Kraftwerk Dürnrohr
Das Kraftwerk Dürnrohr ist ein Dampfkraftwerk, eine KWK-Anlage und eine thermische Abfallbehandlungsanlage in Zwentendorf in Niederösterreich mit Bahn- und Schiffsanbindung. Nach knapp 33 Jahren wurde Anfang August 2019 die Stromerzeugung mit Kohle eingestellt und auf Erdgas umgestellt.
Kraftwerk Dürnrohr | |||
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Lage | |||
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Koordinaten | 48° 19′ 32″ N, 15° 55′ 25″ O | ||
Land | Österreich | ||
Daten | |||
Typ | Dampfkraftwerk | ||
Primärenergie | Fossile Energie | ||
Brennstoff | Erdgas, früher Steinkohle (bis 2019) | ||
Leistung | 352 Megawatt 405 Megawatt – stillgelegt | ||
Eigentümer | VERBUND Thermal Power GmbH & Co KG (405-MW-Block) EVN AG (352-MW-Block) | ||
Betriebsaufnahme | 1987 | ||
Schornsteinhöhe | 210 m |
Geschichte
Das Kraftwerk wurde auf dem Gelände des früheren Hydrierwerkes Moosbierbaum sowie in der Nähe des nie in Betrieb gegangenen Kernkraftwerks Zwentendorf gebaut, um die bereits errichteten elektrischen Leitungen und Schaltanlagen im Umspannwerk Dürnrohr verwenden zu können und die entstandene Lücke in der Energieversorgung zu schließen. Es besteht aus zwei Kraftwerksblöcken, von denen der erste eine Leistung von 405 MW hat und der VERBUND Thermal Power GmbH & Co KG gehört, während der zweite mit einer Leistung von 352 MW der EVN AG gehört. Es wurde 1987 in Betrieb genommen.
Das Kraftwerk besitzt einen 210 m hohen Schornstein, welcher der höchste Schornstein und das dritthöchste Bauwerk Österreichs ist (siehe Liste der höchsten Bauwerke in Österreich). Die beiden Blöcke wurden mit polnischer und tschechischer Steinkohle betrieben, wobei die Republik Österreich bereits seit 1974 an Kohlelieferverträgen mit der Firma Węglokoks im damals wirtschaftlich in schwieriger Lage befindlichen Polen sowie diesbezüglichen Garantiehaftungen gearbeitet hatte.[1][2] Die Rauchgasreinigung erfolgte durch einen Elektrofilter, eine Entschwefelungsanlage und eine Entstickungsanlage. Das Kraftwerk kann auch mit Erdgas betrieben werden. KWK-Wärme aus dem Kraftwerk versorgt die Ortschaften Zwentendorf und Pischelsdorf durch ein Fernwärmenetz, welches von der EVN Wärme betrieben wird.
Im Jahr 2008 wurde die Leittechnik des Kraftwerkes bei beiden Blöcken durch Siemens Power Generation erneuert. Die Inbetriebsetzung wurde im August desselben Jahres abgeschlossen, seitdem waren beide Blöcke wieder in Vollbetrieb.
2009 ist auch die Fernwärmeleitung vom Kraftwerk nach St. Pölten durch die EVN Wärme errichtet worden und in Betrieb. Sie ist mit 31 km die längste Fernwärmeleitung in Österreich und liefert fast zwei Drittel der Fernwärme für die Landeshauptstadt.[3]
Im Mai 2014 kündigte die Verbund AG aus wirtschaftlichen Gründen die Schließung ihres Teiles des Steinkohlekraftwerkes Dürnrohr an. Der erste Kraftwerksblock wurde am 30. April 2015 geschlossen.[4] Die Kohleverbrennung im einzigen noch verbliebenen Block 2 (EVN Block) wurde am 2. August 2019 eingestellt.[5] Es soll am Standort neben der Energiegewinnung durch Müllverbrennung eine Verwertung von Klärschlamm stattfinden und eine große Photovoltaikanlage errichtet werden.[6]
Technische Daten
Die CO2-Emissionen betrugen 2011 ca. 810 g/kWh.[7] Das Kraftwerk zählte 2018 zu den größten Verursachern von Treibhausgasen in Österreich.[8]
Bombenfund
Im Zweiten Weltkrieg war das Industriegebiet rund um die Orte Moosbierbaum und Dürnrohr Ziel von Bombenabwürfen. Beim Einebnen von Boden beim ehemaligen Kraftwerk wurde eine Bombe freigelegt. Der Entminungsdienst entschärfte sie durch das Herausschrauben von 2 intakten Zündern.
Photovoltaikkraftwerk (in Bau)
Am Standort des ehemaligen Kohlekraftwerks laufen im Jänner 2020 Vorbereitungsarbeiten für „eine der größten Photovoltaik-Anlagen Österreichs“.
Müllverbrennungsanlage Dürnrohr
Im Jahr 2004 wurde in unmittelbarer Nähe eine Anlage zur thermischen Abfallbehandlung gebaut. Diese ist derzeit die größte in Österreich. Die Umstellung dieser Anlage auf 300.000 t Hausmüll erspart jährlich ca. 50.000 t Kohle und 10 Mio. m³ Erdgas. Die Schieneninfrastruktur wurde so ausgelegt, dass sowohl Kohle als auch Abfall aus ganz Niederösterreich mit der Eisenbahn antransportiert werden können. Der Bahnhof Moosbierbaum-Heiligeneich an der Tullnerfelder Bahn ist nach Umschlagmasse einer der größten Bahnhöfe Österreichs.
2010 hat die EVN Abfallverwertung NÖ die dritte Linie der Müllverbrennung in Betrieb genommen, die etwa die Größe der zwei bestehenden Blöcke hat. Der bei der thermischen Müllverbrennung entstehende Dampf wird dann über die Dampfturbine EVZ 2 im Kraftwerk Dürnrohr verstromt sowie für die Agrana-Bioethanolanlage und zur Einspeisung in die Fernwärmeleitung nach St. Pölten genützt. Ebenso wurde im Jahre 2010 ein Rohrgurtförderer errichtet[9], der Kohle, Müll, Schlacke und Biomasse bis zum Donauhafen Pischelsdorf transportieren kann. Dadurch wird es nun ermöglicht, neben der Bahn auch per Schiff Müll zur Verwertung anzuliefern. In Europa ist dies die einzige Anlage die über diese Logistikmöglichkeiten verfügt. An der Donaulände wurde dafür extra Österreichs größter mobiler Umschlagbagger in Betrieb genommen.[9]
Weblinks
- Kraftwerk Dürnrohr auf der Website der EVN AG
Einzelnachweise
- Protokoll der 149. Sitzung des österr. Nationalrates vom 1. Juli 1975, S. 14391
- Polenkohlegarantiegesetz, BGBl. 1980/555
- Längste Fernwärmeleitung in Betrieb auf ORF-Niederösterreich vom 1. Oktober 2009, abgerufen am 2. Oktober 2009.
- Dürnrohr: Letzte Tage im Kraftwerk. In: noen.at. 30. April 2015, abgerufen am 28. Mai 2019.
- Kohlekraftwerk Dürnrohr abgeschaltet auf ORF-Niederösterreich vom 2. August 2019, abgerufen am 2. August 2019.
- EVN lässt noch heuer Kohle Kohle sein. In: derstandard.at. 28. Mai 2019, abgerufen am 28. Mai 2019.
- Verbund-Zeitschrift Flow, 3/2012 (Memento vom 7. Oktober 2013 im Internet Archive), S. 8.
- Verified emissions 2018. European Union emissions trading system (EU ETS). Abgerufen am 5. September 2021.
- Pressemeldung der EVN, Stand 6. Juni 2010