Kommandierender Admiral in den Niederlanden
Die Dienststelle Kommandierender Admiral in den Niederlanden war eine Kommandobehörde der Kriegsmarine mit Sitz in Scheveningen.
Sie wurde unter der Bezeichnung Marinebefehlshaber in den Niederlanden im Juni 1940 nach der deutschen Besetzung der Niederlande im Zweiten Weltkrieg aufgestellt.
Im Februar 1943 erhielt sie die Bezeichnung Kommandierender Admiral in den Niederlanden.
Marinebefehlshaber Niederlande-Belgien
Im Zuge der Besetzung der Niederlande, Belgiens und Frankreichs richtete die Kriegsmarine am 14. Mai 1940 in Kiel und Wilhelmshaven eine Kommandobehörde mit der Bezeichnung Küstenbefehlshaber Südwest oder auch Küstenbefehlshaber für Holland ein, die bereits am 22. Mai 1940 als Marinebefehlshaber Südwest bezeichnet wurde,[1] um wenige Tage später, am 28. Mai 1940 nochmals nun in Marinebefehlshaber Niederlande-Belgien (auch Marinebefehlshaber Belgien-Niederlande[2]) umbenannt zu werden. Der Marinebefehlshaber wurde gemeinsam mit dem Marinebefehlshaber Nordfrankreich dem Kommandierenden Admiral West unterstellt. Das Operationsgebiet ging von einschließlich Texel, über Zuider, Zeedeich bis zur Ijsselmündung, welche dann aber nicht mehr zum Bereich gehörte.[3]
Im Zuge des weiteren Vorrückens der deutschen Truppen nach Frankreich wurde im Juni 1940 der gesamte Küstenabschnitt neu organisiert und die Dienststelle des Marinebefehlshaber Niederlande-Belgien aufgelöst.
Dem Marinebefehlshaber waren unterstellt:[4]
- Marineartillerieregiment 21 (Den Haag); der Kommandeur war zugleich Kommandant im Verteidigungsabschnitt Holland
- Marineartillerieabteilung 201 (Den Helder)
- Marineartillerieabteilung 203 (Ijmuiden)
- Marineartillerieabteilung 205 (Hoek van Holland)
- Marineartillerieregiment 22 (De Haan); der Kommandeur war zugleich Kommandant im Verteidigungsabschnitt Belgien
- Marineartillerieabteilung 202 (Vlissingen)
- Marineartillerieabteilung 204 (Ostende)
- Marineartillerieabteilung 206 (Blankenberge)
- Hafenkommandant Den Helder
- Hafenkapitäne in:
Die Dienststelle des Marinebefehlshabers Niederlande-Belgien wurde einzig von Konteradmiral Lothar von Arnauld de la Perière geführt.[4]
Nach der Auflösung der Dienststelle wurde der Hauptteil des Stabs des ehemaligen Marinebefehlshabers Niederlande-Belgien unter Lothar von Arnauld de la Perière für eine neue Verwendung nach Rouen in Frankreich verlegt. Kurzzeitig bildete er hier die neu aufgestellte Dienststelle des Marinebefehlshaber Westfrankreich und wurde später Stab des neu aufgestellten Marinebefehlshaber Bretagne.
Marinebefehlshaber und Kommandierender Admiral in den Niederlanden
Nach der Verlegung des Stabes des ehemaligen Marinebefehlshabers Niederlande-Belgien nach Frankreich wurde im Juni 1940 die Dienststelle Marinebefehlshaber in den Niederlanden mit Sitz in Den Haag-Scheveningen aufgestellt. Sie unterstand der Marinestation der Nordsee. Der Befehlsbereich umfasste die Niederlande mit Ausnahme der Emsmündung und der Insel Rottum, die dem Küstenbefehlshaber Deutsche Bucht zugeordnet waren. Im Süden war ihm der Bereich des Hafens Antwerpen unterstellt, ansonsten reichte die Zuständigkeit bis zur belgischen Grenze, wo sich der Bereich des Marinebefehlshabers Kanalküste anschloss. Im Herbst 1943 kam die Scheldemündung zum Befehlsbereich hinzu.[5]
Der Stab verlegte im April 1942 von Den Haag nach Utrecht und in den letzten Kriegswochen nach Bloemendaal. Im Februar 1943 wurde die Dienststelle in Kommandierender Admiral in den Niederlanden umbenannt. Dieser unterstand zunächst dem Marineoberkommando Nord in Wilhelmshaven,[5] ab Frühjahr 1945 dem Oberbefehlshaber der Festung Holland.
Unterstellte Dienststellen
Dem Marinebefehlshaber waren zwei Seekommandanten, schwimmende Verbände, Landverbände und diverse Dienststellen direkt unterstellt. Einige Unterstellungen änderten sich im Verlauf des Krieges:[5]
- Kommandant der Seeverteidigung von Nordholland (Den Helder)
- Kommandant der Seeverteidigung von Südholland (Vlissingen; bis November 1944)
- Kommandant der Seeverteidigung von Mittelholland (Scheveningen, Den Haag-Vorburg; ab November 1944 anstelle des Seekommandanten Südholland)
- Selbständige Hafenkommandanten:
- Landverbände und -dienststellen
- 10. Marine-Kraftfahrabteilung (ab 1942; Scheveningen, Utrecht, bei Kriegsende in Soest)
- Marinebaubataillon 313, an August 1942 Marinefestungspionierbataillon 313, im Juli 1943 ersetzt durch:
- Marinefestungspionierbataillon 312 (Utrecht)
- 4. Marine-Funkmessabteilung (Utrecht, ab September 1944)
- 6. Ersatz-Marineartillerieabteilung (Groningen, bis September 1943)
- Marineartilleriezeugamt/Marinearsenal Wassenaar, ab 1942 Amersfoort
- Kriegsmarinedienststellen (KMD)
- KMD Rotterdam (1940 bis 44)
- KMD Antwerpen (1940 bis 44)
- Seetransportchef Niederlande (Groningen, ab Oktober 1944)
- Transportflottille Niederlande (ab Oktober 1944)
- Schwimmende Verbände:
- Führer der Motorbootsverbände Niederlande (aufgestellt im Januar 1941 in Den Haag, ab September 1942 in Dordrecht. Die bei Aufstellung bereits bestehenden Verbände unterstanden zuvor dem Marinebefehlshaber direkt.):
- Flussräumflottille Niederlande (Dezember 1940 bis Februar/März 1945, anschließend Abgabe der meisten Boote an die Rheinflottille)
- Fährflottille Waal (ab Herbst 1944, taktisch dem Heer zugeordnet)
- Hafenschutzflottille Holland (im Januar 1941 dem Führer der Motorbootsverbände Niederlande unterstellt und im Juni 1941 der Hafenschutzflottille Südholland zugeordnet.)
- Rheinflottille (Im Januar 1940 durch das NSKK gebildet und im August 1940 von der Kriegsmarine übernommen. Ab Anfang 1941 dem Führer der Motorbootsverbände Niederlande unterstellt.)
- Donauflottille (Mai 1940 bis April 1941 im Raum Holland eingesetzt, dann Rückverlegung auf die Donau)
- Maasflottille (April 1941 bis Februar/März 1945, anschließend Abgabe der meisten Boote an die Rheinflottille)
- Netzsperrflottille Nordsee/Holland (Utrecht, September 1943 – Juli 1944)
- Führer der Motorbootsverbände Niederlande (aufgestellt im Januar 1941 in Den Haag, ab September 1942 in Dordrecht. Die bei Aufstellung bereits bestehenden Verbände unterstanden zuvor dem Marinebefehlshaber direkt.):
Die 1. Sicherungsdivision war im Befehlsbereich stationiert, wurde jedoch dem Kommandierenden Admiral in den Niederlanden erst im Dezember 1944 unterstellt.
Kommandant der Seeverteidigung von Mittelholland
Die Dienststelle des Seekommandanten Mittelholland wurde im November 1944 eingerichtet, als die Alliierten bis an die Maas vorgestoßen waren und große Teile des Bereichs Seekommandant Südholland, welche aufgelöst wurde, besetzt hatten. Der Befehlsbereich des Seekommandanten Mittelholland umfasste die verbleibenden Teile der Seekommandantur Südholland und den südlichen Anteil der Seekommandantur Nordholland einschließlich von Ijmuiden und Wijk aan Zee. Die Dienststelle bestand bis Kriegsende.
Einziger Seekommandant Mittelholland war Kapitän zur See Werner Stoephasius.[6]
Dem Seekommandanten Mittelholland waren unterstellt:[6]
- Von Seekommandant Nordholland übernommen:
- Hafenkommandant Ijmuiden
- Marineflakabteilung 201 (Wijk aan Zee)
- Marineflakabteilung 816 (Ijmuiden)
- Von Seekommandant Südholland übernommen:
- Hafenkommandant Hoek van Holland
- Marineartillerieabteilung 205 (Hoek van Holland)
- Marineflakabteilung 813 (Hoek van Holland)
Marinebefehlshaber und Kommandierende Admirale
Folgende Offiziere hatten die Funktion des Marinebefehlshabers bzw. Kommandierenden Admirals inne:[5]
- Kapitän zur See/Konteradmiral Helmuth Kienast, Juni 1940 – Juni 1942
- Konteradmiral Kurt Caesar Hoffmann, Juli 1942 – März 1943
- Konteradmiral/Vizeadmiral Gustav Kleikamp, März 1943 – Dezember 1944
- Konteradmiral/Vizeadmiral Rudolf Stange, Januar 1945 – Auflösung der Dienststelle
Literatur
- Walter Lohmann, Hans H. Hildebrand: Die deutsche Kriegsmarine 1939–1945. Sammelwerk in drei Bänden. O.O. 1956
Einzelnachweise
- Im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung (Mittler, Teil A, Band 9, Mai 1940, 1989) taucht am 21. Mai 1940 (S. 216) noch die Bezeichnung Küstenbefehlshaber Süd-West auf, aber am 22. Mai 1940 (S. 228) bereits die Bezeichnung Marinebefehlshaber Südwest. Eine Umbenennung ist dort nicht verzeichnet.
- Lars Hellwinkel: Der deutsche Kriegsmarinestützpunkt Brest. Winkler, 2010, ISBN 978-3-89911-118-7, S. 67 (google.de [abgerufen am 16. Januar 2021]).
- Kriegstagebuch der Seekriegsleitung 1939–1945. Mittler, Teil A, Band 9, Mai 1940, 1989, S. 290+291.
- Walter Lohmann, Hans H. Hildebrand: Die deutsche Kriegsmarine 1939–1945. Sammelwerk in drei Bänden. O.O. 1956. Band II, Hauptkapitel XIII, Kapitel 1, S. 1 ff.
- Walter Lohmann, Hans H. Hildebrand: Die deutsche Kriegsmarine 1939–1945. Sammelwerk in drei Bänden. O.O. 1956. Band II, Hauptkapitel XIII, Kapitel 2, S. 1 ff.
- Walter Lohmann, Hans H. Hildebrand: Die deutsche Kriegsmarine 1939–1945. Sammelwerk in drei Bänden. O.O. 1956. Band II, Hauptkapitel XIII, Kapitel 2, S. 14