Kloster Zinna
Kloster Zinna (lateinisch Coena S. Mariae) ist eine ehemalige Zisterzienser-Abtei im Ortsteil Kloster Zinna der Stadt Jüterbog im brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming, rund 60 Kilometer südlich von Berlin an der Bundesstraße 101.
Zisterzienserabtei Zinna | |
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Kloster Zinna im 19. Jahrhundert | |
Lage | Deutschland Brandenburg Landkreis Teltow-Fläming |
Koordinaten: | 52° 1′ 21″ N, 13° 6′ 14″ O |
Ordnungsnummer nach Janauschek |
418 |
Gründungsjahr | 1170 |
Jahr der Auflösung/ Aufhebung |
1553 |
Mutterkloster | Kloster Altenberg |
Primarabtei | Kloster Morimond |
Geschichte
Gründung und erste Jahrzehnte
Das Kloster wurde 1170 durch Wichmann von Seeburg, Erzbischof von Magdeburg (1152–1192) gegründet. Politischer Hintergrund der Klostergründung war offenbar die Absicht des Erzbischofs, der Südausdehnung der benachbarten askanischen Herrschaft einen Riegel vorzuschieben. Die ersten Mönche kamen aus dem Kloster Altenberg bei Köln. Aus der Anfangszeit des Klosters sind keine weiteren Informationen erhalten. Wahrscheinlich begannen die Bauarbeiten mit dem Bau des Klosters im Feuchtgebiet der Nuthe.
1179 wurde das Kloster vom Greifenherzog Kasimir I. von Pommern auf einem seiner drei Kriegszüge in die Lausitz überfallen, möglicherweise im Auftrag des welfischen Sachsenherzogs Heinrichs des Löwen. Die Mönche gingen in Jüterbog betteln, was für Zisterzienser an sich nicht üblich war. Erst aus der Zeit um 1215 sind wieder Hinweise auf eine erneute Nutzung des Klosters erhalten. In dieser Zeit entstand dann wahrscheinlich auch die Abteikirche aus Granitquadern. Die Kirchweihe fand am 15. Mai 1226 statt.
Das Kloster entwickelte sich zunächst offenbar nicht wie gewünscht: 1229 erschien es auf der Tagesordnung des Generalkapitels des Zisterzienserordens. Der Vaterabt aus der Abtei Altenberg erhielt den Auftrag, eine Visitation durchzuführen. Sie sollte das Ziel haben, einen alternativen Standort für das Kloster auf dem Barnim zu suchen. Dieser Plan wurde jedoch nicht realisiert.
Wirtschaftliche Entwicklung
Nach Aufgabe dieses Plans gewann das Kloster wirtschaftliche Bedeutung für die Region. Im Jahr 1285 wurden vom Kloster die Stadt Luckenwalde und elf umliegende Dörfer gekauft. Auf dem Höhepunkt seiner wirtschaftlichen Blüte im Jahr 1307 betrug die Ausdehnung des Klosterbesitzes nahezu 300 km². Am Ende des 15. Jahrhunderts besaß die Abtei 39 Dörfer, 14 Mühlen, einen Salzbrunnen mit vier Salzpfannen, eine Pechhütte und eine Ziegelei.[1]
Für die ausgedehnte Handelstätigkeit wurden Stadthöfe u. a. in Berlin, Wittenberg und Jüterbog unterhalten. Selbst im südöstlichen Barnim besaß das Kloster ausgedehnte Ländereien. Der Barnim stand ansonsten unter dem Einfluss der Askanier und ihres Hausklosters Lehnin. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Lehniner Abt Siger 1247 in Spandau als Zeuge auftrat, als die gemeinsam regierenden askanischen Markgrafen Johann I. und Otto III. die Besitzungen um das Städtchen Liebenberg der Abtei Zinna übertrugen.[2][3] Rüdersdorf bei Berlin war bereits um 1235 von Zinna gegründet worden und für die Zisterzienser besonders interessant wegen des Kalksteinbruchs Rüdersdorf, in dem die Mönche den Abbau von Kalksteinen vorantrieben (Museumspark Rüdersdorf). Der Barnimer Besitz reichte im Osten bis zum Stobber-Löcknitz-Lauf, der die Grenze zum Einflussbereich des Bistums Lebus bildete.[4] Zum Besitz gehörte nahezu das gesamte Land der heutigen Gemeinde Grünheide bis nach Kienbaum mit den umliegenden fischreichen Gewässern Werlsee, Peetzsee, Möllensee, Elsensee, Baberowsee, Bauernsee und Liebenberger See. Von einem Hof in Kagel aus verwaltete das Kloster zunächst seinen Besitz im Barnim und verlegte die Verwaltung im 15. Jahrhundert dann nach Rüdersdorf.
Mit ihren großräumigen wasserwirtschaftlichen und wasserbaulichen Maßnahmen, die den Bau zahlreicher Wassermühlen an den Fließen und Seeabläufen einschlossen, trugen die Zisterziensermönche erheblich zur Entwicklung und Aufsiedlung der Mark bei.[5]
Von besonderer Wichtigkeit waren ihre Handelstätigkeit, die über zahlreiche Stadthöfe abgewickelt wurde. Das Kloster Zinna war derart wohlhabend, dass es zum größten Kreditgeber der Markgrafen wurde. Die Barnimer Besitzungen blieben bis zur Säkularisation bei Zinna.
Druckerei Zinna
Abt Nikolaus II schaffte für das Kloster eine Druckerpresse an. Der Marienpsalter Nouum beate marie vigi[ni]s psalterium aus der Klosterdruckerei Zinna gilt als das älteste in Brandenburg gedruckte Buch. Der Wiegendruck des Buchdruckers Hermannus Nitzschewitz aus der Zeit um 1493 ist das bedeutendste Stück unter den historischen Buchbeständen der Sammlung Brandenburgica in der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam.
Auflösung
Nach einem längeren Zerfallsprozess endete das zisterziensische Mönchsleben im Kloster Zinna im Jahr 1553. Infolge der Reformation konnten sich die katholischen Zisterziensermönche nicht behaupten.
Zinnaer Münzvertrag
Im Jahr 1667 wurde im Zinnaer Kloster der Zinnaer Münzvertrag geschlossen, in dem Kurbrandenburg und Kursachsen die Vereinheitlichung der von ihnen geprägten Taler beschlossen.
Friedrich der Große, Weber und Sommermusiken
Im Jahr 1764 veranlasste Friedrich der Große auf dem Klostergebiet die Gründung einer Stadt, die seit 1902 den Namen Kloster Zinna trug und ihn als Ortsteil von Jüterbog weiterhin trägt. Friedrich der Große siedelte Handweber aus der Oberlausitz an, um die Region wirtschaftlich neu zu beleben. Dies gelang zwar nicht im gewünschten Umfang, dennoch errichtete die Stadt Friedrich zum Dank ein Denkmal auf dem Marktplatz. Laut Inschrift auf der Rückseite wurde es 1949 zerstört, aber am 8. April 1994 durch Spenden von Bürgern und Gästen des Ortes erneuert und die Figur von M. Starke und F. Woike gestiftet. Die Vorderseite trägt die Inschrift:
Neben der Klosteranlage und der landschaftlichen Umgebung laden die Kloster Zinna Sommermusiken zum Besuch ein. Sie finden jährlich zwischen Juni und Anfang September statt. Sonderkonzerte gibt es im April und zu Neujahr, wie ein schon traditionelles Konzert bei Kerzenschein in der „naturtemperierten“ Kirche. Gemeinsam mit dem Kloster Lehnin wird ferner die Mittelalterreihe Musica Mediaevalis angeboten. Auch die Brandenburgischen Sommerkonzerte machen regelmäßig in der Marienkirche Station.
Erhaltene Teile
Neben Abteikirche, Neuer Abtei, Siechenhaus und Zollhaus sind von der ursprünglich ausgedehnten Klosteranlage einige Teile der Klausur aus dem 13. Jahrhundert und das Gästehaus erhalten. An die ehemalige Wallfahrtsstätte des Klosters auf dem nahegelegenen Golmberg erinnert nur noch ein Wallfahrtskreuz auf dem Gipfel des Berges.
Klosterkirche
Die aus Feldsteinen erbaute, schlichte Klosterkirche ist eine spätromanische Pfeilerbasilika mit kreuzförmigem Grundriss. Sie ist der Jungfrau Maria gewidmet. Am Ostchor setzt eine polygonale Hauptapsis an, am Querhaus vier polygonale Nebenapsiden. Während der Spätgotik wurden Wölbungen in den Seitenschiffen, Nebenchören und im Querschiff eingezogen.
Das lateinische Schriftfeld im Chorfußboden stammt aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Die Buchstaben des in gotischen Majuskeln abgefassten Ave Maria erscheinen als Hochreliefeindruck auf unglasierten, rot-braunen Tonfliesen.[6] Derartige Einbuchstabenziegel können als eine Frühform des Drucks mit beweglichen Lettern angesehen werden.[7]
Ein musikalischer Glücksfall ist die frühromantische Orgel von Wilhelm Baer aus den Jahren 1850/1851; bei Besichtigungen gibt es den Gang durch die Orgel.
In den Jahren 2016 und 2017 wurde die Kirche für rund eine Million Euro aufwändig saniert.[8]
Neue Abtei, Siechenhaus, Zollhaus
In der Neuen Abtei, einem Backsteinbau, befindet sich das Heimatmuseum mit mittelalterlichen Fresken und einem sehenswerten Modell der Klosteranlage im Jahr 1170. Ferner wird die Klostergeschichte bis ca. 1550 und die Entwicklung der Weberkolonie dargestellt. Im ehemaligen Siechenhaus wurde bis 2015 der Kräuterlikör Zinnaer Klosterbruder nach alten Rezepten hergestellt.[9] In der alten Manufaktur der Weberkolonie am Ortsausgang Richtung Jüterbog kann man die traditionelle Weber-Technik besichtigen und Handwebern zuschauen.
Literatur
Gesamtdarstellungen
- Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz, Band 1. Brandenburg 1854, S. 510–523; Textarchiv – Internet Archive.
- Evangelisches Pfarramt Kloster Zinna (Hrsg.): Kloster Zinna. Heimatspiegel-Verlagshaus Meinecke, Nordstedt ohne Jahr
- Germania Sacra: Die Bistümer der Kirchenprovinz Magdeburg. Das Bistum Brandenburg 2 (1941), S. 199–242 (G. Wentz) online.
- Willy Hoppe: Kloster Zinna. Ein Beitrag zur Geschichte des ostdeutschen Koloniallandes und des Cistercienserordens. München / Leipzig 1914; urn:nbn:de:bsz:15-0011-135325.
- Oliver H. Schmidt, Jürgen Feuerstake (Hrsg.): Zisterzienserklöster in Brandenburg. Lukas Verlag berlin 1998. ISBN 3-931836-08-8; insbes. S. 143–152.
- Georg Dehio (Begr.), Gerhard Vinken u. a. (Bearb.): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Brandenburg. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2000, ISBN 3-422-03054-9, S. 519–525.
- Oliver H. Schmidt: Kloster Zinna und der Orden der Zisterzienser. Lukas Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-931836-10-X.
- Oliver H. Schmidt: Brandenburgisches Klosterbuch. Band II. In: Heinz-Dieter Heimann, Klaus Neitmann, Winfried Schich und weitere (Hrsg.): Brandenburgisches Klosterbuch. Handbuch der Klöster, Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. 2 Bände. Be.Bra Wissenschaft Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-937233-26-0, Zinna. Zisterzienser, S. 1359–1384.
Teilaspekte
- Wolfgang Ribbe: Zur Ordenspolitik der Askanier. Zisterzienser und Landesherrschaft im Elbe-Oder-Raum. In: Zisterzienser-Studien I (= Studien zur Europäischen Geschichte 11). Colloquium-Verlag, Berlin 1975. ISBN 3-7678-0379-8. S. 77–96.
- Oliver H. Schmidt, Dirk Schumann (Hrsg.): Zisterzienser in Brandenburg. (= Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser. Band 1). Lukas Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-931836-01-0 (5 der 9 Artikel exklusiv zum Kloster Zinna).
- Winfried Schich: Klöster und Städte als neuartige zentrale Orte des hohen Mittelalters im Raum östlich der mittleren Elbe. In: Karl-Heinz Spieß (Hrsg.): Landschaften im Mittelalter. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-515-08579-3, S. 113–134.
Architektur
- Ernst Badstübner: Klosterbaukunst und Landesherrschaft. Zur Interpretation der Baugestalt märkischer Klosterkirchen. In: Friedrich Möbius, Ernst Schubert (Hrsg.): Architektur des Mittelalters. Funktion und Gestalt. 2., durchgesehene Auflage, Böhlau, Weimar 1984, S. 184–239.
- Christian Klamt: Letters van baksteen in een cistercienzerklooster. Het Ave Maria te Zinna. In: René Ernst Victor Stuip (Hrsg.): Meer dan muziek alleen. In memoriam Kees Vellekoop (= Utrechtse bijdragen tot de mediëvistiek, Band 20). Uitgeverij Verloren, Hilversum 2004, ISBN 90-6550-776-0, S. 195–210.
Weblinks
- Eintrag zur Denkmalobjektnummer 09105003 in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg
- Kloster Zinna Jüterbog – offizielle Website
- Kloster Zinna
- Routen der Romanik in Berlin und Brandenburg - Kloster Zinna
- Artikel zum Landbuch des Klosters (PDF; 416 kB)
Einzelnachweise
- Roland Fröhlich: Die Zisterzienser und ihre Weinberge in Brandenburg (= Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser, Band 30). Lukas Verlag, Berlin 2010. ISBN 978-3-86732-070-2. S. 186.
- Stephan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin 1180–1542. Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser. Band 12.1. Freie Universität Berlin, Diss. 1999. Lukas, Berlin 2000, S. 337, 399 ISBN 3-931836-45-2
- Stephan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin 1180–1542. Regestenverzeichnis, Band 12.2. ISBN 3-931836-46-0, Eintrag Nr. 91.
- Eva Driescher: Siedlungsgeschichte und anthropogene Veränderungen an den Gewässern im Einzugsgebiet der Löcknitz. (Memento vom 8. Mai 2014 im Internet Archive; PDF; 4,5 MB) In: Gewässerökologie Norddeutschlands, Heft 3, 1996.
- Mitteilungen, Nr. 15, September 2010, S. 38 f. (PDF; 9,9 MB) Deutsche Wasserhistorische Gesellschaft e. V.
- Christian Klamt: Letters van baksteen in een cistercienzerklooster. Het Ave Maria te Zinna. In: René Ernst Victor Stuip (Hrsg.): Meer dan muziek alleen. In memoriam Kees Vellekoop (= Utrechtse bijdragen tot de mediëvistiek, Band 20). Uitgeverij Verloren, Hilversum 2004, ISBN 90-6550-776-0, S. 195–210.
- Herbert E. Brekle: Das typographische Prinzip. Versuch einer Begriffsklärung. In: Gutenberg-Jahrbuch, 1997, Band 72, S. 58–63 (61 f.); uni-regensburg.de (PDF; 1,3 MB).
- Kirche in Kloster Zinna wird wieder eingeweiht. In: Berliner Zeitung, 13. Juni 2017, S. 14.
- Schnaps aus Kloster Zinna bald aus Holland. maz-online.de, 9. Januar 2015