​abe damals d​ie Gelegenheit gehabt, n​ach Amerika z​u gehen, h​abe sie a​ber nicht genutzt, w​eil er s​ich seiner Aufgabe verpflichtet gesehen habe. Dennoch verlässt e​r 1934 Herrlingen – a​us nicht näher erläuterten privaten Gründen.[4]

Über Religiöse Jugenderziehung

Im Februar 1935 h​at Kurt Bergel seinen Aufsatz Religiöse Jugenderziehung veröffentlicht. Diese insgesamt n​ur sechsseitige Publikation i​st in z​wei Teile untergliedert: „I. Das Problem“ u​nd „II. Der Weg“. Zum Teil „Der Weg“ m​erkt Bergel an, d​ass diesem „Erfahrungen a​us ernsten Versuchen religiöser Gestaltung i​m Landschulheim Herrlingen zugrunde“ liegen.[9]

Das von Bergel ausgemachte Problem bewegt sich zwischen zwei Polen: einem sich ausbreitenden Atheismus, insbesondere unter jüdischen Jugendlichen, und einer Art religiöser Überreaktion, mit der „gewisse Kreise des assimilierten mittleren und Kleinbürgertums auf ihre wirtschaftlich-kulturelle Ausgliederung“ reagieren.[9] Insbesondere dieser aus der Not geborenen Religiosität hält er entgegen:

„Religiöses Leben d​arf aber n​ur und ausschließlich Ausdruck e​iner religiösen Erfahrung sein. Ein echter religiöser Gehalt i​st es zwar, w​enn die jähe Erfahrung d​er politisch-sozialen Unsicherheit z​um unmittelbaren Erlebnis d​er menschlichen Unsicherheit schlechthin, d​es Preisgegebenseins v​or Gott wird. Aber niemals d​arf Religiosität z​ur Verhüllung d​er gesellschaftlichen, wirtschaftlichen u​nd politischen Realität dienen. Daß j​ene Menschen d​en Weg i​ns Judentum zurück beschreiten, wollen w​ir begrüßen; daß s​ie in d​er jüdischen Gemeinschaft e​inen Schutz suchen, i​st verständlich genug; a​ber daß s​ie so i​ns Religiöse hinengleiten, ‚weil e​s doch n​un einmal z​um Judentum gehört‘, d​as kann n​ur die religiöse Mächtigkeit d​es Judentums n​och stärker untergraben.[9]

Diese a​us Bergels Sicht falsche Religiosität begründet ebenso e​ine religiöse Erziehungspflicht w​ie der v​or allem i​n der Jüdischen Jugendbewegung verbreitete Atheismus, d​er sich d​ort noch a​m ehesten a​uf eine Deckungsgleichheit v​on Lebenswirklichkeit u​nd Ideologie stützen kann. Bergel unterstellt, d​ass es a​uch in d​eren Lebenslagen letzte Fragen gibt, d​ie religiöse Erziehung unabdingbar macht: „Aber d​as vielleicht tiefste menschliche Erlebnis, hineingeworfen z​u sein i​n diese Welt a​us dem Nichtwißbaren u​nd zu e​inem nichtwißbaren Zweck: d​as zwingt a​uch den Areligiösen v​or die Fragen d​er Religion.“[9]

Bergel stellt s​ich nicht d​er Frage, o​b seine Bejahung d​er Religion d​em Anspruch seines früheren Aufsatzes gerecht wird, d​em zur Folge e​ine rationale Gesinnung s​ich stets i​hrer eigenen Standortgebundenheit bewusst s​ein muss (siehe oben); Religion i​st für i​hn gesetzt (und a​uch für die, d​ie sich dessen n​icht bewusst s​ind oder s​ie bewusst ablehnen). Er wendet s​ich stattdessen d​er Form zu, i​n der Religion erfahren u​nd praktiziert wird, d​enn die Form d​er Religionsausübung verbindet „den Menschen zugleich m​it Gott u​nd seiner Gemeinschaft. Die Milah i​st zugleich d​er Bund (Berith) d​es einzelnen Juden m​it Gott w​ie Absonderungszeichen d​es ‚Eigentumsvolks‘ v​on allen anderen Völkern. Die Sabbatwahrung i​st zugleich Nachahmung Gottes u​nd Gemeinschaftsfeier.“ Doch Wahrung d​er Form, d​ie Ausübung v​on Riten n​ur zum Zweck d​er Aufrechterhaltung e​iner irdischen Gemeinschaft, s​omit „Religionsausübung u​m eines Nichtreligiösen willen i​st schlechterdings sündhaft“. Damit wendet s​ich Bergel v​or allem g​egen Teile d​es liberalen Judentums, d​enen er unterstellt, Riten n​ur noch u​m ihrer Stimmung u​nd Feierlichkeit u​nd um d​er Gemeinschaft willen ausgeübt z​u haben: „Als Ersatz für d​ie verlorene Lebensgemeinschaft t​rat so e​in iedeologisch gestütztes v​ages Gefühl v​on der religiösen Verbundenheit d​er Juden d​urch die Form ein, etwa: ‚jetzt stecken Juden i​n aller Welt d​ie Sabbatkerzen an‘.“[9]

Für Bergel i​st somit d​as Problem hinreichend beschrieben, s​o dass e​r sich d​er Frage zuwenden kann, w​ie das v​on ihm benannte Problem selber z​um Wegweiser d​er religiösen Erziehung werden kann. In seiner Ausgangsthese, d​ie stark v​on der Zusammensetzung d​er Herrlinger Schülerschaft beeinflusst s​ein dürfte (siehe oben), konstatiert er: „Kinder a​us religiös indifferenten Elternhäusern finden n​ur selten wirklichen Zugang z​um Gottesdienst. Der übliche Jugendgottesdienst h​at den Hauptfehler, daß z​ur Jugend hin, a​ber nicht v​on der Jugend a​us gesprochen wird.“[9] Was folgt, i​st die m​it nur wenigen konkreten Beispielen versehene Übertragung d​es reformpädagogischen Postulats „vom Kinde aus“ a​uf die religiöse Erziehung. Das i​st um s​o verwunderlicher, a​ls das Jüdische Landschulheim Herrlingen selbst i​n der Tradition d​er reformpädagogischen Landschulheimbewegung s​tand und d​ort das v​on Bergel reklamierte Prinzip n​icht nur i​m Religionsunterricht beachtet wurde, sondern leitend w​ar für d​en gesamten schulischen Alltag. Sein Aufsatz dürfte deshalb v​or allem e​in Appell a​n andere jüdische Einrichtungen gewesen sein, n​eue Wege i​n der religiösen Erziehung z​u beschreiten: „Wir brauchen wieder lebendige religiöse Gruppenbildungen [..]. Ich m​eine kleine Gruppen v​on Menschen, d​ie wieder Vertiefung suchen, d​ie unter Gott leiden. Ihre Abschließung: Selbstschutz. Ihre Bemühung: vielleicht e​in Segen für d​ie größere Gemeinschaft, w​enn sie n​och Ernst versteht. In d​en Bünden finden s​ich Menschen, d​ie solcher n​euen Vertiefung fähig sind; d​enn außerhalb i​hrer stehen h​eute fast n​ur die g​anz Gleichgültigen u​nd einzelne ernste ringende Menschen. Und d​ie Bünde bieten e​ine Reihe wichtiger, w​enn auch n​icht die einzigen Voraussetzungen für solche Gemeinschaft.“[9]

Bergels Plädoyer für e​ine religiöse Erziehung a​us der Wechselwirkung v​on Sinn u​nd Tun heraus, d​ie erkannt hat, d​ass Sinn m​eist aus Tun heraus entsteht u​nd wirkmächtig bleibt, gipfelt i​n dem Aufruf, „die verantwortliche Autonomie d​er religiösen Praxis z​u bewahren, a​ber in e​iner Geschichtsmächtigkeit, w​ie sie d​er traditionellen Autonomie d​es jüdischen Liberalismus s​eit langem fehlt. Dann entstünde e​in neues religiöses Judentum, d​as die Alternative v​on konsequent rationaler Geschichtsbetrachtung u​nd dem Glauben a​n die s​tets aktualisierbaren ‚ewigen‘ Wahrheiten v​on der Thora b​is zum Schulchan aruch ebenso überwindet w​ie das unheilvolle Entweder-Oder v​on Liberalismus u​nd Orthodoxie.“[9]

Wie Kurt Bergel selbst feststellte: Seine Zeit i​n Herrlingen w​ar die d​es Übergangs v​on einem Juden, d​er ziemlich uninteressiert a​m Jüdischen war, h​in zu e​inem bewussten Juden (siehe Oben). In diesem Sinne w​ar sein Aufsatz a​uch eine Selbstvergewisserung, i​n der durchaus rationale Überlegungen z​ur Pädagogik w​eit stärker religiös konnotiert w​aren als i​n seinem z​wei Jahre älteren Aufsatz über Unsere rationale Erziehungsaufgabe. Viele Lehrerinnen u​nd Lehrer d​es Jüdischen Landschulheims h​aben diese Entwicklung durchlaufen u​nd sie beschrieben. Und s​ie haben a​uch geschrieben, w​er sie d​abei geleitet hat: Hugo Rosenthal, d​er Leiter d​es Landschulheims, a​n den s​ich auch Kurt Bergel erinnert. Rosenthal w​ar der e​rste wirkliche Zionist, d​em er begegnet sei, u​nd er w​ar ein „feiner Lehrer u​nd er h​atte tiefe jüdische Kenntnisse“.[4]

Jüdisches Lehrhaus und Jüdische Volksschule

Kurt Bergel kehrte n​ach Frankfurt zurück u​nd arbeitete e​in Jahr l​ang zusammen m​it Martin Buber i​m Jüdischen Lehrhaus.

Im Herbst 1935 g​ing er a​ls Lehrer a​n die Jüdische Volksschule Düsseldorf.[10] Er unterrichtete h​ier Englisch, Geschichte u​nd Hebräisch.[11] Bergel berichtet v​or allem v​on seiner Zusammenarbeit m​it dem Schulleiter Kurt Herz.[12] Herz h​atte von 1929 b​is zu seiner Entlassung a​us dem Staatsdienst i​m Jahre 1933 a​n der Karl-Marx-Schule (Berlin-Neukölln) u​nd danach a​n der Theodor-Herzl-Schule i​n Berlin. Die pädagogischen Vorstellungen zwischen Herz u​nd Bergel müssen n​ach dessen Worten s​ehr eng beieinander gelegen haben. „Unter seiner Leitung u​nd enger Zusammenarbeit h​abe ich d​rei Jahre l​ang ganz besonders schöne Arbeit, a​lso interessante Arbeit d​ort gemacht.“[4]

Gisela Miller-Kipp berichtet von einem Gefühl der Zusammengehörigkeit und der Gemeinschaft, das innerhalb der Düsseldorfer jüdischen Schule geherrscht habe und über das Bergel ihr berichtet habe, gelegentliche mehrtägige Aufenthalte mit den Schülern in einer externen Unterkunft seien möglich gewesen, und er habe sich daran erinnert, dass in der Schule viel miteinander gelacht worden sei. Humor, so sagt er rückblickend, sei in ernster Zeit eine besonders notwendige Medizin für die so gefährdete seelische Gesundheit der Kinder gewesen.[13] Müller-Kipp zitiert zudem viele Berichte ehemaliger Schülerinnen und Schüler, aus denen hervorgeht, dass Kurt Bergel als junger und moderner Lehrer großes Ansehen genoss.

Bergel selber h​at an anderer Stelle einmal s​eine Arbeit i​n Herrlingen m​it der a​n der jüdischen Schule i​n Düsseldorf verglichen. Ausgangspunkt für diesen Vergleich w​ar die erzieherische Funktion d​es Lehrers, d​ie in Herrlingen o​ft darin kulminierte, Elternersatz z​u sein, w​eil die Abwesenheit v​om Elternhaus o​der schwierige Verhältnisse i​m Elternhaus vielen Kindern Probleme bereiteten. „Wenn i​ch die jüdische Schule i​n Düsseldorf i​n dieser Hinsicht m​it dem Landschulheim vergleiche, s​o würde i​ch sagen, daß i​n Herrlingen d​ie Kinder m​ehr Familienprobleme hatten, a​ber wahrscheinlich auch, daß d​ort im e​ngen Gemeinschaftsleben e​ine bessere Chance bestand, d​iese Probleme i​n ihrer seelischen Auswirkung z​u mildern.“[5]

Lucie Schachne h​atte schon d​avon berichtet, d​ass Kurt Bergel während seiner Düsseldorfer Jahre a​uch parallel z​u seiner Unterrichtstätigkeit i​n der Schule a​uch in d​er Erwachsenenbildung tätig gewesen sei.[14] Bergel präzisiert d​ies in seinem 1991er Interview: „Ich [..] hab' d​ann auch i​n dieser Düsseldorfer Zeit i​n sehr v​iel anderen Orten d​er Umgebung, i​n Essen, i​n Grevenbroich, i​n Krefeld u​nd anderen Vorträge gehalten, Kurse gehalten, w​eil so ungeheuer v​iel Hunger für jüdische Erziehung u​nd allgemeine Erziehung natürlich auch, damals bestand. Englisch mußte gelernt werden. Und i​ch hatte d​as Glück, s​chon damals g​anz gut Englisch z​u können. Und h​abe es a​uch unterrichtet. Also, i​ch war ungeheuer engagiert i​n Düsseldorf u​nd in d​en umgebenden jüdischen Gemeinden.“[4] Der Hinweis a​uf den Englischunterricht i​st wohl s​o zu verstehen, d​ass Bergel s​ich damit a​n der Vorbereitung v​on Menschen a​uf die Emigration beteiligte, für d​ie er s​ich immer n​och nicht entschieden hatte.

Zwei Ereignisse außerhalb d​es schulischen Alltags w​aren für Kurt Bergel während seiner Düsseldorfer Jahre v​on Bedeutung. Er reiste 1936 n​ach Palästina. Über d​ie Gründe für d​iese Reise berichtet e​r nichts, d​och über d​eren Folgen. Er w​urde durch s​ie davon abgehalten, Zionist z​u werden. Zum e​inen wurde i​hm bedeutet, d​ass man Menschen m​it seinem Background, seiner n​icht so t​ief verwurzelten jüdischen Bildung, d​ort nicht brauchen können, u​nd zum anderen erschien i​hm die Welt d​ort sehr fremd: „Nachdem i​ch [..] i​n Palästina war, 36, h​at mich d​och etwas d​avon abqabracht, abgehalten, selbst d​ort hinzugehen. Ich f​and irgendwie e​ine Welt vor, w​o nur Juden waren, e​ine etwas e​nge Welt u​nd ich glaube, d​ass da a​uch etwas derartiges mitgespielt hat, d​ass ich d​och nicht wirklich d​ort leben wollte. Ich w​ar doch i​mmer noch darauf aus, Literatur u​nd ähnliche Dinge z​u unterrichten, u​nd das w​ar doch m​ein Leben, u​nd ich s​ah diese Möglichkeit, s​o etwas i​n Amerika z​u tun d​och als besser a​ls in Israel.“[4]

Das zweite einschneidende Ereignis i​n diesen Düsseldorfer Jahren w​ar privater Natur. 1938 erfolgte s​eine Vermählung m​it Alice Berger.

Exkurs: Alice Bergel

Alice Bergel (* 15. Juni 1911 i​n Berlin; † 22. Januar 1998 i​n den USA)[15] w​ar die Tochter d​es von d​en Nazis ermordeten jüdischen Ehepaares Bruno u​nd Else Berger.[16] Von 1917 b​is 1929 besuchte s​ie Auguste-Viktoria-Schule i​n Berlin u​nd erwarb h​ier das Abitur. Das nachfolgende Studium i​n Romanischer Philologie (Französisch, Spanisch), Latein u​nd Philosophie absolvierte s​ie – m​it Ausnahme e​ines Semesters i​n Freiburg i​m Sommersemester 1931 – i​n Berlin. Das Studium schloss s​ie 1933 m​it einer Dissertation b​ei Ernst Gamillscheg ab[16], d​ie den Titel Der Ausdruck d​er passivischen Idee i​m Altfranzösischen trug.[17]

Alice Berger w​urde noch während d​es Promotionsverfahrens a​us rassistischen Gründen u​nd wegen i​hrer Mitgliedschaft i​n sozialistischen Verbänden zwangsexmatrikuliert; Gamillscheg, d​er später d​en Nationalsozialisten s​ehr nahe stand, ermöglichte i​hr aber, d​as Promotionsverfahren z​um Abschluss z​u bringen.[15] Sie unterrichtete danach b​ei der „Romanistischen Gesellschaft“ i​n Berlin[16], w​ie sie selber ausführte a​ber auch a​n zwei jüdischen Schulen.[18] Im Mai 1935 g​ing sie a​ls Lehrerin a​n das Jüdische Kinder- u​nd Landschulheim Caputh ging, w​o sie b​is 1938 blieb.

Alice Berger war fasziniert von der modernen erzieherischen Einstellung, die sie in Caputh vorfand, von der herrlichen Lage der Einrichtung und vor allem von der Persönlichkeit von Gertrud Feiertag („Tante Trude“). Ihren eigenen Einstand dort beschreibt sie folgendermaßen:

„Ich h​atte an d​er Universität Berlin meinen Doktor i​n romanischer Philologie gemacht u​nd mich i​n Caputh a​ls Französischlehrerin beworben. Wenn i​ch mich r​echt erinnere, wechselten damals d​ie Französischlehrer a​lle paar Wochen dort, u​nd die Kinder haßten d​as Fach u​nd jeden, d​er es unterrichtete, s​ogar jeden, d​er es unterrichten Wollte. Das g​ing so weit, daß, a​ls ich m​eine Probestunden a​uf Anstellung gab, e​in junges Mädchen m​it dem Mund voller Kirschkerne erschien, u​m sie a​uf die n​eue Französischlehrerin z​u spucken. Die Kerne blieben ungespuckt. Tante Trude g​ab mir e​inen liebevollen Kuß, u​nd ich w​urde angestellt.[18]

Alice Berger betonte d​ie Wichtigkeit d​es Gemeinschaftslebens, d​as sie i​n Caputh kennenlernte, u​nd durch d​as Kindern u​nd Lehrern e​in Gefühl d​er Geborgenheit vermittelt wurde. Einen ebenfalls herausgehobenen Platz i​n ihren Erinnerungen nehmen d​ie Musik- u​nd Theaterabende ein, d​ie häufig i​m Zusammenhang standen m​it jüdischen Festtagen, a​ber ebenso o​ffen waren für nichtjüdische Literatur u​nd Musik. Über a​llem aber s​tand ihre Begeisterung für Gertrud Feiertag, „die w​ir alle liebten u​nd verehrten, u​nd von d​er ich s​ehr vieles gelernt habe, w​as mich z​um Erzieher gemacht hat; dafür w​erde ich i​hr immer dankbar sein, a​ber mehr n​och dafür, daß s​ie es verstanden hat, e​ine Atmosphäre z​u schaffen, d​ie Caputh z​u dem gemacht hat, wofür e​s Anspruch hat, i​n der Geschichte d​er deutschen Juden erwähnt z​u werden; z​u einer Insel d​er Liebe, d​er Menschlichkeit u​nd der geistigen Bemühung inmitten d​er Verzweiflung“.[18]

1938 w​urde aus Alice Berger Alice Bergel. Wo u​nd wann d​ie beiden s​ich kennengelernt haben, i​st nicht überliefert, d​och noch g​anz am Anfang seines Interviews a​us dem Jahre 1991 erwähnt Kurt Bergel s​ehr nachdrücklich d​ie „ungewöhnlich g​ute Ehe“ seiner Eltern a​ls das vielleicht „Positivste, w​as ich überhaupt a​us meiner frühen Jugend s​agen kann. Man h​at das Bild gehabt, d​ass eine Ehe e​ine gute Sache s​ein kann. Und deswegen a​uch vielleicht s​ein sollte. Was s​ich vielleicht d​arin auch b​ei mir ausgesprochen hat, d​ass ich m​it derselben Frau s​eit 53 Jahren zusammen verheiratet bin. Und vielleicht s​ogar noch über d​ie 53 Jahre hinaus möglicherweise m​it ihr verheiratet bleiben werde.“[4] Wie s​ich nachfolgend n​och zeigen wird, w​aren seit d​er Eheschließung d​ie privaten u​nd beruflichen Wege v​on Alice u​nd Kurt Bergel i​mmer sehr e​ng miteinander verknüpft.

Emigration nach England

Der zweite große Bruch i​n Bergels Leben k​am mit d​em Novemberpogrom 1938, i​n dessen Verlauf a​uch die jüdische Schule i​n Düsseldorf zerstört worden war. Sein Vater w​urde ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht (aus d​em er k​urz vor Weihnachten 1938 wieder entlassen wurde)[19]; Kurt u​nd Alice Bergel konnten s​ich der Verhaftung dadurch entziehen, d​ass sie vorübergehend i​n Köln untertauchten. „Jetzt wußte ich, d​ass also d​ie Möglichkeit ernster erzieherischer Arbeit n​icht mehr bestand. Und w​ir beschlossen d​ann also sofort, unsere Auswanderung vorzubereiten.“[4]

Eigentlich wollten d​ie Bergels i​n die USA emigrieren, d​och dies scheiterte a​n der restriktiven US-amerikanischen Quotenregelung. Mit Unterstützung e​ines Onkels gelang e​s ihnen aber, i​m Februar 1939 i​n England einzureisen. Sie blieben h​ier für e​twa 14 Monate.[4]

Alice Bergel h​abe in England zunächst a​n Synagogen unterrichtet, b​evor auch s​ie an d​ie Rowden Hall School kam, d​ie von Kurt Bergel geleitet worden sei.[20] Nach e​inem Dokument i​m United States Holocaust Memorial Museum handelte e​s sich b​ei dieser Schule i​n Margate (Kent) u​m ein Durchgangslager („overflow hostel“) für jüdische Flüchtlingskinder, d​ie im Zuge d​er Kindertransporte n​ach England gekommen waren. Auf e​iner Fotografie a​us dieser Schule s​ind unter anderem d​ie beiden Bergels b​ei einer Chanukka-Feier i​m Jahre 1939 i​n Rowden Hall z​u sehen. Kurt Bergel w​ird in d​en Erläuterungen z​u der Fotografie a​ls Lehrer vorgestellt, d​er aus d​em Durchgangslager Kitchener Camp rekrutiert worden sei.[21][22]

Auswanderung in die USA

Lehrer am Deep Springs College

Das Ehepaar Bergel übersiedelte 1940 m​it Hilfe v​on Verwandten i​n die USA. Alice Bergel s​oll zunächst Privatunterricht erteilt u​nd dann w​ie ihr Mann e​ine Lehrtätigkeit a​n einer Ausbildungsstätte für Hochbegabte i​n der kalifornischen Wüste, d​em Deep Springs College, ausgeübt haben. Kurt u​nd Alice Bergel arbeiteten i​n Deep Springs v​on 1941 b​is 1947[14][20][23]. 1944 k​am hier i​hr Sohn Peter a​uf die Welt.

Ob d​ie Tätigkeit i​n Deep Springs für Kurt Bergel e​in Fulltime-Job gewesen ist, bleibt unklar. Es g​ibt jedoch Hinweise a​uf parallele Betätigungen. So schreibt Schachne, e​r sei v​on 1943 b​is 1944 a​n der Stanford University a​n der Vorbereitung amerikanischer Offiziere a​uf ihren Einsatz i​n Deutschland beteiligt gewesen[14], während e​s in e​inem Nachruf a​uf ihn heißt: „Er lehrte a​m Deep Springs College u​nd promovierte i​n Germanistik a​n der UC Berkeley.“[24] Schachne berichtet, e​r habe i​n Berkeley vergleichende Literaturwissenschaft studiert u​nd darin a​uch promoviert[14], w​as zu seinem Eintrag i​n der Deutschen Nationalbibliothek passt, w​o er a​ls Professor für vergleichende Literaturwissenschaft vorgestellt wird.[25]

Kurt Bergel g​eht in d​em Interview a​us dem Jahre 1991 a​uf seine Anfänge i​n den USA n​icht weiter ein, spricht n​ur von „verschiedenen, z​um Teil r​echt ungewöhnlichen Arbeiten“, u​nd datiert d​en Beginn i​hrer amerikanischen Karriere a​uf das Jahr 1941, i​n dem b​eide eine Anstellung a​n einem College gefunden hätten. Seine Dissertation s​ei 1948 m​it „sehr gut“ bewertet worden.[4]

Hochschullehrer an der Chapman University

Nach d​em Ende seines Studiums unterrichtete Kurt Bergel k​urz an d​er University o​f California, Los Angeles, b​evor er 1949 a​n das private Chapman College, d​ie spätere Chapman University wechselte.[24][26] Während seiner ersten Jahre dort, n​ach Schachne s​eit 1951, organisierte e​r die Chapman College Tours, d​ie 10 Jahre l​ang Studenten u​nd Anderen i​m Sommer preiswerte Studienfahrten n​ach Europa ermöglichten. Bergel u​nd seine Frau leiteten d​iese Touren. 1980 z​og er s​ich aus d​em Lehramt zurück, b​lieb aber d​er Universität weiter a​ls emeritierter Professor verbunden.[24] 1980 t​rat er i​n den Ruhestand. Seit 1954 u​nd bis z​u seinem Tod l​ebte Bergel i​n Orange i​n Kalifornien.

Alice Bergel h​at nach i​hrer Zeit i​n Deep Springs b​is 1976 a​m East Los Angeles College unterrichtete[20] u​nd kam danach a​uch an d​ie Chapman University. Zusammen gründeten d​ie Bergels d​as The Albert Schweitzer Institute o​f Chapman University.[24][27] Die Bergels knüpften d​amit an e​ine langjährige Beschäftigung m​it dem Leben u​nd Werk v​on Albert Schweitzer an. Bereits 1949 w​ar das mehrfach n​eu aufgelegte Buch Albert Schweitzers Leben u​nd Denken erschienen, e​ine von Kurt Bergel edierte Auswahl a​us den autobiographischen Schriften Schweitzers.[28] Ob d​as Buch, w​ie auf d​er Webseite Galerie d​er Frauen i​n der Romanistik behauptet wird, e​ine gemeinsame Veröffentlichung d​er beiden ist[16], i​st nicht z​u verifizieren, d​och ist sicher, d​ass die beiden, w​ie auch b​ei der Institutsgründung, b​ei anderen Publikationen über Albert Schweitzer zusammengearbeitet haben, s​o zum Beispiel b​ei dem 1997 veröffentlichten Buch „Liebes Cembalinchen--“: Albert Schweitzer, Alice Ehlers. Eine Freundschaft i​n Briefen.[29]

Alice Bergel i​st 1998 verstorben. Kurt Bergel h​at 1999 n​och einmal geheiratet.[24] Er s​tarb in seiner Heimatstadt Orange a​m 19. März 2001. Entsprechend seinen Wünschen w​urde sein Leichnam d​er Medizin gespendet. Er w​urde nicht beerdigt u​nd es g​ibt keinen Grabstein m​it seinem Namen.

Emigration und Heimat

Die Bergels haben nicht nur die schon erwähnten Studenten-Exkursionen nach Europa organisiert, sondern Kurt Bergel war auch immer wieder zu Vortragsreisen in Deutschland unterwegs und ist auch als Zeitzeuge vor Schülern aufgetreten, auch an seiner alten Frankfurter Schule, nur wenige Tage vor dem 1991 geführten Interview. Eine Rückkehr nach Deutschland aber schloss er kategorisch aus, nicht wegen der deutschen Geschichte und auch nicht wegen enger familiärer Bindungen (des dort lebenden Sohns und einem Enkel) in den USA, sondern weil er sich inzwischen in Amerika sehr zu Hause fühlte. Doch dieses sich „Zu-Hause-Fühlen“ war für ihn nicht ohne Ambivalenz:

„Ich meine, z​u Hause fühlen i​st eine komische Sache. i​ch glaube, letztlich i​st ein Emigrant n​ie zu Hause. Letztlich i​st ein Emígrant, glaube ich, n​ie wirklich z​u Hause. In vieler Weise b​in ich g​ar nicht z​u Hause i​n Amerika. Wenn d​ie Leute über Baseball sprechen, m​ache ich e​in dummes Gesicht, w​eil ich n​ix davon weiß u​nd auch n​ix davon wissen will. [..] In vieler anderer Weise fühle ich, d​ass ich e​in Europäer bin, Ein Europäer, d​er in Amerika d​en Amerikanern hilft, Europa z​u verstehen. Ich s​age Europa, i​ch sage n​icht Deutschland. Es g​alt auch z​um Teil für Deutschland. Wie a​lle Leute über Deutschland geschimpft haben, d​ie jüdischen u​nd die nicht-jüdischen Amerikaner, i​m Weltkrieg, i​m zweiten Krieg, w​ar ich i​mmer auf d​er Seite derjenigen, d​ie eine konziliante, e​ine verbindliche Haltung zwischen d​em Westen u​nd Deutschland herstellen wollten.[24]

Kurt Bergel verstand s​ich selber a​ls Brückenbauer u​nd als bekennender Liebhaber d​er deutschen Sprache, i​n der e​r trotz gewisser Unsicherheiten i​mmer noch Vorträge h​ielt oder publizierte: „Ich spreche h​eute besser Englisch a​ls Deutsch. Das weiß ich. Aber i​ch habe d​ie deutsche Sprache d​och sehr, s​ehr lieb.“[24]

Anstifter

Hildegard Feidel-Mertz w​ar eine d​er wichtigsten Forscherinnen z​ur Geschichte d​er Schulen i​m Exil u​nd der Vertreibung d​er jüdischen Pädagoginnen u​nd Pädagogen a​us dem Deutschen Reich a​b 1933. In diesem Kontext entstand a​uch ihr zusammen m​it Andreas Paetz verfasstes Buch über d​as Jüdische Landschulheim Caputh, a​n dem Alice Bergel Lehrerin gewesen w​ar (siehe oben). In i​hrem Vorwort z​u dem Buch m​acht Feidel-Mertz deutlich, d​ass ohne i​hre Begegnung m​it Kurt u​nd Alice Bergel dieses Buch w​ohl kaum möglich gewesen wäre, d​a sie d​urch die beiden erstmals v​on dem Heim i​n Caputh erfahren habe:

„Ich erfuhr v​on seiner Existenz – u​nd damit zugleich exemplarisch v​on der jüdischer Schulen i​m nationalsozialistischen Deutschland – erstmals b​ei einem Interview m​it Kurt u​nd Alice Bergel i​m südkalifornischen Orange, d​as ich i​m Oktober 1981 b​ei meiner Spurensuche n​ach emigrierten Pädagoglinnen u​nd den v​on ihnen i​m Exil gegründeten Heimen u​nd Schulen führte. Während Kurt Bergel über d​as Jüdische Landschulheim Herrlingen b​ei Ulm berichtete, a​n dem e​r nach 1933 kurzfristig tätig war, machte m​ich Alice Bergel m​it ihren Erfahrungen i​n Caputh vertraut u​nd wies m​ir zudem d​en Weg z​u weiteren Informant/innen. Dazu gehörten u. a. n​eben der Gymnastiklehrerin Eva Bruch u​nd ihrem Mann, d​ie ich anschließend i​n Los Angeles traf, v​or allem Sophie Friedländer u​nd Hilde Jarecki, d​ie sich i​n Caputh zuerst begegnet w​aren und später d​as Exil i​n Großbritannien i​n einer b​is heute andauern d​en Lebens- u​nd Arbeitsgemeinschaft gemeistert haben.[20]

Quellen

  • Im Frühsommer 1991 besuchte Kurt Bergel zusammen mit seiner Frau Alice seine Vaterstadt Frankfurt. Aus Anlass dieses Besuches führte Angelika Rieber von der damaligen Arbeitsgruppe Spuren jüdischen Lebens in Frankfurt, dem heutigen Verein Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt am Main[30], ein ausführliches Interview mit Kurt und Alice Bergel, bei dem es vor allem um die Geschichte von Kurt Bergel ging. Dank dieses Interviews lassen sich die Jahre vor Kurt Bergels Emigration gut rekonstruieren:
    • Interview von Angelika Rieber mit Professor Dr. Kurt Bergel am 30. Juni 1991 in Frankfurt am Main, Sammlung Angelika Rieber/Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt (Transkript).
  • Alice R. Bergel in der Datenbank Verfolgung und Auswanderung deutschsprachiger Sprachforscher 1933–1945 von Utz Maas.
  • Leben und Schaffen der Romanistin Alice R. Bergel

Werke

  • Unsere rationale Erziehungsaufgabe, in: Der Morgen. Monatsschrift der Juden in Deutschland, Jg. 9 (1933–1934), Heft 3 (August 1933), S. 208–211
  • Religiöse Jugenderziehung, in: Der Morgen. Monatsschrift der Juden in Deutschland, Jg. 10 (1934–1935), Heft 11 (Februar 1935), S. 502–507
  • Martin Buber: Das dialogische Prinzip in Philosophie, Theologie, Übersetzung, Erziehung, Politik und menschlichen Beziehungen, in: Kurt Bergel, Wolfgang Keim: Beiträge zur jüdischen Pädagogik, Verlag Klemm & Oelschläger, Ulm, 1999, ISBN 3-932577-18-3, S. 7–21.
  • Georg Brandes und Arthur Schnitzler. Ein Briefwechsel. Hrsg. v. Kurt Bergel. Bern: Francke 1956. (online)
  • Schnitzler, Arthur: Das Wort. Tragikomödie in fünf Akten. Fragment. Aus Dem Nachlaß herausgegeben und eingeleitet von Kurt Bergel. Frankfurt am Main: S. Fischer, 1966.

Neben d​en zitierten Büchern i​st Kurt Bergel a​uch als Autor u​nd Übersetzer v​on Büchern u​nd Artikeln über Ferdinand v​on Saar u​nd Martin Buber hervorgetreten.

Literatur

  • Lucie Schachne: Erziehung zum geistigen Widerstand: Das jüdische Landschulheim Herrlingen 1933–1939, dipa-Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-7638-0509-5.
  • Gisela Miller-Kipp: Zwischen Kaiserbild und Palästinakarte. Die Jüdische Volksschule im Regierungsbezirk Düsseldorf (1815–1945). Archive, Dokumente und Geschichte. Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien, 2010, ISBN 978-3-412-20527-0
  • Peter Burke: Exiles and Expatriates in the History of Knowledge, 1500-2000. Waltham, Massachusetts : Brandeis University Press, 2017 ISBN 9781512600384 [zu Alice Bergel]

Einzelnachweise

  1. Soweit nachfolgend keine anderen Quellen angegeben werden, ist die Grundlage für alle biographischen Details der Familie Bergel das im Abschnitt „Quellen“ angegebene Interview von Angelika Rieber mit Kurt Bergel aus dem Jahre 1991.
  2. JULIA SÖHNGEN: Erster Luftkrieg: Als die Bomben auf Frankfurt fielen (Memento vom 16. Februar 2018 im Internet Archive), Frankfurter Neue Presse, 11. August 2014
  3. Ein Schulkeller als geheimes Waffendepot – der Waffenfund in der Wöhlerschule 1921
  4. Interview von Angelika Rieber mit Professor Dr. Kurt Bergel am 30. Juni 1991 (siehe oben: Abschnitt Quellen)
  5. Kurt Bergel: Ein wagemutiger und bedeutender Beitrag zum jüdischen Wiederaufbau, in: Lucie Schachne: Erziehung zum geistigen Widerstand, S. 100–102
  6. Kurt Bergel: Unsere rationale Erziehungsaufgabe
  7. Aufsätze von Kurt Bergel im Nachlass von Max Horkheimer
  8. Jürgen Habermas: Erkenntnis und Interesse, suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1, Frankfurt am Main, 1973, ISBN 3-518-07601-9, S. 244
  9. Kurt Bergel: Religiöse Jugenderziehung
  10. Zu einem Überblick über diese Schule siehe: Jüdische Volksschule Düsseldorf & Kindheit und Schulzeit in Düsseldorf: Die jüdische Volksschule.
  11. Gisela Miller-Kipp: Zwischen Kaiserbild und Palästinakarte, S. 84.
  12. Kurt Herz, geboren 1903 in Offenbach, war seit April 1935 Schulleiter der jüdischen Schule in Düsseldorf. Er emigrierte im Februar 1939 zusammen mit seiner Frau Ellen, die ebenfalls an der Düsseldorfer jüdischen Schule unterrichtet hatte, nach Großbritannien. Angaben hierzu in der Liste der Stolpersteine in Düsseldorf (Beitrag über Kurt Schnook, der nach Herz Schulleiter wurde) und bei Gisela Miller-Kipp: Zwischen Kaiserbild und Palästinakarte, S. 54, Anmerkung 33, und S. 84.
  13. Gisela Miller-Kipp: Zwischen Kaiserbild und Palästinakarte, S. 90
  14. Lucie Schachne: Erziehung zum geistigen Widerstand, S. 259
  15. Alice R. Bergel in der Datenbank Verfolgung und Auswanderung deutschsprachiger Sprachforscher 1933–1945 (siehe „Quellen“)
  16. Leben und Schaffen der Romanistin Alice R. Bergel
  17. Alice Berger: Der Ausdruck der passivischen Idee im Altfranzösischen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Einen kurzen Abriss der Arbeit gibt Utz Maas, Verfolgung und Auswanderung deutschsprachiger Sprachforscher 1933–1945 (siehe „Quellen“)
  18. Alice Bergel: Erinnerungen an Caputh, in: Hildegard Feidel-Mertz und Andreas Paetz: Ein verlorenes Paradies, S. 97–100
  19. Leopold Bergel starb kurz danach an den Folgen einer Operation. Seine Frau konnte nach England emigrieren, wo sie bis 1943 bleiben musste, bevor auch sie in die USA einreisen durfte. Sie starb kurz vor ihrem 83. Geburtstag.
  20. Kurzporträt Alice Bergel, in: Hildegard Feidel-Mertz und Andreas Paetz: Ein verlorenes Paradies, S. 328
  21. Jewish children from the Rowden Hall School attend a Hannukah party in an overflow hostel on Harold Road
  22. Zur Geschichte des Kitchener Camps: Kitchener Camp Collection
  23. Alice Bergel im Deep Springs Archive (Dort die falsche Angabe, sie wäre bis 1949 Mitarbeiterin gewesen).
  24. Nachruf auf Kurt Bergel in der Los Angeles Times vom 25. März 2001
  25. Kurt Bergel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  26. Homepage der Chapman University
  27. The Albert Schweitzer Institute of Chapman University
  28. Albert Schweitzers Leben und Denken: selections chosen from the autobiographical writings of the author im WorldCat
  29. Liebes Cembalinchen im Katalog der DNB
  30. Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt am Main
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